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Rr. 145 49. Jahrgang

forgang 1. 1. Beilage des Vorwärts

Sonntag, 27. März 1932

Genügsame Landpartie

Nun ist die stille Feierstunde des Abends vor dem Osterfeste roieder verklungen. Niemand vermag die Menschen zu zählen, die gestern ihren alten, brüchigen, zerlesenen " Faust" heroorholten: Der Tragödie erster Teil. Nacht. Allzu hastig tickte die Uhr von der Wand und mahnte die Zeit an. Bis die müden Augen um Ruhe baten und nur noch halb machend, halb träumend Faustens Schlußroorte aufnahmen: O tönet fort, ihr süßen Himmelslieder! Die Träne quillt, die Erde hat mich wieder. Und als die Sonnen­strahlen am Ostermorgen durchs blanke Fenster fielen, schlugen sie es wieder auf und lasen jetzt den Osterspaziergang: Vom Eise befreit sind Strom und Bäche durch des Frühlings holden, belebenden Blick. Als die Zeiten noch nicht so mager roaren, packte die Jugend bereits am Gründonnerstag ihr Ränzel und trug den Faust" bis in den Thüringer Wald , zu den alten Goethestätten bei Ilmenau : Schroalbenstein und Kickelhahn. Dann kamen die Tage, an denen es galt, die Riemen enger zu schnallen, und zu jener Zeit schon mußte die Ruine des Rabenstein im nahen Fläming den Thüringer Wald ersetzen. Vollends jetzt, da ein Viertel aller Berliner sein Leben nach den trostlosen Rubriken kleiner, hellbrauner Karten mißt, auf denen sich in bunter Folge Stempel an Stempel reihen, mußten wir uns bescheiden und mit einem Ausflug an die Stadtgrenze fürlieb nehmen. Den roenigen, die auf Fahrt gingen, haben kaum jemals so sehnsüchtige, fast traurige Augen nachgeschaut.

Offerspaziergang in Zylindern.

Was heute die Wanderfahrt ist, war früher die Landpartie. Eine schnurrige Sache waren diefe Landpartien. Die Männer fegten fich dazu Rylinderhüte auf. Mit dem Zylinderhut ging es die ftau­bige Landstraße enflang, mit dem Zylinderhut ging es in den grünen Wald. Auch ernste Bilder aus jener Zeit sehen ein wenig nach Bigblatt aus. Wenn gar nicht einmal mehr junge Männer heute zu einem Begräbnis oder sonst mann einen Zylinderhut brauchen, müssen sie zum Großvater gehen und sich einen leihen. Gelber haben fie feinen mehr. Nicht einmal die Hutgeschäfte stellen noch Zylinderhüte ins Schaufenster. Wenn jemand in den Laden fäme und verlangte einen Zylinderhut, würde das Fräulein erst fagen: n Augenblic mal bitte" und dann fragte sie den Chef: Herr Lorenz, wo haben Sie eigentlich Ihre Zylinderhüte?" Dann würde Herr Lorenz auf eine Leiter flettern und zwischen verstaubten Hutschachteln nach den Seidenhüten suchen. Es gibt heute in Berlin noch ganze drei hutmachergesellen, die 3ylinderhüte herstellen. In ganz Berlin merden täg. lich nur noch zwei 3ylinderhüte verfauft und es gibt Taufende junger Männer in Berlin , die würden eher sonst etwas tun, als sich einen Zylinderhut auffegen. Wer in der Müller oder in der Hermannstraße aus dem Tormeg seines Hauses träte und auf dem Schopfe blinkte ein Zylinderhut, dann würden fofort alle Nachbarn sich ins Ohr tuscheln: ,, Nanu, was ist denn mit Maren los? Wo will denn der mit dem Wichstopp hin?" Seitdem die Schornsteinfeger nicht mehr zu Neujahr gratulieren, haben auch sie ihre Zylinderhüte in die Ede gestellt. Aus ist es mit den Zylinderhüten. Motorradfahren und dabei einen Zylinder­hut auffezen, geht ja auch schlecht.

Gras wächst in der Friedrichstraße.

Zu den Zylinderhüten von einst gehörte eine eigene Welt. Da handelten die Grüntramfeller noch mit Pan- und Kartoffeln. Da die Methoden des Herrn Bata noch nicht erfunden waren, ftellten die Schusterjungen einen gewichtigen ökonomischen Sektor dar. Bis zu den siebziger Jahren hatte nicht einmal das Königspalais feine Wasserleitung. Wenn Wilhelm I. baden wollte, ließ er sich aus dem Hotel de Rome eine Wanne und ein paar Fäffer mit heißem Waffer herüberbringen. Ueber den Potsdamer Platz schnaubte ängstlich flingelnd eine Eisenbahn. Das war der ursprüngliche Ver binder, der zwischen den Anhalter und dem Stettiner Bahnhof verfehrte; es ging immer die alte Stadtmauer entlang. Kamen die Buben zu spät in die Schule, sagten sie, der Verbinder hätte heute so viele Güterwagen anhängen gehabt, fie fonnten deswegen nicht über den Potsdamer Play. Mit der Potsdamer Brücke mar es ähnlich. Wenn den Landwehrkanal ein Aepfel- oder Kohlenkahn passierte, mußte die schäbige, hölzerne Brüde hochgezogen werden. Bis dann der Verkehr wieder in Gang tam, darüber verging eine halbe Stunde. So hatten die Schulbuben ihre zweite Ausrede. An jener Brücke hatte der Herr Mielenz seinen Kaffeegarten mit Namen: Karlsbad . Hinter Karlsbad wurden die Kaffeegärten lang­fam zu Gemüsegärten, dann kam eine ganze Welle gar nichts und fchließlich Schöneberg . In der Leipziger und Friedrich straße wuchs noch Gras zwischen den Pflastersteinen. Nur die menigsten Häuser hatten Läden. Man wohnte, aber handelte nicht in diesen Straßen. Die Geschäftsstraße oder überhaupt die City, das war die Königstraße mit dem großen Posthof. Heute ist nur noch das Hauptpostamt in der Königstraße übriggeblieben und in dem jezt ein Jahrhundert währenden Zug nach dem Westen ist bereits der Potsdamer Plak übertrumpft, das Rund um die Ge dächtnis- Kirche will sein Erbe antreten.

Landpartie nach Albrechtshof.

Landpartien wurden schon nach Albrechtshof gemacht. Wo Albrechtshof lag? Das war ein parzelliertes Candgut zwischen der heutigen Rauch- und Stülerstraße. Die Rauchstraße war bis in die sechziger Jahre ein armseliger Feldweg und durch die Stülerstraße floß der Schafgraben. Dazwischen wogten üppige Kornfelder. Und diese Gegend nun nennen wir heute den alten Westen". Er ist noch reichlich jung, der alte Westen. Wer nicht gerade Kaufmann oder Minister war, tam auch nicht auf den Gedanken, zu verreisen.

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Darauf Ludwig, Bläschens Sprößling: Bata, warum schreit denn Herr Meyer so?" Bläschens Antwort: Halts Maul, Jeere, hörste nich, det Herr Mener deflamiert?" Bums, haben sich alle in den Haaren, Lerche will Meyer verhauen, zu Schmidt sagen sie, er folle machen, daß er wegkommt und raus geht es aus dem Wald. Dann gehen die vier Männer auf einen Heuboden, um sich aus­zuruhen. Sie sind nach vielem Lärm endlich eingenidt, da medt Meyer Herrn Schmidt auf und fragt ihn, ob er nicht wüßte, wie man 3imibreßein baden tann. Davon wacht Bläschen auf und jammert: Weeß der Deibel, id lieje immer noch nich ordentlich. Ach herrjees, nu schnarcht der Lerche ooch noc), no det wird een Vajnüjen werden! Benn id mir man Boomwolle mitjenommen hätte, Heu tann man sich doch nich in die Ohren stoppen."

Als sich alles beruhigt hat, steht Mener auf, zieht seine Schnupftabaf­dose aus der Tasche, reibt dem Korb­macher Lerche mehrere Brisen in die Nase und legt die Dose dem schla fenden Herrn Schmidt in die Hand. Dann flappt Meyer wieder die Augen zu. Nun aber Lerche( muß mehrere Male start niesen, erwacht, reibt sich die Nase, bemerkt den Ta bat und sieht die Dose in Schmidts Hand): 3, det is doch zu arch! Macht sich der dämliche Federfuchser mit mir folchen Spaß! Na warte!" Und Lerche flatscht Schmidt eins hinter die Haare. Schmidt( erwacht aus einem Traum): O, es war mir fehr anjenehm. Kommen Sie jefäl ligst bald wieder. Was war denn das?" Lerche: Ach, bhun Sie man nich so, als ob Sie jeschlafen hätten, een andermal verbitt' id mir solchen Spaß!" Nur Schmidt sigt noch verwundert da und meint: ,, Das ist aber sonderbar. Ich jlaube jar, Sie haben mir einen Kazenkopf jejeben, werther Herr Lerche. Und wie komme ich denn zu dieser mir nicht jehörijen Dose? Wenn das hier so zujeht, dann is es jeratsam, daß man sich entfernt."

Spaziergang von Anno Dazumal( um 1830)

Benn heute jemand nach Hamburg fährt, trifft er nicht halb so viele| Borbereitungen wie die Leute von einst, die nach Schulzendorf oder Bichelswerder mit dem Kremser fuhren. Eine Osterpartie nach Treptow oder Charlottenburg war bereits das bleibende Ereignis des ganzen Jahres.

Händeringend läßt Adolf Glaßbrenner zum Schluß seinen Seifensieder Bläschen dastehen und ausrufen: ,, Bor't erste tommt mir teener mehr mit solche Landparthie!" Bor hundert Jahren waren das wirklich Osterspaziergänge", wie sie im Buche stehen. Es war schon ein Drama, che sich die Karamane in Be­wegung setzte. Borneweg Seifenfieder Bläschen und seine Frau Henriette mit ihren drei Rangen; Friederike, das Mädchen, mit den Freßförben hinterher, dazu der Korbmacher Lerche mit der Kümmel­pulle, der Herr Privatsekretair Schmidt und Meyer. Nachmittags um 5 Uhr sind sie glücklich im Wald. Jetzt fängt Bläschen an:

,, Nanu Kinderfens, nanu sind wir in de Heide und wat machen mir nanu? Das Schlimmste is immer uff fo'ne Landparthie, det man nich weeß, wat man anfangen foll." Es antwortet ihm hen riette, seine Frau:

3d weeß nich, wat du immer haft, Bläschen. Wat verlangste denn von so'ne Landpathie eijentlich? Sollen die Bööme uns wat vordanzen? Wir können Jott danken, det sich det Wetter so jehalten hat."

Jetzt Herr Schmidt: Hören Sie, werther Herr Meyer, wenn Sie es nicht übel nehmen: Sie fönnten uns eijentlich was deflamieren." Mener milligte ein und deklamiert, mit einem ungeheuren Pathos.

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Ueberlaken Linon, mit handgezogenen Hohlsäumen, ca. 150x250.

Oberbett bezug feinfädiger Linon, z. Knöpfen, 224

a. 130 X 200

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94PL

Handtuch Gerstenkorn, mit roter 18 PL

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Frottier- Handtuch weißer Kräuselstoff, mit in­danthrenfarbigen Streifen

33PL

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So geht das den ganzen Tag. Auf der Nachhausefahrt beginnt es zu regnen. Alle werden naß und Lerche, der geschlafen hatte, be­schimpft Bläschen, weil er ihn nicht zugedeckt hatte. Und Bläschen nimmt zum letzten Male das Wort: Ne, nu jeht mir doch aber die Jalle über! Nu bin id noch an den Rejen schuld, nich wahr! Mir wird allens uffiepudelt. Erschtens hab id allens besorgen müssen, denn muß ich den Jungen uff'n Schooß nehmen, denn fann id mich mal inschlafen, denn wer id naß bis uff't Hemde und zulegt, wenn se nich mehr weiter wissen, muß id de Schuld von de Rejenmolten ausbaden Kutscher: Brrr. Nu sind wir da!"

Bläschen: ,, Na, Jott sei ewig und jelobt und jedankt! Jd tripple wie'n Eiszappen, uff den de Sonne scheint. Da Aujuste, nimm mal den Ludwig hier, damit id runter steijen fann; der Fled, wo der dumme Junge jesessen hat, det is der eenzije drodne am janzen Leibe. Wo is'n Asur? Ach, da is er ja. Det arme Viech wird sich ooch jelangweilt haben." Dann folgen die Verabschiedungen und zu­legt Bläschens Schwur, feine Bandpartie mehr zu machen.

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