Sozialismus und Lehrerschaft.
Hauptausschußtagung der AGL
Am dritten Osterfeiertag persammelten sich die Bertreter der Arbeitsgemeinschaft fozialdemokratischer Lehrer und Behrerinnen Deutschlands ( MSL) in der Bundes foule des ADGB. in Bernau zu ihrer diesjährigen Hauptausschußtagung. Die Tagung ist aus allen Teilen des Reiches und vor allem aus Preußen gut besucht, ein Bemeis von dem erfreulichen Fort schritt, der auch in diesem Zweig der sozialistischen Bewegung feſt= zustellen ist.
Mit besonderer Herzlichkeit wurde der Bertreter Braun= schweigs begrüßt, der von den schmeren Kämpfen, die die Barteis genoffen auch auf schulischem Gebiet in Slaggeftan zu führen haben, berichtete, aber ebenso den unerschütterlichen Kampfesmillen und die Siegeszuversicht der Partei zum Ausdrud brachte. Zahlreiche Gastdelegationen pon befreundeten sozialistischen und gemerfschaftlichen Organisationen wie von Behörden zeigen, wie start die Arbeit der A52. in der Arbeiterbewegung wie in der Deffentlichkeit geschätzt
mird.
Die Beratungen der Tagung, die in den großartigen Räumen der Bundesschule ein würdiges, gerade die Behrer äußerst anregendes Heim fend, begann am Mittwoch früh mit einem Referat des Partei vorsitzenden Genossen Crispien über„ Die Stellung der fozialdemokratischen Lehrer als Funktionäre der Partei". Man fann, so führte Crispien aus, die Funktion auch des sozialdemokratischen Lehrers mur verstehen als eine gefeII= schaftliche Funktion. Der Lehrer ist als Beamter des Staates, pon dem er den Auftrag erhält, eingespannt in die geschichtliche Entwicklung des Staates und der Gesellschaft. Infolgedessen kann sich der Lehrer als Beauftragter eines fapitalistischen Staates nicht freimachen von der inhaltlichen unterrichtlichen Dienstleistung für die bürgerlide fapitalistische Gesellschaft, es sei denn, daß er um diese Freiheit tämpft im politisch- gesellschaftlichen Kampf überhaupt. Da mit aber nimmt er Partei zu den großen politisch- meltanschaulichen Auseinandersetzungen, eine Stellungnahme, die auf die Dauer gar nicht zu vermeiden ist und keineswegs eine Politisierung der Schule bedeutet.
Aus der Unentschiedenheit der bürgerlichen Mittelschichten wie aus der Teilnahmslosigkeit weiter Lehrertreise zu politisch- meltanschaulichen Fragen erklärt sich auch zu einem Teil das Ver= sagen des deutschen Kleinbürgertums und das An= wachsendes Faschismus. Hier gilt es, in starter Front vorzustoßen und Kulturarbeit zu leiften. Die fozialistische Gesellschaft ist mur möglich, wenn zwei Boraussetzungen erfüllt sind: die Wirt schaft muß hierzu reif sein und ebenso muß der Mensch hierzu reif sein! Die Wirtschaft ist schon reif, aber die tulturelle Ent. wicklung des Menschen hat nicht Schritt gehalten mit der wirtschaftlichen. Zwar hat die Arbeiterbewegung von Anfang an der Bildungsarbeit größte Aufmerksamkeit zuge mandt, aber nicht immer hat mit der erforderlichen Stärke diese Seite sozialistischer Aufbauarbeit gepflegt merden können. Es ist besondere Aufgabe ber fozialbemokratischen Lehrer, sich als Glieder der Partei dieser schwierigen, aber notwendigen und bantensmerten Arbeit vornehmlich zu widmen.
In der regen Distuifion murden die grundlegenden Ausführungen nach der prattischen Seite erweitert und besonders unterstrichen, daß die ASL. feine Standes oder Berufs= organisation ist und teinen wirtschaftlichen oder beruflichen Sonderinteressen zu dienen hat. Vielmehr ist es einzige Aufgabe, in engster Zusammenarbeit mit allen Partei- und Gewerkschaftseinrichtungen die kulturelle Boraussetzung zur sozialistischen Gesellschaft zat erfüllen.
Die Nachmittagstagung brachte Die Referate van Genoffin egicheiber über Breußenwahlen und Stutturfragen" unb Don Genossen 25 menftein über ,, Die tulturpolitische Situation" mit lebhafter Distuffion besonders zu ben bevorstehenden Wahlen.
Schlechte Steuereingänge. Weiterer Einnahmerüdgang im Februar.
Die Einnahmen bes Reiches an Besiz- und Verkehrs steuern betrugen im Monat Februar 366,3 millionen Mart, bei den Zöllen und Verbrauchsabgaben 192,8 millionen Mart, zu fammen also 559,1 Millionen Mart. In den bisher abgelaufenen 11 Monaten des am 31. März beendeten Finanzjahrs 1931/32 sind insgesamt rund 4526 Millionen an Besitz und Verkehrssteuern eingegangen, mährend der Boranschlag für das ganze Jahr 5072,5 Millionen beträgt. Die Gesamteinnahmen bei Böllen und Ber brauchsabgaben betrugen in den 11 Monaten fnapp 2547 gegen 3C99,5 millionen im Voranschlag für das ganze Finanzjahr.
Im Bergleich mit dem Februar 1931 find im Berichtsmonat an Steuern und Zöllen insgesamt 71,7 millionen Mark meniger eingegangen. Auch unter Einrechnung der neuen Steuern, besonders der Krisensteuer, sowie der Erhöhung der Umsatz fteuer liegt das Steuerauftommen im Februar erheblich unter bem Stand des entsprechenden Monats im Vorjahr. Die neuen Steuerquellen haben also die Verschlechterung der Wirtschaftslage nicht ausgleichen fönnen.
Rachspiel zum Stinnes: Prozeß. Generalstaatsanwalt erhebt Antlage gegen Landgerichtsdirektor Dr. Arndt.
Der Generalftaatsanmalt beim Stammergericht hat gegen den Landgerichtsdirettor Dr. Arndt, den Borfigenden im Stinnes Brozeß, wegen Berlegung der Pflicht zur Umtsverfchwiegen heit Anflage erhoben. Geget den Landgerichtsdirektor wird der Dienststraffenat beim Rammergericht befinden, der nach dem Um. gestaltungsgefeß am 1 April 1932 an die Stelle des bisherigen Disziplinarfenats tritt. In dem Ehrengerichtsverfahren bei der Anmaltstammer find die Anträge gegen die beteiligten Rechtsanwälte, Rechtsanwalt Dr. Alsberg und Rechtsanwalt Gollnid, in Vorbereitung.
Gimaitis provoziert.
Der Borsigende des memelländischen Direktoriums, Si maitis, der selbst Boltsschullehrer von Beruf ist, hat heute 20 Boltsschullehrern, die deutsche Staatsangehörige oder Optanten find, ben Dienst gekündigt. Bereits vor einigen Wochen wollte Direttor Tolischus, als er mit der Führung der Geschäfte des Landesdirettoriums nach Ablegung des Präsidenten Böttcher beauftragt wurde, einer Reihe von reichsdeutschen Lehrern im Memelgebiet den Dienst fündigen. Damals wurde auf Ein greifen der Mehrheitsparteien der Plan noch verhindert. Gimaitis hat ihn aber ungeachtet ber bamals ausgesprochenen Warnungen der Mehrheitsparteien burchgeführt.
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Kinder, Kinder, was machen wir bloß, wenn der Kohn die Wechsel nicht prolongiert?" hm, ganz einfach!' n kleinen Putsch mit anschließendem Pogrom, wie es unsere Alfvorderen getan haben, wenn sie beim Juden zu tief in der Tinte saßen."
Englische Sozialbilanz.
Böse Ziffern.- 3ft drüben auch das„ System" schuld?
Bei uns in Deutschland ist, wenn man die Nazischmäher| erstenmal wird von ihm eine genaue Ziffer der Arbeitslosen anschmahzen hört, an allem Uebel nur das„ System" schuld. gegeben, die durch die verschärften Versicherungsbestimmungen im Gegenüber diesem Unnerstand ist es immer wieder angebracht, vergangenen Herbst endgültig ausgesteuert wurden. Das einen Blick über die Grenzen Deutschlands hinaus zu werfen, find rund 100 000 Personen: Ende Februar betrug die Arbeitslosig um festzustellen, wie es in den Ländern aussieht, die ihrer feit in England 2,70 gegen 2,78 Millionen vor der Pfundentwertung foglalen Struttur nach einigermaßen mit Deutschland verglichen im September. Rechnet man die Ausgesteuerten, hauptsächlich meibwerden können. Ein solches Land ist nor allem England. lichen, Erwerbslosen mit 100 000 hinzu, so betrug die Arbeitslosig Das englische Arbeitsministerium hat vor furzem feit in England Ende Februar die Märzziffern liegen noch feinen Jahresbericht für 1931 herausgegeben. Dieser nicht vor 2 800 000 Personen. Im vergangenen Bericht zieht auf breiter Bajis eine Bilanz der Sozial- Winter erreichte der winterliche Höchst st and 2 670 000 Erpolitit im stürmischen Arisenjahr. In drei 3n drei werbslose. Hierin zeigt sich also ganz deutlich, daß die Hoffgroßen Abschnitten merden die Arbeitslosigteit, die nungen, die man in England auf die Entwertung des Entwicklung der Löhne und die Arbeitstämpfe be- Bfundes gefeht hat, fehlgeschlagen sind; benn bestenfalls tann man für den Arbeitsmarkt das Ergebnis feststellen, daß die handelt. Bfundantmertung bie minterliche Summahme der Erwerbslosigkeit etwas abgestoppt, feinesfalls aber eine effettine Entlastung des Ur beitsmarttes bemirft hat.
Das Kapitel über die Arbeitslosigkeit ist besonders aufschlußreich. Der Bericht begnügt sich damit, ben Berlauf ber Arbeitslosigkeit zu registrieren; er stellt auch eine sorgfältige Unterfudung über die Zahl der versicherten Arbeitnehmer an. Auf Grund dieser Untersuchung ergibt sich ein lehrreicher Haberblid über die Höhe der Gesamtbeschäftigung innerhalb der englischen Wirtschaft. Für das vergangene Jahr wird die Zahl sämtlicher versicherten Arbeitnehmer mit 9,40 Millionen angegeben, während im März 1927 die Zahl der Versicherten mit 9,51 Millionen Berfonen trotz der damals herrschenden Depression in England noch um annähernb 110 000 Bersonen höher war. Dieser Vergleich zeigt, daß der gesamte Betember hat sich die Lebenshaltung infolge des Sintens der schäftigungsgrad in der englischen Wirtschaft im per gangenen Jahr noch tiefer mar als 1924, jo daß die Entwicklung in England ziemlich parallel ging mit den frisenmäßigen Der Prozentias Schrumpfungserscheinungen in Deutschland . der Arbeitslosigkeit unter den Bersicherten ist in Groß britannien sogar noch erheblich größer als in Deutschland . Gegenüber dem guten Stonjuntturjahr 1927, das in England nach dem Bergarbeiterstreif, der sieben Monate dauerie, besondere Auf triebsmomente mit sich brachte, ist der Prozentsatz der erwerbslosen versicherten Arbeitnehmer im letzten Jahr von 9,7 auf 21,3 Bro3 gestiegen.
Zu dem Verlauf der Arbeitslosigkeit nach der Entwertung des Bundes im September vergangenen Jahres gibt bar Bericht des Arbeitsministeriums noch einige interessante Ergänzungen. Arbeitsministeriums noch einige intereffante Ergänzungen. Zum
Donau - Vorkonferenz in London . Wahrscheinlich am 6. April und ohne Brüning.
Am 6. April dürfte in London eine Bortonferenz Eng lands, Deutschlands , Frankreichs und Staliens zu der späteren Donaufonferenz beginnen. Reichstanzler Dr. Brüning wird an diefer Bortonferenz nicht teilnehmen, da er an den Abenden por der Präsidentenwahl in einer Reihe von Großstädten für die Wieder mahl Hindenburgs spricht. Deutschland würde somit auf dieser Bortonferenz durdy Staatssekretär v. Bülow vertreten sein. So meit eine Entscheidung in der Donaufrage zu fällen ist, wird das in. Genf geschehen und daran wird der Reichsfangler teilnehmen.
Tardieu- Macdonald: ohne Interesse.
In hiesigen diplomatischen Streifen wird der Zusammen tunft Tardieus mit Macdonald nicht die Bedeutung beigelegt, die ihr ein Teil der franzöfifchen Breffe geben möchte. Man glaubt nicht, daß die Aussprache der beiden Ministerpräsidenten irgendein positives Ergebnis haben mird, zumal man es für aus geschlossen hält, daß Macdonald, von dem die Anregung zu der Biermächtekonferenz ausgegangen ist. vor dem Zusammentritt dieser Konferenz irgendwelche Bersprechungen gegenüber Tardieu eingehen merde. Das sei aus rein fachlichen Gründen schon unwahrscheinlich. Die franzöfifche und englische Auffassung seien in der Frage bes Donaubuntprojektes vorläufig noch biametral entgegen gefest. unwahrscheinlich fei auch, daß Tardieu mit Macdonald zu einer Einigung in der Reparationsfrage tommen werde, be fich Tardieu vor den Kammerwahlen hinsichtlich des Repara. tionsproblems taum feftlegen werde. Die Aussprache zwischen den
Sehr interessant ist der Abschnitt, der die 2ohnseniungen des legten Jahres behandelt. Hierbei ist allerdings zu berücfsichtigen, baß die 2lbwertung des Pfundes im wesentlichen den Zweck verfolgte, auf taltem Bege die Reallöhne entsprechend der Währungsentwertung abzubauen. Wenn demgegenüber das gefainte durchschnittliche Bohnniveau in England 1931 nur um Broz. gesunken ist, so ergibt das für die Veränderung des Lebensstandards nur ein unvollkommenes Bild; denn seit dem SepWährung verteuert. Von schärferen Lohnsentungen wurden verschiedene Distritte der Textilindustrie betroffen. Dort reicht der Lohnabbau bis dicht an 12 Broz. heran, während im Kohlen Im ganzen wurden während des letzten Jahres 419 Arbeits bergbau Lohnjentungen um 5 bis 6 Broz. durchgeführt wurden. kämpfe durchgeführt. An diesen waren zusammen rund 425 000 Arbeitnehmer direft und etwa 65 000 indirett beteiligt. Die Zahl der verlorenen Arbeitstage erreichte fast 7 Millionen gegen rund 4,4 Millionen im Jahre 1930. Der größte Arbeitskampf fand in der Hochburg der Baumwollindustrie Lancashire statt, das infolge des dort herrschenen Scharfmachertums einer der stärksten Unruhe herde der englischen Wirtschaft geworden ist. Der Arbeitsfampi in diesem Gebiet loftete im letzten Jahr bei einer Teilnahme von über 145 000 Arbeitnehmern 3,29 Millionen Arbeitstage.
beiden Ministerpräsidenten werde sich deshalb auf einen all. gemeinen Meinungsaustausch beschränken, der vom internationalen Standpunkt aus menig 3nteresse habe.
Keine Endregelung in Lausanne ?
Condon, 30. März.( Eigenbericht.)
Die englische Regierung hat nach einer Information des diplomafischen Korrespondenten des„ Daily Herald die Hoffnung, daß auf der Lausanner konferenz im 3qui cine endgültige oder auch nur eine längere Zeit erfassende Lösung des Reparationsproblems erreichbar fein werde, aufgegeben. England werde daher in Lausanne nur eine Berlängerung des Hoonermoratoriums um weitere fechs Monate vorschlagen. Dieser Plan, der auf den Schahkanzler Chamberlain zurückzuführen sei, werde von der vagen Hoffnung getragen, daß innerhalb der sechs Monate die Situation amerikanischen Präsidentenwahlen die ändern und fo günftigere Boraussetzungen für eine Aufrollung der Reparationsfrage geschaffen werden.
Der 1. Mai als Wahltag.
Für die franzöfifche Kammer.
Daraus, daß Ministerpräsident Tardieu am 6. April die Wahlkampagne mit der traditionellen Rebe einleiten wird, sieht man den Schluß, daß als Wahltag der 1. Mai bat. der 8. Mai für den zweiten Wahlgang als sicher anzusehen sei, da die Dauer der Wahlkampagne gewöhnlich drei Wochen betrage.