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BERLIN Montag 4. April

1932

Der Abend

Erscheint täglich außer Sonntags. Bugleich Abendausgabe des Vorwärts" Bezugspreis für beide Ausgaben 75 Pf. pro Woche, 3,25 m. pro Monat ( davon 87 Vf. monatlich für Zustellung ins Haus) im voraus zahlbar. Post bezug 3,97 m. einschließlich 60 Pf. Postzeitungs­und 72 Pf. Postbestellgebühren.

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Spätausgabe des Vorwärts

10 Pf.

Nr. 157

B78 49. Jahrgang

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Hochverrat der Hitlerei

Belastendes Material dem Oberreichsanwalt übergeben

Wie wir von zuständiger Stelle erfahren, haben sich aus dem bei der NSDAP . beschlagnahmten Ma= terial Anhaltspunkte dafür ergeben, daß hoch und landesverräterische Handlungen( Verrat militärischer Geheimnisse) durch Führer der National­ sozialistischen Partei vorgenommen wurden.

Der Berliner Polizeipräsident hat das entsprechende Material dem Oberreichsanwalt über­

mittelt. Einzelheiten können wegen der gesetzlichen Bestimmungen über die Strafverfolgung in Landes verratssachen(§ 11 des Gesetzes vom 3. Juni 1914) nicht veröffentlicht werden.

Polizei in der Hedemannstraße. Die Büros der SA. und SG. polizeilich geschlossen.

Wie wir zuverlässig erfahren, werden die Büros der SA. und der SS. in der Hedemannstraße heute polizeilich ge= schlossen werden.

Anlaß dazu boten die unerhörten Vorgänge am Sonnabend, bei denen Gewalttäter, die friedliche Zeitungshändler überfallen hatten, in die Räume der NSDAP. in der Hedemannstraße ihre Zuflucht nahmen und dort spurlos verschwanden.

Kehraus mit Hitler!

Heute, Montag abend, alles in die Tennis­hallen, Brandenburgische Str. 53, U- Bahn Fehrbellin . Platz. Redner: Polizeipräsident

Albert Grzesinski

Deutschland erwacht

Neue Wahlzeichen aus Mecklenburg

Am Sonntag mußten in Mecklenburg- Schwerin an einigen| starten Erfolg verbuchen. Sie gewannen gegenüber den Kreis­Orten die Stadtparlamente einiger Städte erneuert werden. Dabei ergaben sich sehr überraschende Zahlen im Vergleich zu den letzten Amtswahlen. In dem Städtchen Malchow belief sich die Wahlbeteiligung auf über 90 Proz. Das Ergebnis ist folgendes:

KPD . NSDAP .

99

Sozialdemokraten 884( 686) 6 Mandate 394( 469) 2 939(-) 6 Bürgerliche Einheitsliste 271( 1125) 1 Mandat Beamtenliste 145( 192) 0 Mandate

99

Die Ziffern in Klammern geben das Resultat der vorigen Stadtverordnetenwahl an. Es ergibt sich also ein Stimmen­gewinn der Sozialdemokratie um rund 200 und zwei neue Mandate! Das, was früher als bürgerliche Einheits­lifte" firmierte, hat sechs Mandate an die Hitlerei abgegeben. Die Kommunisten und Beamten verloren je ein Mandat an die Sozial­demokratie!

tagswahlen etwa 33% Prozent. Ihre Mandatsziffer konnten sie von 4 auf 6 erhöhen. Die Kommunisten haben gegenüber den Amts­vertreterwahlen einen Berlust von etwa 8 Prozent zu verzeichnen. Die bürgerliche Mehrheit, die bisher in Malchow be­stand, ist durch die geftrigen Wahlen beseitigt.

Die Stadtverordnetenwahlen in Waren bestätigen das Bild. Die Sozialdemokraten gewannen in Waren 33% Prozent an Stimmen gegenüber den letzten Kreistagswahlen vom No­vember.

Giner hat genug...!

Bald werden die Nazi- Nachläufer verschwinden Köln , 3. April. ( Eigenbericht.)

Ganz ähnlich liegen die Dinge in der Stadt Waren. Dort ihrer Sonnabendausgabe den Brief eines Nationalsozialisten an die Die sozialdemokratische Rheinische Zeitung " veröffentlicht in erzielten an Stimmen die

Sozialdemokraten 1672( 887) 8 Mandate( 6)

KPD . NSDAP .

Lifte Schwarzweißrof.

784( 770) 4 2405-) 12 562

"

99

3

"

Bei der vorigen Stadtverordnetenwahl setzte sich die Rechte aus drei Gruppen mit insgesamt 16 mandaten zusammen, und zwar hatten erhalten an Stimmen die Wirtschaftliche Vereini­

zuständige Parteileitung, in dem dieser um Enthebung von feinem Amt als Stadtverordneter ersucht. Der Brief ent­hält folgende bemerkenswerte Stelle:

Ich werde unter feinen Umständen in meinem neu zu er­greifenden Beruf, ganz gleich, was es auch sein mag, mich nochmals so in den Dienst einer Sache einspannen, wie ich es gemacht habe. Dazu muß ich Ihnen fagen, daß es mir recht übel wird, wenn ich an alle die cumpen und Betrüger dente, welche in der Partei Aufnahme gefunden haben. hänger wird aus Bonzen bestehen. Lehtere werden sich mit unglaub­licher Schnelligkeit einfinden und breitmachen. Und dafür fäfig zu fein ist mir nicht möglich. Ich habe dieses ja bereits im Juli gesagt und wiederhole es Ihnen gelegentlich dieses hier nochmals.

Fahnendelegationen der Parteikreise 7, 8. 9, 10, gung 1573, Bolfswohlfahrt 386 und Beamte 716. Jetzt haben Nazis Es wird nicht lange dauern und 90 Proz. der Mitglieder und An­

11, 12 und 13, sowie die Sturmfahnenträger der Arbeitersportier und des Reichsbanners treffen sich um 19 Uhr am Versammlungsort.

Hitler , der Spartaner.

Seine Rechnung vom Kaiserhof".

In der Nazipresse wird Hitler seit Wochen als Spartaner angepriesen. Was davon zu halten ist, zeigt eine Original rechnung des Luxushotels Kaiserhof für Hitler, die von der ,, Welt am Montag" wiedergegeben wird.

Die Rechnung lautet für zehn Tage über die Kleinigkeit von 4048 Mart, ein Betrag, für den ein Arbeiter oder An­gestellter bei den heutigen Löhnen und Gehältern mindestens zwei Jahre arbeiten muß. Der Betrag setzt sich zusammen

und Schwarzweißrote" zusammen nur 15 Mandate, also ein Mandat an die Sozialdemokratie abgeben müssen, ebenso wie die Kommunisten! Die Nazis saugen das reaktionäre Bürgertum auf, das ist alles!

Die Nationalsozialisten haben an beiden Orten

eine Niederlage erlitten.

Sie verloren in Malchow gegenüber der Reichspräsidentenwahl 20 Prozent. Wenn man die dortigen Stimmenziffern der Natio­nalsozialisten mit den Kreistagswahlen vom November ver­gleicht, so beläuft sich ihr Verlust auf ungefähr 17 bis 18 Prozent! Die Sozialdemokraten können dagegen einen

Der Briefschreiber ist der Gastwirt Mainz , dem im Westdeut­schen Beobachter" am 1. April 3 um 50. Geburtstag grafu­liert wurde.

Die Röhm- Briefe echt! Auch der Verteidiger Röhms gesteht es- und sucht die Presse mundtot zu machen! Rechtsanwalt Sac, der Verteidiger des Oberleutnants Röhm, versendet ein Rundschreiben an die Presse, in dem er darauf ver­

aus 2830 Mart für 12 Zimmer, 600 Mark für 120 Wittagessen Gelogen wie plakatiert ist, daß aus den Strafatten gegen Röhm von unbekannter

à 5 Mart, 276 Mart für die täglichen Frühstücs à 2,30 Mark und 298 Mark für Getränke. Jedes der zwölf von Hitler gemieteten Einzelzimmer kostete täglich 24 Mark.

Der Schwindel von Hitler als Spartaner ist durch die Original­rechnung gründlich entlarvt. Auch wenn der Kaiserhof" pflicht mäßig die Rechnung als- gefälscht bezeichnet.

Was sagt Groener?

Die unhaltbaren Verhältnisse in Braunschweig Braunschweig

, 3. April. ( Eigenbericht.)

Am Sonnabend fand hier eine interfraffionelle Be­sprechung der Regierungsparten statt, an der die Minister Küchenthal und klagges teilnahmen. Küchenthal erstattete Bericht über seine Unterredung mit dem Reichsinnenminister Groener. Er versicherte, daß diese Unterredung hauptsächlich den Punkten gegolfen habe, die von der Linkspresse hinsichtlich Braun­ schweig immer wieder in den Vordergrund gestellt werden. So der Behauptung, daß die braunschweigische Bevölkerung unter dem Terror von S.- Gruppen lifte, ferner die Frage des Polizeibeamten­verbandes. Er, Küchenthal, habe Groener über die Uuwahrhaftigkeit diefer Darstellungen in der Cinfspreffe aufgeflärt. In diesem Punkte fei vollkommene Uebereinstimmung zwischen ihm und dem Reichs­innenminiffer erzielt worden.

Hitler - Märchen an Litfaßsäulen

Das erstaunte Berlin las heute früh an den Litfaßsäulen folgendes:

Im November 1918 haben die heutigen Machthaber ein geordnetes großes Reich übernommen.

Das ist so phantastisch gelogen, daß man sich fast schämt, etwas darauf zu erwidern. Erstens haben ,, die Macht­haber von heute" nicht im November 1918 die Regierung übernommen, zweitens war vor dem 9. November

Deutschland der niedergebrochenste, zerrütteteste Staat, den es je in der Welt gegeben hat. Daraus macht der ge­dankenlose Phrasendrescher Hitler ein geordnetes großes Reich" und läßt es noch plakatieren!

In demselben Plakat ist auch noch zu lesen: Wollt ihr Deutschland schützen gegen Chaos, Bürgerkrieg, Inflation, dann wählt Adolf Hitler !

Seite Briefe des Oberleutnants Röhm photogra graphiert und an die Presse geliefert worden sind. Mit feinem Wort bestreitet Herr Rechtsanwalt Sad die Echtheit dieser Briefe. Er sucht vielmehr die Presse einzuschüchtern und droht mit der Notverordnung! Er behauptet, daß die Veröffentlichung dieser Briefe die Verwirklichung eines Tat­bestandes einer strafbaren Beleidigung wäre, die gerade deswegen schwerwiegend sei, weil Herr Röhm als ,, öffentliche" Person unter dem verstärkten Ehrenschutz der Notverordnung stehe.

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Dieser Einschüchterungsversuch ist ein plumpes Manöver. Die Veröffentlichung der Röhm- Briefe wäre nur dann strafbar, wenn es sich um die Veröffentlichung einer unwahren Tatsache, also um ge= fälschte Briefe handeln würde. Die Tatsache, daß Hauptmann Röhm Diese Briefe geschrieben hat, deren seitenlanger Inhalt wider= liche Lüsternheit ausstrahlt, ist aber nicht aus der Welt zu schaffen. Sie steht obendrein durch das vor Gericht abgelegte Ge= ständnis Röhms fest. Mithin ist die Verbreitung der Briefe nicht die Behauptung unwahrer, sondern die Behauptung wahrer Tatsachen über den Charakter und über die moralischen

Dazu nur soviel: In der Zeit vor dem 9. November 1923 Qualitäten des Obersten Stabschefs Hitlers . Sie bis zum 30. November desselben Jahres

fiel die Mark auf ein Zehntel ihres Wertes von zuvor. Was war dazwischen? Der Münchener Hitler­Putschl

fällt also auch nicht unter die Notverordnung, die ledig­lich Verleumdungen unter erhöhtes Strafmaß stellt. Festzustellen ist: Röhm, der die Jugend von der Schwarzen Reichswehr als seine seruelle Lederspeise rühmt, kann und