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Beilage

Montag, 4. April 1932

Der Abend

Spalausgabe des Vorwärts

Berlin und der Preußenkampf

Sozialdemokratischer Bezirksparteitag

Der Bezirksparteitag der Berliner   Sozialdemokratie fetzte am Sonntag seine Verhandlungen fort. Landtagsabgeordneter Genoffe Harnisch sprach zunächst über den Kampf um Preußen, dann diskutierten die Delegierten über die preußische Politik und die Arbeiten der Sozialdemokratie im Landtag, und schließlich stellte man die kandidaten zur bevorstehen­den Landtagswahl auf.

Harnisch

gab einen historischen Rückblick auf den Kampf um Preußen, das heißt um die Eroberung des Parlaments. Er erinnerte daran, wie früher die Sozialdemokratie es als Kraftverschwendung ansah, unter dem Dreiklassenwahlrecht sich überhaupt an den Landtagswahlen zu beteiligen, er zeigte, wie im Jahre 1903 zum ersten Male die So­zialdemokratie ihre Taktik änderte und sich an der Wahl beteiligte. Wer Preußen hat, hat noch immer einen großen Einfluß in Deutschland   das weiß die Reaktion auch heute noch, und deshalb der Sturm auf Preußen, sein Parlament und seine Regierung. In dem Kampf gegen das neue Preußen, das die Sozialdemokraten aufbauen halfen, vereinigten sich, es ist fast selbstverständlich, die Reaktionäre von rechts und von links. Im Stellen von Mißtrauens anträgen gaben die Kommunisten den Deutschnationalen und den Nationalsozialisten nichts nach..

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Der ruhende Pol in der Erscheinungen Flucht war stets nur die angegriffene Regierung Braun- Severing. Jezt steht die Sozialdemokratie wieder im Kampf um Preußen. Auf ihre Arbeit im Landtag fann sie stolz sein. Genosse Harnisch erwähnte kurz die gesetzgeberische Tätigkeit, und er meinte, daß diejenigen, die immer wieder glauben, Kritik an dieser Arbeit üben zu müssen, es erleben werden, daß im Wahlkampf alles überschattet wird von der Frage: wie erhalten wir uns an der Macht im Staate. Die bevorstehenden Kämpfe sind von ungeheurer geschichtlicher Bedeutung. Wenn es der Sozialdemokratie am 10. April gelingt, den Hitler eine neue Niederlage zu bereiten, dann wird es für die Sozialdemokratie nicht nur ein großer organisatorischer Aufstieg sein, sondern wir werden

auch den Weg frei machen im Kampf um Preußen.( Lebhafter| Not leiden brauchen. Schließlich gibt es doch eine Arbeits. Beifall.) In diesem Kampf führt die Sozialdemokratie ein Stüd losenfrage, die im Gesamtbild auch Lehrpersonen umfassen ihres Parteiprogramms durch.( Lebhafter Beifall.) In der mird. Die Nacht nach der Reichspräsidentenwahl hat die ganze Gefahr des Faschismus klar gezeigt.

Diskussion

wandte sich Galonska- Neukölln gegen die Rundfunksperre für die Freidenker, die unerträglich sei. Mit dem Konkordat könne man nicht einverstanden sein, die Unterstützung der Kirche müsse an= gesichts der Not der Arbeiterschaft aufhören.

Jablonski- Charlottenburg: Die Nationalsozialisten zeigen uns, daß man sogar mit unklaren Zielen eine große Bewegung entfesseln fann. Wir müssen unsere flaren sozialistischen Ziele heraus­stellen.

Schmidt bedauerte, daß die Genossen in leitenden Stellungen nicht immer und stärker ihre sozialistische Weltanschauung bei ihrer Amtsführung gezeigt hätten. Die bevorstehenden Kämpfe können wir nur mit klarer Zielstellung führen. In diese Kämpfe wird sich die Jugend freudig einreihen.

Kuttner: Es wird niemanden in der Preußenfraktion geben, der die Beschwerden des ersten Diskussionsredners nicht verstände. In der Politik kommt es aber nach Lassalles Ausspruch darauf an, alle Kraft auf einen Punkt zu konzentrieren, nämlich auf den entscheidenden. Das war und ist die Abwehr des Fa= schismus! Wenn Opfer gebracht wurden, so doch nur, um

die Demokratie zu erhalten.

Dieses Ziel ist allerdings nicht anders zu erreichen, als in der Koa­lition mit dem Zentrum, das sich von allen bürgerlichen Parteien als die nazifesteste erwiesen hat, dessen Wähler nicht zu den Nazis überlaufen.( Bewegung im Saale.) Wer uns wegen des Kon­fordats angreift, bedenkt nicht, daß uns der Bischof von Berlin  , den uns das Konkordat brachte, nicht halb soviel geschadet hat, als uns der sozialdemokratische Polizeipräsident genutzt hat. Auf die Ausübung der Exekutive kam es uns in Preußen an. Im Wahl­fampf wird unzweifelhaft die Kulturpolitik eine Rolle spielen. Es ist nicht wahr, wie behauptet wird, daß 20 000 Junglehrer brot los gemacht wurden; für über 18 000 ist so gesorgt, daß sie nicht

Bayern   enthüllt...!

Hoffnungen auf das Dritte Reich!

München  , 4. April.  ( Eigenbericht.) In einer amtlichen Verlautbarung, die mehrere Seiten umfaßt, stellt die bayerische   Regierung fest, daß auch in Bayern   mit dem Tage der Reichspräsidentenwahl, dem 13. März, das Dritte Reich seinen Anfang nehmen sollte. Das gehe aus zahlreichen privaten und amtlichen Berichten hervor, die der baherischen Regierung in­zwischen zugegangen sind.

Wir geben folgende Einzelheiten aus der bayerischen Dar­stellung wieder:

Der Gauleiter von Murnau  , Engelbrecht, wies den Rat, sich wegen des Verbotes der Wahlschwindelplakate vom Sieg Hitlers   auf den Hamburger Schiffen mit der Polizeidirektion in München   in Verbindung zu setzen, zurück mit den stolzen Worten: ,, Mit der Polizeidirektion verhandeln wir überhaupt nicht mehr. Heute nacht 12 Uhr ist ohnehin Schluß."

Eine Reihe von Ortsgruppenführern der Nationalsozialichen legte wegen der Beschlagnahme dieses Flugblattes beim Bezirksamts: vorſtand in Garmisch   erregte Beschwerde ein mit der Erklärung:

,, Von morgen ab sei es doch anders." Das stimmt überein mit der siegesbewußten Ankündigung, die der Bersammlungsleiter einer nationalsozialistischen Versammlung in Sprendlingen   nach dem Bericht des Würzburger General­anzeigers" gemacht hat:

,, Nachts 12 Uhr hat Hitler   die Republik   in der Hand. Die ,, Eiferne Front" wird zwar den Generalftreif proflamieren, aber fie wird zu spät kommen. Um 12 Uhr 02 werden alle Aemter, Post, Rathaus usw. von SA.- Mannschaften besetzt sein." In einer Versammlung in Inning fiel am 8. März der nationalsozialistische Redner, der Schußmann a. D. Ostberg aus München  , aus der Rolle der Legalität mit der Drohung, die Ketten der gegenwärtigen Verfassung müßten am 13. März 1932 gesprengt werden. Die Siegeszuversicht war bei den Nationalsozialisten so groß, daß vielfach Leute, die sich offenbar reichen wirtschaftlichen Gewinn vom nahen Dritten Reich erhofft hatten, nicht zögerten, in starkem Maße eigene Mittel zur Agitation zu verwenden. Die Kosten der Wahlagitation sollten ja im Dritten Reich vom Staat bezahlt werden. Nach allem, was mehr oder weniger deutlich von den Mit­gliedern der NSDAP  . erklärt wurde, kann kein Zweifel herrschen, daß im Fall eines für Hitler   günstigen Wahlausganges be a b= sichtigt war, die Macht im Staate sofort zu ergreifen. Das war letzten Endes der Sinn aller Generalappelle, aller Ber eldigungen, aller Gesundheitsappelle und aller Alarmbefehle der SA. in den letzten Wochen vor der Wahl, am Wahltag und in der Wahlnacht selber. Das war offenbar auch die letzte Absicht beim Austausch der SA.- Leute verschiedener Städte und Orte.

plant gewesen sei. Offenbar ist die Besetzung aller wichtigen Posten mit Nationalsozialisten in den einzelnen Ortsgruppen bis ins fleinste vorbereitet gewesen. In Aibling   wurde in nationalsozialistischen Kreisen erzählt, daß der Vorstand des Bezirksamtes sowie des Finanzamtes, der Bürgermeister von Bad Aibling   und von Kolbermoor  , ferner der Sparkassendirektor und der Gendarmerie­fommissar von Kolbermoor   abgesetzt und durch Nationalsozialisten ersetzt würden.

Bei einem Sprechabend der Nationalsozialisten in Ober­ hausen  ( Bezirksamt Weilheim) hat am 9. März der dortige Führer der Nationalsozialisten, Freiher von Lupin, von den bevorstehenden Dingen im neuen Reich folgendes ausgeplaudert: In dem Moment, in dem das Reich in Kraft trete, würden

alle öffentlichen Aemter vom Fernsprechverkehr abgeschnitten und von der Parteileitung der NSDAP  . besetzt werden. Die einzige Rufnummer nach auswärts, die in Funktion bleibe, würde Cupins   Nummer sein.

Alle Berichte der Gendarmerie, soweit deren Beamte im Dienste bleiben und sich den Anordnungen der nationalsozialistischen Be­wegung fügen würden, müßten durch Lupins   Hand gehen. Die Dienstverrichtung der Gendarmerie habe nach den Anordnungen der NSDAP  . zu geschehen. Diejenigen Herren, die sich nicht zur natio­nalsozialistischen Bewegung bekennen wollten, würden dann einmal einige Wochen bei Wasser und Brot verpflegt werden.

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an

Wären am 13. März die Nazis legal oder illegal die Macht gekommen, dann hätten wir eine freie Schule und eine Freidenkerbewegung einmal gehabt! Gewiß ist die Herausstellung unserer sozialistischen Ziele notwendig; wissen denn die Genossen nicht, daß im Landtag bereits ein Gesetz angenommen ist, das neugefundene Bodenschäze dem Staat zuschreibt? Das Beste ist in Preußen gehalten worden: die Macht ist erhalten geblieben!( Lebhafter Beifall.)

Dr. Löwenstein: Preußen hat für die Schule mehr getan als viele andere Länder. Preußen hat für die Lehrer gesorgt, hat in Braunschweig   hinausgeworfene Junglehrer wieder eingestellt, hat, kulturpolitisch gesehen, eine gute Personalpolitik geführt.

Egner- Neukölln: Nicht auf große Programme, sondern auf die Möglichkeit, in Preußen arbeiten zu können, kommt es an. Ein Antrag auf Schluß der Debatte wurde angenommen. Als Kandidaten für den Landtag

wurden für den Kreis Berlin   aufgestellt: Otto Meier  , Erich Kuttner  , Gertrud Hanna  , Georg Maderholz, Karl Weiner, Helene Schmitz, Mar Heydemann, Otto Burge meister, Friz Barthelmann, Karl Heßschold, Paula Kurgaß, Paul Brendel, Ernst Gron, August Gruse. August Pattloch.

Für den Kreis Potsdam II( Teltow  - Beeskow  ) wurden nominiert: Hermann Harnisch, Luise Kähler, Mar Fech ner, Robert Bredow, Georg Klaußner, Paul Becker, Dr. Lohmann, Paul Hepprich, Käthe Kern, Paul Am hoff, Karl Palmer, Hans Woywod, Erich Radday. Her mann Lempert.

Für die Landesliste sollen die Genossen Professor Chajes, Mar Sievers, Otto Scharfschwerdt  , Theodor Kozur empfohlen werden.

Unruhiger Sonntag.

Kommunisten gegen Polizei  .- Ein Schuß in der Notwehr.

Aehnlich wie im Reich ist auch in Berlin   der geffrige Sonn­tag, der nach dem Burgfrieden zu Ostern den politischen Parteien zum ersten Male wieder eine volle Entfaltung ihrer Wahlpropa­ganda zur Reichspräsidentenwahl gestattete, unruhig verlaufen. Ueberall fam es zu Schlägereien zwischen Links- und Rechts­radikalen, wobei eine Reihe von Beteiligten verletzt wurden. 3n einem Fall gerieten Polizeibeamte, die gegen kommunistische Ruhe­störer vorgehen wollten, in Bedrängnis. In der Notwehr gab einer der Beamten einen Schuß ab und verletzte einen Kom­munisten.

Gegen 13 Uhr sammelten sich von dem Naziverkehrs­lokal in der Gneisenaustraße 17 zahlreiche Kommunisten an. Da die Gefahr bestand, daß es zu Auseinandersetzungen kommen würde, forderten die Schupobeamten die Kommunisten auf, weiter. zugehen. Das war für die Kommunisten Anlaß genug, über die Beamten herzufallen. Ein Beamter wurde dabei abgedrängt und zu Boden geschlagen. In höchster Notwehr gab der am Boden liegende Beamte aus seiner Dienstwaffe einen Schuß auf seine Angreifer ab. Der 27 Jahre alte Kommunist Erich Schmidt aus der Waldemarstraße wurde von der Kugel getroffen und später ins Krankenhaus am Urban gebracht. Vier weitere an dem Hand­gemenge beteiligte Kommunisten wurden später festgenommen.

Zu einer folgenschweren Schlägerei fam es gestern mittag in der Kolonie Nordbahn" in Wittenau  . Dort gerieten

Kommunisten und Hakenkreuzler in ein Handgemenge, wobei es mehrere Berletzte gab. Sechs Mann wurden von der Polizei ver­haftet und der Politischen   Polizei übergeben. Bei einer weiteren Schlägerei zwischen Kommunisten und Nazis in der Wiesen­und Hochstraße im Norden Berlins   wurden vier Personen er­heblich verlegt. Die Verletzten erhielten auf der Rettungsstelle in der Badstraße erste Hilfe.

Insgesamt wurden in der Nacht von Sonntag bis Montag früh 56 Personen wegen verschiedener Delifte festgenommen. 39 Haftierte

Zum Bezirksvorstand in Garmisch   war ein vor Jahren durchgefallener Referendar Gabich aus Krünn auser­sehen. Dem dortigen Amtsvorstand wurde von privater Seite ver­traulich mitgeteilt, daß als erste Maßnahme am 13. März nachts seine Festnahme beabsichtigt sei. Auch in Moosburg   war der Posten des Bürgermeisters, des Stadtsekretärs, des Sparkassenver- befinden sich noch im Polizeigewahrsam, sie werden aller Wahrschein­walters bereits im Geiste besetzt. Auch die maßgebenden Stellen bei lichkeit nach vom Schnellrichter abgeurteilt werden. Post und Eisenbahn   waren bereits mit Anwärtern versorgt. Zum Bezirksvorstand in Freising   war der Spengler und Kupfer­schmied Wolf in Freising   bestimmt.

Im Bezirk Aibling   wurden, wie übrigens auch anderwärts, von den Nationalsozialisten Listen in Umlauf gesetzt, in denen die Wähler aufgefordert wurden, sich schriftlich zu erklären, ob sie am 13. März Hitler wählen. Wer nicht unterschrieb, dem wurde ge­droht, daß man sich dies merken würde. Ferner wurden Marken, das Stück für 50 Bf., verkauft. Dabei wurde den Leuten erklärt, daß man sich durch den Besitz dieser Marken

im Dritten Reich Stellen sichern fönne. Was sich Hitler  - Wähler verschiedentlich von einem Sieg Hitlers   erhofft haben, das beweist die Wahrnehmung, daß in der letzten Zeit vor der Reichspräsidentenwahl Schuldner ihren Ver­pflichtungen nicht mehr nachkommen wollten und die Zahlungen bis nach der Wahl verzögerten. Offenbar waren sie des Glaubens, im Dritten Reich brauche man feine Schulden und keine Zinsen mehr zu bezahlen. Ein Gruppenführer der Nationalsozialisten aus der Gegend von Schrobenhausen   erklärte in einer Versammlung:

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In der Nacht zum Sonntag wurden gegen das Reichs­bannerheim in der Rudower Straße 31 sechs scharfe Schüsse abgefeuert, von denen drei mehrere Fensterscheiben 3ertrümmerten, während zwei Kugeln Einschlagspuren an der Hausfront hinterließen. Verlegt wurde niemand. Die Nach­forschungen nach den Tätern waren bisher erfolglos.

Zu Provokationen durch Nationalsozialisten tam es gegen ein Uhr mittags an mehreren Stellen Unter den Linden  während des Aufziehens der Schupowache. Die Polizei mußte einschreiten, sechs Nationalsozialisten wurden zwangsgestellt.

Zepp leicht beschädigt. Heutiger Start zur Südamerikafahrt verschoben. Friedrihshafen, 4. April. Das Luftschiff ,, Graf Zeppelin  " erhielt heute früh beim Start Etwa 25 Meter zur Südamerikafahrt eine kleine Beschädigung. der Funkstation die Hülle in einer Länge von zehn Metern aufge­hinter der Passagiergondel wurde beim Aufstieg durch einen Mast

Was die Hitlerleute im Falle ihres Sieges aus den Beamten! Wenn Hitler   siegt, dann bekommt jeder 50 Tagwerk Grund und schlißt. Da es unmöglich war, während der Fahrt diesen gering

stellen zu machen gedachten, und was wiederum das Volk vor dem neuen Beamtentum im Dritten Reich nach einem Sieg Hitlers   zu erwarten gehabt hätte, das sei zunächst an einigen wenigen Bei­spielen aus Oberbayern   gezeigt. Aus einer Reihe von Aemtern wurde gemeldet, daß die Besehung des Bezirksamtes so­wie der sonstigen wichtigen Aemter von den Nationalfozialisten ge

20 000 m. Geld."

Die Mitteilung der Amtlichen Bayerischen   Pressestelle fchließt: ,, Am 13. März aber siegte Hindenburg   und nicht Hitler  . Auch am 10. April wird Hindenburg   der Sieger sein, nicht Hitler  . Das wird nach den obigen Beispielen ein Glück für Staat und Bolf, auch für Bayern  , sein."

fügigen Schaden auszubessern, landete das Luftschiff alsbald wieder und wurde zur Reparatur in die Halle zurüdge­bracht. Der Schaden wird noch im Laufe des heutigen Tages behoben sein, da außer der Hülle kein Teil der Luftschiffkonstruktion beschädigt worden ist. Der Start nach Pernambuco   ist nunmehr auf den morgigen Dienstag früh 5 Uhr anberaumt worden.