Einzelbild herunterladen
 

Schah von Perfien geht leer aus.

Seine Beleidiger" freigesprochen.

Die Gerichtsgroteske, die sich durch Willen Seiner Majestät des Schah von Persten Rizo Chan, in Moabit   abgespielt hat, nahm für ihn ein wenig rühmliches Ende: Seine ,, Beleidiger" wurden nach sehr furzer Beratung sämtlich freigesprochen. Die intriminierten Artikel, hieß es in der öffentlichen Urteilsbegründung, enthielten teine Beleidigungen, sondern nur fritische Aeußerungen, die innerhalb des Rahmens des Zulässigen lagen.

Die einzelnen Ausdrücke, die dem Schah auf die Nieren ge gangen sind, dürfen nicht wiedergegeben werden. Das der Presse Das der Presse auferlegte Schweigegebot ist zwingend. Auch sollen teine neuen ,, diplomatischen Verwicklungen" herbeigeführt werden. Soviel wurde aber in den Couloiren des Gerichts bekannt: diese Ausdrücke waren nicht schlimmer als sie auch sonst von der deutschen   Presse verschiedenen europäischen   Diktatoren gegenüber gebraucht werden. Der Schah von Persien hatte aber Strafantrag gestellt; die Staats­gemalt erachtete den§ 103, der eine Strafverfolgung bei verbürgter Gegenseitigkeit vorsieht, für gegeben; so tam es zur gestrigen Gerichtsgroteste.

Ist aber überhaupt nach dem persischen Strafgesetzbuch die Gegenseitigkeit bei einer ähnlichen Beleidigung des deutschen Staatsoberhauptes in Persien   gegeben? Das war die Frage, um die sich, wie aus der Urteilsbegründung zu ersehen war, in der nicht öffentlichen Gerichtsverhandlung hauptsächlich der Streit gedreht haben muß. Das alte persische Strafgesez vom Jahre 1908 bedroht mit Strafe die Beleidigung sowohl persischer, als auch aus­wärtiger ,, Sultane". Das Pressegesetz von 1926 bedroht mit Strafe die Beleidigung des persischen Staatsoberhauptes". Erst am 11. Mai 1931, nach Erscheinen des fünften inkriminierten Artikels der Berliner persischen Zeitung Bejkar" wurde in Persien  ein neues Strafgesetz angenommen, nach dem auch die Beleidigung auswärtiger Staatsoberhäupter mit Strafe belegt wird. Die Urteilsbegründung fagte demgemäß: Wegen des Inhalts der ersten fünf Artikel fonnten die Angeklagten nicht bestraft werden, weil das persische Strafgesez bis zum 11. Mai 1931 überhaupt teine Gegenseitigkeit verbürgte. Daß das deutsche   Staatsoberhaupt fein ,, Sultan  " ist, bejagt der einfache Menschenverstand. Um das zu wiffen, brauchte man teine Sachverständigengutachten. Aber selbst der vom Staatsanwalt aus dem Auswärtigen Amt   herangeholte Sachverständige ließ nicht ohne Ironie durchblicken, daß der im persischen Strafgefeß erwähnte ,, Sultan  " nicht identisch ist mit dem Präsidenten der deutschen Republik. Die beiden Redakteure der deutschen Zeitungen mußten freigesprochen werden, weil ihre Artikel vor dem 11. Mai 1931 erschienen sind. Die Angeklagten Wehner und Wolf waren nur wegen pressegefeßlicher Uebertretungen zu 60 M., für die im Nichtbeitreibungsfalle sechs Tage Haft treten, zu verurteilen, weil sie in den ersten beiden Nummern nicht den Ver­leger angegeben hatten.

Landgerichtsdirektor Steinhaus 30g für seine Person in aller Deffentlichkeit folgenden Schluß aus der Verhandlung: Ich glaube nicht zu optimistisch zu urteilen, wenn ich sage, daß diese Angelegenheit hiermit wohl ihre endgültige Erledigung gefunden hat... Rizo Chan war schlecht beraten, das Auswärtige Amt nicht minder. Der Leidtragende in der ganzen Sache ist die deutsche Justiz. Man täte übrigens gut, die Ausweisung des Diplom­ingenieurs Alavi aus Preußen rüdgängig zu machen.

Balfonszene im Lustgarten.

Ein Pfeiffonzert und sein Presseecho.

Der Polizeipräsident von Berlin   pflegt bei Veranstaltungen im Luftgarten, gleichpiel von welcher Seite sie ausgehen, einen hoch­gelegenen Balton des Schlosses aufzusuchen, um von dort aus die Ausführung seiner Anordnungen zu überwachen. Als er dies auch gestern, bei der Hitler- Bersammlung tat, wurde er von einem wüsten Pfeiffonzert empfangen.

Bei dem gegenwärtigen Stande der politischen Manieren wäre ein solcher Vorgang an sich faum besonders auffällig. Benn aber ein Blatt wie die Deutsche Allgemeine Zeitung", das sonst stets den Bornehmen zu martieren liebt, den Polizeipräsidenten jetzt aus diesem Anlaß angreift, so verdient das doch registriert zu werden. Man stelle sich einmal vor, ein rechts stehender Polizeipräsident hätte eine sozialdemokratische Demonstration genehmigt und wäre dann bei der Ausübung seiner amtlichen Tätigkeit von den Demon­stranten mit Pfeifen und Johlen aufgenommen worden würde wohl die Rechtspresse zu einem solchen Vorgang gesagt haben? Hätte man dann auch in der DA3." gelesen, daß das Erscheinen des Chefs der Polizei eine peinliche Demonstration" gewesen sei? Was soll man von einem Blatt halten, das gegen den Vertreter der staatlichen Ordnung, der weiter nichts als seine Pflicht tut, für johlende Straßenjungen Partei ergreift?

-

mas

Galaban fommt nach Wittenau  . Auf Veranlassung des Verteidigers des Falschmünzers Dr. Salaban, Rechtsanwalt Dr. Julius Meŋer I, hatte Ober­medizinalrat Professor Dr. Hommerich ein psychiatrisches Gutachten erstattet, nach dem Dr. Salaban unzurechnungsfähig sein soll und der§ 51 Anwendung finden müsse. Die erste Straftammer des Landgerichts II   hat nunmehr als Eröffnungsfammer einem Antrag der Staatsanwaltschaft stattgegeben und beschlossen, daß Dr. Sala­ban in der Heilanstalt Berlin- Wittenau für längere Zeit interniert und dort auf seinen Geisteszustand untersucht werden soll. Die Ueber­führung Dr. Salabans von dem Untersuchungsgefängnis Moabit  nach Wittenau   dürfte in den nächsten Tagen erfolgen. Sollte auch dort das Vorliegen des§ 51 bestätigt werden, so ergibt sich die juristisch interessante Frage, ob Frau Salaban überhaupt wegen Beihilfe zum Münzverbrechen angeflagt werden kann. Sie dürfte sich dann lediglich wegen des Vertriebs von Falschgeld zu verant­morten haben, während der Haupttäter felbst straffrei ausgehen würde. Dr. Salaban ist bekanntlich schon einmal in Hamburg   auf Grund des§ 51 in einem Betrugsverfahren außer Verfolgung gesetzt

worden.

Czernin   gestorben.

Der Außenminister Desterreich- Ungarns im Weltfriege. Wien  , 5. April. Der frühere österreichisch- ungarische Außenminister Graf Offotar Czernin ist letzte Nacht in feiner Wiener   Wohnung im 60. Lebensjahre einem Herzschlag erlegen.

Ruhrverhandlungen gescheitert.

Die heute im Reichsarbeitsministerium geführten Nachverhandlungen für den Ruhrbergbau sind ergebnis. Ing geblieben. Die Entscheidung liegt nunmehr beim Reichsarbeitsminister.

Wilhelm Ostwald  

Naturforscher und Organisator

In Großbotben bei Leipzig   ist, wie bereits gemeldet wurde, in der Nacht zum Montag der Naturwissenschaftler und Philosoph Wilhelm Ostwald  , der Begründer der Energetischen Weltanschauung" im 79. Lebensjahre gestorben. ,, Ostwald   ist ein ,, Rigisch- Kind", auf das seine Baterstadt schon jegt nach seinen wissenschaftlichen Erfolgen stolz sein kann, und be­rechtigt zu den fühnsten Erwartungen, wenn ihm ein entsprechender rechtigt zu den fühnsten Erwartungen, wenn ihm ein entsprechender Wirkungsfreis eröffnet wird. Ostwald   ist aus der Chnofp- Kombi­nation geschaffen, der die Bunsen, Helmholtz, Kirchhoff entstammen. Segen Sie ihn ins richtige Fahrwasser, und der Erfolg wird emi­nent sein."

"

Mit diesen Worten empfahl Professor C. Schmidt, der Dor pater Chemifer, seinen Schüler und damaligen Laboratoriums. assistenten Wilhelm Ostwald   dem Direktor des baltischen Polytechni­fums in Riga  , als im Jahre 1881 Ostwalds Berufung als Bo­fessor der Chemie an das Polytechnikum in Riga   in Frage kam. Das Rigisch- Kind" hat die hohen Erwartungen, die sein Dorpater Das Rigisch- Kind" hat die hohen Erwartungen, die sein Dorpater Lehrer an seine Entwicklung fnüpfte, nicht Lügen gestraft, und die große geistige Fülle, die Ostwald   im Laufe seines Lebens aus= gebreitet hat, darf man gut und gern als eminenten Erfolg" an­sprechen Der Nobelpreis für Chemie  " den Wilhelm Ostwald   im Jahre 1909 erhielt, war die wohlverdiente Anerkennung für die Weltbedeutung der gewaltigen wissenschaftlichen Arbeit des Chemi­fers und gewissermaßen die internationale Bestätigung seines Welt­ruhms. Weiteren Kreifen gilt Ostwald   freilich vor allem als der fampffreudige Verfechter und Führer des Monismus und als Schöpfer der Energetik, der Lehre von der Energie und ihren Wandlungen. Hier baute Ostwald   auf der festen Grundlage seiner naturwissenschaftlichen und erkenntnistheoretischen Forschungen feine philosophische Gesamtauffassung auf und faßte diese in dem Energieprinzip zusammen. Im Mittelpunkt dieses Prinzips steht die imperative Forderung: Bergeude teine Energie, sondern verwerte sie."" Aus dieser Synthese zwischen dem naturwissenschaftlichen und philosophischen Wissen unserer Zeit ent­wickelte sich folgerichtig auch Ostwalds weiteres Eingehen auf die verschiedensten Lebensgebiete und Lebensprobleme: seine Bemühun gen um eine Weltsprache und seine auf die internationale Organisation der geistigen Arbeit abzielenden Bestrebungen.

Was nun sein eigentliches Spezialfach, die Chemie, anbetrifft, so macht man sich faum einer Uebertreibung schuldig, wenn man behauptet, daß erst seit dem Erscheinen von Ostwalds ,, ehrbuch der allgemeinen Chemie" die physikalische Chemie als ein einheitliches, festgefügtes Lehrgebäude besteht, das der jungen Wissenschaft ein sicheres Heim und den Boden für ein gedeihliches Weiterarbeiten schuf. Dem jungen baltischen Professor am Rigaer Polytechnikum war es allein zu danken, daß der Blick der Fach­genossen sich nicht mehr wie bisher ausschließlich den einzelnen chemischen Stoffen, sondern ihren Gesetzmäßigkeiten zuwandte. Bei dieser grundlegenden Arbeit, die den Boden für die neuen An­schauungen über die freien Jonen vorbereitete, fand Ostwald   in van t'hoff und Svante Arrhenius   tomgeniale geiftesverwandte Mit­arbeiter.

Wilhelm Ostwald  , der am 2. September 1853 in Riga   geboren wurde, ist eigentlich auf ganz ungefeßlichem Wege Chemiker ge­

-

Ein toller Zenfurstreich.

Eislers Bauernrevolution" verboten!

-

-

Ein überaus würdiges Gegenstüd zum Berbot des Arbeiter. films ,, Ruhle Wampe" ist zu berichten: Die Polizei erschien diefer Tage in den Räumen der Universal Edition   in Leipzig   und beschlag­nahmte in Ausführung einer Verordnung, die gemäߧ 2 der Verordnung des Herrn Reichspräsidenten vom 10. Auguft 1931 von Berlin   aus erlassen worden war das gesamte Noten­material der Kompositionen D p. 14 und Op. 21 Nr. 2 von Hans Eisler  , weil ihr Inhalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören geeignet sei. Man greift sich an den Kopf, wenn man das liest und wenn man die Werke fennt, die plötzlich ., lebenswichtige Interessen" des Staates bedrohen sollen, nachdem sie jahrelang von Tausenden, von Zehntausenden gesungen und an gehört worden waren! Eislers Op. 24 enthält nämlich die Kurze Anfrage" sowie die Bauernrevolution", zwei Chöre, die im Jahre 1929 bei einem Fest konzert der Internatio= nalen Gesellschaft für neue Musik in der Sing akademie( einer rein bürgerlichen Veranstaltung also) vor einem Parkett berühmter Dirigenten und Komponisten aus aller Herren Länder( wie Strawinski  , Milhaud usw.) als neue Arbeitermusik" aufgeführt wurden und nicht etwa Anstoß, sondern Begeisterung erregten; die ferner am Leipziger   Parteitag der deut schen Sozialdemokratie erflangen, die zahllose Mitglieds­Dereine des Arbeiterfängerbundes öffentlich gesungen haben! Chöre, die allerdings eine Richtung neuer Arbeitermufit repräsentieren, gegen deren Berbot wir uns aus allen Kräften mehren werden! Der Verlag des Arbeiterfängerbundes hat Chöre Eislers herausgebracht ( fie gehören zu seinem meistgesungenen Material), die jeden Augen­blick mit demselben Recht und Unrecht verboten werden könnten wie

die Bauernrevolution".

-

Wäre die Angelegenheit nicht symptomatisch und zutiefst tragisch, ihrer Hintergründe wegen sie wäre zum Lachen: denn der Tegt der Bauernrevolution" stammt aus dem Jahre des Heils 1525, und mun, nachdem er 407 lange Jahre überbauert hat, beginnt er plößlich lebendig und gefährlich, unfittlich und vernichtungsreif zu werden? Drauf und dran, setzt das ist( nach dem Wortlaut der aufs Klosterbach den roten Hahn"- Verordnung!) heutzutage geeignet, die öffentliche Ruhe zu stören? Wir sind weit davon entfernt, uns hinter der Ausrede zu ver­stecken, hier handle es sich um dem Alltag entrückte Kunst. Im Gegenteil: hier handelt es sich um Werke, die für die ganze moderne Arbeitermusik charakteristisch sind, hier handelt es sich um einen Vorstoß gegen die Arbeitermusik überhaupt, die ja niemals der Ansicht sein konnte, ein politisch Lieb sei ein häßlich Lied; gegen die Arbeitermusit, die das Wir wollen mit Tyrannen raufen" auch heute noch auf ihre Fahnen geschrieben hat. Wir tönnen freilich feine Militärmärsche spielen und uns am Fridericus Reg ergögen, den wir für den Geist der deutschen   Republit ent­gegengesetzter halten als jenes prachtvolle Lied von bes Geners schwarzem Haufen", der vor 400 Jahren für Recht und Freiheit aller verblutete. Tausendmal eher müßten die Parademärsche der Monarchie verboten werden, die heute Symbol des Faschismus geworden sind; die Parademärsche, mit denen wir herrlichen Zeiten" entgegengeführt werden sollen wenn wir es uns werden gefallen laffen.

-

Sans Teßmer, ber bisherige Dramaturg und Leiter der Pressestelle an ber tabtifchen Oper bat einen Ruf an die Rundfunkzeitschrift " Die Sendung" erhalten und im Einvernehmen mit bem Intendanten

angenommen.

worden; denn nach Eilhard Mitscherlich   ist gewöhnlich in dem ,,, der fich zu früh, und zwar vor dem 16. Jahr, nur spielend mit der Chemie beschäftigte, später das Interesse für die Wissenschaft er­storben, und er wird nie ein Chemiker werden". Ostwald   hat sich aber schon wohl früh und weit vor dem 16. Lebensjahr der Chemie verschrieben; ja, den Naturwissenschaften gehörte das Herz des Knaben sozusagen von den ersten Gehversuchen an. Nach voll­endetem Studium in Dorpat   trat er 1875 als Assistent in das Physi­talische Institut der Universität ein, an der er sich 1877 als Privat­dozent habilitierte, um 1881 dem Ruf als Professor an das Polytech nitum seiner Vaterstadt zu folgen. Schon in Dorpat   hatte er sich durch zahlreiche experimentelle Arbeiten über die elektrische Leit­fähigkeit organischer Säuren und den Barallelismus zwischen Leit­fähigkeit und chemischer Reaktionsfähigkeit, vor allem aber durch sein zweibändiges Lehrbuch der allgemeinen Chemie" einen Namen gemacht. Auf Grund seiner Aufsehen erregenden Leistungen wurde er 1887 als Professor für physikalische Chemie nach Leipzig   be= rufen. Hier entfaltete er als Lehrer und Experimentator eine von ungewöhnlichen Erfolgen begleitete Tätigkeit, deren Ergebnisse die von Ostwald   und van t'hoff begründete 3eitschrift für physikalische Chemie" den Fachgenossen vermittelte. Nach dem Ostwald   als erster deutscher Austauschprofessor im Jahre 1905. nach Amerika   gegangen war und ein Semester an der Havard­Universität Vorlesungen gehalten hatte, trat er nach seiner Rückkehr 1906 von seinem Leipziger   Lehramt zurück, um sich mit unvermin­derter Arbeitsfreudigkeit neuen Wegen zuzuwenden, die ihn über die Thermosynamit zur Energetik führten. 1911 wurde Ostwald   Vor­ſizender des Deutschen   Monistenbundes und war für die Aus­breitung seiner Lehre und Anschauungen unermüdlich tätig, für die er in dem Wert ,, Das Christentum als Vorstufe zum Monismus" und in den monistischen Sonntagspredigten" Freunde zu werben suchte.

Kurz vor dem Weltkrieg nahm Ostwald   auf Goethes Spuren, aber mit allen Kenntnissen moderner Wissenschaft ausgerüstet, die Grundlegung der Wissenschaft von der Farbe vor, und auf diesem Gebiet, das der Menschheit ein ganz neues Weltgefühl erschließen soll, schaffte er bis zu seinem Tode fort. Die Farben­fibel"," Die Farbenlehre"," Die Harmonie der Farben", Die Farb­schule", Farbkunde" folgten rasch einander. Ostwald   schuf auch die Farbtafeln, in der jeder Farbton mit einer Nummer bezeichnet wird und mit deren Hilfe rasch jede Nuance festgestellt werden kann.

Ostwald   hat auch die Natur und die Arten der Naturforscher zum Gegenstand eingehender Untersuchung gemacht. Seine ,, Großen Männer haben die Unterscheidung zwischen dem klassischen und romantischen Typ eingeführt. Er selbst war in seiner Bielseitigkeit, in der glücklichen Mischung theoretischer und praktisch­organisatorischer Veranlagung und seiner zu immer neuen Zielen ausholenden Unermüdlichkeit das Muster des strebenden Forschers, der durch die Arbeit am Fortschritt der Menschheit diente.

*

Zum Tode Wilhelm Ostwalds spricht Professor Walter Nernst  heute abend um 6.55 Uhr in der Vortragsreihe als Stimme zum Tag.

Hans Waßmann   gestorben.

In der legten Nacht starb plöglich Hans Waßmann  , vom Schlag­fluß getroffen. Die Nachricht bewegt alle Theaterfreunde tief. Waß­mann war ein großer Künstler, einer von den stillen Komikern, der privat zurückgezogen und ernst lebte, und fähig war, im Theater Lachstürme zu provozieren. Seine Kunst arbeitete stets mit ganz geringen Mitteln. Scheinbar griff er nur nebenbei in irgendeine Komödienhandlung ein, aber ihm gehörte oft die wichtigste Aufgabe: er sollte die Gegenseite zu dem allzu üppig stolzierenden Daseins­ernst zeigen.

Man erinnert sich an Waßmanns größte Leistungen, die aller­dings schon über 20 Jahre zurückliegen. Damals spielte er den verlumpten Baron im Gorkischen Nachtasy!", ein Sinnbild und 3errbild der grotesten Schwermut. Waßmanns Shakespeare- Narren maren unübertrefflich. Spielte er in ,, Kabale und Liebe  " den Mar­schall von Kalb  , dann zeigte er alle Aufgeblasenheit einer lächer­lichen und entarteten Zeit.

Die legten Jahre verlangten derbere und auffälligere Komiter, laute Schreier, teine raffinierten Charakteristiker. Waßmann ver­fuchte sich auch in diesem polternden Genre, in der groben Posse. Er mußte, einstmals eine Zierde des Deutschen Theaters, an kleineren Bühnen Unterkunft suchen. Wohl fühlte er sich niemals bei diesem etwas traurigen Broterwerb für die Seinigen. Wieder bestätigte sich die Wahrnehmung, daß die besten Komiker eigentlich von Natur einfame Menschen sind. Noch zuletzt hörte man die merkwürdige, gebrochen fnurrende Stimme Waßmanns, als er im Großen Schau­spielhaus einen Altberliner Droschkentutscher spielte. Es war nicht Ein schon mehr der erfolggewohnte Künstler, der dort auftrat. tränkelnder Mann war bemüht, das Letzte aus sich herauszuholen. Der Künstler, der Tausende und aber Tausende fröhlich gemacht hatte, starb in Sorgen um das Los der Seinigen, die er treulich beschützte. Er hatte Grund, auch in Verbitterung zu sterben.

M. H.

Eine amerikanische   Gedächtnisausstellung.

Bimmer des Hotels Esplanade eine Ausstellung zur Erinne­

-

Der amerikanische   Klub in Berlin   hat im Rizz­rung an den amerikanischen   Befreiungstrieg arrangiert. Sie soll bis zum Herbst geöffnet bleiben und wird wohl noch weiter ausgestaltet. Borderhand zeigt sie 24 deutsche   Zeitungsblätter, in denen der ganze Verlauf des Kampfes nachgelesen werden kann. Es sind die Leypziger Zeitungen", deren Quartseiten hier ausliegen. Diese Zeitung ist gewählt worden, weil es eine der besten politischen Zeitungen im damaligen Deutschland   war und weil sie sehr ausführlich über die amerikanischen   Vorgänge berichtete. Man kann aus diesen Blättern nachlesen fie liegen unter Glas- wie im Jahre 1774 die Bewegung ihren Anfang hahm, wie man die Teeschiffe versenkte, man kann den Aufstieg Washingtons ver­folgen und seine dramatischen Schicksale. Einmal heißt es sogar, er sei getötet. Die Zeitung läßt bei aller Unparteilichkeit der Nach­richten doch hindurchblicken, wie ihre Sympathie auf seiten der Rebellen ist. In diesen vergilbten Blättern treten die großen Er­eignisse der Zeit lebhaft vor unsere Augen. Der Pariser Friede bringt die Unabhängigkeit der demokratisch regierten Amerikaner. Die Begründung der Union   mit ihrem ersten Präsidenten Washing­ ton   wird mitgeteilt, die letzte Nachricht meldet den Tod Washingtons.

Auf einer farbigen Tafel wird die Entstehungsgeschichte der amerikanischen   Flagge dargestellt, Abbildungen inter­effanter Regimentsfahnen sind wiedergegeben. Sehr häufig kehrt auf ihnen als Symbol der amerikanischen   Freiheit die Klapper­schlange wieder mit der Inschrift: Tritt nicht auf mich!"