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Hans Erman: Pauline

Von den Briefen an Karl Ottenhofer waren fünf nun als un­

bestellbar zurückgekommen. Jest war ein sechster unterwegs, dring­

licher und beschwörender als alle zuvor.

Pauline begann unruhig zu werden. In aufgeregten Nacht mit ihm über alles, was so froh und so drohend zugleich herankam. In diesen Träumen fand sie bei Karl Schutz und Liebe und Ge= borgenheit. So sehr start war dies Gefühl von Karls Nähe dann, daß ihr der Tag fast wie ein Traum, ein böser ängstigender Traum, vorkam, und daß diese zurückommenden Briefe mit ihrem nüchternen postalischen Bermerk ,, Adressat unbekannt" nichts anderes denn wirk­

träumen hatte fie Kar! neben sich; er hielt ihre Hand, und sie sprach)

licher Spuf sein konnten.

Es war genau ein Jahr her, daß Pauline in das große Hotel der Stadt gekommen war. Die Weite des Raumes, die festliche Helle der Säle und Gänge hatte sie, die an niedrige Stuben und modrig­dunkle Dielen und Tennen gewöhnt war, zuerst nur erschreckt und geänstigt. Doch bald war ihr dies festliche Leben und Treiben, waren ihr die städtischen Unterhaltungen und Bergnügungen lieb geworden. Und bevor sie die Eintönigkeit dieser großen Abwechs­lungen erkannt hatte, bevor ihr das Unbefriedigende im Leben ihrer Kolleginnen, die sich so viel leichter und freier gaben als die Freundinnen des heimatlichen Dorfes, bewußt geworden, mar Karl in Paulines Leben getreten.

Pauline war hübsch. Schlanke feine Arme und Beine; unter dem weißen Häubchen lichtes blondes Haar. Und frohe braune Augen, die neugierig das Leben besahen, das sich im hellsten Glanz und Reichtum um sie her ausbreitete. Ihr Gesicht trug noch die leichte, bräunliche Farbe der Jugend, den Schimmer des Waldes und der Felder. Sorglos, gleichsam ein wenig durftig geöffnet, lächelte ihr Mund der Welt entgegen. Lächelte zu den Komplimen ten und Freundlichkeiten der Gäste, die oft mit Worten, oft auch mit einem leisen Streicheln über dies blühende frische Gesicht ihrem Wohlgefallen an Bauline Ausdruck gaben.

Bauline wußte, daß sie den Männern gefiel. Mit der Unbe­fangenheit ihrer zwanzig Jahre freute sie sich, solch gelegentliche Anerkennung oder Zärtlichkeit zu empfangen. Ein wenig triumphierte fie auch über die vielen, nicht minder hübschen Kolleginnen, die beim Zusammensein auf der Etage oder im gemeinsamen Schlaffaal fich mit ihren Erfolgen und Eroberungen, auch mit den Geschenken, die sie erhalten hatten, gegenseitig herausforderten, und für Bauline ,. die unerfahrene Bauline nur verständnislosen Spott oder plump scherzende Ratschläge fanden.

Tändelndes Spiel war alles gewesen, bis zu dem Tage, wo ihre Liebe, ihr ganzes Bejen Karl Oltenhofer zugefallen war. Unwirt lich schien das Glück zu sein, das fie jest umgab, und dessen Glanz oder Abglanz sie über die Arbeit hinweghob zu den, gleich Sefunden, furzen Stunden, die sie mit Kari perbringen durfte.

Der Arbeit abgestohlene Stunden weiteten sich traumhaft in die Butunft und bildeten eine lockende Brücke zu gemeinsamem Leben. Unendlich, emig schien das Glüd der Liebe zu sein.

Bis eines Tages der Kongreß vorüber war, die Herren Minister und Bevollmächtigte davon gingen. Mit ihnen die Gutsbefizer und Landwirte, deren Wohl die Versammlungen gegolten. Und mit den Landwirten auch die Herren Verwalter und Sekretäre. Unter diesen auch Karl Ottenhofer, von dem Pauline nur den Namen und irgendeinen fleinen Ort in der niederdeutschen Tiefebene mußte.

und ihrem nun blaß und zart gewordenen Ausfchen widersprach,

Troft, wo alle Menschen schief zu mir find us is so w wissen wollen. Mit vielen Grüßen und Küssen Ihre Sie emig hochschäzende Bauline.

Das sollte all diesen seinen Herren ins Gesicht schreien, daß sie Schurken feien! Schufte! einer wie der andere. Das sollte sie alle herausreißen aus ihrer Gleichgültigkeit. Man hatte sie gestoßen! Sie hatte den Stoß pariert! Alle für einen! Mochte man sie ana

preßte sich jest um ihren Mund. Pauline war mit einem Male schen und unliebenswürdig geworden. Den Gästen diente sie mit feindlicher Gleichgültigkeit. Schweigend begegnete sie dem tuscheln- flagen, verdammen! Sie würde es allen noch ins Gesicht schreien, den Spott ihrer Kolleginnen. Und als sie eines Abends neben ihrer Kleiderbox im Schlafraum die Kündigung vorfand, verzog sich keine Miene ihres starr gewordenen Gesichtes.

Das Außerordentliche hatte Bauline gestreift oder gar gepadt. Aus ihrem fleinen glücklichen und gleichmäßigen Leben stieß man fie hinaus. Der Zusammenbruch ihrer Liebe schien auch der Zu­sammenbruch ihres Lebens zu merden. Sie war betrogen, war miß­Das Schicksal hatte sie in eine besondere, eine isolierte Lage gebracht, die Paulines einfache Gedanken nicht mehr meistern konnten.

handelt worden. Sie fühlte sich mie mit einer Beitsche geschlagen.

Hatte man sie geschlagen, hatte man ihr Leben zerstört, ihre Liebe mißhandelt!- Liebe mishandelt!- Pauline mollte wieder schlagen! zerstören! zer­treten! Bauline mollte sich rächen an allen für das Schicksal, das

ihr bereitet. Und doch stand sie allem, was kommen würde, ohne Rat und hilflos gegenüber. Auch lag alles in so nebelhafter weiter Ferne, daß es vielleicht nie Wirklichkeit, nie Nähe merden konnte.­Und war nicht ihre Stimme leise, ihre Hand schwach?

In diesen Tagen las Pauline in einer Zeitung die Notiz, daß ein Arbeitsloser zwei Handgranaten in das Ministerium des Innern geschleudert hätte. Niemand wurde dabei verlegt. Der Sachschaden war gering. Man hatte den Mann festgenommen, wieder freige­lassen. Tat der Verzweiflung berichteten die Blätter; nach und nach brachten sie einzelne Umstände aus dem Leben des Mannes, der einmal als Farmer in Afrika von einem sicheren ruhigen Da­sein hatte träumen dürfen, und die das Schicksal aus seinem Leben herausgeriffen und in arme Unsicherheit geworfen hatte. Der Protest eines Armen, der sich mißhandelt glaubte, den seine Not zu erstiden drohte.

Mit Handgranaten umzugehen und sie etwa in das Ministerium für Landwirtschaft zu schleudern, war Paulines Sache nicht. Sie überlegte und grübelte lange. Wie man die schlagen und treffen könnte. Die satt und zufrieden an gedeckten Tischen saßen, die sich ihrer Kinder ohne Scham erfreuen durften. Für ihre Einsamkeit, ihre Berlassenheit sich rächen an allen; an allen Männern und an allen ihren Frauen?

Nochmals ließ Pauline fich von Portier die Liste der Gäste jener Wochen geben. Und ihre ungelenken, nur Rapporte und Wäschezettel gewöhnten Finger notierten mehrere Namen. Und schon im nächsten Tage gingen mehrere Briefe hinaus in blauen, gewöhnlichen Umschlägen, die die Aufschriften der bekanntesten Kongreßteilnehmer trugen.

Außer der Anrede enthielten sie nichts als diese menigen, in findlicher Einfalt geschriebenen und doch für die Betroffenen un­angenehm drohenden Worte:

Ich habe viel gemeint, daß Sie so schnell wieder abgereist find. Und ich muß Ihnen doch mitteilen, daß ich immer an die schöne Zeit denke, die mir miteinander gewesen sind. Leider bin ich zu meinem Bedauern hier gekündigt worden und jetzt ohne Stelle. Ich denke es mir sehr schön, wenn ich jetzt ganz zu Ihnen ziehen kann. Und hoffe, das nichts dagegen. Zumal ich das Kind erwarte. Und der Winter vor der Türe. Für das Reisegeld brauchen Sie feine Angst zu haben. Ich fahre ganz billig. Die Fürsorge wird es mir geben, wenn ich sage, warum ich reisen muß zu Ihnen. Ich freue mich sehr darauf. Und es ist mein

Jede Woche hatte Pauline an diese angegebene Adresse einen furzen Brief geschickt. Einmal war aus einer anderen Stadt. am Rhein ein Kartengruß gekommen. Und sonst nichts. An jedem q freien Nachmittag schrieb Pauline. Bis eines Tages der Brief zue rüdfam mit dem Vermerk umbestellbar". Und bis sie alle dann, regelmäßig wie fie abgesandt waren, wieder zurückfamen zu Pauline.

Bauline martete.

Eine Zeitlang war fie gern in das Zimmer gegangen, das Karl sechs Wochen lang bewohnt hatte, und das ihr etwas wie eine Heimat geworden war. Und lange Zeit war es ihr auch gelungen, die Erinnerung an Karl in diesem Zimmer festzuhalten und es aus der gewöhnlichen Reihe gleichgültiger Hotelzimmer, für die sie zu forgen hatte, als etwas besonderes, als Karls Zimmer, herauszu­heben. Das Bett wurde ein wenig anders gemacht als die Hotel­ordnung es vorschrieb; Decken und Kissen so gelegt, wie er es immer gewünscht hatte. Auf dem Waschtisch standen die Gläser und Schüsseln so, mie Karl fie gestellt hatte. In keinem der anderen Zimmer waren die Blumen so frisch und so schön geordnet wie in diesem. Lange noch zog sie die dichten Vorhänge des Abends ein wenig zur Seite, fo daß auf den Nachttisch ein schmaler Streifen Licht von draußen fiel, was Karl geliebt hatte, der nie im völlig dunkein Zimmer Vielleicht hatte Pauline für einen, irgendeinen Tag Karl er­nun mar aus dem Erwarten ein Barten geworden. Blaue, rote, grüne und gelbe Lichter blitten befehlend in den Gängen auf. In unaufhörlichem Wechsel leerten und füllten sich die Zimmer des Hotels. Gäste tamen und Gäste gingen. Baren an­spruchslos und still oder verlangten jegt dieses und gleich darauf jenes. Im Wechsel der Tage war Karls Zimmer fühl und unperson­lich geworden wie alle Zimmer des Hotels. Irgendein Gast, ein Mann oder eine Frau, wohnte heute darin. Jemand wird es morgen bewohnen. Ein anderer übermorgen. Und so fort. Bauline wartete.

schlafen wollte.

wartet?

-

Ihre Augen begannen nachlässig zu werden gegen die bunten Lichtsignale. Ihre Füße trugen sie nur widerwillig und langsam durch die langen Gänge ihres Stockwerks. Ihr Körper war schwer und träge geworden. Am liebsten saß sie jetzt in der engen, fleinen Office, die Hände schlaff und müde in den Schoß gefaltet, und grübelte. Hatte sie Nachtdienst, so tauerte sie vor dem niedrigen ungedeckten Holztisch und entwarf Briefe, die sie mit ungelenten Fingern niederschrieb. Dann konnte es auch geschehen, daß Bauline unpünktlich oder gar nicht zu der Ablösung erschien, bei der die Mädchen von drei zu drei Stunden das Stodmert tauschten, was etwas verhindern sollte, was sich doch eben nicht ganz ver­hindern ließ.

Endlich tam auch der sechste, letzte Brief zurück. Und wieder trug er den Bermert Empfänger unbekannt". Lange faß Pauline vor diesem Brief. Immer und immer wieder las sie die verschiedenen postalischen Zeichen und Bermerte, als ob sich aus ihnen allem zum Troß Karls Aufenthalt herauslesen müsse, immer und immer wieder verglich fie die Anschrift des Briefes mit der von Karl bei seinem Abschied hinterlassenen.

Schließlich ging fie heimlich hinunter in die Bortierloge und erbat sich die Liste der Besucher des damaligen Kongresses. In der Liste fand sich fein Karl Ottenhofer.

Lange dauerte es, bis Pauline es ganz flar wußte, daß fie betrogen worden war, daß dieser Name Karl Ottenhofer eine Lüge war! Daß alles, alles Lüge gewesen war, was sie erlebt und empfunden hatte.

Ein Zug talter Härte, der sonderbar ihren weichen Bewegungen

daß sie Lügner, Beirüger ſeien!

Als Pauline die Briefe im Kasten mußte, murde sie gefaßter und ruhiger; fie empfand etwas von der Entspannung, die das Leben gewährt, wenn man in seinen Ablauf tätig eingegriffen hat. Nun mochte geschehen, was geschehen wollte. Doch nichts ereignete sich. Viele Tage vergingen, die Pauline widerwillig in der stidigen Office des vierten Stocwerks abwartete.

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Eines Tages, endlich, kam ein Brief. Bald noch einer. Ein dritter. Und noch einige. Keiner von ihnen trug einen Absender.

Fast alle steckten sie in großen gelben Umschlägen. Und meist enthielten sie das Gleiche.

Der Schreiber entschuldigte sein langes Schweigen. Sie be bestritten alles. Und jeder von ihnen hatte feinen Anwalt be­auftragt, die Sache womöglich in Güte zu regeln. Und jeder bot, Paulines strengste Diskretion porausgesezt, ihr feine vorläufige Hilfe an. Alle schickten mit gleicher Post eine kleine Unterstützung fürs erste. Und alle baten fie dringlichst, von dem in Aussicht ge­stellten Besuch abzusehen.

Nur einer meinte, daß dieser Ausgang von ihm nicht hätte vor­ausgesehen werden können, und ihm auch überaus peinlich sei. Er wünsche alle Weiterungen zu vermeiden und überweise zu diesem 3wed vorläufig 400 Mart an ihre Adresse.

Zum ersten Male löfte sich der hart gewordene Mund Paulines aus seiner Starre. Ja, fie lachte beim Lesen der Briefe verschiedene Male laut auf, so daß sich die Kolleginnen teils verwundert, teils spöttisch fragten, was sie in ihrer Lage noch zu lachen habe?

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Pauline schwieg dazu. War fie nicht auch zu strengster Dis­fretion perichtet? Und im llebrigen, lohnte es sich überhaupt noch ein Wort darüber zu verlieren?

Ein Mann mar mie der andere. Und jetzt war es an Pauline, sich über die Kolleginnen zu wundern, die diese Männer und diese Liebe so ernst und wichtig nehmen konnten. Ein Mann war doch wie der andere.

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Ihre Liebe hatte den einen nicht halten können. Ihr Haß ver­mochte nichts über die anderen. Weder Haß noch Liebe reichte hinüber zu ihnen. Bergeblich hatte sie daran geglaubt.

Es lohnte sich nicht. Sie war allein unter diesen Menschen, die zu lieben so menig Wert hatte wie für sie zu sterben; die ferne. waren und ferne blieben- bis auf einen.

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Wiesen und Wälder leuchteten vor Paulines Auge. Friede und Geborgensein. Eltern und Geschwister. Neffen und Nichten. Viel­leicht spielte ein Kind darunter, das Paulines Kind ist?

Das Feld wogte in gelben Fluten; Pauline glaubte den herben Geruch des Korns hier im ftidigen Schlafsaal des Hotels zu spüren. Friede und Geborgensein, die Heimat loďte. Das fleine enge Haus. Und Arbeit! Arbeit! Biele, viele Arbeit für sich und das Kind...

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Am nächsten Morgen, noch lange bevor die ersten Gäste nach Schuhen, Kleidern oder Frühstück flingeln konnten, hatte Bauline das Haus verlassen. Neben ihren städtischen Kleidern ließ sie eine größere Summe Geldes zurück mit der Bitte, sie unter ihre Kolleginnen zu verteilen, denen das Geld von Rechts wegen zu­

fomme.

Hans Weilmaier: Amok

Aus einem Seemannstagebuch

Die Malafu lief in voller Beseglung vor dem Wind. Es war für uns ein Gefühl der Befriedigung, wenn wir spürten, wie sie sich bewegte und leicht überfrängte, insbesondere aber für den Reeder, ben wir persönlich an Bord hatten. Ich hatte ihn aus der Irren­anstalt in Sydney abgeholt. Er hatte vor einigen Monaten auf seiner Plantage, die auf der Salomoninsel Jjabella lag, einen schweren Anfall von Tropenfoller bekommen und dabei zwei schwarze Arbeiter erschossen. Daraufhin war er in die Irrenanstalt nach Sydney ge­bracht worden. Jetzt fuhren wir nach Hawai , wo er sich einiger maßen erholen sollte. Wir hatten den Salomon- Archipel schon wieder verlassen und näherten uns dem Aequator.

ruhig. Der Reeder lag hinten am Heck in einem Liegestuhl und las Die Malaku" machte neun Knoten Fahrt. An Deck war alles eine Zeitung. Im Osten sah man den Rauch des fahrplanmäßigen Dampfers, der nach den Fidschi- Inseln schwamm.

ruhig. Ich wußte sofort, daß man die Segel gerafft hatte oder daß Mitten in der Nacht wurde ich wach. Das Schiff lag ruhig, zu der Wind fehlte. Ich rannte an Bord. Die Segel waren alle gesetzt, Kompaßhaus. Das Barometer war bedenklich gefallen. Die Sterne aber sie hingen schlaff von den Rahen und Masten. Ich ging in das maren nicht mehr zu sehen. Ich rief alle Mann an Bord und ließ die Segel bis auf die Gaffel- und Untermarssegel einbringen.

Die erste fündete einen anständigen Sturm an. Die Masten ächsten und stöhnten und der Bug des Schiffes bohrte sich tief in die Wellen. Dann bäumte sich die Malatu" auf und schoß über das Baffer. Die zweite zerjezte die Untermarssegel und nahm ein paar Rahen mit. Eine Sturzfee zertrümmerte die Schanzverkleidung. Der Reeder kam an Deck gerannt. ,, Was ist denn hier los?" schrie er. Das Wasser warf ihn gegen das Steuerrad. Seine Augen glühten auf. Ich übernehme das Kommando! Sie sind Kapitän gewesen!" brüllte er mich an. Ich ging unter Ded. Es war hier nicht auszuhalten. Die Luft war heiß und stickig. Die Petroleum lampe schwankte bedenklich hin und her. An dem starken Zittern der Wände fühlte ich, wie schwer die Malatu" kämpfte.

An Bord stimmte etwas nicht. Man hörte feine Schritte, fein Kommando. Aber Segel waren noch gesetzt. Die ,, Malatu" hatte immerhin eine bemerkenswerte Fahrtgeschwindigkeit. Plötzlich horchte ich auf. War da nicht eben ein Schuß gefallen? Es fonnte auch ein Segel gewesen sein, das eben zerrissen worden mar. Doch da mar es micber! Ein furzer, leiser Stnall.

Ich rannte an Ded. Hier bot fich mir ein sonderbarer Anblick. Mittschiffs stand die Mannschaft zu einem drohenden, finsteren Snäuet zusammengeballt. Ein Etüd zum Hed hin lagen zwei tahi­tanische Matrojen. Eine Welle, die über Bord tam, nahm sie mit. Am Steuerrad stand, halbnackt, der Reeder. Um feine Hüften hingen in wasserdichten Beuteln zwei automatische Biftolen. Er hat die beiden erschossen!" zudte es in mir auf. Aber warum? Ich sah über den Bug des Schiffes auf das Wasser. Wir steuerten auf ein Schiff zu, auf einen hellerleuchteten Dampfer. Trotz des Sturmes lag er verhältnismäßig rubig. Aus seinen Schornsteinen stoben glühende Rauchwolfen. Sie zeugten von der Anstrengung der Dampsiessel und Maschinen. Wir mußten ihn unbedingt rammen, wenn der Reeder nicht sein Steuer herumwarf.

Ich drehte mich um. Ich kämpfte mich durch die Sturzseen und den Sturm an das Steuerrad heran. Blöglich sah ich, wie der Reeder eine seiner Pistolen zog. Mit der einen Hand hielt er trampshaft das Steuerrad und in der anderen hielt er drohend das Schießeisen. Seine Augen hatten einen fiebrigen Glanz.

,, Will er mit der Malaku" den Dampfer rammen? Ein Wahn­sinniger, den die hellen Fenster und das ruhige, sichere Fahren des anderen Schiffes ärgern, aufpeitschen, während sein Schiff von den Wellen umbergeworfen wird? Ist das ein neuer Anfall von Tropen­foller? Oder ist das Amok? Jene Tollwut, die sich dadurch äußert, daß man losrennt und alles vernichtet, was sich in den Weg stellt, bis man selbst ins Verderben rennt. Nein! Der Reeder mußte weg vom Steuerrad. Hier handet es sich nicht um ein oder zwei, sondern um Hunderte von Menschenleben!"

Ich sprang weiter.

planken geschleudert. Der linke Arm war getroffen. Eine Welle Er schoß. Etwas riß mich herum. Ich wurde auf die Deck­hob mich hoch und warf mich zu den Matrosen zurüd. Der Arm tat nichts mehr zu retten war. verteufelt weh. Ich riß mich vom Boden hoch und sah sofort, daß

Auf dem Dampfer hatte man uns jetzt bemerkt. Auf der Kom­mandobrücke liesen die Menschen erregt auf und auf. Nebelsirenen flangen durch die Nacht, Raketen erhellten für Augenblicke das Meer, Lichter blitzten uns entgegen. Gespensterhaft fauste die ,, Ma­iafu" auf den eisernen Koloß zu.

zu. Sie stürzten zu den Booten und ließen sie auf das Meer hinab. ,, In die Boote! Rette sich, mer fann!" rief ich den Matrosen 3wei Malaien packten mich und schleppten mich mit. Es war fast unmöglich, denn die Wellen warfen uns immer wieder zurück. End­lich fam eine günstige Gelegenheit und wir schossen auf einem Wasser­berg ins Meer hinaus. Wir waren kaum aus dem Bereich der ,, Ma­latu", als sich der Zusammenstoß ereignete. Ein ungeheurer Schlag erschütterte die Nacht. Der Dampfer hob sich wie ein getroffenes Tier aus dem Wasser. Krachen, Bersten, Schreie dröhnten durch den Sturm. Die ,, Malatu" brach in der Mitte auseinander. Der Reeder flog infolge des Druces vom Steuerrad durch die Luft und zer­schmetterte am Mast. In die Eisenwand des Dampfers hatte sich unser Bug wie in weiches Fleisch gebohrt.

Bom Dampfer her hörte man Rufe und Schüsse. Man ging auch Lichter moaren erloschen. Die Malatu" war in einem Strudel ver­dort in die Boote. Dann fegte sich das Schiff auf die Seite. Alle schwunden.

Inseln ein englischer Kreuzer ein. Er war auf die SDS.- Rufe, Gegen mittag des anderen Tages fraf von den naben Gilbert­die man vom Dampfer ausgefandt hatte, nach der Unglücksstelle ge­eilt. Wie durch ein Wunder wurden alle Menschen gerettet, bis auf den Reeder und die beiden Matrosen.

Gewerkschaftsbewegung: J. Steiner: Feuilleton : Dr. John Schifowski; Lofales Berantwortlich für Politif: Bictor Schiff; Wirtschaft: G. Klingelhöfer; und Constiges: Fris Rarstädt; Anzeigen: Th. Glade; sämtlich in Berlin . Verlag: Bormärts- Berlag G. m. b. S., Berlin . Drud: Vorwärts- Buchdruckerri und Verlagsanstalt Paul Ginger u. Co., Berlin GW. 68, Lindenstraße 3. Hierzu 2 Beilages,