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BERLIN Mittwoch

20. April 1932

Der Abend

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10 Pt.

Nr. 185 B 93 49. Jahrgang

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KPD. - Krach in Baden

Der Antrag auf Reichsbanner- Verbot zurückgezogen

Fraktionsvorsitzender abgesetzt

Die Ungelegenheit der kommunistischen Landtagsfraktion in Baden hat eine unerwartete Wendung genommen. Die Bezirks­leitung hat den Vorsitzenden der Fraktion, Lechleifer, feines Amtes enthoben. Die Fraktion hat ihren Antrag auf Auflösung des Reichsbanners zurückziehen müffen. Weitere Maßnahmen, die im Einverständnis mit dem Berliner Zentralfomitee getroffen werden follen, werden angekündigt.

In der Erklärung der badischen Bezirksleitung der KPD .

heißt es:

Die Bezirksleitung der KPD. liquidiert mit revolutionärer Entschlossenheit den der Landtagsfraktion gemachten Fehler. ,, mit revolutionärer Entschloffenheit?" Hofen, wäre richtiger!

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Mit vollen

Der Antrag Lechleiter und die Weiterungen, die er nach sich ge­30gen hat, bleiben für den Zustand, in dem sich die KPD . befindet, fennzeichnend. Nähere Ausführungen, die die Mannheimer Bolks­ftimme zu diesem polifischen Standal macht, laffen erkennen, daß zwischen der kommunistischen und der nationalsozialistischen Fraktion des badischen Landtags eine überaus enge Zusammenarbeit be­standen hat.

55b und 55 c.

Es find nämlich am 14. April, am Tage der Auflösung der SA , zwei Anträge im badischen Landtag eingegangen, die einander ähneln wie ein Ei dem andern. Bezeichnenderweise trägt der eine die Nummer 55b, der andere die Nummer 55c. Der erste der beiden Anträge ist von den Nationalsozialisten gestellt und lautet:

Die Regierung wird ersucht, bei der Reichsregierung dahin zu wirken, daß für die Dauer des Verbots der Sturmabteilungen und Schutzstaffeln der National sozialistischen Deutschen Arbeiterpartei auch die anderen parteipolitischen Selbstschutzstaffeln wie Reichs. banner, Eiserne Front, Antifa, Badenwacht, ver­boten werden.

Der Antrag 55c stammt von den kommunisten und hat folgen­den Wortlaut:

Die Regierung wird beauftragt, die parteipolitischen Selbstschuk- Formationen wie Reichsbanner( ein schließlich Unterorganisationen), Eiserne Front, Badenwacht, Stahlhelm, Werwolf usw. im Be­reich des Landes Baden sofort zu verbieten, da deren Tätigkeit ausschließlich der Aufrechterhaltung der kapitalistischen Wirtschaftsordnung dient und sich da durch gegen die Interessen der werktätigen Massen richtet. Beide Anträge heilige Sparsamkeit! waren nebeneinander auf dasselbe Papier gedruckt, so daß sich aus der Tegtvergleichung die vollkommene Seelengemeinschaft von selbst ergab.

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Nun bekam es die kommunistische Parteileitung mit der Angst. In allzu plumper Art und Weise war das faschistisch- kommunistische Spiel ins Licht der Oeffentlichkeit gestellt. Darum mußte der Antrag zurüdgezogen werden, und der Lechleiter, der es zu dumm gemacht hatte, wurde als Sündenbod in die Wüste geschickt.

An der kommunistischen Politik wird dadurch nichts geändert. Der profaschistische kurs geht weiter!

Man ohrfeigt sich selbst!

Mannheim , 20. April. ( Eigenbericht.) Zu dem kommunistischen Antrag im badischen Landtag, der die Auflösung des Reichsbanners und der Eisernen Front verlangt, ließ die Landtagsfraktion der Kommunistischen Partei Baden im Auf­trage ihrer Bezirksleitung eine längere Erklärung verlesen, in der es heißt: ,, Die Bezirksleitung der KPD. befaßte sich gestern mit der unzulässigen selbständigen Handlungsweise der tommunistischen Landtagsfrattion und veranlaßte, daß der Antrag sofort zurüd gezogen wird. Gleichzeitig stellte die Bezirksleitung der KPD fest, daß der durch die Landtagsfraktion der KPD. eingereichte Antrag einen schweren politischen Fehler darstellt. Die Bezirksleitung der KPD. beschloß, den Vor­fizenden der fommunistischen Landtagsfraktion, den Genossen Lech­leiter, feiner Funktion als Vorfizenden zu entheben. Weitere Maßnahmen will die Bezirksleitung der KPD. in llebereinstimmung mit dem Zentralfomitee der Partei durchführen."

Deutschnationale Korruption

Unterdrückte Strafanzeige des Raiffeisen- Konsortiums

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Uralzew wegen Betrugs und schwerer Urfundenfälschung andert Die Antwort ist: Im Raiffeisen Prozeß hat der Staatsanwalt gegen heute feine Hauptverhandlung zustande gekommen ist? halb Jahre Gefängnis beantragt. Eine sehr geringe Strafe, wenn man bedenkt, daß es sich um Betrügereien in Höhe von etwa 12 Millionen Mark zuungunsten der Raiffeisen- Bank handelte. Aber auch der Staatsanwalt mußte zugunsten des Be­trügers Uralzem geltend machen die ungeheure Mißmirt­schaft, die bei der deutschnationalen Leitung der Raiffeisen- Bank geherrscht hatte. Diese bestand bekanntlich aus dem deutsch­

Freitag Lustgarten

nationalen Reichstagspizepräsidenten Justizrat Dietrich Prenzlau und dem deutschnationalen Landtagsabgeordneten Seelmann Eggebert. Der Staatsanwalt führte aus:

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Die Leitung der Bank hat in unverantwortlicher Weise gearbeitet und ihre Satzungspflichten schwer Derlegt. Weiter sei der Raiffeisen- Bank zum Vorwurf zu machen, daß sie die Kreditgeschäfte völlig dem Rechtsanwalt Dr. Lange überließ, der sich best e chlich zeigte und von Uralzem große Summen für die Hergabe der Kredite erhielt. Die Ka­pitalien der landwirtschaftlichen Kreise seien durch die Unfähig feit der Banfleitung vergeudet worden.

Das ist an sich nichts Neues. Staunenswert bleibt immer nur eins: Die Betrügereien Uralzems stammen aus dem Jahre 1924. Wie kommt es, daß sie erst 1932 zur Aburteilung gelangen, daß gar gegen den ungetreuen Prokuristen Lange noch

Der Nazi- Kandidat

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N.S.DOSN

LISTE

Sveppiry

DARCZ

" In der Schule hat er nichts aetaugt, aus der Lehre ift er ausgeriffen, das Eiserne Kreuz hat er sich selbst verliehen, jetzt fandidiert er zum Landtag - ein Mann eigener Kraft!"

die deutschnationalen Direktoren Dietrich und Seelmann halten feinerzeit abfichtlich jede Strafanzeige unterlassen. Sie haben in Gemeinschaft mit den übrigen leitenden Inffanzen der Raiffeifen­Bank den Skandal totzumachen gesucht und zu diesem Zweck die Betrüger gefchont!

Den Grund erfährt man aus einer Rede, die der Generaldirektor Dietrich im Jahre 1925 vor dem Aufsichtsrat gehalten hat. Dort führte Dietrich aus:

,, Die Barmat- und Kufister- Affäre beschatten zur Zeit die Oeffentlichkeit. Wenn man jetzt erfährt, daß es bei der Raiff­eifen- Bank einen Uralzew- Standal gibt, dann wird sich die öffent­liche Agitation dieser Sache bemächtigen, man wird uns ungehört verurteilen, mit einem Wort: die katastrophe ist da!"

Mit anderen Worten: Um sich ihre Barmat- Hehe nicht zu zer­ffören, haben die im Glashaus fihenden deutschnationalen Parla­mentarier den Betrüger Uralzew und den ungefreuen Leiter der Kreditabteilung Lange mit der Strafverfolgung verschont! Nur diese beiden? Es ist nicht ausgeschlossen, daß auch der Generaldirektor Dietrich persönlich mit in die Strafverfolgung hinein­gefommen wäre. Der Untersuchungsausschuß des Preu ßischen Landtags, der auf Betreiben der Sozialdemokratie eingesetzt wurde und erst in die ganze Sache Licht brachte, hat näm­lich festgestellt, daß Herr Dietrich verlustreiche Spekulations geschäfte auf eigenen Namen, aber auf Kosten und Risiko der Raiffeisen Bank durchgeführt hat. Ferner hat Dietrich für Bekannte Bürgschaften übernommen, von denen seine Mit­direktoren nichts wußten, und diese Bürgschaften haben die Raiff­eisen- Bant Millionen gefoftet! Kurz nach den Feststellun gen des Untersuchungsausschusses hat sich Dietrich im Ueckersee bei Prenzlau ertränft.

Es ist und bleibt ein lehrreiches Kapitel, wie die deutschnatio­nalen ,, Korruptionsbekämpfer" jahrelang verhindert haben, eisen- Bant hineinleuchten konnte. daß ein Strafverfahren in ihre Mißwirtschaft bei der Raiff­

Fragen an Hugenberg .

Er wird sich weigern, darauf zu antworten. Steffin, 20. April. ( Eigenbericht.)

In den überfüllten Stettiner Messehallen bereiteten 10 000 Republikaner Ministerpräsident Otto Braun am Dienstagabend einen begeisterten Empfang. Otto Braun rechnete sowohl mit den Deutschnationalen als auch mit den Nationalsozialisten ab. Er schil­derte nochmals den Raiffeisen- Standal, den Skandal der Dewa- Heim usw. und kam dann auf die pommerschen Berhältnisse zu sprechen. Der Ministerpräsident richtete an die Deutschnationalen, besonders an Hugenberg die Frage, ob das heutige System auch schuld daran sei. daß beispielsweise die pommeriche Hauptgenossenschaft, deren Direktoren das Doppelte der Ministergehälter beziehen, jahrelang Einfuhrscheine gefälscht hat, ob das System" ferner Schuld daran habe, daß die Molkereigenossenschaft in Gollnow den nofleidenden Bauern den Preis für die Milch gewaltig herabdrücke und die dadurch erfparten Gelder in die kassen der Deutschnationalen, der Nationalsozialisten und des Landbundes fließen lasse. Ob es ferner ,, Korruption des Systems" sei, daß die pommersche Spiritusverwertungsgenossenschaft den Preis für den Liter Spiri tus um 10 Pfennig erhöht hat und diese Beträge gleichfalls als Parteibeitrag an die Kassen der Deutschnationalen ab­führt. Otto Braun wandte sich ferner besonders an den Agrarier von Rohr, der heute noch nicht wisse, ob er sich zu Hitler schlagen oder bei Hugenberg bleiben solle.

Der Richter und Hindenburg . Die öffentliche Erklärung des Bizepräsidenten des Oberlandesgerichts Frankfurt a. M., Dr. Held­mann, die sich gegen Hindenburg richten soll, hat das preußische Justizminifterium veranlaßt, den Präsidenten Hempen dieses Oberlandesgerichts als den Vorgesetzten Dr. Heldmanns zu einem Bericht über die Angelegenheit aufzufordern.