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Rr. 186 49. Jahrgang

1. Beilage des Vorwärts

Kum bald wedder!"

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,, Eiserne Front" erobert das Land Wir kommen wieder!

Das Postauto rattert mit vierzig Kilometer Höchstgeschwindig| keit durch die dermart, vorbei an herrlichen Seen, die ein­gebettet liegen in fleinen Talmulden, umgeben von schweigenden Wäldern. Hier gibt es feine Eisenbahnverbindung, nicht einma! die eingleisige Bahn, die uns noch bis zur legten Kreisstadt brachte, verkehrt hier. Das Postauto ist das einzige Berkehrsmittel; Bauern sigen drin, die in der Kreisstadt zu tun hatten, Frauen mit großen Tragförben, ein paar Kaufleute, Vertreter für landwirtschaftliche Maschinen, die schon im Auto das Geschäft vorbereiten. Aber die Bauern flagen über die schlechten Zeiten, über die Preise muß doch mal anders werden".

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,, es

,, Es muß doch mal anders werden", das ist dann auch gleich das Thema in unserer Versammlung am Abend. Ein kleines Dorf, Bauern gibt es hier gar nicht, nur fleine Büdner, Waldarbeiter, die nebenbei noch ein bißchen Landwirtschaft haben. Und ein großes Gut gibt es, das eine ganze Anzahl Landarbeiter beschäftigt. Etma 150 Einwohner hat das Dorf, in unserer Versammlung sind etwas mehr als 40 Personen. Ein paar sind aus der Nachbarschaft ge= tommen, frog Regen und aufgeweichten Wegen. Jeder kennt hier jeden. Meinen Mantel wollte ich mit in den Versammíungsraum nehmen Lassen Sie ihn ruhig hängen," sagt der Wirt ,,, hier nimmt niemand etwas weg." Und so, wie Leute, die einander tennen, unterhalten wir uns auch. Wir sprechen über die Reichs­präsidentenwahl und über die Preußenwahl. Ein Referat von fünfviertel Stunden hören sie schweigend mit an. Es find ruhige, bedächtige Menschen hier, fie überlegen langsam und vor­sichtig, was man ihnen erzählt. Unser Vertrauensmann, der einzige Genosse dort, spricht dann noch ein paar Worte, und fordert zur Diskussion auf. Niemand meldet sich, aber unser Freund kennt seine Leute. Wir schließen die Versammlung und rücken etwas näher zusammen. Und dann erzählen sie. Die kleinen Sorgen beim Holz- und Beerensammeln, Maßnahmen amtlicher Stellen. die sie nicht verstehen. Kleine Dinge, gewiß, aber daraus besteht ihr Leben.

Und dann kommen auch wichtigere Ereignisse. In diesem erlebnisarmen, abfeiligen tieinen Dorje erinnert man sich noch sehr gut an den Kampf um die Fürsten abfindung. Ein Alter, der sich in die Liste eingetragen hat, erzählt, wie der Forstbeamte, bei dem die Liste auslag, ihm abreden wollte. Der Wirt berichtet, taß er nicht gewagt hat, seinen Stimmzettel abzugeben, weil man ihn sonst boyfottiert hätte. Auf diese Weise stoßen sie von selbst auf einen Fehler im Funktionieren der Demokratie. Das muß geändert werden, verlangen fic. Und dann geht mal ordentlich gegen Hitler vor." Ueber den Lerror der Hitler- Banden wird überall geflagt. Die Hitler Jungens haben die Unterstützung der Gutsinspektoren und jonstiger einflußreicher Leute hinter sich und machen sich stark. In einem Dorfe erzählte man mir, wer zu den Nazis gehört. 3mölf junge Burschen sind in der S2. Davon find zwei Brüder Kinder eines Trinkers und beide schwachsinnig. Ein anderer ist wegen Ver­fehlungen aus der Schupo entlassen worden. Und über den Führer, den jungen Berwalter vom Gut, wird unwidersprochen erzählt, daß er auf seiner letzten Stellung unterschlagen habe." ,, Und die Bauern, die bei den Nazis sind," fügt der Wirtsjohn, der mir das erzählt, hinzu, find alle im Sicherungsverfahren, piele durch eigene Schuld. Was sollen wir denn von den Nazis halten, die erzählen doch immer, daß die Tüchtigsten die Wirtschaft führen sollen, aber

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Fällen verhinderte die Polizei durch rechtzeitiges Dazwischentreten ernstere Folgen. Als ein Nazitrupp gegen 19 Uhr die Dra gonerstraße passierte, hatten sich in furzer Zeit etwa 1500 Per fonen angesammelt. Lediglich dem besonnenen und umsichtigen Berhalten der Polizei ist es zu danken daß es an dieser Stelle nicht zu einer Massenschlägerei gekommen ist. In einem Falle bedrängten am Schloßplatz mehrere Nazis einen Beamten, zwei der nationalsozialistischen Hauptangreifer wurden verhaftet.

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Mißlungener Hakenkreuzlerstreich!

Auf dem Gelände der Motard Sternfeld Werke in Spandau , die zur Zeit stilliegen, kletterten in der Nacht mehrere Nazis auf einen hohen Fabrikschornstein und befestigten oben eine Nazifahne. Als der Wächter durch das Anschlagen seines Hundes aufmerksam wurde und nach der Ursache forschte, sah der Mann gerade noch, wie ein Nazi im Begriff war, die letzten Sprossen am Schornstein hinunterzuklimmen. Der Wächter wurde von dem Nazibanditen mit schußbereiter Pistole in Schach gehalten. Während die Komplicen bereits das Weite gesucht hatten, entkam auch der bewaffnete Hitlergardist. Von der Werksleitung war die Hakenkreuzfahne bereits in den frühen Morgenstunden wieder entfernt worden.

,, Den haben wir fertig gemacht."

Die Nazi- Angeklagten im Felseneck" Prozeß. Schon der erste Verhandlungstag im Prozeß Felsen­ed" bestätigte, was bereits aus den polizeilichen Berichten bekannt war: die ganze Berantwortung für die blutigen Ereignisse der Nacht vom 18. auf den 19. Januar fällt auf die jetzt aufgelöste S2. Die Bluttat der Kommunisten kann nicht gerechtfertigt werden. Aber als die Kommunisten sich einfanden, glaubten fie die Kolonisten in Gefahr und stürzten sich auf die Angreifer; der Maier Schwarz brauchte dabei nicht sein Leben einzubüßen. Wie aber der Kommunist Klemfe zu Tode fam, schilderte der angeklagte Rationalsozialist Dorst. Er war ungefähr der 31. im Zuge der 150 Nationalsozialisten. Man hatte einen durch nichts zu recht fertigenden Umweg an der Kolonie Felsened" vorbei gemacht. Dorst kannte Felsened". Er hatte eine alte Feindschaft mit dem Kolonisten Homann. Das Alarmzeichen der Kolonisten durchbrach die Stille der Nacht, es ertönten Schreckschüsse; dieser Angeklagte mic auch der nächste müssen bestätigen, daß die Schüsse nicht gegen die Nationalsozialisten gerichtet waren, das Mündungsfeuer eines Schusses zeigte 3. B. flar in die Luft. Unmittelbar danach stürzten fidh etwa 10 bis 12 Nationalsozialisten auf den Arbeiter Klemke. Dorst selbst will unter den Angreifern nicht gewesen sein. Früher hat er seine Mitangeklagten Straud und Schwarz mit Bestimmtheit als diejenigen bezeichnet, die auf

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Donnerstag, 21. April 1932

Klemke mit eingeschlagen haben. In der Gerichtsverhandlung meinte er, er glaubt, daß sie dabei gewesen waren. Als er mit Strauch zusammen nach Hause ging, sagte ihm dieser: Den haben wir fertig gemacht. Dorst hat auch den Mann gesehen, der auf Klemfe, den Schuß abgefeuert hat. Wer es war, fann er nicht sagen. Kaum war aber dertödliche Schuß gefallen, als der Sturmbannführer Schulze das Pfeifenfignal zum Sammeln gab. Gleich darauf erschien auch das Ueberfallkommando, es fand im Rinnſtein den toten Klemte liegen und jagte die Nationalsozialisten mit Gummifnüppeln auseinander.

Der Angeklagte Strauch erzählt den Hergang so wie Dorst. Er bestreitet, unter den Angreifern gewesen zu sein, er habe abseits gestanden. Erst auf dringenden Vorhalt des Vorsitzenden muß er zugeben, dem Angeklagten Dorst und auch einem anderen SA.- Mann gegenüber geäußert zu haben, er habe klemte den Rest gegeben, und zwar mit einer derartigen Wucht, daß seine Stahlrute dabei zerbrochen sei. Er will diese Aeußerung nur aus Renommisterei getan haben. Der Angeklagte Dorst wird übrigens von einem der kommunistischen Angeklagten bezichtigt, auf andere eingeschlagen zu haben.

Die Verhandlung wurde auf Freitag vertagt.

Das billigere Fleisch.

Fortsehung der Aktion bis Ende Juni.

Die Fleisch verbilligung für Erwerbslose wird nach Beseitigung der finanziellen Schwierigkeiten auch in den Mo­naten Mai und Juni fortgesetzt. Auf Grund einer zwischen dem Reichsernährungsminister Dr. h. c. Schiele und dem Reichsfinanz­minister Dr. Dietrich zustandegekommenen Vereinbarung werden, wie die Fleischer- Verbandszeitung" erfährt, nochmals 4 Mil­lionen Mark zur Verfügung gestellt. Damit diese vier Millionen bis Ende Juni reichen, ist die bisherige Grundlage der Fleischverbilligung insofern verlassen worden, als in Zukunft der Gutschein nicht mehr auf 30 Pf., sondern nur noch auf 20 Pf. pro Pfund und Woche lautet. Für die Erwerbslosen ermäßigt sich demnach der Preis für das Pfund Fleisch in Zukunft um 20 Pf. Allerdings ist hierbei zu berücksichtigen, daß die Fleisch­preise seit Beginn der Fleischverbilligungsaktion ebenfalls gesunken sind.

Die Abschnitte, die neu zur Ausgabe gelangen, werden für je­weils zwei Wochen ausgegeben. Insgesamt umfaßt die das Fleisch für die Erwerbslosen um 20 Bf. verbilligende Maßnahme 8 Wochen und wird sich bis in die letzte Juniwoche ausdehnen. Zum Herbst und Winter wird dann nach der Sommerpause die Frischsleischver­billigung erneut und mit stärkeren Mitteln wieder in Angriff ge­

nommen werden.

Luftgarten- Demonstration der Nazis. Die Nationalsozialisten waren gestern in den Lustgarten gezogen, um ihren Dauerredner Goebbels über die Preußenwahlen reden zu hören. Die Kund­gebung war, auch in ihrem äußeren Aufbau, nichts weniger als Goebbels hielt eine seiner üblichen demagogischen Wahlreden, etwas imponierend. Der Lustgarten war nur zur Hälfte gefüllt. Josef Neues mußte er nicht zu sagen.

Alles marschiert

fie tönnen ja feiber ihre Wirtschaft nicht in Ordnung halten. Die am Freitag, dem 22. April, 18 Uhr, nach dem

Bauern find alle bei den Nazis, meil sie glauben, daß sie im Dritten Reich ihre Schulden nicht zu bezahlen brauchen." Gerne möchten die Nazis verhindern, daß die Landarbeiter überhaupt in sozialdemokratische Versammlungen gehen. Sie wollen das Feld allein beherrschen, und mit allen Mitteln versuchen sie ihre

Lustgarten

Redner:

Dr.Rud.Breitscheid Mitglied des Reichstages

Macht zu behaupten. Die Plakate, die man unterwegs sieht, find Der Anmarsch erfolgt von 6 Sammelplätzen aus fast ausschließlich von den Nazis. Die Gastwirte werden ver­anlaßt, den Saal für unsere Versammlungen nicht herzugeben. Antreten 16.30 Uhr/ Abmarsch 16.50 Uhr Aber die Nazis können doch nicht verhindern, daß wir mehr und

mehr an Boden gewinnen. Der Inspektor eines großen Gutes hatte Sammelplätze:

seinen Arbeitern geradezu verboten, die Versammlung der Eisernen Front" zu besuchen, andernfalls er fie entlassen 1. Stadtbezirke Wedding , Mitte, Reinickendorf und die in mollte. Am Abend waren diese Landarbeiter aud) nicht in unserer Versammlung, aber sie saßen in der Gaststube und mir ließen die Verbindungstür offen stehen. Auf diese Weise waren sie dann doch bei uns.

Aufs Land! Diese Forderung müssen wir in der Zukunft mehr berücksichtigen. Welche Sympathien für uns bestehen, bewies ein Zuruf, als wir uns eines Abends von einem Dorfe verab­schiedeten, in dem seit 1930 noch feine Versammlung wieder von uns stattgefunden hatte.., um bald wedder!" rief man hinter uns her. Und wir werden wiederkommen, dann wird auch das Land mehr für die Sozialdemokratie gewonnen werden.

Nazis provozieren wieder.

Bor und nach der gestrigen Nazifundgebung im Luft­garten wurden eine Reihe von Nationalsozialisten von der Po­lizei festgenommen. Um 16 Uhr marschierte ein Trupp früherer SA.- Leute in Stärfe von etwa 40 Mann durch die Artillerie­straße. Von einem Polizeiposten wurde die Gesellschaft festge­

2.

diesen Bezirken liegenden Betriebe: Antreten 16% Uhr Grenzstraße( Humboldthain), Spitze des Zuges Brunnenstr. Marsch durch Brunnen-, Elsasser, Artilleriestr., Am Kupfer­graben, Museumstr., Lustgarten.

Stadtbezirke Prenzlauer Berg , Weißensee , Pankow und alle in diesen Bezirken liegenden Betriebe: Antreten 16% Uhr Danziger Str.( Mittelpromenade), Spitze des Zuges Weißen­burger Straße. Marsch durch Weißenburger Straße, Schön­ hauser Allee , Dragoner , Roch-, Neue Friedrich-, Museum­straße, Lustgarten.

3. Stadtbezirke Friedrichshain , Lichtenberg , Treptow, Köpenick und alle in diesen Bezirken liegenden Betriebe: Antreten 16% Uhr Küstriner Platz, Spitze Fruchtstraße . Marsch durch Frucht-, Friedenstr., Prenzlauer Berg , Prenzlauer Allee, Lothringer, Weidinger-, Kaiser- Wilhelm- Str., Lustgarten.

4. Stadtbezirke Kreuzberg , Neukölln und alle in diesen Be­zirken liegenden Betriebe: Antreten 16% Uhr Fontane­promenade, Spitze Urbanstraße. Marsch durch Urban-, Bär­wald-, Prinzen-, Dresdener , Neue Roß-, Roß-, Breite Straße, Schloßplatz, Lustgarten.

5. Stadtbezirke Tempelhof, Schöneberg , Zehlendorf , Wilmers­ dorf und Steglitz und alle in diesen Bezirken liegenden Betriebe: Antreten 16% Uhr Hornstraße, Spitze des Zuges Yorckstr. Marsch durch Yorck-, Gneisenau-, Zossener Straße, Zossener Brücke, Alte Jakob-, Neuenburger, Linden-, Mark­grafen-, Französische, Werderstraße, An der Stechbahn, Lustgarten.

6.

Stadtbezirke Charlottenburg , Tiergarten, Spandau und alle in diesen Bezirken liegenden Betriebe: Antreten 16% Uhr Kleiner Tiergarten, Spitze des Zuges Stromstraße. Marsch durch Alt- Moabit, Invaliden-, Hessische, Hannoversche, Elsasser Straße und weiter wie Zug Grenzstraße.

nommen und der politischen Bolizei übergeben.-- An verschiedenen Alle Sozialdemokraten, alle freigewerkschaftlich organisierten Arbeiter u. Arbeiterinnen, Stellen in der Umgebung des Lustgartens fam es zu Auseinander­fegungen von Hakenkreuzlern mit Linksradikalen. In den meisten alle Arbeitersportler, alle Reichsbannerkameraden, alle Republikaner sind zur Stelle!

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