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Diebstahl an Krüppeln. Schwerstverkrüppelten werden dieSelbstfahrer* gestohlen. In letzter Zeit wurden zu wiederhalten Malen sogenannte Selbstfahrer, auch Jnvalidenwogen genannt, aus Hausfluren, Remisen und dergleichen gestohlen. Da es sich bei den Besitzern dieser Wagen um schwer bewegungsgehemmte Menschen handelt, die ohne Wagen nicht fähig sind, auch nur kurze Strecken zurückzulegen, ist der Diebstahl eines solchen Wagens besonders verwerflich und gemein. Der Reichsbund der Körperbehinderten?. V. Landesverband Berlin-Brandenburg  , Berlin  - SO. 16, Märkisches Ufer 48, wendet sich darum an die Bevölkerung mit der herzlichen Bitte, bei der Verhinderung dieser Diebstähle mitzuhelfen dadurch, daß sie alles Berdächtige, insbesondere wenn ein Selbstfahrer unter besonderen Umständen irgendwo auftaucht, dem genannten Bund« mitteilt. Der letzte dem Bunde bekanntgewordene Diebstahl ist der bei den, beingehinderten Gustav Knaack, Berlin   N. 24, Pflugstr. 6, verübte. Hier ist der Selbstfahrer in der Nacht vom 3. zum 4. April aus dem 5)ausflur gestohlen worden. Der Wagen trug an der Rück- lehnt««in Blechschild der Fabrikationssirma Muth. Er war mit rechtsseitiger Steuerung versehen und es befand sich in ihm auch ein Brotbeutel mit Werkzeug, Schraubenzieher, Flickzeug und dergleichen. Die Polsterung des Wagens war schon etwas defekt. Da der Wagen- besitzer das Gefährt ganz nötig braucht, um den Weg zur Arbeits- statte zurückzulegen, liegt hier ein ganz besonders krasser Fall der Schädigung vor. Auch unierwegs kann gewählt werden. Auf Beranlassung des Zentralverbandes derHotel-, Restaurant- und Caföange st eilten hat der preu­ßische Mini st er des Innern durch Verfügung vom 14. April >932 für das reisende Publikum und die auf den fahrenden Zügen beschäftigten Eisenbahner und dt« Arbeitnehmer der Schlaf- und Speisewagen Möglichkeiten zur Ausübung des Wahl- rechts zum Preußischen Landtag   geschaffen. Für alle über Hannover  sahrenden Züge, und zwar die Züge zwischen Berlin   Köln   Düffel- darf, Amsterdam   Berlin  , im Hauptbahnhos Hannover  . Das Wahllokal ist durch große Plakate auf allen Bahnsteigen kennt- lich gemacht. Für die Züge zwischen Frankfurt   a. M. und Stuttgart   Berlin   auf dem Hauptbahnhof in Erfurt  . Auch dort ist das Wahllokal durch Schilder gekennzeichnet. Ferner wurde ein Wahllokal, insbesondere für die Züge, die Sonntag früh aus der Schweiz   kommen, in Frankfurt   a. M., Wiesenhüttcn-Schule, Wiefenhüttenplatz 34, direkt am Hauptbahnhof eingerichtet. Die Wahlberechtigten müssen sich selbstverständlich sofort in den Besitz eines Wahlscheines setzen, um ihr Wahlrecht auszuüben. e° heule. Freitagvormillag. ist übrigens die letzte Möglichkeit, sich einen Wahlschein ausstellen zu lassen, wer also aus einen Wahlschein angewiesen ist. besorge ihn sich sofort. Tüchtige Schupos werden gelobt. Dieser Tage hat Polizeipräsidew Grzesinsk.i wieder-«in« Rdihe von Polizeisteamten gelobt und ihnen seine besondere An- kennung für ihre Umsicht sowie ihr tatkräftiges und un- erschrockenes Verhalten im Dienst ausgesprochen. Im November vergangenen Jahres wurden von einem Polizeiauto in Neukölln. in dem sich der Vorsteher des 217. Reviers, Polizeioberleutnant Bartsch und die Oberwachtmeister und Wachtmeister Arthur Müller, Bans, Viebranz, Bathc, Boick, Brunn, Krug und Jeroch sowie der Führer des Autos, Wachtmeister Reimers befanden, sechs verdächtige Männer festgenommen. Drei Männer wurden im Besitze von schußbereiten Pistolen angetroffen. Durch die Umsicht der Beamten ist viel Unheil verhütet worden. Die übrigen Belobigungen beziehen sich auf Festnahmen von Einbrechern und mit Pistolen bewaffneten Anhängern radikaler Parteien. In diesem Zusammenhange fanden Anerkennung und erhiellen Be- iobigungen die Oberwachtmeistcr Rode und Scheele vom 220. Polizeirevier in Neukölln, Wachtmeister Herzog von der dritten Inspektion Alexander und Wachtmeister Walter Krüger   von der Inspektion Tiergarten  , der allein mehrere Radikalinskis festnahm und drei geladene Schußwaffen beschlagnahmte.
Aus dem Geleise geworfen Wie ein ehrenvoller, alter Beamter schuldig wurde
Der Oberpostschaffner D. hatte 26 Jahre tadellos seinen Dienst oersehen. Seine Kinder waren verheiratet, sein Gehalt, 138 M. monatlich, genügte für ihn und seine Frau zu einem einigermaßen auskömmlichen Dasein: er ging seiner Pension und einem zusric- denen Alter entgegen. Da geschah aber etwas Unvorhergesehenes. Ein Nachkömmling erfüllte die Wohnung des alternden Ehepaares mit neuen Freuden und neuen Sorgen. Das Kind, ein Junge,«nt- wickelte sich ausgezeichnet, es wurde des Vaters Liebling und Ab- gott. Das Glück währte nicht lange. Drei Jahre später war das Kind tot. Der untröstliche Dater wurde schwermütig, wollte sich das Leben nehmen, die Frau brachte ihn nur mit Mühe davon ab. Und eine, Tages geschah etwas, was er früher nicht für mög- lich gehalten hätte. Bei einer Briefhestcllung fiel ihm ein Brief auf, aus dem ein Fünfmarkschein lugte; er nahm da- Geld an sich. Das war im Jahre 1929. Was in dem bisher pflichttreuen Beamten vor sich gegangen war, läßt sich schwer sagen. Jedenfalls folgte der einen Pflichtverletzung«ine zweit«, eine dritte usw. usw. War ihm ein Brief auf Geld verdächtig, so öffnete er ihn. Er empfand darin eine eigentümliche Genugtuung� Es lenkte ihn auch von seinen ständigen Gedanken an sein totes Söhnchen ab. Das Geld es sollen im ganzen nicht mehr als IM M. gewesen sein verwandte er zur Schmückung des Grabes seines kleinen toten Iun- gen. Er kannte überhaupt kein« andere Leidenschaft als dieses Grab. Er rauchte nicht, trank nicht und hatte auch sonst keine kost- spieligen Gewohnheiten. So trieb er es mit den Briefen bis An- fang dieses Jahres. Als sich aber auf dem Postamt die Beschwer- den über nicht zugestellte Briefe immer mehr häuften, setzte eine verschärfte Kontrolle ein: der ungetreu« Beamte wurde überführt. er war geständig. Vor dem Schöffengericht Berlw-Mitt« erzählte der Mann,
wenn auch etwa- schwulstig, so doch überzeugend, wie der� Nach. kömmling zu seinem Sonnenschein und später.zu seinem Schicksal wurde. Er sei mit dem Kleinen nicht minder verwachsen gewesen als dieser mit ihm: sein Tod habe ihn vollkommen aus dem seeli- schen Gleichgewicht geworfen. Der Staatsanwalt beantragte ein Jahr Zuchthaus, die gesetzlich zulässige Mindeststraf«. Es schien für das Gericht ein anderes Urteil nicht möglich: ein Oberpostfchaffncr hotte hier in Bereiche- rungsabsichten ihm amtlich anvertraute Urkun- den beiseite geschafft. Trotz dieser eindeutigen Sachlage brauchte das Gericht Stunden zur Beratung. Das vom Land- gerichtsdirektor Steinhaus verkündete Urteil kam völlig über­raschend. Das Gericht verneinte die Bereicherungs- a b f i ch t: Es sei möglich, daß der Angeklagte die Briefe nur ge- öffnet habe, um sich durch den damit verbundenen Nervenkitzel von den Gedanken an sein Söhnchen abzulenken. Di« rechlliche Aus- legung, hieß es in der Urteilsbegründung, befriedige insofern, als es die Möglichkeit gebe, entsprechend der öffentlichen Meinung, die das betreffende Ge'setz zu hart finde, nicht auf Zuchthau-, sondern auf neun Monate Gefängnis zu erkennen. Di« Verfehlungen des Angeklagten könnten aber nicht scharf genug ver- urteilt werden. Die Strafe durfte deshalb nicht zu niedrig aus- fallen: es war ihm auch die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter auf die gesetzlich zulässige Höchstdauer von fünf Iahren abzusprechen. Das Urteil, Ergebnis eines horten Kampfes im Beratung«- zimmer, ehrt das Gericht. Ob aber der Staatsanwalt sich mit dem Urteil zufrieden gibt und ob die zweite Instanz es gutheißt, bleibt dahingestellt. Hoffen wir es: Menschlichkeit geht vor Gesetz.
8o sieht sie aus die Familie Zint!
Ganz Berlin   lacht über sie
Bon einem Parteigenossen und ehemaligen Arbeitskollegen des von derRoten Fahne" zum Muster oller deutschen   Kommunisten in Moskau   aufgezüchteten Bernhard Zint erhalten wir folgende Zuschrift: Anders als in Rußland   gab sich der Elektroschweißer Bern- hard Zint, als er noch in Berlin   weilt«. Gewiß entwickelte er auch schon hier Tendenzen revolutionärer Art. aber niemand von seinen Kollegen in den Betrieben konnte ahnen, daß, wenn Zint acht Stunden in den Betrieben gearbeitet hatte, er noch weitere sechs Stunden in einer anderen Quetsche arbeitete. Und wenn die Werktaa« nicht ausreichten, nahm«r auch noch die Sonntage zum Ueberstundenschieben hinzu. Sein« Kollegen hier in Berlin   können sich nicht erinnern, Bernhard Ztnt jemals als revo- lutionären Funktionär oder Vertrauensmann kennengelernt zu Haben. Erstaunt wird der Prolet auch über PaterZintsHau, Halts- buch in Berlin   gewesen sein. Mit 310 M. den Monat läßt es sich in Berlin   ganz gut leben, und dennoch hat er durch un- kollegiales Verhalten mehr verdient. Mutter Zint brachte das Essen in die Fabrik, damit Vater Kraft gewann, um Ueberstunden schieben zu können. DiePioniere in einer neuen Welt" so nannte dieRote Fahne" die Zints haben hier in R e i n l ck cn- d o r f- W e ft viel trauernde Hinterbliebene gelassen. Nicht nur, daß das Vieh der Nachbarin durch den Ueberfluß der IAH.-Küche Mutter Zint war Leiterin der Küche.   gefüttert wurde und den Fortfall spüren wird, beweinen auch die kleinen Geschäftsleute in der Umgebung den eiligen Fortzug der Familie Zint. Ueberrafcht war z. B. der Möbethändler A., als er das Moskauer   Pild der Familie Zint in der.Roten Fahne" zu Gesicht bekam. Freudig bewegt rief er aus:Wenigstens sehe ich noch einmal meine Bett- stellen wieder, denn 121 M. sind noch darauf zu.zahlen, neben Korb- möbeln und Wandbehang" Das Paradies aus Sowjetruhland scheint
nur in der Phantasie de, Redakteurs derRoten Fahne" zu liegen. der aus Berus   den kommunfftischen Wählern Potemkinsche Dörfer malt. Der sunge 21jähnge Otto Zint schreibt Briefe an seinen früheren Lehrer der weltlichen Schul« Reinickendorfs und seine früheren Schulkameraden, die alle dos große Heimweh spüren lassen: Ach, könnt« ich doch zurück, dorthin, wo es Meinungsfreiheit und Freud« gibt!" Sein ehemaliger Lehrer teilte ihm mit, daß er jederzeit in seinem Hause willkommen sei, wenn er zurückkommen wolle. Vielleicht können wir den jungen Zint als klassischen Krön- zeugen für die paradiesischen Zustände Sowjetrußlands bald wieder in Berlin   begrüßen. Otto Zint. der im Bilde derRoten Fahne" als Skiläufer dargestellt wird, hat diesen Sport schon hier in Deutsch- land ausüben können. Große Fährten mit dem Lehrer und der Iixgendgruppe der weltlichen Schule nach dem Riesengebirge  , nach Schweden   und dem schönen Land Tirol hat er mitgemacht. Auch L o t t e Zi n t war einmal in Schweden  . Das Geld für diese Fahrten konnte sich Otto Zint von seinem Arbeitsverdienst hier in Berlin  ersparen. Besonders stolz ist dieRote Fahne" auf den IlljäHrigen Schwiegervater Vanselow, der in Moskau   in der Fabrik arbeiten muß. In Deutschland   bezog er I n o a- lidenrente und wurde von seiner Gewerkschaft unterstützt. Ganz Reinickendorf  -West lacht über dieMusterfamitie" Zint in Moskau  , die mit marktschreierischer Reklame von derRoten Jahne" propagiert wird. Selbstmord eines Berliner   Postbeamten in Allenstein  . In den Anlagen des Kriegerdenkmal» in Allenstein   in Ostpreußen   erschoß silb gestern nacht der Postbeamte Hans Geserich aus Berlin  -Liasten- raoe, Potsdamer Str  . 21.
Aus dem Russischen   übertragen von Warner Bergengruen. Seitab, dort, wo noch vor kurzem ein wohlhabendes Dorf stand, zieht sich eine lange Reihe nackter Oefen und Schornsteine hin, brandgeschwärzte Trümmerhaufen. Ein düsterx Schwermut lastet auf einem jeden von uns. Da wirkt alles zusammen: die grauenvolle Erdhöhle, der taum zu durchwatende Schmutz, der finstere Himmel, der Regen und der über unseren Häuptern hängende Tod. So müde sind wir, so furchtbar müde, und dennoch können wir uns nicht ausruhen. Wir möchten schlafen, es schwindelt uns im Kopf, die Augen fallen zu, die Lider sind bleischwer. Die Beine knicken vor Schwäche ein, aber an Schlaf ist nicht zu denken, man kann sich nirgends hinlegen, nirgend den Kopf anlehnen, nirgends sich anschmiegen. Wir haben Hunger. Unsere Mägen sind seit langer Zeit leer. Aber es'gibt nichts zu essen. Die Küchen kommen durch den tiefen Schmutz nicht vorwärts, und die unternommenen Versuche, Essen   in Eimern zu holen, hatten den Tod der Essenholer zur Folge. Wir möchten Lern arbeiten, wir leiden unter dieser hoff- nungslosen Untätigkeit, aber zu tun gibt es nichts, und so bringen wir ganze Stunden mit Läusesangen hin: wir lassen die Tiere auf der Handstäche herumspazieren, beobachten sie, vergleichen sie mit dwwx der Kameraden und töten ste schließlich, indem wir sie mit dem Fingernagel auf einen Ziögelsplitter zerknicken. Wir marschieren viele Stunden lang aus dv von Gra- natqn zerwühlten Landstraße. Wir kommen an den Dörfern vorbei, die von unserer Artilkexie in Brand geschossen woxoen sind. Nichts als Feueressen mit starrenden Schornsteinen und daneben Hausen von Brandschutt. 3» zwei langen Reihen ziehen sie sich die ganze Dorsstraße entlang. Sonst gibt es
hier nichts. Keinen einzigen Menschen. Nicht einmal Hunde- gebell. Das Feuer hat alles gefressen, was Feuer fressen kann. Alle Dörfer, durch die wir kommen, sehen einander ähnlich. Es ist, als seien wir im Kreise gelaufen und jetzt wieder zu dem ersten verbrannten Dorf zurückgekehrt. Die Feueressen stehen da wie zum Himmel ausgestreckte Hände. Oder wie zwei(Zlieder Soldaten: man hat ihnen Uniformen, Haut und Muskeln weggerissen, hat sie skalpiert und als unheimliche Skelette in Reih und Glied stehen lassen. Ueber den Brandstellen stäubt noch ein dünner grauer Rauch und erinnert daran, daß es hier noch vor kurzem Leben gegeben hat, daß Menschen erst vor kurzem diesen Ort verlassen haben. Auf den Feldern begegnen wir Scharen von Bauern. Sie weichen aus und lassen uns vorüber. Kinder in Lumpen sitzen auf allerlei Hausrat in den hochbepackten Wagen. Ihre kleinen Gesichter sind grau vor Hunger, die roten Nasen ge- kraust, die Augen vom Weinen geschwollen. Wild durchein- ander liegen Tröge. Feuerhaken, Kochtöpfe und Kissen auf den Fuhren Hinten sind magere Kühe angebunden, die während des Aufenthalts gleichgültig wiederkäuen. Die Frauen weinen leise vor sich hin und wischen sich mit den Händen über die schmutzigen Gesichter. Karawanen von geflüchteten Bauern kommen uns ent- gegen. Die Frauen tragen Ueberbleibsel von ehemals grell- bunt gewesenen Volkstrachten. Rote Tücher, turbanartig ge- schluimen, auf den Köpfen, verschmutzte Beiderwantkleider mit Stickereien am Kragen und an den Aermeln. Die mv geschmrrten Wggen treischen, die hungrigen Kühe brüllen, der armselige Hausrat klappert und klirrt. Wohin ziehen sie? Ringsum ist auf hundert Wersi alles verbrannt, mit Blut getränkt, von den schweren Soldaten- stiefeln zweier großer feindlicher Armeen zertrampelt. Die Soldaten sonst so gleichgültig, duxch nichts in Ber- wunderung zu setzen, verbittert und apatisch, die Soldaten haben tiefstes Mitleid mit dm Bauern. In den letzten Tagen bat es überraschende Fröste ge« geben. Während des Marschierens werden die Füße warm, wenn wir haltmachen, werden sie sofort wieder kalt. Immer noch sind wir in den leichten Feldmützen- Irgendwo in der großen Bagage gondeln unsere sibirischen Halbpelze, Lamm- lellmützen und Fausthandschuhe herum. Vielleicht wärmen sie
die Bagage, aber wir können hier frieren. Die Soldaten schimpfen. Und dies Schwein von Gorpytschenko pökelt sich wahr- scheinlich unsere Wintersachen ein." Was kann Gorpytschenko dabei tun? Das ganze Re- giment hat noch keine Wintersachen gefaßt, also ist noch kein Befehl dazu gegeben worden." Sie haben Angst, daß wir dann schwerer vorwärts- kommen. Oder daß wir zuviel schwitzen." Ja, das ist wahr, das Marschieren wird dann schwerer." Dafür braucht man nicht mehr zu frieren."- Wir haben schon lange keine Aehnlichkeit mehr mit den strammen, in der Taille vom Koppel zusammengeschnürten Soldaten, deren Anblick Regiments- und Bataillonskomman- deure entzücken konnte. Mit allen möglichen Listen haben wir uns in den Besitz der verschiedenartigsten Lumpen. Stoffreste, alter Mützen ge- setzt und uns damit behängt. Ich habe einem Flüchtling eine große Lammfellmütze mit schon stark gelichtetem Pelz ab- gekauft und sie mir über Kopf und Ohren gezogen. Der Mantelkragen ist ausgestellt und mit einem Handtuch wie mit einem Schal umwickelt. Bylin hat sich einen langen Fuß- läppen um den Kops geschlungen, wie die Bauernweiber ihre Tücher, und darauf die Mütze gesetzt. Die Stiefel hat er mit bunten Lappen aus zerrissenen Matratzen umwickelt. Wasst- lenko hat einem toten Deutschen   den Helm abgenommen und fühlt sich darunter sehr wohl. Rodin   hat, offenbar auf die gleiche Weise, einen gestrickten Kopfschützer an sich gebracht und ist geradezu selig mit ihm. Der haushälterische- Kaiser hat ein Stück Flanell zu einem schmalen Streifen zusammen- gelegt und damit seine Ohren umwickelt, so dqß die Knoten unter die Mütze zu sitzen kommen. Ein Reservist hat irgend-' wo ein großes Stück von einer zerrissenen Bettdecke gesunden. trägt es jetzt um die Schultern gehängt, und die Watt« sieht überall hervor- Abstits von der Landstraße liegt ein verbrannter Markt- flecken. Mittendrin stehen die Ruinen eines Backsteinge- boudes. Das findet man mancherorts, diese Ueberbleibsel von Ziegelbauten. Di« anderen kleinen Häuserchen. unordentlich über den ganzen Platz hin verstreut, sind gänzlich nieder- gebrannt und sehen kläglich aus mit ihren weißgetünchtem halb zerstörten Feueressen. Die Soldaten tauschen ihre Eindrücke aus. (Fortsetzung folgt.)