Immer wieder§ 218.
Ein neues Verfahren gegen Frau Dr. Kienle.
Frankfurt a. M., 10. Mai. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft hat der Untersuchungsrichter am Montag gegen die feit einiger Zeit in Frankfurt prattizierende Aerztin Frau Dr. Rienle, gegen die bekanntlich in Stuttgart ein umfangreicher Abtreibungsprozeß schwebt, die Boruntersuchung megen Abtreibung und fahrläffiger Tötung eröffnet.
Frau Dr. Kienle wird beschuldigt, an einem 17jährigen Mädchen, das in einem Dorf bei Darmstadt wohnte und im fünften Monat schwanger war, einen Eingriff zur Unterbrechung der Schwangerschaft vorgenommen und durch fehlerhafte Behandlung eine Bauchfellentzündung mit nachfolgendem Tode verursacht zu haben. Das Boruntersuchungsverfahren richtet sich zugleich gegen 23jährigen Handlungsgehilfen, der der Anstiftung zur Abtreibung beschuldigt wird. Er hatte mit dem Mädchen ein Verhältnis und hat sie der Aerztin zugeführt. Der Handlungsgehilfe und das Mädchen lernten die Aerztin kennen, als diese in dem Dorfe bei Darmstadt einen Vortrag über§ 218 hielt.
Familientragödie in der Altmart.
Die Täterin wirft sich unter den Zug.
einen
Eine entsetzliche Bluffat spielte sich in der Nacht zum Dienstag in Groß- Möhringen bei Sfendal ab.
Die 21 Jahre alte Ehefrau Reimann erschlug ihren schla fenden Ehemann und fügte ihrer Schwiegermutter lebensgefährliche Berlegungen zu, denen die Frau nach ihrer Ueberführung ins Krankenhaus erlag. Die Täterin, die die Tat offenbar in einem Anfall von Geistesstörung verübte, flüchtete aus ihrer Wohnung und ließ sich in der Nähe der Ortschaft von einem Zuge
überfahren.
Um das Geld der Sklarefs. Bergebliche Haussuchung in Oranienbaum .
Die auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft fürzlich erfolgte Haussuchung, über die sich Leo Sklaret am letzten Berhandlungstag fo aufgeregt hatte, fand bei den Eltern seiner Hausangestellten Luise K. in Oranienbaum bei Dessau statt. Kriminal. tommissar Seiffert hatte sich mit mehreren Beamten dorthin begeben, wo das Erscheinen der Berliner Beamten natürlich ungeheures Aufsehen erregte. Das Haus der Eheleute K. wurde vom Boden bis zum Keller gründlich durchsucht, wobei die Beamten auf tragsgemäß danach forschten, ob die Eltern der Hausangestellten irgendwelche größeren Geldmittel für die Sflarets versteckt oder vielleicht in ihrem Auftrage irgendwo deponiert hätten. Wie wir erfahren, ist aber die ausfuchung völlig ergebnislos
Kleinwohnungsbau tut not
Ueber die Arbeiten des Wohnungsausschusses des Reichstages
In einer Bersammlung der im Wohnungs- und Siedlungs| fonders die Nationalsozialisten in eine gewisse Zwangslage geraten. mesen tätigen Parteigenossen sprach Reichstagsabgeordneter Zum Schluß wies Genosse Lipinski noch auf den StädtebauLipinski über die Arbeiten des Wohnungsausschusses des gefeßentwurf hin, den die Fraktion zu ihrem Initiativantrag Reichstages. Der Referent behandelte besonders die Fragen des gemacht hat. Darin find alle Borausfegungen für die Beschaffung ohnungsbaues, der Mietsen tung und des Mieter. Don Grund und Boden durch Enteignung und BorkaufsMietfenfung recht als Forderungen des modernen Städtebaues geschaffen. Der ich uses. Redner mies noch besonders darauf hin, daß es nicht genügt, wenn im Parlament beraten wird, sondern daß auch von draußen ein Drud erfolgen muß, und das ist die Aufgabe der Mieter
funktionäre.
Was von den Mietern alles verlangt wird.
Die Mittel für den Wohnungsbau, so führte Genosse Lipinski aus, find start gedrosselt worden, so daß günstigstenfalls 200 mil lionen übrig bleiben, die für Wohnungsbau, Mietzuschuß und Mietgroßer Vorsicht herangegangen, die Geldquellen dafür sind außer ausgleich bestimmt sind. An den Wohnungsbau mird heute mit ordentlich knapp geworden. Auf der anderen Seite jedoch hat sich gezeigt, daß bei Eigenheimsiedlungen zahlreiche Bauten mit Eigenkapital durchgeführt worden sind. Wie fann man mun den Der Borfizende des Wohnungs- und Mieterausschusses der Wohnungsbau fördern? Wohnungsbedarf ist auf die Dauer vor SPD . Bezirksverband Berlin Genosse Battloch schreibt uns folgendes: handen, die Bauarbeiter sind zum größten Teil arbeitslos, der BauIn der letzten Nummer des ,, Grundeigentums", des Organs des martt ist völlig zusammengebrochen. Die sozialdemotratische Bundes der Berliner Haus- und Grundbesitzervereine, wird über Reichstagsfraktion hat beshalb gefordert, daß wir vor allem eine Besprechung des Bundesvorsitzenden der Berliner Haus und Rleinwohnungsbau betreiben müssen, da an großen Woh. Grundbesitzervereine mit dem Berliner Polizeipräsidenten berichtet. nungen fein Mangel besteht. Weiter murde verlangt, daß bei Der 3wed ist, in Zukunft in den Tagen der Mietekassierungen den alten Häusern Reparaturen ausgeführt merben lleberfälle zu verhindern und alle Vorkehrungen zu treffen, um das sollen. Die Bürgerlichen Parteien haben mit der Begründung, daß Leben der mit dem Eintassieren betrauten Personen zu schützen. fie eine Investierung von größeren Summen im Wohnungsbau abs Unter den verschiedenen Borschlägen wird auch den Mietern emplehnen, gegen unser Bauprogramm gestimmt. Ein Teil davon, die fohlen, die Miete möglichst bargeldlos auf Bant- oder PostPrämienanleihe, ist allerdings in das Regierungsprogrammed tonto zu übermeifen. Hierzu ist folgendes zu bemerken und übernommen worden. Der Reichsarbeitsminister hat inzwischen auch den Hauseigentümern und Verwaltungen dringend anzuraten: Gebt die Länder aufgefordert, Hausreparaturen zu fordern und Mittel den Mietern 3ahlfarten zur Einzahlung auf euer Posthierfür zu gewähren. schecktonto und sagt ihnen gleichzeitig, daß das Porto abzuziehen sei, dann werden sich die Mieter auch nicht weigern, die Miete auf dem nächsten Bostamte einzuzahlen. In unseren Auskunftstellen häufen sich die Klagen darüber, daß von den Mietern berlangt wird, die Miete auf Postscjedfonto einzuzahlen; die Mieter dürfen aber unter feinen Umständen das Porto abziehen. Wenn die Vermieter nur ein wenig Entgegenkommen beweisen, wird man sich schnell einigen und man darf annehmen, daß der Bund der Berliner Haus- und Grundbefizervereine in der nächsten
Wie weit sich die 3 mangszinssenkung auf dem Kapi talmarkt auswirken wird, läßt sich noch nicht übersehen. Aber es ist zu vermuten, daß dadurch eine Einschränkung erfolgt. Die Not der Neuwohnunginhaber wird einen stärkeren Bedarf nach Kleinwoh nungen bringen. Damit entsteht die Gefahr, daß durch die große Nachfrage eine starte Steigerung der Altwohnungs. mieten erfolgen wird. Es ist bisher noch nichts getan worden, um dem entgegenzuwirken.
Die Forderungen auf Wiedereinsehung der Miet- Nummer feiner Zeitschrift eine entsprechende Empfehlung an seine höffen sind bisher im Ausschuß abgelehnt worden. Wie sich die Parteien im Plenum zu den Fragen des fozialen Mietsrechts verhalten werden, ist noch nicht abzusehen; immerhin werden be.
Mitglieder bringen wird. Es handelt sich ja darum, daß die Mieter den Hausbesigern eine Gefälligfeit erweisen und man tann nicht verlangen, daß sie noch dafür bezahlen sollen.
schüsse ab. Eine 72 Jahre alte Bassantin, Pauline Dargel aus| liner Eiferne Front sich nicht nur tapfer, sondern siegreich der Seumestraße 23, wurde durch eine Kugel am Arm leicht vergeschlagen hat. In einem hervorragend angelegten, anderthalbstünlegt. Nach Behandlung auf der nächsten Rettungsstelle konnte die digen Referat, das den Versammelten viele Anregungen und reiches Frau in ihre Wohnung gebracht werden.
Material bot, behandelte Landtagsabgeordneter Genosse Dr. Ham burger die augenblickliche politische Situation. Oft von Beifall unterbrochen, legte er die Notwendigkeiten der Stunde dar. Eine
verlaufen. Der Berbacht war baburch entstanden, daß Seo Glaret Berlins Sozialdemokratie im Kampf. furge, aber angeregte Distusfion schloß sich an.
selbst im Laufe des Prozesses befundet hatte, die K.s hätten ihm mehrere tausend Mart geborgt. Außerdem war noch aufgefallen, daß die Hausangestellte bei der Versteigerung des Sflaretschen Haushaltes als Käuferin aufgetreten war.
Wie wir weiter hören, sollen die Strafanträge im Sklaret- Prozeß am Donnerstag, dem 19. Mai, gestellt
werden,
Kommunistische Demonstrationen.
Eine Zusammenfunft der Parteireferenten.
,, Chaco" endlich in Göingen.
Im ,, Deutschen Hof" in der Luckauer Straße fand gestern eine außerordentlich start besuchte Zusammenkunft der Berliner Der argentinische Hilfskreuzer Chaco" ist mit fünfzehn DeBarteireferenten statt. Der Berlauf zeugte von dem portierten, darunter zehn, polnischen Staatsangehö mächtigen und nicht zu brechenden Kampfeswillen der Berliner Bar- rigen, im Gdinger Hafen eingelaufen. Die polnischen Staatsteigenossen, die mit Genugtuung auf den Erfolg der Eisernen angehörigen werden einer ärztlichen Untersuchung und Nachprüfung Front im preußischen Wahlkampf zurückblicken können. Mit Recht ihrer Staatsangehörigkeit unterzogen, ehe sie an Land gehen dürfen. wies der Vorsitzende Genosse Künstler darauf hin, daß die Ber Von den übrigen fünf Deportierten werden vier in Memel und einer in England an Land gesetzt werden. Damit dürften die rätselhaften Irrfahrten des argentinischen Gefangenenschiffes endlich ihr Ende erreicht haben.
Morgen, Donnerstag, den 12. Mai 1932, 20 Uhr, Im Lehrervereinshaus, Alexanderplatz ( Großer Saal) Nach den Wahlen in Deutschland und Frankreich :
Das Verbot der kommunistischen Gottlosenbewegung" war in ben gestrigen Abendstunden der Anlaß zu verschiedenen Straßendemonstrationen. In allen Stadtteilen bildeten sich gegen 19 Uhr tommunistische Züge von etwa 150 Teilnehmern, die lärmend durch die Straßen zogen. Während es in den meisten Fällen der Polizei gelang, die Demonftranten reibungslos zu zerstreuen, nahmen die Zusammenrottungen im Norden Berlins in der Müller= straße und im Osten am Baltenplay ernstere Formen an. Es sprechen: Leon Jouhaux , Generalsekretär der franAm Baltenplatz wollte ein Schupobeamter einen fommu- zösischen Gewerkschaften und Prof. Erik Nölting, M. d. L. mistischen Redner festnehmen. Dabei fam es zu einem Handgemenge Deutsch - französische Kundgebung! und in der Bedrängnis feuerte der Beamte zwei ShredKarten an der Abendkasse!
5]
Ban Hus.
Der Tetste Zag
Aus ist's mit der Raubritterherrlichkeit! Bravo! So muß es der ganzen verstohlenen Blase gehen! Jedem, der es wagt, die Gerechtsame der guten Stadt Konstanz anzugreifen!
,, Himmel, Barsch und Wolkenbruch! Mögen die anderen henten! Solang man nicht selber am Strick baumelt, ist es doch eine Lust zu leben! Aus diesem angenehmen Wachtraum weckt ihn die blecherne Stimme des Vogts:
,, Kann ich den Brief gleich mitnehmen?" Der Bürgermeister tastet sich aus der blendenden Helle seiner Vision in das dämmerige, schattengeschlagene Halbdunkel seines Alltags zurück: ,, Welchen Brief?"
,, Den an den Hohen Ueberlinger Rat!"
Der Vogt weiß schon, warum er ihn verlangt. Diese Bertilger des räfesten Beins auf der anderen Seite des Sees gehören zur Bruderschaft des ungläubigen Thomas. Die wollen alles geschriftet und gesiegelt sehen. Was nicht auf dem Bergament ist, ist nicht in der Welt. Auf das bloße Wort eines Ratsboten hin, mag der noch so schön das schwarze Kreuz eingeftidt auf dem weißen Wams tragen, werden die Ueberlinger ihren Nachrichter bestimmt nicht aus leihen!
Der Bürgermeister schreit nach dem Ratsschreiber. Doch der sigt heute nachmittag drüben im Kaufhaus und notiert die aufgelaufene Steuerschuld der welschen Wechsler. An feiner Stelle erscheint der Hilfsschreiber Binz , ein starter, hoch aufgeschossener rotblonder Mensch, dessen Haarschopf im Schattengrau des Bürgermeisterzimmers wie Feuer brennt. Er setzt sich an den Tisch und tunkt den Gansfiel in den ledernen, mit Tinte gefüllten Becher, der vor ihm steht. In seiner groben, starffnochigen Hand scheint die Feder schier gu zerbrechen.
Krieg und Faschismus
Aber der ungefüge Fleischflog, der aussieht, als ob er lediglich Mühlsteine durcheinanderspeichen könne, malt die zartesten, spinnwebigsten Buchstaben auf das gelbe Bergament. Und diese zierlichen Spinnweben fangen die daher schwirrenden Worte auf, die Herr Johann von Schwarzach dem Schreibenden diktiert, und halten sie für ewige Zeiten fest.
Der Vogt lauscht eine Weile dem verbindlichen Fall der Worte: ,, Unseren freundlich willigen Dienst voraus. Ehrsame, weise liebe und gute Nachbaren! Wir bitten euch freundlichst, möget es nicht im argen aufnehmen, wenn wir
Weiter hört der Vogt nicht mehr zu. Diese Weise tennt er. Dermaßen mit dem Honigseim der Höflichkeit bestrichen, wird den Ueberlingern der Wurmjamen schon füß genug eingehen. Da ist feine Absage zu fürchten. Er will jezt machen, daß er mit sich selber zurechtkommt; denn es heißt laufen und springen, sobald ihm der Brief behandet ist.
Darum heraus aus dem Harnisch!
Die Arbeit, die nachher auf ihn wartet, verträgt das Eisenkleid nicht. Als er schließlich draußen ist aus dem eiser nen Gezwäng, tommt er fich vor, wie aus einem überheizten Backofen gekrochen. Schweiß tropft unablässig über sein ledernes Gesicht und feuchtet beide Aermel. Er wird gar nicht mehr fertig mit Abwischen. Wenn er in diesem Zustand auf die Straße fommt, wird niemand in ihm den gefürchteten Vogt erkennen. Jetzt sieht er selber so aus, wie einer aus der Sippe derer, die zu heben und zu jagen er in die Welt gesetzt ist.
Schwißend, sonst jedoch gänzlich unbefchwert, nimmt er den gesiegelten Brief, den ihm der Hilfsschreiber überreicht, verbeugt sich vor Herrn, Johann und verschwindet mit noch größerer Gile, als sie der bischöfliche Läufer zeigte, der vor inapp einer Halbstunde fluchtartig vor dem geichleuderten Amtsrohr des Bürgermeisters entwich.
Doch bevor der Schatten des Bogts vom Windfang der Tür gänzlich aufgeschluckt wird, fragt Herr Johann: ,, Na, Binz , du läßt ja noch immer den Rüffel hängen. Barum nur so trauerfalterhaft?! Noch immer nicht die Allmannsdorfer Jungfer vergessen? Was meinst du, ist es nicht beffer, mit gesprungenem Herzen über den Ratsbüchern und Registern zu igen, als in der Haut des Hus zu stecken, der morgen um diefe Zeit mutmaßlich schon seinen lezten Schrei getan haben wird?" Der Hilfsschreiber, der dabet ist, sorgfältig den Ganstiel abzulecken und die Tintenbrühe auf den Boden zu spuden,
Fehltritt eines Polizeiwachtmeisters.
Ein Polizeioberwachtmeister in Leterow in Medlenburg wurde verhaftet und dem Gerichtsgefängnis in Güstrow zugeführt, weil er sich an einer im Polizeigewahrsam befindlichen Schnitterin pergangen hatte. Er wurde nach Bekanntwerden der Tat sofort feines Dienstes enthoben. Der Beamte ist verheiratet und hat zwei Töchter.
hört mit dieser Beschäftigung auf und schaut mit vollen Augen den Fragenden an: Ich weiß nicht, was besser ist, Herr Bürgermeister", sagt er etwas unwirsch und macht langsam den Leberbecher zu. Ich hab zwar den Prozeß, den die frommen Väter dem Böhmen an den Hals hängten, nicht recht verfolgt, weil mich die theologische Kümmelspalterei nichts angeht. Aber wenn nur die Hälfte davon wahr ist, was man in Gassen und in Schenkstuben über den Prager Magister erzählt, so ist er ein Besessener des Geistes und stirbt für etwas, was er für wahr hält. Wir aber, wir guten Konstanzer, wir streben und leben, wir rennen und brennen, wir flettern und schmettern, doch, fagt mir, wofür? Unser ist nicht einmal ein Wahn, Herr Johann. Wir sind so schreckensvoll nüchtern. Bir alle, die wir uns in dieser schönen Stadt am Bodensee drehen, haufen geschäftig wie die Küchenschaben, rascheln in unseren Freß-, in unseren Schlafwinkeln, frabbeln hin und her, hin und her, so recht schabenmäßig, bis uns eines Tages die dunkle Hand doch im innersten Bersted aufschreckt, uns auf die Schaufel nimmt und auf den Estrich wirst, wo dann des Schicksals Fuß uns knitschend zertritt!"
Herr Johann von Schwarzach hat beim Anhören dieser Rede längst unterlassen, seinen schwarzen Krausbart zu fraulen. Üleber das, was er von seinem Hilfsschreiber ver nimmt, steht ihm vor Erstaunen die Karpfenschnute offen, wie bei einem Schwerhörigen. Doch noch eh ihm das zur zweiten Natur gewordene fragende Bodensee - hä aus dem Mund herauszuhüpfen vermag, ist die schwere Tür der Kanzlei hinter dem Schreiber in den eichenen Falz gefallen.
Der arme Bing!" fährt's da Herrn Johann bedauernd durch den Sinn. Seit ihn diese gligäugige, schwarzhaarige Weinschenferin so mertbar am Seil heruntergelassen hat, ist der Riesentlog zu nichts mehr zu gebrauchen. Früher hat er in feinem Ueberschwall Stadt und Landschaft gleichermaßen auf den Kopf gestellt, hat auf allen Tanzböden bei Kirchweihfesten die Lebenslust aus sich herausgeschrien, wie eine messingene Kriegsdrommete den Willen zum Angriff, hat geschwanzt und getanzt wie der Lump am Stecken. Und jetzt? Jeht schleicht er dahin wie ein armer Sünder, ständig die Rafe auf den Boden gesenkt, und Redensarten fängt er an zu schwingen, die eher zum Gewand eines von der grauen Brüderschaft paffen, jenen Trauertäuzen, die ihren Tag mit Heulen und Webflagen begehen und, wie die Hunde im Kot, fich zur Buße im Koderbrei der begangenen Sünden wälzen." ( Fortseßung folgt.)