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Morgenausgabe

Nr. 227

A 115

49. Jahrgang

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Der Borwärts erscheint wochentäg. lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, die Abendausgabe für Berlin und im Handel mit dem Titel Der Abend". Juustrierte Sonntagsbeilage Bolt und Zeit"

Vorwärts

Berliner Volksblatt

Dienstag

17. Mai 1932

Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.

Die ein spalt. Millimeterzetle 30 B. Reflamezetle 2.- M Kleine An geigen" das fettgedrudte Wort 20 Bf. ( zuläffig zwei fettgedrudte Worte, jedes weitere Wort 10 Bf. Rabatt It. Sarif. Borte über 15 Buchstaben zählen für zwei Worte. Arbeitsmarkt Millimeter. geile 25 Pf. Familienanzeigen Milli. meterzeile 16 Pf. Anzeigenannahme im Hauptgeschäft Lindenstraße 3, wochentäglich von 8 bis 17 Uhr Der Verlag behält sich das Recht der Ab. lehnung nicht genehmer Anzeigen vorl

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

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Ministermord in Tofio.

Terroratte faschistischer Offiziere.

Arati war jedoch schon meggegangen, um an der außer ordentlichen Sigung des Kabinetts teilzunehmen.

Am Pfingstionntag wurden in Tokio der Minister| um Mitternacht in seine Wohnung ein und bedrohte seine Diener. präsident ermordet und eine Reihe weiterer Terror akte verübt. Die Täter werden in der amtlichen Meldung als junge Leute in Offiziersuniform" be: zeichnet, gewiß, um auf diesen bevorrechteten Stand feinen Schatten zu werfen. Weitere Meldungen be weisen aber, daß die Terroristen Offiziere sind.

Die Schreckenstaten

Sieben als Marine und Armeeoffiziere verkleidete Revolutionäre drangen in die Wohnung des Minister präsidenten Jnukai ein und feuerten mehrere Schüsse auf

ihn ab. Er wurde schwer verwundet. Man brachte den 76jährigen Ministerpräsidenten sofort ins Krankenhaus, wo er trok einer Blutübertragung wenige Stunden später gestorben ist.

Gleichzeitig mit diesem Anschlag wurden gegen die Bank von Japan , auf die Polizeizentrale, auf die Zen trale der Seiyukai- Partei, auf die Mitsu- Bishi- Bank und auf die Wohnungen des Außenministers Joschi. sawa, des Admirals Suzuki, des Oberstzeremio.

nieumeisters Baron Sagashi und des Groß- Siegel bewahres Graf Makino Bomben geworfen und Schüsse abgefeuert.

Nach dem Anschlag auf den Ministerpräsidenten stell. ten sich 18 junge Leute der Polizei, es sind fünf Marine.

offiziere, mehrere Armeeoffiziere und Kadetten.

Sie gehören der Gesellschaft der schwarzen Drachen an, auch ,, Todeshand" genannt.

Die Mitglieder dieser Vereinigung kämpfen besonders Die Mitglieder dieser Vereinigung kämpfen besonders gegen die Politik der Regierung in der Mandschurei und in Schanghai . Gleichzeitig mit den Anschlägen wurden überall in der Stadt Flugblätter verbreitet mit Aufschrif. ten wie: ,, Nieder mit den untreuen Elementen; lang lebe

der Kaiser; beendet die Korruption der Politiker; nieder

mit der Oligarchie der Finanzleute."

Bei den verschiedenen Anschlägen und Bombenwürfen wurden ein Polizist getötet, sieben Polizisten, ein Offizier und drei Zivilisten verwundet.

Der Kaiser hat den Finanzminister Takahashi zum stellvertretenden Ministerpräsidenten ernannt.

Das Kabinett hat traditionsgemäß seinen Gesamtrüd tritt erklärt. Der Kaiser jedoch will sich zunächst mit dem Geheimen Staatsrat und den Alten Staatsmännern" beraten. Die Bert papier und Produkten börsen in Tokio , Djata, Kobe und Nagona find wegen der politischen Lage einstweilen geschlossen.

Der Armeerat will feinen Kriegsminister. Der japanische Kaiser soll mit dem Kriegsminister beraten haben, ob es ratsam sei, das Standrecht zu verhängen. Der Armeerat hat beschlossen, den Generalleutnant Masati zum

Kriegsminister zu machen, ganz gleich, ob das Kabinett dem Rüdtritt des jezigen Kriegsministers Arafi zustimmt oder nicht.

Deutsches Beileid

in Tofio und durch den Protokollchef Graf Tattenbach dem japa Reichstanzler Dr. Brüning hat telegraphisch dem Außenminister nischen Botschafter das Beileid der Reichsregierung ausgesprochen.

tate auf hochstehende Persönlichkeiten verübt worden; zu In Japan find in neuerer Zeit eine große Zahl Atten einem erheblichen Teil waren die Täter Roreaner, Söhne des gewaltsam einverleibten und terroristisch beherrschten Landes auf dem asiatischen Kontinent.

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Die Ermordung des greifen Ministerpräsidenten aber mit den nebenher verübten Schandtaten ist das Werk von Angehörigen der herrschenden Klasse. Die so sehr gehobene Stellung der Offiziere in einem Militärstaat ist allen älteren Mitteleuropäern noch gut in Erinnerung; be sonders während eines erfolgreichen Krieges gelten die Träger Don Kaisers Rod" erst recht als eine Art Halbgötter . Der fiegreiche"" Raubzug Japans in der Mandschurei und nach Schanghai hat das Machtgefühl der Offizierskafte noch erhöht. In Japan ist die Meinung weitverbreitet wir wissen ja, was alles durch ausreichende Propaganda großen Bolks­massen und besonders der Jugend als heilige Ueberzeugung fuggeriert werden fann! Japan müsse große Teile überschuß des Inselreiches nach dem Einwanderungsverbot Chinas sich einverleiben, damit der Bevölkerungs­Ameritas und Australiens eine Eriſtenzmöglichkeit finde. Da nun Japan das Gebiet von Schanghai teilweise wieder räumt und sich die Mandschurei nicht direkt einverleiben tonnte, sehen die Uebernationalisten darin einen elenden Ver Der Sterbende beruft das Kabinett rat an Japans Zukunft, die nur durch rüdsichtslosen Raub weiterer chinesischer Gebiete gesichert werden fönne: fie for­Nachdem Inukai ins Krankenhaus gebracht worden war, ord- dern ein anderes System und als der fürzeste und sicherste nete er an, daß an seinem Bett eine Kabinettsligung abge Weg dazu erscheint den Verschwörern die Erweckung eines halten werden solle. Die Minister fanden sich sofort ein, doch fonnte allgemeinen Schredens, der diesen Offizieren Inufai an den Beratungen nicht mehr teilnehmen, da er während die Regierungsmacht in die hand gibt. So wurde der ganzen Zeit mit furzen Unterbrechungen besinnungsfos der Ministerpräsident ihr Opfer, gegen Staatsgebäude, Banken und Parteizentralen flogen Bomben und Geschosse, Flugblätter proffamieren faschistische Lehren. Betrachtungen über asia­tische Grausamfeit" anzustellen, tann das Attentat von Tokio um so weniger Anlaß sein, da Europa foeben die schauß liche Ermordung des Präsidenten der französischen Republik erlebt hat und in einem anderen europäischen Lande der eine Staatsmann bei einem Waldspaziergang im Krankenurlaub, ein anderer vom Verfolgungsauto her gefillt" wurde, wobei die Täter gleichfalls junge Offiziere waren.

mar.

Das Parlament ist zu einer Sondersizung einberufen

morden.

3nufai vor den Mördern.

Tokio , 16. Mai.

leber den Anschlag teilte die Schwiegertochter des Ministerprä sidenten mit: Sie befand sich außerhalb des Hauses, als die Attentäter eindrangen. Versuche von Dienern und einigen Polizisten, fie an dem Eindringen zu hindern, waren vergebens. Inukai befand fich mit einem anderen Minister in seinem Zimmer. Die Schwieger­tachter eilte zu ihm und bat ihn zu fliehen. Er weigerte sich jedoch und trat den Eindringlingen entgegen, wobei er ihnen zurief: Schießt nicht auf mich. Ich werde Eure Forderungen anhören. 3hr dürft es nicht wagen, auf mich zu schießen." Der Führer der Eingedrungenen ließ sich jedoch nicht auf Unter­handlungen ein, sondern befahl, Feuer zu geben. Von mehreren Rugeln getroffen, sank Inukai zusammen. Die Attentäter flüchteten Kugeln getroffen, fant Inukai zusammen. Die Attentäter flüchteten darauf zunächst in Automobilen.

Inufai trug seit einigen Monaten eine stählerne Weste, um sich gegen Anschläge zu schützen. Die Attentäter zielten deshalb in erster Linie auf den Kopf des Opfers.

Der bei den Anschlägen verwundete Offizier Nishida ist ge

storben. Er galt als ein Verräter der Sache der schwar zen Drachen".

Der Kriegsminister dem Tode entronnen.

Tofio, 16. Mai.

Auch der Kriegsminister General Arati mar gestern das Ziel eines Mordanschlages. Eine Gruppe bewaffneter Männer drang

Fünf Tote durch Autofturz.

Auf der Fahrt von Goslar nach Osterode . Halberstadt , 16. Mai. Ein Berliner Lieferanto, in dem 30 Touristen fuhren, stürzte gestern auf seiner Fahrt von Goslar nach Osterode so unglücklich um, dan fünf Ber. fonen, bier Männer und eine Frau auf der Stelle getötet wurden. Die übrigen Personen Die übrigen Personen wurden teils schwer, teils leicht verletzt. Das Unglück

ereignete sich auf dem Wege von Clausthal nach der Söſe.

talsperre.

Die Namen der Toten lauten: Cupius aus Goslar , Brothage, Bater und Sohn, aus Goslar , Heine aus Gostar, Frau Hoppe aus Wienhaufen bei Celle . Am schwersten verlegt wurden ein Herr Breif aus Goslar , Frau und Kind Domener aus Goslar , Frau und Kind Kogler aus Berlin und Fräulein Schlawig aus Berlin .

Postichedlonto: Berlin 37 536.- Bankkonto: Bank der Arbeiter, Angestellten und Beamten, Lindenstr. 3. Dt. B. u. Disc.- Ges., Depofitent., Jerufalemer Str. 65/66.

Danzig ist nicht Wilna .

Warum fein Poleneinmarsch droht.

Ein Renner der Verhältnisse in Polen schreibt uns:

,, Danzig wird dasselbe Schicksal haben wie Wilna . Wie dort im Oktober 1920 irreguläre polnische Truppen ein­marschierten und wie durch diesen Gewaltakt die Zugehörig feit des Wilnagebietes zu Bolen bis zum heutigen Tage ent­schieden wurde, so werden über kurz oder lang auch polnische Streitkräfte in das Gebiet der Freien Stadt einrüden, um eine vollendete Tatsache zu schaffen. Wenn die polnische Regierung in Warschau die Verantwortung für einen solchen Rechtsbruch scheut, so werden die polnischen Nationalisten in ihren Wehrverbänden weniger bedenklich sein. Jeder Tag fann die bewaffnete Otfupation Danzigs bringen."

Daß diese Auffassung von unseren Hitler- Leuten und allen anderen Spielarten des deutschen Nationalismus ver­treten wird, ist nichts Neues. Wer selber die Mittel der Gewalt predigt, hat natürlich alles Interesse daran, es so darzustellen, als ob auch der Nachbar rücksichtsloser Gewalt­anhänger sei, so daß ihm gegenüber jede Berufung auf Rechtsgründe sinnlos wäre. Aber haben die Alarmmacher jezt nicht unverdächtige, weil uninteressierte Kronzeugen an­jenen englischen Journalisten geteilt, die fürzlich zuführen? Wird ihre Einschätzung der Gefahren nicht von die ganze Welt wegen des drohenden polnischen Handstreichs auf Danzig in Unruhe versetzt haben? Und ist nicht selbst Grunde genau derselben Meinung? Wir lassen die Frage, der Hohe Kommissar des Bölferbundes, Graf Gravina, im wie weit diese Kronzeugen wirklich uninteressiert sind, einmal ganz beiseite.,

Von Berlin aus ist in den letzten Tagen und Wochen wiederholt ausgesprochen worden, daß ein polnischer Gewalt streich gegen Danzig nicht nur die Einwohner der Freien Stadt treffen, würde, sondern auch vom Deutschen Reich als schwerste Herausforderung aufgenommen werden müßte. Verschärfung der Spannung zwischen Danzig und Polen bedeutet immer Verschärfung der Spannung auch zwischen Polen und dem Reich, und wirkt indirekt auf die gesamte europäische Politik, besonders auch auf die deutsch­französischen Beziehungen zurüd. Daß an solchen Konflikten und Spannungen manche Kreise in dritten Ländern Wohl­gefallen finden können, liegt leider nur allzu nah.

an, sondern auf ihren Wahrheitswert. Aber nicht auf die Motive einer Behauptung fommt es

Daß die polnische Regierung fein Interesse an einer Ottupation Danzigs haben fann, ist diesmal auch von reichsdeutschen bürgerlichen Stimmen anerkannt worden, die jeder freundlichen Regung gegen Polen unver­dächtig find. 3wei Gründe müssen in der Tat jedem ver­antwortlichen polnischen Politiker einen solchen Gedanfen heute als Wahnwiz erscheinen lassen. Der eine ist die eventuelle Rüdwirtung einer solchen Maßnahme auf den polnischen Hafen Gdingen . Er wäre, sobald auch Danzig zu Bolen gehören würde, völlig überflüssig. Die riesigen Investitionen des polnischen Staates in den Gdinge­ner Hafenanlagen, die gewaltigen Anstrengungen gerade des iezigen polnischen Regierungssystems für die Entwicklung dieses seines Lieblingsfindes, wären mit einem Schlage völlig entwertet. Dazu käme aber eine zweite, allgemein- politische Wirkung: Die internationale Diskussion über die Grenz= frage an der unteren Weichsel wäre sofort wieder eröffnet. Polen würde offiziell in die Debatte eintreten, die es seit mehr als einem Jahrzehnt von der Tagesordnung der Weltpolitik mit aller Mühe fernzuhalten strebt, in die Er örterung einer Revision der bisherigen Grenzen. Ein Kunst­stück der polnischen Wirtschaftspolitik und das Hauptziel der polnischen Diplomatie wären von Polen selbst preisgegeben.

Gerade derjenige, der entweder dem polnischen Staat als solchem oder der heutigen polnischen Regierung als bewußter Gegner gegenübersteht, sollte sich hüten, den Warschauer Machthabern einen derartigen Wahnwiß zuzutrauen.- Es gibt in der Politik nichts Dümmeres, als den Gegner für dumm zu halten.

Aber wie steht es mit den unvernünftigen pol­teien der Rechten, die ja doch gerade im Bommerellen noch nischen Nationalisten, mit den oppositionellen Par­sehr start an Anhängern sind, und mit den Wehrverbänden der Legionäre, der Schützen, der Haller- Soldaten usw.? Sind diese Kreise nicht zu jeder Unbesonnenheit fähig? Liegt der Appell an die Gewalt nicht im Wesen ihres Dentens und ihrer ganzen Eristenz? Wäre es nicht möglich, daß sie losschlagen, während die Warschauer offiziellen Größen ihre Hände in