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Morgenausgabe

Tr. 233

A 118

49. Jahrgang

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Der Borwärts erscheint mochentag lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, die Abenbausgabe für Berlin und im Handel mit dem Titel Der Abend". Fllustrierte Sonntagsbeilage Bolt und Zeit"

Vorwärts

Berliner Boltsblatt

Freitag

20. Mai 1932

Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.

Die einipalt. MiDimeterzeile 30 TH. Reflamezerle 2.- M Kleine An. zeigen" das fettgebrudte Wort 20 Vf. izuläffig zwei fettgedrudte Worte), jedes weitere Bort 10 Bf. Rabatt It. Sarif. Morte über 15 Buchstaben zählen für zwei Borte. Arbeitsmarkt Millimeter. jeile 25 Bf. Familienanzeigen Midi. meterzeile 16 Bf. Anzeigenannahme im Sauptgeschäft Lindenstraße 3, wochentäglich von 8 bis 17 Uhr. Der Verlag behält sich das Recht der Ab. lehnung nicht genehmer Anzeigen vor!

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Die Kriegsgefahr in Ostasien .

Beratung der Internationale.

3ürich, 19. Mai.( Eigenbericht.) Im Zürcher Limmathaus begann heute eine zahl: reich besuchte Situng der Exekutive der SAJ. unter dem Vorsik von Vandervelde . Deutschland ist vertreten durch Crispien, silferding, Stelling. Vogel und Wels. Zu Crispien, silferding, Stelling, Vogel und Wels. 3

den bisher behandelten politischen Hauptproblemen ge. hören die Donaufrage und die Lage im Fernen Often. Hilferding und Crispien sprachen für die deutsche Dele­gation. Die Beratungen werden morgen fortgesetzt. Die Exekutivsihung wurde gestern durch eine Bürojitung, an der Wels teilnahm, vorbereitet.

Moskauer Funfalarm.

Zustand der drohenden Kriegsgefahr.

In diesen Tagen der Zuspigung im Fernen Dften find die großen Rundfuntfender Mostaus ganz vom Kreml beschlagnahmt. Es gibt keine Sendung mehr, die nicht mit den Worten heginnt: Alle Augen auf die Mandschurei ! In alarmierendster Form stellen die Sprecher die Kriegsgefahr dar. Ueber die neue japanische Regierung fagte ein Rundfuntsprecher, in ihr hätten die fübjapanischen Generalsfamilien, Generalsfamilien, deren höchstes Ziel die vollständige Besetzung der Mandschurei und des russischen Teils der Ditchingbahn fei, größten Einfluß bekommen. perbe fich sehr bald zeigen, daß der neue Kurs ben Strieg gegen die Sowjet union zum Ziele habe. Die Sowjetarmee merde nicht nur die Grenzen, sondern auch die Sowjetbahn in der Mandschurei bis zum äußersten perteidigen. Man fei

in jedem Augenblid bis zur legten minute bereit, mit Japan zu einer Verftändigung zu fommen. Leider aber hätten fich die Aussichten darauf durch diefe Regierungsbildung ffarf

verschlechtert.

fonnte man Mittwoch abends feststellen, daß starte Abteilungen der Mosfauer Garnison in der letzten Zeit nach Ostsibirien ver­legt worden sind. Die Moskauer Motorbatterien find jezt in Chabarowsk , wo auch eine Abteilung des Generalstabes unter der Leitung Blüchers den Grenzschutz leitet. Beiter murde von japanischen Gastriegsübungen berichtet. Die 3in bevölkerung in den Städten Sibiriens müßte jet deshalb ge schloffen an den Gasschutzübungen teilnehmen.

Hohenzollern Ehrenwort.

Was hat der Exfronprinz Stresemann versprochen?

Von Wilhelm Sollmann .

Seitdem der ehemalige deutsche Kronprinz sich öffentlich für die Wahl Adolf Hitlers zum Reichspräsidenten eingesetzt und sich dadurch politisch betätigt hat, ist die Erörterung über die Frage nicht mehr zur Ruhe gekommen, ob hier ein Wortbruch des Herrn Friedrich Wilhelm Prinz von Preußen vorliege. Neuerdings wird in einer Zuschrist an die Kölnische Zeitung "( Nr. 263) unter Berufung auf den Historifer Professor Dr. Thimme und auf den preußischen Minister des Innern bestritten, daß der Erkronprinz ver Am Donnerstagabend hörte man aus Moskau , daß auch in sprochen habe, sich vom politischen Leben in Deutschland fern­dem jüdischen Siedlungsterritorium Birobidjan in Ostzuhalten. Da die Notizen Stresemanns in seinem fibirien ein Regiment zur Landesverteidigung aufgestellt worden ist. Nachlaß die Verhandlungen über die Rückkehr Friedrich Wil­helms nur unpolifommen und ungenau wiedergeben, halte ich mich zu einigen ergänzenden Aufklärungen für ver­pflichtet.

Reuterdarstellung des Umsturzes.

Die britische Reuter- Agentur verbreitet aus Tofio eine Dar. stellung, die das Eingreifen des Militärs als im Interesse der Klein­bauern liegend hinstellt. Darin heißt es:

Die Meldung, nach der Arati und Suzuki fich verständigt hätten, ist perfrüht, denn

das Heer fordert eine energische Säuberung der Parteien und cine Hilfsaffion für die Landwirte und die kleinen Kaufleute, mährend Suzuki weitgehende Reformen nicht sofort verfprechen fann. Man darf nicht vergessen, daß das heer traditions gemäß den Reichtum verachtet, und daß Offiziere mie Soldaten, die aus den Landkreisen stammen, mit den armen Landwirten sympathisieren, die von Steuern zugunsten der Groß­industrie und des Großhandels erbrudt werden. Das Heer will also das beseitigen, was es als einen Mißbrauch des Parteisystems betrachtet, und ist der Meinung, daß die Befferung der Lage der landwirtschaftlichen Gemeinden cimas mefentliches ift.

Die Politifer aber fönnen sich nicht zu feft in diesem Sinne binden,

da ihre Macht in der Hauptsache von dem gegenwärtigen System abhängt, das in enger Verbindung mit den großen Interessen des Aus den besonderen Radiosendungen an die Rote Armee , Sandels und der Industrie steht.

Wieder Krach in Braunschweig !

Nazi- Abgeordneter verherrlicht Ueberfall auf Wels.- Landtagsfizung aufgeflogen.

Braunschweig , 19. Mai. ( Eigenbericht.)

hebung des G. Berbotes behandelt wurde, artete die Sigung immer mehr in Krach und Standal aus.

und Ein Nazirechtsanwalt beschimpfte Groener Hindenburg und drohte mit Abrechnung. Der Partei­banze Wels habe in Köln mit Recht Schläge bekommen.

Auch die heutige etwa neunstündige Landtagsverhandlung ges staltete fich recht stürmisch und führte schließlich zur Räumung der Tribünen und zum Auffliegen der Gigung. Die Nazis hatten auf die Tribünen ihre S. Leute dirigiert, die dauernd in die Verhandlungen eingriffen und die sozialdemokratischen Abe diese Unverschämtheiten gingen ohne Ordnungsruf durch! Als

geordneten beschimpften und bedrohten.

Der Hauptfrach entstand bei der Behandlung eines national­fozialistischen Anfrages auf Aufhebung des S.- Berbotes. Zu Beginn der Sizung hatte die sozialdemokratische Frattion gegen die am Vortage ungefeßlich zustandegekommenen Beschlüsse des Rumpfparlaments protestiert und verlangt, daß der eltestenrat zusammentreten solle. Die Mehrheit lehnte jedoch biefen Antrag ab. Sodann spielten in der Debatte die Röhm= Briefe eine Rolle, derentwegen Herr Klagges unter Mißbraud der Notverordnung dem Volksfreund" eine Auflagenachricht zuge mutet hatte, die jedoch von unserem Parteiorgan verweigert worden mar. Ein sozialdemokratischer Antrag forderte von Klagges, daß er die gesetzlichen Bestimmungen gegenüber den Zeitungen inne­halte. Bei der Begründung wurde

nachgewiesen, daß gegenüber allen Ableugnungsverfuchen die Röhm- Briefe echt find.

Alagges geftand, die Zwangsnachricht deshalb gefordert zu haben, weil durch die Veröffentlichung der Röhm- Briefe Adolf Hitler be. fchimpft worden fei. Außerdem wären große Teile der Bevölkerung aufgereizt morben.

Scharf ging mit Minister Klagges die SPD - Fraktion nochmals ins Gericht, als auf die demagogische Ausnugung der Stillegung bes Harzbergbaues durch die Nazis hingewiesen wurde. Alagges habe zwar als Parteimann die Bevölkerung wild gemacht, jedoch als Miniffer habe er zuerst den Stillegungsantrag geftelt, bzw. ftellen laffen.

Bald nach der Ronstituierung des Kabinetts Stresemann, in dem ich Reichsminister des Innern war, sprach mich der Reichskanzler auf die Möglichkeit einer Rückkehr des frühe­ren Kronprinzen on. Ich behandelte den Wunsch dilatorisch. Mein Glaube an den Bestand des Kabinetts war gering. Ich wollte die Entscheidung einer späteren Reichsregierung über­laffen. Zudem hatte ich schon bei mehreren Gelegenheiten bemerkt, daß Stresemann bei aller großen Klugheit zur poli tischen Romantik neigte. Hatte er doch einmal, noch mitten im deutsch - französischen Fieberzustande am Ende des Ruhr­kampfes den von pritter Seite an ihn herangebrachten Bor­schlag mit mir diskutiert, er möge nach Paris fahren, um dort eine direfte Aussprache mit Poincaré zu halten. Er fam darauf nie mehr zurüd, und ich hoffte, er werde auch die Idee einer Rückkehr des früheren Kronprinzen fallen lassen.

Aus weiteren Unterhaltungen erfannte ich aber, doß Stresemann fich des Erfronprinzen mit 3ähigkeit, ja mit Innigkeit annahm. Er erzählte mir, daß er den Brinzen auf der holländischen Insel Wieringen besucht habe. Immer wieder versicherte Stresemann, daß der frühere Kron­prinz nur aus Sehnsucht nach seiner Familie zurückzukehren beabsichtige und verspreche, sich der politischen Betätigung zu enthalten. In diesem Sinne fei auch der Adjutant des Erfronprinzen, von Müldner, vor­stellig geworden. Einen Brief dieses Herrn hat mir Strefe mann gelegentlich übersandt. Wiederholt sagte mir Streses

mann, der Extronprinz halte es in Holland nicht mehr aus.

Es besteht die Gefahr, daß er als über Kopf ohne Erlaub nis nach Deutschland tomme.

Reichskanzler Stresemann gab fid) in Unterhaltungen mir gegenüber immer wieder Mühe, mein Mißtrauen zu zer streuen. Er schilderte seinen Schüßling als einen sportfreudi gen, vielseitig intereffierten Menschen, der aber feinerlei politischen Ehrgeiz habe. Mein Widerstand wurde nur pers stärft, als Stresemann mir eines Tages fogte, der frühere Rronpring lege besonderen Wert darauf, von einem Reichsfabinett mit sozialdemo fratischen Mitgliedern die Genehmigung zur Rüdfehr zu erhalten. Diese Anbiederung on meine fozialdemokratischen Ministerkollegen von den Be mühungen des Reichskanzlers und meinem Widerstand.

dann der sozialdemokratische Rebner Thielemann der Braun. fchweiger G. den Gündenspiegel vorhielt und nachwies, mas diefe Verbrecherbanden alles auf dem Gewissen haben, ging der bestellte Standal los. Fast entwidelte fich eine Schlägerei, die nur durch das Dazwischentreten sozialdemokratischer Abgeordneter verhindert werden Marrismus empfand ich als unmürdig. Ich unterrichtete den fonnte. Ein ungeheurer Krach herrschte, der Präsident war un­fähig, die Verhandlungen zu leiten. Schließlich ordnete er die Tribünenräumung an. Die Sigung flog auf.

Neue Opfer in Bomban

116 Zodesopfer der Religionsfämpfe.

Condon, 19. Mai. ( Eigenbericht.) Die Straßenfämpfe zwischen Hindus und Mohamme danern in Bomban dauern an. Die Zahl der Toten wurde am Donnerstag auf 116, die der Verletzten auf über 1100 geschätzt.

Stürzt Pilsudski !

Aufforderung im Rundfunt.

Mitten in ber Unterhaltungsmufit des Warschauer Genders am Pfingstmontag, die vermutlich auch von anderen Radiostationen Polens übernommen murde, erschallten plöglich einige mortige Säße gegen das despotische Pilsudski - Regime, die mit der Aufforderung schlossen, das Land von ihm zu befreien.

Die Suche nach dieser Nachahmung befennter Vorbilder hat lediglich ergeben, daß das Telephonfabel des Warschauer Senders Uls nach diesen erregten Debatten der Raziantrag auf Auf außerhalb der Hauptstadt an gebohrt worden ist.

Als der Reichskanzler Stresemann meine Zustimmung nicht erhalten fonnte, brachte er die Sache, und zwar in den schlimmsten Tagen des Konflikts zwischen dem Reich und Bayern , in die Kabinettssigung. Ueber die Beratung im Reichstabinett hat mir der damalige Reichsjustizminister Prof. Dr. Radbruch im November des Jahres 1923 eine Niederschrift übergeben, die ich hier folgen laffe:

,, Nachdem der Reichsminister des Innern, Sollmann , wieder. holten Besuchen des Kronprinzen um die Erlaubnis zu seiner Rüd. fehr seinen, Widerspruch entgegengelegt hatte, trug in den Tagen, in denen der Konflikt des Reichs mit Bayern auf seinem Höhe punft mar, in einer Kabinettsfizung der Reichsfanzler Stresemann erneut den Rückkehrwunsch des Kronprinzen befürworfend vor. Er führte aus, die Familienverhältnisse des Kronprinzen machten feine Rüdfehr unbedingt erforderlich. Bersage die Reichs. regierung die Erlaubnis, fo merde der Kronprinz ganz zweifellos ohne Erlaubnis nach Deutschland zu fommen miffen und in Bayern Aufnahme, Unterkunft und politischen Anhang finden. Der Reich 3 tangler perlqs aus einem Briefe des Kronprinzen die Zusage, sich im alle der Erlaubnis feiner Rüdtehr politischer Betätigung zu enthalten. Er mies ferner darauf hin, daß die preußische Regierung der Rüdfehr des Kronprinzen grundfäßlich zugestimmt habe. Die fozial. demokratischen Robinetismitglieder betonten im Einklang mit anderen.