Rr. 245 49. Jahrgang
1. Beilage des Vorwärtsg. 27. Mai 1932
,, Aus den Geldern der armen Leute."" Sie war wie eine Katze."
Wie bei der Devaheim gewirtschaftet wurde.
Im Berlauf der gestrigen Berhandlung des Deva-| Ihre Schuld zu übernehmen und außerdem noch Ihr Gehalt meiter heim Projeffes famen meifere üble Mißstände ans zuzahlen?" 3euge: Das murde nach sehr erregten Ausein Tageslicht.
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Zunächst wurde der Direktor der Wohlfahrtsabteilung des Zen tralausschusses für Innere Mission , Pfarrer D. Steinmeg, als Zeuge gehört. Bars: In Ihrer Abteilung sind mehrere Geheim fonten von Bastor D. Cremer angelegt morden. War Ihnen das bekannt?" Der Zeuge bejahte dies und erklärte meiter, daß die dafür benutzten Mittel aus Geldern stammten, die das Reichsarbeitsministerium für Wohlfahrtszmede gegeben hatte. Borf: Durfte Pastor Cremer sich aus dem Geheimfonto ein Auto taufen?" 3euge: Natürlich nicht." Bors.:„ Durfte er die Erlöse für die von ihm verkauften Automobile wieder ohne meiteres für andere Autospesen verwenden?" 3euge: Nein, das durfte er nicht." Vors:„ Wenn das eine Auto mit 10 000 Mart bereits von der Hilfskaffe bezahlt wurde, mußte er dann die 10 000 Mart der Versicherungszentrale mieber zurückgeben, nder durfte er damit machen, mas er mollte?" 3euge: Das durfte er natürlich nicht" Bors: Pastor D. Cremer hat in einem Jahr 15 000 Mart Autospesen gemacht. Wieviel haben Sei dem im Jahre mit Lagi verfahren?" 3euge: 1200 Mart."
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Sehr interessant gestaltete sich die Bernehmung des früheren Banfiers Dr. Libbert, der im Jahre 1925 Geschäftsführer der Hilfskaffe und Gesellschafter des ihr angegliederten Banthauses Ramhaum war. Als die Hilfskaffe sich von dem Banthaus Rambaum trennte, was auch einem Wunsche des Reichsarbeitsministeriums entfprach, übernahm die Hilfskaffe die Grundstücksfonten und außer bem, mie sich gestern ergab,
ein persönliches Schuldtonto des Dr. Libber in Höhe von 140 000 Mart
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Zeugenvernehmung im Giftmordprozeß Ziehm.
Jm Prozeß gegen die Frauen Ziehm und Ladewig. die beschuldigt werden, den fleinen Hansgeorg Ziehm vergiffet zu haben, wurde am Donnerstag in die Zeugenbernehmung eingetreten.
andersetzungen so festgelegt." Weiter fam zur Sprache, daß der Angeklagte Pastor D. Cremer von dem Zeugen Dr. Libber auch Zunächst murde der Hauptzeuge, Abdeckereibesizer Winfe! einen großen Chrysler, einen siebenfigigen Wagen, ges aus Potsdam , vernommen. Er sagt über seine Beziehungen zu der Der fauft hat, und zwar murden die Kosten auch aus einem der Ge Angeflagten Frau Ziehm, der damaligen Elsa Lademig aus. heimfonds entnommen. Bors.: Wozu brauchten Sie denn, Herr Beuge erklärt, er habe sie sehr gern gehabt, würde sie aber nie ge Pastor Cremer, für die Fahrt von Berlin nach Potsdam einen heiratet haben. Elfa war wie eine Kaze. Sie hat mich nie siebenfißigen Wagen?" Angefl:„ Ich gebe ja zu, daß das ein losgelassen und riß mir alles vom Leibe herunter, wenn ich weg. gemisser Lugus war. Ich habe ihn auch deshalb verkauft und gehen wollte. Der Zeuge schildert dann sehr erregt einen Auftritt, mir einen kleinen dafür genommen." Beisiger:„ Das stimmt den er mit der Angeklagten in Nordhausen gehabt habe: Ich mollte zur Einsegnung meiner Kinder fahren, und Elsa wollte diese leider nicht. Es ist gerade umgekehrt. Sie haben erst den kleinen Wagen gehabt und sich dann den großen gekauft." Als der Ange- Reise verhindern. Sie warf fich vor mich hin und erreichte schließflagte D. Cremer nunmehr erklärte, daß er aus Gesundheitsrücklich, daß ich den Zug verpaßte. Es kommen dann die Beseitigungssichten den großen Wagen brauchte, marf Staatsanwalt Dr. Eich pläne, die Frau Ziehm gegen Frau Winkel im Schilde geführt holz ein: Man fann auch sehr schön in der gutgeheizten hatte, zur Sprache. Vorsitzender: Sie sollen davon gewußt haben, Stadtbahn von Potsdam nach Berlin fahren." Paftor D. daß Ihre Frau mit Salzsäure überfallen merden sollte. Der Zeuge bestätigt das und erklärt: Cremer: Ich muß entschieden bestreiten(!), daß ich Lurus getrieben habe. Daß ich den Wagen für meine Arbeit brauchte, hat ja auch Pastor D. Steinweg bestätigt."
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Falls es dem Manne, der für die Tat geduugen mar, nicht allein gelingen follie, sollte mit Unterstützung einer anderen Person die Säure meiner Frau in den Hals gegoffen werden. Staatsanwalt:„ Soweit es nicht aus den Geldern der armen Leute geschieht, wäre auch nichts dagegen einzuwenden." Bei diesen Worten entsteht große Bewegung im Saal. Die Flasche mit der Säure mill der Zeuge selbst gesehen haben. Auch Auf Antrag der Staatsanmaltschaft blieb der Zeuge Dr. Libberk der Reppiperanschlag auf Frau Bintel mird noch schließlich unvereidigt. Schließlich wurde gestern noch der 73jährige mals besprochen. Frau Ziehm soll seinerzeit bei einem Spazier llniversitätsprofessor und Geheime Konsistorialrat D. Seeberg, der gang versucht haben, von hinten auf Frau Winkel zu schießen. Präsident des Zentralausschusses für Innere Mission , als Zeuge ge- Durch das Dazwischentreten Winkels sei der Schuß fehlgegangen hört. Geheimrat Seeberg befundete, daß er im Jahre 1929 bie und die Angeklagte murde verletzt. Rachher ist Don einem Kontrolle über die non D. Cremer nermalteten Wohlfahrtsgelder Selbstmordversuch gesprochen worden. Winkel gibt zu, übernommen habe, meil niel darüber geflagt murde, daß D. Cremer auch mährend der ersten Ehe der Frau Ziehm mit Lehrer Weißeinzelne Personen mit regelmäßigen 11nterhaupt auf ihren ausdrücklichen Wunsch Beziehungen mit ihr gehabt ftühungen bedachte, andere aber nicht genügend beriidfichtigte.
zu haben. Auf eine Frage des Vorsitzenden, ob sie sich nicht dazu äußern molle, erklärt Frau Ziehm: Nein, das hat doch keinen
Die Berhandlung wurde schließlich auf Sonnabend, 9½ 1hr, 3med. Es handelt sich um einen Rache att. Zeuge Winkel: Ein
gegenüber dem Banthaus, ferner erflärte sich die Hilfskaffe auch bereit, Dr. Libberg bei feinem Ausscheiden als Abfindung 10 Mo natsgehälter à 2500 Mart, aljo 25 000 Mart, zu zahlen. Beisitzer Landgerichtsrat Simon: Wie fam denn die Hilfskaffe dazu, nertagt.
Städtische Jugendwohlfahrt gesichert
Bedeutsame Ausführungen des Stadtrats Wutzky.
Der städtische Wohlfahrtsetat nahm in den Beratungen bes Haushaltsausschusses der Stadt Berlin am Donnerstag einen breiten Raum ein. Im Mittelpunkt der Berhandlungen standen die Ausführungen des Magistratsdezernenten Stadtrat ufy, der über die städtischen Planungen und Maßnahmen auf dem Gebiete der Jugendwohlfahrt eingehende Mitteilungen machte.
Die Schließungen der verschiedenen Jugendheime, die von mehreren Parteirednern angegriffen wurden, find notwendig geworden, weil sie in den Rahmen der Neuorganisierung der gesamten städtischen Jugendfürsorge passen. Bei der Schließung dieser Heime ergaben sich erhebliche Schwierigkeiten, da die Verhandlungen mit dem Reichsfiskus zum Teil bis heute noch nicht beendet werden konnten. Die Heime in 3ossen und Scheuen erforderten längere Verhandlungen mit dem Reichsmehr und dem Reichsfinanzminifterium, mobei namentlich die Lösung des Vertrages für die Fürsorgeanstalt Scheuen bisher zu feinem Abschluß geführt werden fonnte. Der Reichsfinanzminister erhebt hierbei Einwendungen gegen die Aufhebung des eigentlich bis 1956 laufenden Vertrages, weil mit der Anstalt landwirtschaft liche Betriebe verbunden sind, deren Aufrechterhaltung von dem Reichsfinanzminister als wesentlich gefordert wird. Das Bincho pathenheim in Templin ist ebenfalls aufgelöst worden und die Insassen sind zum Teil in Strupes Hof und Lichtenrade unter gebracht morden.
Von ganz besonderer Bebeutung waren die Mitteilungen des Stadtrats Buffy über die in diesem Jahre geplanten
Erholungsverfchidungen der Berliner Schulfinder. Obwohl die Finanzlage der Stadt auch auf diesem Gebiete eine Einschränkung notwendig machte, sollen die Verschidungen im gleichen Rahmen mie im Borjahre durchgeführt werden und in feinem Falle die Zahl der Ferienfinderzüge beschränkt merden. Es mor aber notwendig, eine unwesentliche Berringerung der Zahl der
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verschickten Kinder, die vollständig auf Kosten der Stadt unterhalten merden, durchzuführen.
Im vergangenen Jahre wurden von der Stadt Berlin 22 000 Kinder verschickt, in diesem Jahre follen 21 000 Kinder in die Ferienkolonien gesandt werden.
Der Erholungsurlaub mußte allerdings von sechs auf vier Wochen beschränkt merden, damit eine möglichst große Zahl der erholungsbedürftigen Schuljugend in die Ferien geschickt werden kann.
Die Ferienspiele auf den Berliner Außenspielplätzen, die in den letzten Jahren einen besonders starken Zuspruch gefunden haben, sollen auch in diesem Jahre wieder voll aufgenommen werden. Die Stadt unterhält allein 50 Prozent aller dieser Kinder auf eigene Kosten, während sie bei den übrigen erhebliche Zuschüsse zu den Selbkosten der Verpflegung leistet. Schließlich war von Bedeutung die Mitteilung, daß
die Schulspeisungen in den Berliner Bolks-, Mittel- und Berufsschulen im gleichen Rahmen durchgeführt werden wie bisher.
Im Etat find die Mittel allerdings von 1,5 auf 1,1 Millionen Mark gesenkt worden, doch hofft die Stadtverwaltung einen Ausgleich durch die verbilligten Lebensmittel und durch die Einsparung an Bersonalkosten schaffen zu können.
Die Berhandlungen des Ausschusses wandten sich dann den übrigen Wohlfahrtseinrichtungen zu, darunter dem Städtischen Obdach und den verschiedenen Wohlfahrtsanstalten.
Beschlagnahme von 59 000 Mart.
Den Strafverfolgungsbehörden ist es gelungen, einen Teil des Erlöses aus dem Berkauf der von dem Börsenmakler Kurt Kranz unter Berlegung der Devisenbestimmungen veräußerten Effeften in Höhe von 59 000 Mart zu erfassen. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft I hat das Amtsgericht Charlottenburg die Beschlagnahme dieser Summe ausgesprochen.
Radjeaft tommt nicht in Frage. Ich bin Elsa Lademig ja auch heute noch nicht böse. Der Borsigende stellt daraufhin fest, das der Zeuge Winkel die jezt gemachte Aussage bereits zu einer Zeit getan hat, mo absolut tein Mordverdacht gegen Frau Ziehm vor lag, nämlich im Jahre 1930.
Es mird sodann die Ehefrau des Zeugen, Frau Martha Bintel, aus Potsdam vernommen. Ihre Aussagen decken fich mit denen ihres Mannes. Die Salzsäureaffäre wird nochmals besprochen. Der Vorsitzende wendet sich nach Beendigung dieser Ver nehmung an Frau Ziehm: Frau Ziehm, wollen Sie sich dazu äußern? äußern, ich überlasse jezt alles dem Gericht. Nach einer kurzen Frau Ziehm: Ich habe in der ganzen Angelegenheit nichts mehr zu Bause mird Frau Barbe vernommen, deren Ehemann dos Salz säureattentat ausführen sollte. Sie sagt aus: Frau Ziehm ist zu meinem Mann gefommen und hat ihn gefragt, ob er sich 12 000 verdienen wolle. Erfolle der Frau Winkel eine Flasche Salzsäure ins Geficht gießen. Mein Mann hat diefes Anfinnen von sich ge miesen.
Darauf erklärte ihm Frau Ziehm: Dann gehe ich zu zwei Arbeitern, von denen ich weiß, daß sie der Frau Winkel nicht grün find.
In der Voruntersuchung hatte Frau Ziehm bestritten, eine Frou Barbe zu kennen. Der Vorsitzende richtet daher jetzt die Frage an Frau Ziehm, ob sie Frau Barbe wiedererkenne. Frau Ziehm: Nein, ich tenne diese Frau nicht." Frau Barbe: ,, Aber Frau Ziehm, Sie fennen mich doch." Frau Ziehm: ,, Nein, ich kenne diese Frau nicht."
Nach einer kurzen Bernehmung der Frau Ladewig zum Falle Winkel wurde die Verhandlung geschlossen.
Falsche Fünfmarfstücke.
Zuchthausstrafen für Münzfälschungen.
Das Schöffengericht Berlin- Mitte verurteilte den Schlosser Ernst Wobser megen Münzverbrechens zu zwei Jahren Zuchthaus und fünf Jahren Ehrnerlust. Wobser hatte in seiner Reparaturwerkstatt und mit Unterstützung seiner Frau und seines 19jährigen Sohnes falsche Fünfmartstüde hergestellt. Frau und Sohn wurden zu je sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Drei Befannte Wobjers, Paul Hahn, Franz Kochann und Richard Gaumert, die etwa 1200 Stüd der gefälschten Fünfmas? ftücke in den Verkehr brachten, wurden zu Gefängnisstrafen von einem Jahr bis zu einem Jahr sechs Monaten und jeder zu drei Jahren Ehrverlust remurteilt.
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