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Die Not vor dem Landtag.

Die Polizeiaktion von Waltershausen  .

Weimar  , 28. Mai.  ( Eigenbericht.)

In der Interpellationsdebatte über die Schießerei in Waltershausen   erflärte der sozialdemokratische Redner, Abg. Brill, weiter, derfelbe Polizeidirettor Brandt in Gotha  , der es ablehnte, mit städtischen Beamten aus Walters­ hausen   zu verhandeln, habe in Botha bereit milligst mit nationalsozialistischen Führern verhandelt bei der Festnahme von 150 demonstrierenden Nazis. Brandt jei Arme e= offizier gewesen und verstehe vom Polizeidienst sehr wenig. Der Redner verurteilte dann noch die Revolu= tionsspielerei der Kommunisten und fragt zum Schluß, ob die Regierung bereit sei, die früher gezahlten Unterstützungssäge weiter fortzuzahlen und ob die Schuldigen, die die Schießerei veranlaßten, zur Rechenschaft gezogen werden. Der Landtag jolle Verständnis für die verzweifelnde Bevölkerung haben und solle nicht auseinandergehen, bevor nicht die Anträge durch Beschluß im Plenum ihre endgültige Er ledigung gefunden haben.

Staatsminister Dr. Kästner erklärte auf die Große Anfrage, die Finanzen in Thüringen   erlaubten es nicht, die Wohlfahrtsjäge mie früher in voller Höhe auszuzahlen. Das Reich müsse ein­greifen. Unruhen sind seiner Meinung nach auf Anweisung der Kommunisten erfolgt. Thüringen   mache da keine Ausnahme, sondern Unruhen finden ja auch in den übrigen Teilen Deutschlands  statt. Er fönne nicht zugeben, daß die Polizei an den Zusammen­stößen schuldig sei. In einem Flugblatt der Rommunisten sei ge­schrieben worden, wenn die Polizei zum äußersten greife und schieße, dann schieße der Rote Frontkämpferbund   auch. Die Kom­munisten machen den Zwischenruf: Das ist Spizelarbett."

Der Kommunist Heilmann redete von der Einheits­front aller Werftätigen von den Kommunisten bis zu den Nazis".

Abstimmungen fanden nicht statt. Sämtliche Anträge und Ent­schließungen wurden dem Haushaltsausschuß überwiesen, nachdem Innenminister Rästner die Erflärung abgegeben hatte, daß wäh rend der nächsten drei Wochen bis zur Erledigung der vor­liegenden Anträge zur Frage der Wohlfahrtsunterstützungen teine Kürzung der bisher gezahlten Fürsorgefäße statt­finden solle.

Neuwahlen in Oldenburg  .

Die Rechte will die Mehrheit erobern.

Am Sonntag hat die Bevölkerung des Freistaates Oldenburg wieder einmal einen neuen Candtag zu wählen. Der alte Landtag ist faum ein Jahr alt geworden, weil Nazis und kommunisten an ihm feinen rechten Gefallen fanden. So brachten sie einen Bolfsentscheidsantrag ein, der zur Auflösung führte.

Der Schritt der Nationalsozialisten wirft verständlich, menn man weiß, daß diese Partei bei den vorjährigen Wahlen auf eine Mehrheit gehofft hatte, jedoch von 48 Mandaten nur 19 erzielte. Selbst mit den zu allem Spettafel bereiten Deutschnationalen war feine Mehrheit zu erreichen. Mit Hilfe der drei kommunistischen  Bertreter wurde zwar die feit neun Jahren im Amte befindliche Beamtenregierung gestürzt; eine Mehrheit für die von den Nazis porgeschlagenen Ministerkandidaten fand sich aber nicht. Die Folge mar, daß die Regierung als Geschäftsministerium meiter im Amte blieb.

Wie überall, fo fabotierten auch im Oldenburgischen Landtag die Hifleriquer die Arbeiten. Unanständig und frivol benahmen fie fich insbesondere gegenüber den von der Sozialdemokratie ein­gebrachien Unträgen jozialen Charafters. Diefe angeblichen Kapitalsbekämpfer erwiefen fich als die gehäffigften und rüd­schriftlichsten Gegner der Arbeiterschaft. Außerdem machten fie in schmußigem Antisemitismus. In einem Falle wagten fie fogar einen tätlichen Angriff auf einen 3entrumsabgeordneten. 3hr Auflösungsantrag wäre ins Waffer gefallen, wenn nicht die fommunistische Fraffion den Nazis zu Hilfe gefommen wäre. Diese Hilfsstellung der Kommunisten hat im Lande, insbejon. bere bei der Arbeiterschaft, viel böses Blut gemacht. Der Ausgang der Wahlen ist völlig ungemiß. Die Sozial demokratie ist zwar seit neun Jahren nicht an der oldenburgischen Regierung beteiligt und hat auch den Arbeitern, Angestellten und Beamten gegenüber ihre Versprechungen eingelöst. Indeffen geht es den meisten Wählern nicht um die oldenburgischen Belange, sondern um die großen Fragen im Reich. Auf diesen Punkt haben insbesondere auch die Nazis ihre ganze Agitation eingestellt.

Bürgerliche Einheitsliste in Heffen.

Eine Brockenfammlung.

Darmstadt  , 28. Mai.  ( Eigenbericht.)

Nach langwierigen Verhandlungen, die mehrfach zu scheitern

drohten, hat die bürgerliche Mitte heffens am Sonnabend­nachmittag endlich für die Landtagswahl eine Einheitsliste pon Landpolt, Deutsche Volkspartei  , Christlichem Volksdienst, Staats: partei, Wirtschaftspartei und Boltsnationalen zusammengemürgt, die unter dem verheißungsvollen Namen ,, Nationale Ein heitsliste" firmiert. In einer Berlautbarung des Ausschusses für bürgerliche Sammlung" wird bedauert, daß die Deutschnatio nalen die Einheit sabotiert und in einem reichlich überheblichen Schreiben der bürgerlichen Mitte empfohlen hätten, fie möge thre Anhänger auffordern, deutschnational zu wählen. Die bisher immer noch stärkste Splitterpartei des Landpolls ist völlig auseinander. gefallen. Der Abgeordnete Fenchel tandidiert an der aussichtslosen zweiten Stelle der deutschnationalen Liste, während der andere, Blafer, als zweiter auf der von dem Volksparteiler Nippoth ge­führten Einheitsliste vor dem Staatsparteiler Dr. Weiner- Offenbach figuriert. Für den bisherigen Abgeordneten der Staatspartei, Dr. Schreiber, der Pazifist und Befürworter des Aufgehens Heffens in Preußen ist, war in der neuen ,, nationalen" Einheitsfront tein Blaz mehr. Die Wirtschaftspartei, deren Einspruch gegen die letzte Landtagswahl die Beranlassung der Auflösung des Landtags war, ist an aussichtsloser Stelle der Einheitsliste vertreten. Die 3en

Der Befreier der Justiz.

S

Halt, mein Fräulein, Sie sind ja gefesselt, geffaffen Sie.... Gefesselt?- Jch merke gar nichts."

59

Schwapp na sehn Sie wohl!"

Das fommt nur daher, weil Sie blind find. Halten Sie mal Ihre Hände hin...."

,, Und nun

Kopf ab!"

Ein Borstoß der Jungradikalen"

Das Problem der Koalitionspolitik vor der Entscheidung.

Paris  , 28. Mai( Eigenbericht.) botte über die Entschließung tommt, damit er sich von den Ansichten der Parteinertreter ein genaues Bild machen könne. Andererseits wird behauptet, daß Herriot  , als ihm vor einigen Tagen von der Absicht des linken Flügels Mitteilung gemacht murde, erklärt habe, er merde, falls sich der Exekutivausschuß im Sinne der Wünsche des linken Flügels entscheidet, nicht den Posten des Minister­präsidenten übernehmen, sondern fich mit dem Außenministe rium begnügen.

Einige Mitglieder des linten Flügels der Radikalen Partei, darunter die Abgeordneten Pierre Cot   und Bergery, sowie die beiden nichtparlamentarischen Bizepräsidenten der Partei, Jaques Kayser und Cubenet, haben am Freitag eine Resolution ausgearbeitet, die sich für die Beteiligung der Sozialisten an ber Regierung einsetzt und dem Grafutivausschuß der Radikalen Partei am 31. Mai unterbreitet werden soll. Der Abgeordnete Bergern   hat diefe Tagesordnung om Freitag abend Herriot   überbracht.

Die Jungradikalen verlangen darin, daß sich die Radikalen un ber Regierung von den Grundfözen leiten laffen, die auf ihren Sen greffen, nor allem auf dem legten Pariser   Kongres, gebilligt morben find, und die sich in zahlreichen Bunften dem sozialistischen   Bro­gramm nähern. Es müßte also

Damit der Erefutingusschuß der Radikalen Partei bereits am 31. tai abends über die Haltung der Sozialisten in der Frage der Regierungsbeteiligung unterrichtet ist, hat der Parteivorstand der Sozialistischen Bartei beschlossen, die Beratung ber verfchie­denen Geschäftsberichte auf das Ende des Rongresses zu verlegen. Bereits am Sonntagnachmittag foll mit der Diskussion der Frage der Regierungsbeteiligung begonnen merden. Am Montag foll bann eine Entschließungsfommission gemählt werden, die die verschiedenen Refolutionen am Dienstag dem Kongreß unterbreitet. Die Mehrheit des Bariser Bezirksparteitags der Sozialistischen Partei hat sich am Freitagabend für zmei Tagesordnungen ausgesprochen, die eine bedingte Mitarbeit der Sozialisten an der Regierung ver­langen.

nach ihrer Auffaffung leicht sein, zwischen beiden Parteien zu einer Einigung über ein gemeinsames Programm zu gelangen, das eine Zusammenarbeit in der Regierung erlaubt. Dieses Pro­gramm mird folgendermaßen sfizziert: Auf außenpolitischem Gebiet Politik der Befriedigung durch obligatorische und allgemeine Schiedsgerichtsbarkeit, 2 brüstung, Verbot des privaten Waffen handels, internationale Organisation der Produktion und der Ver. teilung sowie Liquidation aller Kriegsschulden. Auf dem Gebiet der Innenpolitit: Mertliche Herabsezung der Militärausgaben, euorganisation der Eisenbahnen zur Borbereitung einer späteren Verstaatlichung, Ausbau der französischen   Wirtschaft und Ausführung großer öffentlicher Arbeiten, Abschaffung der Sechsmonatsgrenze für die Zahlung der Arbeitslosenunterstüßung und nach Sanierung der Lage auf Grund dieser Maßnahmen Durchführung einer Blanmirt schaft in Verbindung mit einer Kontrolle der großen Pridingung für die Mitarbeit gefordert werden: die Einführung der patmonopole.

Herriot   hat, wie der Intransigeant" berichtet, den Abg. Bergery, der ihm die Entschließung überbrachte, erflärt, daß er

gleichfalls damit einverstanden

sei. Er habe nur einige formale Aenderungen verlangt, die ihm Bergery zugestanden habe. Er habe ferner den Wunsch ausge­sprochen, daß es im Exekutivausschuß zu einer umfangreichen Des

Kommunistische Bluttat.

Ein Polizeibeamter niedergeschossen.

Was die Sozialisten anbetrifft, ist durch die radikale Tagesordnung die Stellung des für die Mitarbeit eintretenden rechten Flügels natürlich gestärkt worden. Er würde sich mahr­scheinlich leicht mit den Radikalen auf der Basis der erwähnten Entschließung verständigen. 3 meifelhaft ist aber, ob die mehrheit des Parteifongresses mit dem Programm der Radikalen zufrieden ist, denn es fehlen ihm zwei wichtige Punkte, die von den meisten sozialistischen   Parteinerbänden als Bes 40 Stunden Woche und Schaffung einer staatlichen Bersicherung gegen Arbeitslosigkeit und gegen die der Landwirtschaft durch Unwetter verursachten Schäden. Wenn sich auch der Kongreß, wie erwartet wird, mit großer Mehrheit für die halten, die für die Mehrzahl der Radikalen als unannehmbar gelten. Beteiligung ausspricht, so dürfte er doch an diesen Bedingungen fest­Man darf also teine allzu großen Hoffnungen auf das Zustande­tommen einer Linksregierung mit sozialistischer Beteiligung setzen.

Jüngling damit, sein Gesinnungsfreund habe ihn zu der Unter­schlagung verleitet mit der Behauptung, er müsse das Geld für eine politiche, gegen das System gerichtete Organisation( welche, sagte nicht) haben. Grund genug für das Gericht, leber­politischen Gründen 3eugungstäterschaft aus anzunehmen(!) und nur auf 3 Monate Gefängnis mit Bewährungsfrist zu erkennen, während dem angeb= lichen Verführer diese Ueberzeugungstäterschaft nicht zugesprochen, vielmehr auf ein Jahr Gefängnis erfannt wurde.

er Hamburg  , 28. Mai. Die Polizeipreffeftelle teilt mit: Heute abend, gegen 21.40 Uhr, ist ein Ordnungspolizeibeamter in der Offerstraße im Stadtteil Eimsbüttel von etwa 25 Kommuniffen angefallen und ohne vorhergehenden Wortwechsel mit Steinen beworfen und sodann durch zwei Schüsse in den Unterleib niedergeffredt wor­den. Der Beamte liegt in bedenklichem Zustand in einem Kranken­haus. Die Täter sind entkommen. Justiz!

Gestundet nicht gestrichen. Anerkennung durch Staatsatt.

Washington, 28. Mai.

trumsliste iſt, ſomeit die früheren zehn Abgeordneten in Frage Unterschlagung von Lohngeldern- Ueberzeugungstäterschaft ami bie Schulb ich eine für die durch das Moratoriumsjahr ge­

fommen, unverändert geblieben.

Zum Befuch Hillers auf einem Kriegsschiff erfahren mir: Der Befuch von Naziabgeordneten in Begleitung Hitlers   auf einem Kriegsschiff ist nich is Besonderes. So haben am Freitag bie fozialdemokratischen Abgeordneten Remmele und Sollmann mehrere Stunden lang die Marinemerft in Wilhelmshaven  , bie Schleusenanlagen, den in Bau befindlichen Banzerfreuzer B, ein Fischereischußboot und den modernsten Kreuzer Leipzig" in allen seinen Zeilen besichtigt. Sie wurden vom diensttuenden Korvetten­fapitän ber Marinemerft begleitet und von allen an Bord der Leipzig  " befindlichen Offizieren begrüßt. Es wurde ihnen jeder Raum, jede technische Anlage, jede Baffe gezeigt und erflärt.

Halle, 28. Mai.( Eigenbericht.)

Das Schöffengericht Halle, perurteilte 3 mei azijing. linge, Gert Peters und Kurt Burfer, zu 1 Jahr bem. 3 Monaten Gefängnis. Peters, hoffnungsvoller Sprößling eines altpreußischen Regierungsrates a. D., Führer der Hitler- Jugend  , hatte als tauf männischer Lehrling den Auftrag erhalten, 8000 Mart 2ohn­gelder vom Bankhaus zu holen. Zusammen mit dem inzwischen bei Straßer gelandeten Burfer brannte er mit dem Belbe durch und verjubelte es Freudenhäusern. Bor Gericht entschuldigte sich der Hitler in Schlemmertneipen und

Der deutsche Botschafter von Brittmig unterzeichnete im Schatz­stundeten Beträge von 6 Millionen Dollar. Die Schulden find innerhalb von zehn Jahren zurückzuzahlen. Finnland   und Griechenland   haben gleichfalls schon unterschrieben; die übrigen Länder bürften in der nächsten Woche folgen.

3wei Selbstmordverfuche der Frau von Morgen. Die Frau des beim Training auf dem Nürburgring töblich verunglückten Renn­fahrers Joachim von Morgen hat in ihrem Hotel in Adenau   ver sucht, sich durch Aufschneiden der Pulsadern das Leben zu nehmen. Schlafmitteln unternommen. Bereits in der Nacht vorher hatte sie einen Selbstmordverfuch mit