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Nr. 249 49. Jahrgang

2. Beilage des Vorwärts

Sonntag, 29. Mai 1932

Zur Kennzeichnung der Situation.

Wirtschaftliche und soziale Notwendigkeiten.- Staatspolitik und Aufgaben der Arbeiterflaffe.

Bird die heutige Auseinandersetzung des Reichskanzlers mit dem Reichspräsidenten   die Revolution von oben", einen Sieg der schwerindustriell- junkerlich- militärischen Kamarilla, eine Kapitaldiktatur mit der Ausschaltung der zivilen Gewalten bringen? Bir glauben es nicht. Der Reichspräsident hält den Ber fassungseid; der Weg ist ihm vorgeschrieben, solange Brüning das Bertrauen des Reichstags hat und nicht selbst auf die Führung ver­zichtet. Die Zeit wirkt auch für den Sieg der wirtschaftlichen und politischen Vernunft und gegen jede Kamarilla: mit blauen Bohnen und dem Streifverbot würde fein Magen satt, mit Autartie und Aufrüstung die Währung nicht fester und die deutsche Kreditfähig feit nicht größer. Jedes Zugeständnis in der Richtung einer tapita listischen Diktatur und des Ausnahmezustandes wäre heute oder morgen der Anfang vom wirtschaftlichen und politischen Ende. Es wird entscheidend sein, was die Reichsregierung mit der Zustim mung des Reichspräsidenten und später des Reichstags in der tommenden Woche tun wird. Kein Notbrüdenbau ist mit Erfolg möglich ohne das Bewußtsein im Bolte, daß der Brückenbau auch hält. Jedes wirtschaftliche, soziale und politische Zugeständnis an die Kamarilla bei den kommenden neuen Rotmaßnahmen mird das Vertrauen in die Tragfähigkeit der staatlichen Notbauten der Brüning- Regierung erschüttern. Die Unruhen in Thüringen   und jezt im Ruhrgebiet  , diese Explosionen der schon jetzt nicht mehr in Doller Disziplin ertragenen Notstände, verpflichten die Reichsregie: rung zur entschlossenen Durchführung des als unweigerlich notwen dig Erkannten auf finanziellem, wirtschaftlichem und sozialem Gebiet

Weicht die Reichsregierung noch weiter zurüd?

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Wir haben zum Rotprogramm der Reichsregierung, soweit es befannt geworden ist, schon mehrfach fritisch Stellung genommen. Wir wiederholen und sagen: Wir halten den Abbou der Leistungen in der Arbeitslosenversicherung für überflüssig, den Rentenabbau in der Invalidenversicherung  - da Aufstockungs­vorschläge in den Wind geschlagen murden für fahr­lässig von der Reichsregierung verschuldet, die Schonung des Besizes beim Arbeitslosenopfer und die Heranziehung nur der ab­hängigen und auch der allerärmsten noch Beschäftigten für aufrei­zend ungerecht, die Nichtanpassung der Bürgersteuer an die per= änderten Einkommensverhältnisse, besonders in den unteren Stufen, für eine undurchführbare härte, die Arbeitsbeschaffung und auch schon die projettierte" Arbeitszeitverkürzung für absolut unzu länglich und das unwirtschaftlich übertriebene Spiel mit dem Ge­danfen des freiwilligen Arbeitsdienstes für gefährlich.

Wir haben die Reichsregierung auf die Notwendigkeit hinge wiesen, hier Remebur zu schaffen, meil ein wirtschaftlicher Not brückenbau leichtfertig ist, bei dessen finanzieller Fundierung die

Opfer möglich. Der Lohn kann nicht mehr zugunsten des Ka­pitals niemand fann mehr für neue Subventionen opfern.

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fogiale Gerechtigkeit vernachlässigt und die poffemirt| Beseitigung von Berlustquellen und durch allseitige schaftliche Selbstverständlichkeit mißachtet wird, daß in Krisenzeiten die noch vorhandene Realfauftroft nicht der Illusion des Kapital­schußes geopfert werden darf. Wir müssen auch unserer immer größer werdenden Sorge Ausdrud verleihen, daß die schon viel zu lange verzögerte Auflegung der Prämienanleihe, nachdem das Rotprogramm soviel Halbheit und Unentschlossenheit erkennen läßt, den Start und das Ergebnis nicht haben fann, die sie unbe­dingt haben müßte.

Unsere Besorgnisse sind aber in den letzten Tagen noch erheblich größer geworden. Man hört jetzt non drohenden Aus. höhlungen des Rotprogramms, die die wichtigsten Tragpfeiler von Brünings Notbrückenbau annagen und die nur als Beschwichtigung und Zugeständnisse zugunsten der junkerlichen und schwerindustriellen Fronde angesehen werden könnten, wenn sie Be­rücksichtigung finden.

Es gehört zu den Gesezmäßigkeiten des kapitalistischen  Systems, daß feine Krije überwunden, daß jede Krise verschärft werden muß, wenn die privatwirtschaftliche Bereinigung vor handener Verluste aufgeschoben oder unterlassen wird. Der großagrarische Sektor der deutschen   Wirtschaft ist wegen der unter­lassenen Bereinigung der Grundstückspreise einer der gefährlichsten deutschen   Krisenherde geworden. Aehnliches gilt für die deutsche Schwerindustrie.

Die Junker wollen Besizerhaltung auch der Bankrotteure mit neuen Subventionen, menn nicht staatlichen, dann solchen ihrer Gläubiger. Die Schwerindustrie will die Bereinigung ihrer Kapitalverhältnisse aufschieben und billiger machen durch Berhin­derung jeder Arbeitszeitperfürzung, movon sie sich neuen Lohndruck und damit infolge der weiter wachsenden Arbeits­Tofigkeit meitere Lohnopfer zugunsten des Kapitals verspricht. Der Widerspruch zwischen industrieller Leistungsfähigkeit und Beschäftigungsmöglichkeit ist aber ein dauernder, Dauerarbeits­lofigkeit von Millionen ist eine foziale Dauerverlustquelle, die mur Durch gefeßliche und dauernde Arbeitszeitverkürzung verstopit

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werden fann.

Erstens: Die nach so unerhörten und doch vergeblichen Opfern des Steuerzahlers von dem Reichsminister und Großgrund. befizer Schlange- Schöningen selbst als unausmeichlich erkannte Be­reinigung im agrarischen Osten ist bedroht und soll neuen Subventionen zu meiterer Befizerhaltung weichen, monach auch ber ganze Siedlungsplan der Reichsregierung gefährdet märe. Einflüsse verfolgen die Unterlassung der gesetzlichen Arbeitszeitper­Die Reichsregierung würde die zmingendsten kapitalisti­fürzung überhaupt, also auch in dem so bescheidenen vom Reichs.chen Wirtschaftsgefeße in einem Augenblid verlegen, mo ihre arbeitsminister vorgesehenen Umfang, und es besteht die Möglichkeit, Wiederinfraftfegung das michtigste Gebot ist, wenn sie den junters daß die hier frondierenden Gruppen mit der Breisgabe der lichen und schwerindustriellen Forderungen grundföglich nachgeben geseglichen Arbeitszeitperfürzung zufriedengeftelt werden sollen.

3 meitens: Schmerindustrielle und andere großfapitalistische

Zwingende ökonomische Grenzen für Jugeständnisse der Reichsregierung.

Bir sagen der Reichsregierung mit aller Eindringlichkeit: Wenn fie in diesen beiden Fragen grundsägliche, unzweckmäßige oder ungerechte formalistische Wirkungen überschreitende 3ugeständ­niffe macht, dann gefährdet sie ihren wirtschaftlichen und staats politischen Rotbrüdenbau und fördert mit ihrer eigenen schweren Gefährdung die Kräfte, denen innere und äußere Katastrophen fein zu teurer Preis für die Sicherung ihrer furzlichtigen, selbstischen Interessen sind.

Deutschland   hat feine unangebrochenen materiellen Referden mehr und seine moralischen Reserven find begrenzt. Dem materiellen und moralischen Rotbrüdenbau steht nur noch die finanzielle und psychische Substanz des Volkes zur Verfügung. Die Erhaltung des Wirtschafts- und Staatsgefüges ist nur durch allseitige

mürde.

Die Revolution von oben mill die Bernichtung des Solidaritätsprinzips.

Die Folgen eines grundsäglichen Nachgebens der Reichsregie­rung in diesen entscheidenden Fragen wären unübersehbar. Den frondierenden Junker- und Montangruppen ist gemeinsam, daß fie nicht verloren geben wollen, was durch schlechte Wirtschaft und durch die Krise verloren ist. Sie wollen auch in der schwersten Birtichafts- und Staatsfrise die Privilegierten auf Sosten des Volkes bleiben. Das individualistische Prinzip ist für sie die Quelle von Sonderrenten und Sonderprofiten gemejen. Sie sind grundsägliche Gegner des solidarischen Prinzips auch da, wo der Bestand des fapitalistischen Wirtschaftssystems von solidarischen und tollektivistischen Organisationen geradezu abhängig gemorden ist. Das gilt für die ganze Sozialversicherung, für den Arbeiterschus, für das Koalitionsrecht und die Gemertschaften, für das Tarifvertrags­und das Schlichtungsinit e m. Sie sind nicht Gegner der

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