Papens Außenpolitik. Mit Frankreich uni> Polen gegen Rußland . Die„Berliner Volks-Zeitung" veröffentlicht ein Protokoll eines Ausspracheabends, der am 27. Februar v. I. im Berliner Herrenklub stattgefunden hat. An diesem Abend be- richtete Herr von P a p e n über seine letzte Reise nach Frank- reich. Dabei sagte er u. a.: Die Strese manns che Politik ist im Ziele richtig, im Tempo und in den Mitteln aber falsch gewesen. Die Preisgabe Elsaß-Lothringens durste allenfalls den Schlußstein einer endgültigen deutsch -franzöfischen Bereinigung bilden, durste aber nicht, so wie geschehen, mit großen Mitteln kleine Teillösungen zu erreichen suchen. Das Ziel einer Verständigung ist nicht durch über- ftürztes Vorgehen zu erreichen. Nur langsam und etappenweise ist ein Erfolg zu erzielen. Herr von Papen sprach weiter über Möglichkeiten der Zusammenarbeit deutschen und französischen Kapitals und fuhr dann fort: Bemängelt wird dabei die rußlandfreundliche deutsche Politik. Unter endgültiger Bereinigung versteht man ein deulsch.sranzösisch-polnisches Bündnis. Deutschland hätte dabei seine an sich als berechtigt erkannten Wünsche bezüglich seiner O st grenzen zurückzu- stellen, da eine friedliche Lösung dieser Fragen angesichts der polnischen Sinnesart für unmöglich erachtet wird. Dieses Bündnis, genannt„eccord ä trois", soll den Zweck eines Wirtschaftsbündnisses gegen den russischen„Fünfjahrplan" haben. Im Rahmen dieses „accord" würden die Franzosen auch für eine Ausrüstung Deutschlands zu haben sein, denn man hat Verständnis dafür, daß unsere jetzig« Deklassierung unerträglich ist. Falsch würde es dagegen sein, wenn Deutschland auf der Abrüstungskonferenz des nächsten Jahres mit seiner bekannten These: Wir haben abgerüstet, also tut ihr es auch! erscheinen würde. Für alle diese Ideen muß aber, wenn sie sich durchsetzen sollen, die französische Rechte gewonnen werden. Nach einer Diskussion, in der der antibolschewistische Cha- rakter des geplanten Dreibundes noch unterstrichen wurde, sprach von Papen das Schlußwort: Die Kriegsschuldsrage ist die Grundfrage aller zukünftigen Ent- scheidungen. Eine Anlehnung an England ist nicht möglich, da dieses selbst in der Hand des französischen Kapitals ist. Amerika wird erst nach der nächsten Präsidentenwahl für größere politische Entschei- düngen zu haben fein. Die drängenden europäischen Probleme müssen, von Deutschland und Frankreich gelöst werden, wobei das letztere auf einer Einbeziehung des befreundeten Polen bestehen wird. Die Frage der Ostgrenzen muß einer späteren Zeit vorbehalten werden. Der„accord ä trois" muß zustande kommen im Hinblick auf den Kamps gegen den Bolschewismus. Der Gedanke der deutsch -französischen Verständigung kann nicht schlimmer geschädigt werden, als es durch das Treiben der politischen Sonntagsreiter vom Herrenklub geschah. Die Sozialisten jenseiis und diesseits der Grenzpfähle, die die historischen Träger des Verständigungsgedankens sind, lehnen eine solche Versälschung und Vergiftung ihres außenpolitischen Programms mit der allergrößten Ent- schiedenheit ab. Sie werden ihr Werk fortsetzen, ohne Rück- ficht auf die dilettantischen Redereien des jetzigen deutschen Reichskanzlers, und sie werden die Augen offenhalten, um zu verhindern, daß dieses Werk in sinnwidriger Weise miß- braucht wird. Im übrigen ist bekannt, daß der neue Außenminister, Freiherr von Neurath, in allen außenpolitischen Fragen der entgegengesetzten Meinung ist wie sein Chef. Herr von Neurath ist Anhänger jener nationalistischen Politik, die eine Verbindung mit England und mit Italien sucht, um Frankreich zu isolieren und schließlich aus die Knie zu zwingen. Herr von Papen ist durch die Veröffentlichung seiner Redereien im Herrenklub als ein blutiger Dilettant in der auswärtigen Politik enthüllt. Sein Antipode, Freiherr von N e u r a t h, gilt in seinen Kollegenkreisen auch nicht als das große Kirchenlicht. Und diese Regierung soll in ein paar Tagen nach Lausanne gehen? Es kann einem wirklich angst und bange werden. Die Geldfälscherfabrik. Falschmün er Pähl arbeitete bei Tanzmusik. Gegen den 43 3ahre allen Kunstmaler und Graphiker Waller Pähl, der, wie milgeteilt, in der vergangenen Woche als Falschmünzer großen Formats entlarvt wurde, sowie gegen seine Ehefrau hat der Untersuchungsrichter noch am Sonnabend Haftbefehl erlassen. Beide werden nach Moabit übergeführt werden. Im Laufe der weiteren kriminalpolizeilichen Ermittlungsarbeit haben sich Einzelheiten über die Arbeitsweise des Fälschers ergeben. Die Beamten der Falschgeldstelle ermittelten, daß sich die Eheleute Pähl eine Haustochter hielten. Das Mädchen, das sich vor kurzem verheiratet hatte, wurde verhört und erzählte soitzendes: Walter Pohl hatte in jedem Zimmer seiner kleinen Wohnung einen Radioapparat zu stehen. Er pflegte meist im Schlafzimmer zu„arbeiten", ohne daß das Mädchen eigentlich wußte, was Pohl dort tat. Einnial war es ihr passiert, daß sie in das Zimmer trat, ohne anzuklopfen. Gleich wurde sie von Pähl angeschrien und sörmlich hinausgeworfen. Der Fälscher hatte in der ersten Zeit die Gewohnheit, das Schlafzimmer hinter sich abzuschließen, wenn er sich dort beschäftigte. Später aber ließ er das fallen, weil er wußte, daß das junge Madchen, das jetzt Ende der Zwanzig ist, absolut nicht neugierig war. Häufig geschah es nun, daß dem Fälscher die Tanzmusik im Radio nicht laut genug war. bzw. sein Apparat im Zimmer nicht stärker„auszudrehen" ging. Cr veranlaßte in solchen Fällen seine Frau, ihm aus einem Buche vorzulesen! Das alles geschah natürlich, um verdächtige Ge- räusche bei seiner Fälscherarbeit zu unterdrücken und abzutöten. So kam es auch, daß niemand im Hause etwas merkte. Gerüchte wollte» wissen, daß die Haustochter der Pähls mit diesen unter einer Decke steckte. Die Ermittlungen der Kriminalpolizei lallen aber den Schluß zu, daß das Mädchen völlig unschuldig ist und tatsä-! lich nicht wußte, welches Verbrecken hinter den Türen der Eheleute Pähl begangen wurde. F r a u P a h l behauptet nach wie vor von den Fälschungen ihres Mannes nichts gewußt zu hoben, obgleich sie doch im Zimmer war, wenn er arbeitete und ihm laut vorlesen mußte! Bei einer Durchsuchung der Wohnung in der Lüderitzstroße fanden die Beamten der Falsck geldstelle eine Film- k a m e ra. die etwa 50 Ausnahmen zulieh und eine Kiste im llmsange von einem Ouadratmeter, in der sich drei wollene Decken befanden. Diese hatte Pähl untergelegt, wenn er arbeitete und die Filmkamera benutzt, um seine 10-, 20- und öO-Mark-Scheine herzustellen.
Da? festliche Präludium dieses Opernwinters war eine Verdi- Auferstehung in Glanz und Herrlichkeit, war Ebert-Stiedrys Maobeth-Interpretation in der Städtischen Oper: sein feierliches Finale ist eine dem gleichen Meister dargebrachte Huldigung, ist die Wiederbelebung seiner„Sizilianischen Vesper". Auch dies ein wunderbares Werk. Gewiß, es ist äußerlicher, effektvoller, viel routi- vierter und weniger original als Macbeth : aus Schuld des Text- dichter? freilich, denn Scribe war ja wahrhaftig kein Shakespeare, kein psychologisches und kein dramatisches Genie, ein überaus geschickter und fähiger Handwerker bloß, der hier nicht einmal alle seine unzweifelhaften Fähigkeiten und Geschicklichkeiten zu bemühen für gut befand, der das herkömmliche Szenarium, der den üblichen Text für eine große historische Oper verfaßte.(Die Grand Opera hatte sie für die Pariser Weltausstellung 1855 bestellt.) Ein Librettist am laufenden Band, der die Geschichte der„sizilianischen Barths- lomäusnacht" zu einem durchschnittlichen Operntext verarbeitete. Herrlich zu sehen, wie der Italiener diese französische„große Oper", der er sich unterwerfen sollte, überwand, wie er das Aeußerliche verinnerlichte, das Theatralische ins Dramatische, Pathos in wahr- haftige Leidenschaft verwandelte: wie bei ihm all diese Opern- atrappen zu glutvollstem Leben erwachen, wie all dies Unwirkliche in der Musik, in diesem wundervoll gewobenen Netz klingender Spannung, tönender Bewegung, sich unsagbar aussingender Leiden- schaft wirtlich und wahr wird. Kapp tat recht daran, das Stück zu bearbeiten, in der Haupt- fache: zu kürzen, ohne die Partitur zu ändern. Unrecht hat er— soweit dies ohne lebendiges Erleben des Originals feststellbar ist— wahrscheinlich nur im letzten Akt, jetzt sechsten Bild, das durch die Kürzungen doch wohl zu kurz gerät, das auf dem Platz vor der Kathedrale zweifellos sinnvoller spielte und des neuen Schlusses kaum bedürfte, um nur einiges zu sagen. Bemühte man sich hier um möglichste Strasfung, prägnante Formung und dramatische Logik des Geschehens in einem der„großen Oper" entgegengesetzten Sinn: dann dürfte man allerdings auch das Paradestück dieser großen Oper, das Ballett(in dieser Form wenigstens, so sehr es auch gekürzt sein mag) nicht stehen lassen, das jetzt als Fremd- körper wirkt und aus dem Rahmen des Ganzen fällt. Für alles Szenische war Harth verantwortlich, für die Gesamtausstattung Pirchan. Unwillkürlich denkt man wieder an Macbeth : Ebert
wurde von Hörth ebenso wenig erreicht wie Stiedry von Kleiber. Die Bilder sind ein uneinheitliches Gemisch von traditioneller Haltung und Originalitätssucht, das zu der einheitlichen Herrlichkeit der Musik kraß kontrastiert. Es geht auch durchaus nicht an, im Rahmen einer ganz richtig auf Wirklichkeitenähe gestellten Insze- nierung eine Verwandlung auf offener Szene vorzunehmen, die ja einem ganz anderen Jnfzenierungscharakter entspricht, die ein (hier nicht vorhandenes)„Spiel-im-Spiel"-Bewuhtsein zur Voraussetzung hat. Um das Negative gleich zu beschließen: das Ballett (Labans Choreographie wird immer anfechtbarer, äußerlicher und langweiliger) ist in der Bewegung traditionell, in Idee und Ausbau einfach geschmacklos: Charell aus dritter Hand, auf dem Umweg über Reinhardts diesjähriger Großtaten; für die Lindsnoper durchaus kein Ruhm. Diese Sizilianische Vesper ist aber eine Oper; und Oper— da» ist in erster Linie der leidenschaftlich erregte, herrlich singende Mensch—, alles andere ist viel gleichgültiger, als man gemeinhin glaubt. Und da hier wahrhaft herrlich gesungen wurde, war die Aufführung trotz aller angezeigten Mängel großartig von Ansang bis zu Ende. Für die weibliche Hauptrolle setzte Anni K o n e tz n t ihre glanzvolle Stimme ein, die freilich Zeit braucht, um ganz frei zu klingen. S ch l u s n u s hätte vielleicht weniger vorsichtig, kraft- voller, ja gewalttätiger sein müssen: wie er aber sang, das war vollendetste Technik, samtener Schmelz, nobelste Kantilene— Delikatessen für genießerische Ohren. Auch Helge Roswaenge , der leuchtende Tenor, und Emanuel L i st, der prachtvolle Bassist, haben selten so gesungen: und all diese in ihrem Timbcr charakteristischen, schönen, wunderschönen Stimmen klangen in den herrlichen En- semblesätzen zusammen, verschmolzen und blieben doch differenziert— es war einfach ein Sängerfest in der Lindenoper, das das dankbare Publikum zu Begeisterungsstürmen hinriß. Prächtig die Chöre Rüdels wie die Direktion Kleibers , der nur manche Atzente zu sehr betonte, sie ins Gewalttätige übersteigerte, ohne immer der inneren Gewalt dieser Musik ganz gewachsen zu sein. Einer Musik, die von grandioser, melodischer Stimme, voll unglaublicher dra- matischer Kraft ist, der man die zeitliche Nähe des„Rigoletto " und der„Traviata " anhört: die es in jeder Hinsicht wert wäre, so gekannt, gerühmt und geliebt zu werden wie die der genannten Werke. Arnold �Valtsr.
1826 Entwürfe zum Veichsehrenmal. Die Offerte einer verfehlten Idee. Die langatmige Geschichte des Reichsehrenmals ist nun so weit gediehen, daß die 1828 Ideenentwürfe für den Ehrenhain bei Berka in Thüringen juriert, 20 davon als preiswllrdig herausgehoben und alles mitsamt im alten Moabiter Glaspalast an fünf Kilometer langen Wandflächen ausgestellt ist. Das Publikum wird gebeten, sich von dem Fleiß und Ideenreichtum der 1828 Einsender selber zu überzeugen, wenn es das aushält: die Preisrichter haben es tat- sächlich ertragen, aber was nun in Wirklichkeit werden soll, weiß kein Mensch. Die 20 mit je 1000 Mark bedachten Gewinner dieser Preislotterie sollen zunächst einmal ihre Entwürfe„baureif" aus- führen, womit unseres Erachtens überhaupt nichts gewonnen ist. Daß wir von vornherein den ganzen Gedanken eines Ehren- Hains in Berka, eines Reicheehrenmals überhaupt für verfehlt und überflüssig gehalten haben, brauchen wir nicht nochmals zu wieder- holen. JBenn nun aber dieser überflüssige Gedanke durchaus ver- wirklicht werden muß, so ist dazu zweierlei zu sagen. Zunächst war die Form des Preisausschreibens unbedingt zu verwerfen. Man hat ausgerechnet, daß die Arbeit der 1828 Bewerber, die des Preis- gerichts, die Preise und die Ausstellung etwa 2 Millionen Mark Kosten verursachten. Sie wären durch eine sinnvolle Bearbeitung des Projekts durch einen oder zwei wohlgewählte Künstler auf ein Minimum reduziert worden. Zur künftigen Ausführung mag angemerkt werden: nicht ein einziger dieser Entwürfe befriedigt so, daß er gebaut zu werden verdient. Hier und da findet man Anregungen, wie aus dem Nadel- waldgebiet von Berka ein„Reichsehrenmal" zu gestalten wäre, etwa in der Dreiteilung: Festwiese im Tal, Aufstieg zur Waldhöhe, Er- innerungsmal im dunklen Tann , oder, wie es ein abweichender Ent- wurf wollte: stiller Stationenweg durch den Wald mit Stätten der Erinnerung an die einzelnen Kriegsschauplätze in architektonischer, gartenkünstlerischer oder plastischer Form. Ein bedeutender Künstler könnte daraus zusammenfassend vielleicht eine Gestaltung finden. Besser wäre es freilich, das Geld zu einem Kriegerhinter- bliebenenheim zu verwerten; meinetwegen im Ehrenhain von Berka. p. i. eck. Bilder aus der Sahara . Neife einer Frau. Früher war der Beruf des Forschungsreisenden nur dem Manne vorbehalten. Das ist heute anders, und manche Frau hat sich schon in schwierigen Situationen und unbekannten Gegenden bewährt und wissenschaftlich beachtenswertes Material heimgebracht. Für diesen Beruf gebraucht man eben Vorkenntnisse und Ver- bindungen. Und die hatte Frau Dr. Charlotte Weidler, als sie auf Veranlassung des Carnegie-Jnstituts nach Afrika fuhr. Von dieser interessanten Reise berichtete sie im H a r n a ck- H a u s im Auftrage des Klubs berufstätiger Frauen. In guten Lichtbildern sah man vorerst Algier mit seinen Wolkenkratzern und seinem typischen Großstadtverkehr. Hier zwingt Europa den Arabern seine Kultur und seine Probleme auf. In der Wüste aber ist das Bild ein anderes. Und dank Unterstützung der französischen Regierung drang die Forschende in die Wüst« ein: sie reiste von Station zu Station und von Militärposten zu Militärposten, und wo der militärische Einfluß nicht mehr ausreichte, da setzte die arabische Gastfreundschaft schützend und begleitend ein. So stieß die Reisende aus die drei verschiedenen Kulturen der Sahara . Zuerst kam sie zu den frommen M o z a b i t e n, bei denen Wohl» tätigkeit Pflicht, Ehrlichkeit absolutes Gesetz und Zinsnehmen Sünde ist. Die Frau ist dort scheu, ganz verschleiert und der Mann kann sich leicht von ihr scheiden lassen. Er braucht nur zu sagen:„Ich habe genug." Der Frau ist die Ehescheidung erschwert, aber sie wird ganz bestimmt ausgesprochen, wenn sie sagen kann:„Mein Mann raucht" oder:„Er geht zu den Freudenmädchen." Anders sind die C h a a m b i s; sie sind ledensgenießerisch und lassen die Neger für sich arbeiten. Sie lassen sie nicht teilnehmen an ihrer Gemeinschaft und die Neger wohnen abseits. Sie bauen sich Städte aus Salz, das sie in großen Platten von der Erde los- lösen und mit Lehm oerschmieren. Sollte es wirklich einmal regnen, dann löst sich eine ganze Stadt in Wohlgefallen auf. Aber das
macht nichts, man kann sich ja schnell eine neue bauen. Die dritte große Kultur der Sahara wird von den T o u a r e g s bewahrt. Das sind die schwarz verschleierten Männer der Sahara , auf deren Konto viele blutige Ueberfälle und der Tod zahlreicher Forscher kommen. Das Wasser ist bei ihnen so wertvoll, daß der Mord um eine Wasserstelle zum Alltagsleben gehört, und die Touaregs, ob- wohl sie Mohammedaner sind, sich nie mit Wasser, sondern höchstens mit Sand waschen. Sie sagen:„Mit dem Pflug kommt Unehre ins Haus." Sie anerkennen nur den Beruf des Kriegers, der frei- lich einwandfrei zum Beruf des Räubers wurde. Sonst kennen sie noch Mutterrecht, Sklavenhandel, Tuberkulose und Rheumatismus . In einem mächtigen Gebiet wohnen heute noch 200 000 Touaregs; sie werden sterben, bevor die Wissenschast sie erforscht hat. Wirt- schastlich interessant ist, daß infolge der zunehmenden Ausdörrung der Sahara die Franzosen das Projekt der Trans-Sahara-Bahn aufgeben. Sie werden eine Flugzeuglinie errichten. Infolgedessen fetzen jetzt prompt mitten in der Wüste die Grund st ücks- spekulationen ein. Politisch interessant aber ist es, wie auch durch diese Reisende bestätigt wurde, daß die Märchenerzähler des Orients heute die Propagandisten der arabischen Freiheitsbewegung sind._ e. b. Künstierbund Norden im Schloß Niede schönhausen. Die Bewohner von Pankow haben an dem Park von Nieder- schönhausen mit seinen wundervollen alten Bäumen eine einzigartige Erholungsstätte, wie sie in Berlin kaum noch vorkommt; und zu den Reizen der Natur tritt alljährlich im Frühjahr noch die Anziehung einer angenehm kleinen Künstlerschau in dem hübschen alten Schloß, dessen obere Räume sich vortrefflich dazu eignen. Man unterschätze nicht das Zusammenwirken von Kunstwerken mit der prächtigen Natur vor den Fenstern! Die Ausstellung des Künstlerbunde» „Norde n" nimmt ganz unabsichtlich, aber wirkungsvoll Bezug darauf. Das Beste, was man dort sieht, sind anmutsvolle Landschafts» bilder in einer sanften und problemlosen Malerei, die den meisten sicher gefallen werden, ohne allen Anspruch auf kunsthistorische Be- deutung. So vor allem Oskar Kasper, L a u t h, Erna Stolzen- Hein, Hilde Zeller. O. Michael und Hildebrandt. Als Stärkstes heben sich heraus die breit gemalten derbtüchtigen Figuren- stücke von Herbert O r t e l und die Bilder von O. P o l u s, Stilleben, Akte und Landschaften. P. F. Sch. Das Schicksal der Potsdamer Dolksbühne. Die Hauptversamm- lung der Potsdamer Volksbühne brachte die Sorge um die Er- Haltung des Schauspielhauses zum Ausdruck. Die Stadt Potsdam hat für die letzte Spielzeit 75 000 Mark gegeben, kann aber für die neue Spielzeit nur 40 000 Mark bewilligen. Die Volksbühne glaubt einen künstlerisch einwandfreien Spielbetrieb unter diesen Um- ständen nicht mehr durchführen zu können. Als Uebergangszeit schlägt sie vor, das Potsdamer Ensemble aufzulösen und die nacksite Spielzeit durch Wanderbühnen aus Berlin zu bestreiten. An erster Stelle aber wurde geäußert, daß der Zuschuß erhöht werde, um die Erhaltung des Ensembles zu gewährleisten. Das Internationale politische Anttquarial(Ipa), Hamburg , Käiser-Wilhelm-Str. 16, brachte einen Antiquariatskatalog unter dem Titel„Sozialismus und Arbeiterbewegung" heraus. Der über 2500 Nummern umfassende Katalog bringt die wichtigste soziali- stische Literatur von ihren Anfängen bis zur Gegenwart. Außer- dem sind die Gebiete des Kommunismus und Anarchismus in zwei Sonderabteilungen mit über 4000 Werken vertreten. Der Katalog wird an Interessenten gegen Voreinsendung von 50 Pf.(in Marken) abgegeben._ Sigrid Oilögin, von ihrer Amerikatnrnee zurückgekehrt, singt in der Städtischen Oper in dieser Spielzeit noch Tienstag in„Götter dämmerung " die Waltraute, Donnerstag im„Troubadour" die Azucena und Sonntag die Amneris in„Aida". Im Museum für Naturkunde spricht Mittwoch, K Uhr, Dr. Menzel über k ü n st l i ch e Edelsteine. Eintritt frei. Die letzte Premiere dieser Saison in der Städtischen Oper ist die Aussühruna von Strawinskys„P e t r u s ch i a" und Puccinis „G i a n n i S ch i c ch i" unter Leitung von Robert F. Denzler. > Tie Staatsoper wird im Juni noch eine geschlossene Ausführung von Wagners„Ring der Nibelungen " bringen unter der Leitung von Leo Blech . Tie Staatliche Kunstbibliothek veranstaltet in ihrem Lesesaal bis Ende Juli eine Ausstellung„Ludwig Wilhelm Wittich , ein Ber - liner Verleger der Schinkelzei t", aus der alle künstlerischen Bcrlagswerke des vor IVO Jahren Baestorbenen gezeigt werden.