Herr von Schleicher ben Reichstag auf vier Jahre vertagen wolle. Ich halte das nicht für unwahrscheinlich.
Die Militärdiktatur will über das Parlament hinwegschreifen. In der Schrift des Herrenklubs, dem ,, Ring", heißt es am 18. De= zember 1931:„ Wenn fagen wir ein General, der seiner Armee sicher ist, dazu über eine geheime und unsichtbare" Macht, ein Korps von tausend Technifern verfügt, um mit ihm auf revolutionäre Weise alle technischen Zentralen von Staat und Wirtschaft zu besetzen, warum sollte er nicht auch heute noch den parlamenta rischen Staatsstreich magen?" Das sind die Jdeen dieser Leute.
Wie steht nun Hiller zu der Regierung von Papen? Ich bin überzeugt, daß Herr von Schleicher nicht ohne Hitler gehandelt hat. Es besteht ein Einverständnis über den Wahltermin hinaus. Der große Kampf beginnt nach den Wahlen, wenn die Regierung sich ffart genug fühlt, das Parlament zu vertagen. Proletarier haben für Hitler gekämpft, damit eine Handvoll Barone regiert. Das müßte genügen, um Klarheit zu schaffen. Wir gehen in den Kampf im Gefühl unserer Kraft, bereit, Freiheit und Leben in die Schanze zu schlagen. Unser der Sieg froh alledem! ( Stürmischer Beifall.)
Genoffe Heilmann,
der Borsitzende der preußischen Landtagsfraktion, fagte: Bir tagen jetzt im Landtag unter polizeilichem Schutz, so führte er aus. Landtagspräsident Kerri hatte für die letzte Sigung 25 Schuhpolizisten angefordert, die sich allerdings nicht in Uniform im Landtagsgebäude aufhielten. Um allen Borfommnissen begegnen zu fönnen, hatte Herr Kerri auch einen weiblichen Kriminalbeamten hinbestellt, offenbar um widerspenstige weibliche Abgeordnete zur Raison bringen zu können.( Heiterkeit.) Wir haben also im Landtag teine Reilerei mehr. Wer nun aber glaubte, daß unter diesen ruhigen Verhältnissen die Nationalsozialisten endlich zeigen würden, mie fie Preußen regieren wollten, der wurde schwer enttäuscht. Nichts von alledem zeigte sich. Herr Kube, der Naziführer im Landtag, erklärte sogar, daß seine Partei gar keine Eile habe, die preußische Staatsregierung zu übernehmen. Nach den Anwürfen, die die Nationalsozialisten gegen die Regierung Braun- Severing richteten, fonnte man allerdings der Auffassung sein, daß die Nazis feine Minute verstreichen lassen würden, um zur Regierung zu gelangen. Sicherem Bernehmen nach soll Herr von Papen, der neue Reichskanzler, Nationalsozialisten und Zentrumsleute für morgen zu sich bestellt haben, um gemeinsam mit ihnen die Regierungsbildung in Preußen zu besprechen. Nun, wenn sich Nazis und Zentrum vorher nicht fanden- mit Herrn Papen werden sie bestimmt nicht einig werden!( Lebh. Zustimmung.)
Wer ist denn eigentlich dieser Herr Don Papen? Eine Episode aus seiner preußischen Bergangenheit: Vor zwei Jahren bemühte sich der Herr beim Ministerpräsidenten Braun sehr nachdrücklich um die Stelle des preußischen Gesandten in München . Das wäre allerdings die geeignete diplomatische Wirkungsstätte für ihn gewesen.( Zustimmende Seiterkeit.) Seine Ernennung ist nicht an dem Widerspruch der Sozialdemokratischen Partei gescheitert; seine eigene Partei hielt nichts davon!
Junkers Wohlfahrtsanstalt.
OSTHILFE
FOR
GROSS GRUNDBESITZ
100,000
100
00MK
ARBEITSLOSEN
VERSICHERUNG GESCHLOSSEN
Die Arbeitslosen:„ Der Staat ist keine Wohlfahrtsanstalt, das sagt uns die Baronsregierung." Der Junker: Da hat sie auch vollkommen recht!"
schisten in Deutschland drauf und dran sind, die Macht zu übernehmen; die Kriegsgefahr gegen Sowjetrußland sei aufs höchste gestiegen. Das ist unzweifelhaft ein glänzendes Plädoyer für die Tolerierungspolitik der Sozialdemokratie!
Die Wirkungen zeigten sich bereits in der legten Landtagssigung. Während mit Hilfe der Kommunisten die gesamte Rechte im alten Landtag gegen die Aenderung der Geschäftsordnung für die Wahl
des Ministerpräsidenten stimmte, hatten sich in der letzten Sigung des neuen Landtags die Kommunisten eines besseren besonnen. Sie halfen mit, diese Aenderung beizubehalten. Aber das ist natürlich fein politischer Irrtum der Kommunistischen Partei; wenn die guten Leute einen politischen Fehler begehen, schimpfen sie dafür um so lauter auf die Sozialdemokratie!
Genoffen! Wir werden einen frischfröhlichen Kampf gegen die Reaffion führen. Wir werden dabei unsere alten fozialisti schen Ziele herausstellen, und wir werden uns flar sein, daß es am 31. Juli bei der Reichstagswahl um die Unterstützungen der nofleidenden Bolksgenoffen geht, daß es darum geht, ob diefe Volksgenossen von der Reaffion dem Berhungern preisgegeben merden follen, daß es um die Beibehaltung des Wahlrechts, um die Freiheit schlechthin geht! Dafür werden wir das Bolt aufrufen, und dafür werden wir selbst die Anhänger der Kommunisten zu begeistern wiffen. Es geht jetzt nicht darum, ob zwischen Mels und Brüning ein Unterschied besteht, sondern es geht einfach darum, daß wir die Wiederkehr der überwundenen Vergangenheit, die Wiederfehr der Junker und Brinzen verhindern wollen!( Stürmischer Stürmisch mit Händeflatschen und Freundschaft Rufen emp
französischer Politiker in den Worten Ausdruck gab:„ Die deutschen Nationalisten wissen immer das zu tun, was für das deutsche Bolk das Dümmste und Gefährlichste ist. Wenn Deutschland für die Verhandlungen in Lausanne noch geringe Hoffnungen hegen konnte, dann sind sie jetzt vernichtet." Dafür tragen die Leute, die die neue deutsche Regierung protegiert haben, die Verantwortung. Ich habe oft Gelegenheit, im Auslande fritische Situationen zu erleben; immer ist der Faschismus die Ursache, der Faschismus, den man etwa so tennzeichnen fann: Er ist die Geisteskrankheit des fapitalistischen Systems in der Nachkriegszeif. Deutschland steht jegt an einem Wendepunkt. Alle Welt blickt hierher; denn hier entscheidet sich nicht nur das Schicksal der deutschen Arbeiterschaft, sondern der Arbeiterschaft der Welt. Deshalb hat auch die Arbeiterklasse in allen Ländern ein brennendes Interesse an dem Ausgang des Entscheidungskampfes.
Genossen, wir werden noch viel Zeit haben, historische Rüd blide auf unsere Politik zu tun; jetzt ist allerdings nicht die Zeit dazu, meil wir uns in der Zeit der Aktion befinden. Da haben mir die Pflicht, alle Kräfte zusammenzufaffen, um zu zeigen, mie starf die Arbeiterffaffe ist. Von der Stärke der deutschen Arbeiterschaft hängt ein gut Stid Erfolg der Arbeiterschaft der Welt ab. Stürmischer, langanhaltenber Beifall danite dem Genossen Adler für seine Ausführungen.
Die preußischen Nationalsozialisten denken nicht daran, ihre Wahlversprechen einzulösen. Sie wollen gar nicht in die preußische Regierung, fie haben vielmehr diefer Tage erst erklärt, daß sie mit der Einsetzung von Reichskommissaren durch Herrn von Papen und Schleicher durchaus einverstar den sind. Der Bölfische Beobachter", der bamit zuerst herausrüdte, hat damit die neue Reichsregierung anerkannt und fanttio niert, und mir wissen, mit ment mir es zu tun haben. Das Einnerständnis mit der Einſegung von Reichsfommiffaren an Stelle einer verfassungsmäßigen Regierung in Breußen bedeutet nichts fangen, trat dann der Sekretär der Sozialistischen Arbeiter Inter erweiterte Bezirksvorstand mit der Frage der
"
weiter als die Aufforderung an den Reichspräsidenten , seinen Eid zu brechen. Nun ist zwar nicht Hitler, sondern Herr von Hindenburg Reichspräsident, und deshalb meigere ich mich zu glauben, daß Hindenburg zu einer solchen Tat bereit wäre.( Bemegung und Widerspruch.) Als unsere Genossen Wels und Breitscheid anläßlich der Neubildung der Reichsregierung beim Reichspräsidenten maren und darauf hinwiesen, daß er vor allem die Pflicht habe, auf verfaffungsmäßigem Wege eine neue Regierung zu bilben, erflärte Herr von Hindenburg , daß das selbstverständlich für ihn sei. ( Burufe.) 3meiflern möchte ich eins sagen: Barum soll es nicht möglich sein, daß ein Reichspräsident angesichts der fortgesetzten Stimmengewinne der Nationalsozialisten auf den Gedanten fommt, diese Partei einmal regieren zu laffen. Wer eine folche Auffaffung des Reichsoberhauptes nicht erst aufkommen lassen will, der muß dafür sorgen, daß die Wahlfiege der Nazis aufhören. ( Lebhafter Beifall.)
Die Haltung der Nazis bei den Vorbesprechungen zur Umbildung der preußischen Staatsregierung fonnte einen Hund jammern. Ein solcher Grad von Gedankenarmut ist im politischen Leven Preußens noch nicht dagewesen.
Was sie als ihr Programm herausstellten, waren in der Hauptfache drei Dinge: die Einführung einer allgemeinen Arbeitsdienstpflicht, ftrengste Beobachtung der Autartie( in Preußen versteht sich!) und die Einführung einer neuen Währung auf der Grundlage der Federfchen Geldtheorien , die bekanntlich eine Menderung des Geldwirtschaftsfystems ohne Inflation bezweckt. Daß diese Forderungen unerfüllbar waren, mußten die Nazis selbst, und fo maren fie froh, daß die Reichstagsauflösung fam und sie der Mühe und Blamage überhoben waren, jezt schon die Preußenregierung zu übernehmen.
Wie sieht es denn in Preußen aus?
Der Etat ist durch den Verkauf der Siedlungsbank an das Reich für 100 millionen in Ordnung gebracht worden. Morgen sollen die Verhandlungen wegen der Uebernahme stattfinden. Wir mären nicht überrascht, wenn diese Berhandlungen scheiterten und wenn die erste Handlung der neuen Reichsregierung darin bestände, daß fie Preußen diese 100 Millionen Mark schuldig bliebe!
Dadurch könnten so schön der Preußenregierung Schwierigkeiten bereitet werden; aber die jetzt noch amtierende Regierung BraunSevering wird auch dann wissen, wo sie das zur Balancierung des Etats notwendige Geld her bekommt. Wenn die Reichsregierung Breußen versaden lassen würde, dann, erklärte Genosse Heilmann unter dem stürmischen Beifall der Bersammlung, bleibt uns immer noch eine preußische Polizei, die gegen den Terror mährend des Wahlfampfes mit den enifchiedensten Mitteln auftreten mird.
aller.
Die erste Frage, über die die neuen Männer Verhandlungen mit Frankreich angeknüpft haben, bezieht sich auf die Erlaubnis für den Reichswehr minister von Schleicher, die Befehlsgewalt auch über die preußische Schutzpolizei übernehmen zu dürfen. ( Rebhaftes hört! hört!)
Wie sieht es auf der anderen Seite unserer Gegner, bei den Rommunisten, aus? Die Rote Fahne " hatte in einer ellenfangen Verlautbarung des Zentralfomitees anerkannt, daß die Fa=
Beifall.)
nationale,
an das Rednerpult.
イント
Obwohl ich eine ganze Anzahl Junttionäre zur Aussprache gemeldet hatten, wurde ein Antrag die Bersammlung ohne Disfuffion zu schließen, gegen menige Stimmen angenommen. Borher hatfe Genoffe& in ffler befannfgegeben, daß lich der
Aufstellung der Reichstagefandidaten
befaßt habe. Einstimmig sei der erweiterte Borftand zu dem ErgebIch bin gekommen, fagte er, nicht um euch, Genossen, Lehren nis gekommen, der Funktionärversammlung vorzuschlagen, die zu geben, sondern um von euch zu lernen. Ich will die Stimmung Kandidatenliffen für die lehte Reichstagswahl auch für die kommende kennenlernen, die bei euch in der neuen Phase der politischen Entgelten zu lefsen. Der Rüdtritt der Regierung Brüning midfung vorhanden ist. wurde mir in Paris bekannt, und ich konnte die erste Wirkung beobachten. Ich konnte aber auch feststellen, welchen Einbrud die Beide Male herrschte maßlose Berwunderung, der ein bekannter Ernennung Herrn von Papens zum Reichstanzler in Genf machte.
Keine absolute nationalsozialistische Mehrheit. Schwerin , 6. Juni. Die Wahlleitung für die Wahl zum Medlenburg- Schwerinjchen Landtag gibt am Montag um 18 Uhr ein neues amtliches Ergebnis bekannt. Danach hat sich gegenüber dem zuletzt festgestellten Wahlergebnis die Stimmenzahl der kommunistischen Partei um 44 Stimmen vermehrt. Dies hat zur Folge, daß sich die Zahl der kommuniffischen Sige von 4 auf 5 erhöht. Nach diesem neuen Ergebnis ergibt sich für die Nationalsozialisten teine abfolute Mehrheit; der Landtag hat nunmehr ein parlamentarisches Kräfteverhältnis von 30 zu 30.
3m einzelnen verteilen sich die Stimmen wie folgt:
Sozialdemokraten Kommunisten.
Nationalsozialisten.
.
•
Bürgerliche Arbeitsgemeinschaft der Mitte Deutschnationale Bolkspartei Arbeitsgemeinschaft nat. Mecklenburger Soziale Arbeiterpartei.
4
Size 18
Stimmen 108 358 27006
5
177 029
30
7 899
1
32 875
5
7492 952
1
Opposition von Württemberg . Staatspräsident Bolz gegen das Kabinett von Papen. Stuttgart , 6. Juni. ( Eigenbericht.) Staatspräsident Bolz äußerte fich auf einer oberschwäbischen Tagung der Zentrumsjugend auch über den Regierungs mechsel im Reich. Er sagte u. a.:
"
Wenn eine so zusammengesetzte Regierung wie das Kabinett von Papen der Ausdrud der nationalen Bolksgemeinschaft sein soll, dann sind wir alle samt und fonders pertauft. Wenn die Nationalsozialisten diese Regierung der Großagrarier" dulden und nicht verlangt haben, selbst in der Regierung vertreten zu sein, so beweist das nur, daß sie zu feige sind, um im jetzigen. Augenblid die Berantwortung zu übernehmen!"
"
Bolz schloß mit der Feststellung, daß die Zeit kommen merde, wo man das Zentrum wieder rufen werde, weil man es brauche.
Gegen etwa sechs Stimmen wurde dieser Vprichleg von der Funktionärkonferenz gutgeheißen. Mit dem Gesang der Internationale und einem Hoch auf die
Bartei schloß Genosse Künstler die Versammlung.
Probierland Mecklenburg- Strelitz . Rebellion der Hausbesitzer gegen die Rechtsregierung. Neustrelit. 6. Juni. Der Landesverband Mecklenburg- Streliger Haus- und Grundbesigervereine erklärt in einem Schreiben an das Landesfinanzamt Mecklenburg- Lübed in Schwerin : Nach dem Realsteuersperrgeseh dürfen die Realsteuern auch im Rechnungsjahre 1932/33 nicht erhöht merden. Trotz dieser Reichsverordnung hat in Medlen burg- Strelitz doch eine Erhöhung der Grundsteuer infomeit statt. gefunden, daß die Notverordnung des Reichspräsidenten vom 1. Degember 1930, wonach an Stelle der zehnprozentigen Grundsteuerfenfung eine dreiprozentige Senfung der Hauszinssteuer tritt, in dem neuen Steuerbescheid feine Berücksichtigung gefunden hat. Da nach Artikel 13 der Reichsverfassung Reichsrecht Landesrecht bricht, so find diese Steuerbescheide rechts ungültig. Jeder Steuerpflichtige hätte fomit gegen feinen Steuerbescheid das vorgeschriebene Rechtsmittel einzulegen, momit den Finanzämtern eine ungeheure Arbeit auferlegt merden würde. Der Verband bittet das Landesfinanzamt um Nachricht, in welcher Weise die Angelegenheit bereinigt werden soll.
Die Bayerische Volkspartei wird noch in dieser Woche zu der neu geschaffenen Lage im Reich Stellung nehmen. Landesvorstandschaft und Landesausschuß der Partei sind zum 11. Juni nach München einberufen worden. In einer am Freitagabend im Zirkus Krone in München stattfindenden Massenfundgebung der Baye rischen Boltspartei mird der Parteivorsigende Schäffer zur politischen Lage im Reich Stellung nehmen, und zwar unter dem Thema ,, Bolt ohne Recht! Und Bayern ?"
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In Chile hat die neue Regierung den Kongreß aufgelöst, da er nicht mehr dem Boltsmillen entspreche. Die Freilaffung der früher als Rebellen verhafteten Matrofen ist verfügt. Entgegen früherer Meldungen soll Sowjetrußland anerkannt und diplomatische Beziehungen zu ihm aufgenommen werden. Der Finanzminister hat ein Moratorium erlassen. Alle Banken bleiben bis zum Donnerstag geschlossen. Ein militärischer Gegen angriff soll begonnen haben.
China und Rußland . Die Nanting- Regierung hat die Wie. heraufnahme ber biplomatischen Beziehungen mit Sowjetrußland im Prinzip gebilligt.