Gesuchte des Affen Wun. Hörspiel aus Frankfurt Der Affe Wun hat auf der Erde vollbracht, was ein Affe irgend vollbringen kann; nun hält er sich für berufen, Herr der Welt zu werden. Aber die himmlischen— da die Fabel ein chinesisches Kleid trägt, heißen sie Königin-Mutter und Buddha— triumphieren am Ende doch über feine plumpe Kraft. Zwar hat er Unsterblichkeit gefressen und wird darum ewig leben, doch gezähmt und geleitet vom Geist, der seine Dummheit zum Wohl der Welt an die Kette legte, Diese moralische Fabel bildet den Inhalt eines Hörspiels von Leo Matthias , das in Frankfurt a, W, aufgeführt und vom Deutschlandsender übernommen wurde. Es ist in Einzelheiten recht witzig gestaltet als volkstümliche Legende, die sagenhasten Stoff nach den Formen der Gegenwart zuschneidet: die Bilder bekommen da- durch eine heitere Klarheit. Doch die gefällige Naivität des Spiels dient auch, wie es schien, als Vorwand für die nicht sehr große tzdeenfülle des Verfassers, der sich sein« Beweisführung wirklich recht leicht machte; zwei Anekdoten, die mehr erzählt als gestaltet werden, genügten ihm dafür. Seine„Geschichte de? Affen Wun" könnte weise sein; sie wurde nur unterhaltend. Die Frankfurter Aufführung unter Leitung von Friedrich Marlow brachte sympathische Sprecher und unsympathischen Lärm,— lz. „Es gehi um Alles." Llfa-Pavillon. Um die zeitgemäße Erscheinung des viel, aber nicht gern ge- sehenen Gerichtsvollziehers hat man eine Filmgroteske geschrieben. Der GerichtsvollzieHer heftet sich dem Schuldner tatsächlich an die Fersen. Er folgt einem jungen Künstler auf die Bühne, in einen V-Zug. der nach Hamburg fährt, durch den Hamburger Ha-iekh vor das Standesamt und zurück nach Berlin . Da dem Schuldner in- zwischen dos Geld ausgeht, greift der Staat ein und der Gerichts- Vollzieher legt aus in Erwartung des kommenden großen Variete- engagemeMs. Das funge Mädchen, das den vom Gerichtsvollzieher verfolgten jungen Mcnn heiratet, wird selbst noch von zwei ab- gewiesenen Verehrern verfolgt. Das gibt eine tolle Jagd per Flug- zeug. Automobil und D-Zug. Diese Jagden sind natürlich durch Kletterkunststückchen aus- gefüllt und Luciano A l b e r t i n i(um dessen artistisches Können man früher einen ganzen Film schrieb) und Eddy Polo(dessen Verwegenheiten man einst in Filmen mit 12 Fortsetzungen erlebte) befriedigen auch heut« noch die Sensationslust des Publikums. Zeitgemäß benimmt sich dabei Gustav P ü t t j e r, ein Hamburger Junge, der, während di«? rasenden Liebhaber über die Dächer toben und sich von Balkon zN Balkon schwingen, unten auf der Straß« schnell auf eigen« Faust und in eigene Tasche eine kleine Sammlung für die stellungslosen Artisten arrangiert. Glänzend ist Willi Schur als Gerichtsvollzieher, während Ernst V e r e b e s diesmal ohne Uebertreibung lustig ist und Claire R o m m e r gut aussieht. Der Photograph W. R, Lach versteht sein Handwerk und Max N o s s e ck führt« ein« hannlose, lustige Regit, c, b.
Neue Ltnierhaliungsmusik. In der richtigen Erkenntnis, es fehl« uns heute an„«W« und geistig einwandfreier Unterhaltungsmusik" und in der verdienstlichen Bemühung um eine solche veranstaltete die Bolksmusikschul« der Musikantengilde ein« Abendmusik. die neben Beethoven « Serenade op. 25 für Flotv� Geig« und Bratsche sowie Reger? Serenade op. 77 für gleiche Besetzung«ine interessant« Uraufführung zu verzeichnen hatte: Bläsertcimmermusik Rr. 2 von Ernst Lothar von Knorr für Trompete, Saxophon und Fagott. Der Form nach eine Suite, die moderne Tanzformen benützt, ohne dem neuen Kontrapunkt untreu zu werden) die trog unzweifelhaften Niveaus leicht verständlich und amüsant ,ist und so den heute so selten be- schrittenen Weg zwischen einer nvr von Fachleuten zu enträtselnden ernsten und einer allzu unkünstle risch heiteren Musik mit Grazie zu gehen weiß. Die Bläferkammer musik(die allen Anwesenden viel Spaß machte und wiederholt uxerden mußt«) wurde von Rascher (Saxophon). Dargel(Trompete)' und Schütz(Fagott) ganz aus- gezeichnet ausgeführt. Die Interpreten der Serenaden waren Knorr (Geige), Enke(Fiöte) und Irmgard iDetdt(Viola > w.
?!otgemeinschast für d ie deutsche Kunst. Der Reichsverbond Bildender Künstler hat an das Reichsministerium des Innern, den Antrag gerichtet, für die bildende Kunst eine Rotgemeinfcha.'st zu errichten gleich derjenigen für die deutsche Wissenschaft. Es handelt sich dabei nicht um eine charitative Einrichtung zur Unterstützung der Künstler, sondern um das Bestehen der Kunst und h!ie Entstehung von Kunstwerken, die ohne eine besondere Fördemng so wenig entstehen würden, wie wissenschaftlich« Forschungen' ohne Förderung durchgeführt werden können. Nicht nur um der � Künstler willen, sondern um der Kunst und um des Volksganzen, willen, zu dessen geistigem Bestand« die Kunst gehört, wird die'Errichtung der Notgeineinschost gefordert. Eine solch« Rotgemeins�ast der deutschen Künst hat schon einmal bestanden und ist 1923'�der Inflation zum Opfer gefallen. Für die Beschaffung der MiL.el ist der Borschlag gemacht worden, 5 Pf, von den Gebühren''jedes Rundfunkteilnehmers für die Rotgemetn. schast abzuzweigen.' l-—- Ausstellung kri easbeschädigter Künstler. In den Ausstellung»- räumen des Reuen Rathauses in Schäneberg wurde eine Aus- stellung des Bundes kriegsbeschädigter bildender Künstler, Gruppe Berlin , mit einer sckMichten Feier eröffnet. Die erste Ausstellung des vor drei Jahren begründeten Bundes fand im vorigen Jahre im Hau» der Juryfreien ftott. iDi» verschiedenen Kunstausfassunoen stnden Per- treter in der Reihe.der ausstellenden Künstler, die hier vor allem Bildnisse, aber auch e.inige Plastiken und graphische Arbeiten zur Be- urtellung stellen. Bemerkenswert ist, dah hier Kriegsteilnehmer, die sämtlich mit schwere n Verwundungen heimkehrten, nyr sehr wenig« Bilder dem Krieg''gewidmet haben. Die Ausstellung ist bis zum 3, Juli täglich von o 10— tz und Sonntags von 11— ö Uhr bei freiem Eintritt zu besichtigen, New Zark die d'rittgröhte deuticke Stadt. Ein Rew-Porker Blatt behauptet, daß die Vitetropole am Hudson durch den großen Zuwachs der deutschen Bevölk enmg in den letzten sechs Jahren zur drittgröß- ten deutschen Stadt'' in der Welt geworden sei, Di« Einwohnerzahl der deutschen Elemernte beläuft sich aus über\lA Million, werde also nur von Berlin urtd Wien übertrosten und sei größer als in Hamburg , ,1 Gandhi schreibt� seine Lebensgeschichte. Gandhi hat sich durch seine unermüdlich« schriftstellerisch« Tätigkeit einen Schretbkomps zu- gezogen. Da» hält i hn aber nicht davon ab, mit der linken Hand sein« Biographie sortzuse.'zen. In ihrem Mittelpunkt steht die Entwicklung der Heimstätte, die' er in Ahmedabad geschaffen Hot, Taz Deutsche anftler-The-iter beschlieh« heute sein« Svteljeit mit her Aufführung ron..D�i e Braut von Torozko", Die Sommcrspielzeit beginnt nächsten Dienziaa mit der Erstoussührung der Operette „E a r a m b q", te „Der blan«<Si»gel", der erste große deutsche Tonfilm, wird im litania -Palas, t wieder vorgeführt.
Das„Land der Ordnung" Klaggestan als Muster für die neue Adelsregierung
Das Land Braunschweig hat seit numnehr anderthalb Jahren das Vergnügen, von denselben Kräften regiert zu werden, die in der Regierung der„Nationalen Konzentration" jetzt auch dem Reiche beschert werden. Die„Harzburger Front" ist in Braunschweig besonders lebendig. Neben dem Deutschnationalen K ü ch e n t h a l amtiert bekanntlich Herr K l a g g e s, der Sendling Hitlers , in der Rolle des Innenministers. Ueber seine besondere Befähigung zu diesem Amte und über die mevkwüiidigen Streiche, die er als Minister verübt, haben wn- unsere Leser öfter unterrichten müssen als es uns lieb war. Als Innenminister übt Klogges auch die sogenannte Staats- aufficht über die Gemeinden aus. Wie er das tut. das erhellt aus folgendem Beispiel: Das kleine Land Braunschweig mit rund 500 000 Einwohnern hat 14 Städte, von diesen stehen nicht weniger als II setzt schon ein Zahr lang ununterbrcuhen unter Zwangsverwaltung. Die Stadtverordnetenversammlungen sind ausgeschaltet und an ihrer Stelle schalten und wallen Staatskommissare, Auch in anderen Ländern hat man vorübergehend, besonders auf Grund der Rot- Verordnungen, Staatskommissare eingesetzt, um die Durchführung der verordneten Steuern zu«rzwingen, wenn die Gemeindever- tretungen ihrer Einführung Widerstand leisteten. Bon dieser d i k- tatarischen Möglichkeit der Notverordnungen hat Hitlers Vertrauensmann mit besonderer Freude Gebrauch gemacht, aber er lieh es mit einer vorübergehenden Tätigkeit der Staats- kommissore nicht bewenden, sondern schaltete die Gemeindevertretung vollkommen aus. Die braunfchweigische Städteordnung sieht die Einsetzung eines Staatsbeauftragten nur für den Fall vor, daß „die Erhaltung oder Herstellung einer ordnungsmäßigen Verwaltung der Stadt auf anderem Weg« nicht zu erreichen" sei. Und die Zweite Notverordnung der Regierung Brüning umschreibt als Auf- gäbe der Staatsausstchtsbehövde,„dafür zu sorgen, daß alle zur Er- höhung der Einnahmen erforderlichen und zulässigen Mohnahmen ergrissen, insbesondere die gesetzlich zugelassenen oder vorgeschriebenen Steuern sämtlich und in vollem Umfange ausgenutzt werden". Aus beiden Vorschriften ist zu entnehmen, daß ein Staats- tommissar nur so lang« tätig fein soll, wie die Fassimg und Durchführung der notwendig«» Beschlüsse es erforderlich machen In der Stadt Braunschweig hatte die Mehrheit der Stadtverordnetenversammlung seinerzeit die Einführung der vom Reich verordneten Bier st euer abgelehnt. Das widersprach zwar den Reichsgesetzen, ober nach der Notverordnung hätte die Landes- regierung ohne weiteres die Einführung der Biersteuer in Braun schweig bestimmen können(Zwangsetatisierung), olgne daß dazu ein besonderer Staatskommissar nötig war. Klagges ober verfügte in Uebereinstimmung mit dem Deutschnationalen Küchenthal, daß der Kreisdirektor Kybitz die Rechte der Stadtverordneten- oersammlungübernehmen soll«. Dabei ist es nun seit rund einem Jahre geblieben, Der Herr Kreisdirektor spielt nach wie vor
Stadiverordnetenversammlllng, während die gewählten Per- treter der Stadt ausgeschaltet bleiben, In seiner Selbstherrlichkeit fühlt sich der Minister Klagges nicht einmal verpflichtet, auf Schreiben der Stadtverordnetenversammlung zu antworten. Der Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung hatte am 23. Januar 1 932 an Klagges schriftlich das Ersuchen gerichtet, nach Erledigung der Ausgaben des Staatskommissars diesen zurückzuziehen und der Stodtoerordnetenoersammlung wieder ihre allen Befugnisse zurückzugeben, weil schon die Wähler ein Recht darauf hätten, durch öffentlich« Verhandlungen der Stadtverordnetenversammlung über alle Vorgänge in der Stadt unterrichtet zu werden. Als auf dieses Schreiben nach einem vollen Monat keine Antwort eingelaufen war, wandte sich der Vorsitzends der StadtverordnetenversammKing on den Ministerpräsidenten K ü ch e n t h o l mit dem gleichen Anliegen und dem Wunsche, Küchen- chai möge seinen Ministerkollezen veranlassen, das Gesuch baldigst zu erledigen. Beide Minister haben bis heute, wie uns aus Braunschweig mit- geleilt wird, aus die Eingaben des gesetzlichen Vertreters der Stadtverordnetenversammlung in keiner Weise geanlworket. Daß Klagges dazu keine Zeit hat, ist begreiflich, da er als Wanderredner für die Hakenkreuzpartei in allen Teilen des Reiches umherzieht, um zu versichern, daß e r das Land Braunschweig zu einem„Staat der Ordnung" gemacht habe. Aber daß auch der deutschnationale Minister Küchcnthal es nicht für not- wendig findet, nach vielen Monaten auf ein ordnungsmäßiges Schreiben eine ordnungsmäßig« Antwort zu geben, zeigt, wie die Rechte der Selbstverwaltung bei einer politischen Koalition gewertet werden, die als„Harzburger" nicht in gutem Gerüche steht, setzt aber nach allen Anzeichen auch auf das Reich übertragen werden soll Der Herr Regierungsrai... Im Dienst, aber ohne Arbeit. Braunschweig , 8, Juni,(Eigenbericht.) Abgeordneter Thiclemann(Soz.) hat die braunschweigische Re- gierung nach dem Stande des Disziplinarverfahrens gefragt, dos von Hitler angeblich gegen sich selbst beantragt sei, Hitler hatte dies Ver- fahren bekanntlich großspurig angekündigt, als die Presse seine Be- Häuptlingen anprangerte, die SA werde„unter dem System" nicht die deutschen Grenzen schützen. Heute teilt die braunschweigische Re- gierung auf die Anfrage Thielemanns aber mit, daß— niemals ein Disziplinarverfahren gegen Hitler ein- geleitet worden ist! Zugleich wird bestätigt, daß Hitler noch in braunschweigische» Diensten steht. Die Anfrage, wanim Hitler nicht wie jeder andere Beamte Dienst verrichte, beantwortete die Regie- rung wie folgt:„Der dienstliche Auftrag de» Regierungsrats Hitler ist s o geartet, daß er neben seiner politischen Tätigkeit ausgeübt werden kann."
Die enilarvte Hellseherei „Telepathie und Hellsehen im Lichte wissenschastlicher Kritik"
Di» wirtschaftlichen Folgen des Krieges und seiner Auewirkun- g«n kann man vielleicht berechnen: aber was er an geistigem und seelischem Elend ong«r«chtet hat, ist unübersehbar, Di« Unsicherheit de , Lebens, die Bedrohung der Zukunft und die Zerrüttung der Gegenwart haben die Menschen Zuflucht suchen lassen bei all den Formen des Aberglaubens und Mystizismus, die zum Teil feit Jahrhunderten nur noch im verborgenen geblüht hatten. Was das für das Leben eines Volkes bedeutet, kann man nur ahnen. Anstatt zum Arzt zu gehen, suchen die arm«n Opfer der Zeit heute den Hellseher aus, anstatt an ihrem Schicksal selber zu bauen— Schicksal ist heute mehr denn je Politik—, verlassen sie sich aus die Astrologie. Zu einer förmlichen Seuche ist die Hellseherei emporgcwuchert, Ihr« Adept«» füllen die größten Säle mit ihr«» Vorst«llungen, und ihr Kapitän Hanussen gibt längst eigene Zeitschriften heraus. Was diese Bolksverderber mit ihrer Privatkirndschost anrichten, entzieht sich leider der öffentlichen Kontrolle. Es ist die höchste Zeit, daß gegen dies« Volksverdummung mit den Mitteln der Ausklärung und Entlarvung vorgegangen wird. Di«„Gesellschaft für wissenschaftlich« Philo- s o p h i e" hotte zu gestern abend zu einem Experimentalvortrag eingeladen mit dem Thema„Telepathie und Hellsehen im Lichte wissenschaftlicher Kritik", Man hatte eine» Mann dafür ausersehen, der allerdings kein wissenschaftlicher For- scher— was für diese Zwecke ja auch weniger wichtig ist—, aber ein vorzüglicher Praktiker ist. Herr Wilhelm G u b i s ch aus Dresden hat seit Jahr und Tag die Methoden der Hellseher genau beobachtet, und er soll, wie man hört, meisterhast in der Lage sein, die gleichen Erfolge wie sie zu erzielen. Er gibt die gleichen Vorstellungen wie sie, aber zum Schluß entlarvt er den ganzen Schwindel, indem er zeigt, wie es gemacht wird. Ob es echte Hellseherei gibt, ist ein« wissenschaftliche Frage, die zur Zeit nicht gelöst werden kann. Jedenfalls hat keiner der berufsmäßigen Hellseher, die damit ihr« Geschäfte machen, den Beweis liefern können, daß sie mehr können als andere Menschen, Herr Gubisch konnte hier leider sein« Experimente nickst mit dem Erfolge durch
fuhren. der ihm sonst nachgerühmt wird. Da? Publikum, das zum Teil aus den gewohnten Gästen der Gesellschaft, zum Teil aber auch au? Anhängern der Hanussen-Sekte bestand, störte sie— teils aus Skeptizismus, teils aus Böswilligkeit. Ilm so ausklärender und bedeutungsvoller waren die Erläute- rungen, die den Experimenten folgten. Das Auffinden eines ver- stickten Gegenstandes ist ja längst als das bekannt, was e« in Wirklichkeit ist. Es hat mit Hellsehen nicht das geringst« zu tun. Es gehört weiter nichts wie gute Picobachtungsfähigkeit dazu. Anders steht es mit den geheimnisvollen Offenbarungen, die aus ver- schlössen«» Zetteln mit Angabe von Ort und Datum wichtiger Er- eignist'e geholt werden. Die Erklärung des Entlarvers ist über- zeugend. Es wird hierbei nicht nur mit Tricks gearbeitet, sondern vor allem mit einer genauen Kenntnis der Zuhörerschast, Beim Hellsehen ist die Glaubensbereitschast de« Publikums das Wichigste, Es züchtet sozusagen durch seine eigene Dummheit und seinen Autoritäisduscl die Betrüger. Mit einer gehörigen Frechheit kann man den Leuten das Blaue aus der Luft heruntererzählen. Trifft die Kombination nicht zu, so geht man leicht über den Fckll hinweg oder führt ihn auf Störungen Ungläubiger und Widerstrebender zurück. Das Publikum steht so unter dem Bann des suggerierenden „Telepathen ", daß es seinen Suggestionen willig folgt oder sich ein- schüchern läßt. Da die Auswahl unter den bedeutenden Ereignissen keine allzu große ist und der Experimentator in der Regel mit ein- geschobenen Zotteln nachhilft, so ergeben sich von selbst Aussichten auf eine große Zahl von Zufallstreffern. Herr Hanussen rühmt sich, daß die von der Scala ausgesetzte hohe Belohnung von 10 000 Mark für den Fall, daß ihm ein Schwindel nachgewiesen würde, bisher von niemand einkassiert werden konnte. Das ist leicht erklärlich, weil in solche» öffentlichen Vorführungen keine Kontrolle, und erst recht keine wlssenschastliche Kontrolle möglich ist. Herr Gubisch sollte sein« Experimenle und Enthüllungen vor einem größeren Publikum in Berlin fortsetzen, damit die Stadt der Intelligenz endlich von dem Makel befreit wird, ein ewiges Opfer pon Scharlatanen zu sein.
Goeche-Volksfest in Weimar . „In diesem Jahre sind gar viele Goethe-Reden gehalten worden, Aber immer waren es Minister und Professoren, die sprachen. Pro- fessoren und Minister, die zuhörten. Goethe aus der Enge eines kastengebundenen Bildungsbegrifses herauszuholen, das ist unser« Ausgab«, die Ausgabe der Freien Volksbühne ." Mit diesen Gedanken begann Julius B a b seine Rede aus dem Goethe-Volksfest, dos die Weimarer Freie Volksbühne am 4, und S, Juni veran- staltet«, Diese Gedanken sind dos Motto für das Fest gewesen, zu dem die Weimarer Freie Volksbühne die Volksbühnenmitglieder au» dem ganzen Reich eingeladen hatte. Nach großen Schwierigkeiten mit der Weimarer Kulturhürakrati« gelang es den Veranstaltern dieses Bolksseste», die Parks von Tiefurt und Beloeders als Fest- platz« zu bekommen. Am Sonnabendabend war ein« noch Tausenden zählende Menschenmasse nach dem Rokokoschlößchen Belvedere ge- wandert, das von Scheinwerfern erleuchtet und dessen Part illumi» niert war, Di« Weimarer Gtaatstopell« bracht« dort zusammen mit dem Freundschaftssängerbund«ine Nachtmusik zu Gehör: Werte von
Mozort, Schubert Beethoven, Haydn und Zilcher , Wohl jeder von den Tausenden der Zuhörer verspürte den bezaubernden Reiz, der hier von der Einheit der nächtlichen Landschaft und der Musik ge- schassen wurde. Wurde hier, in der Nacht, jeder in seinem persönlichen Erleben gepackt, so sah der Part von Tiefurt und seine Festwiese am nächsten Tage«ine Masse, die wußte, daß sie zusammengehörte. Ein bimter Zug, mit geschmackvollen Kostümen, die auf die Goethezeit und Goethes Dichtungen Bezug hatten, war hinausgezogen und hotte das Goethewort wahr gemacht von dem Gewimmel des freien Volts auf freiem Grund, Weimar » Arbeiterorganisationen hatten gemein- sam mit dem Personal des Deutschen Nationaltheaters da» Fest zu einem wirklichen Volksfest gestallet, Laienspiel , Wanderzirkus, Ballett. Plantanz, Musik, Marionetten, Moritat und, nicht zu ver- gessen, die Thüringer Rostbratwürste, Ein Fackelzug durch die Stadt schloß das Fest ab,___ Günther Stark insteniert al» letzt? Aufführung der Volksbühne in dieser Spielzeit die Komödie„Gebrüder Caftiglioni" von Alberto Colon- motu, die R. A, Stemml« unter dem Titel„Geld» h n e Arbeit" für dt« Bollsbühne bearbeitet hat.