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Beilage

Donnerstag, 9. Juni 1932

Dr. S. Weinberg:

Der Abend

Spalausgabe des Vorwards

Gestaltung der Freizeit! Unsere Jugend in Not!

Ein Problem der modernen Jugendpflege

Zu den schlimmsten Auswirkungen der Arbeitslosigkeit gehört die Zerrüttung, die sie unter den Jugendlichen anrichtet. Große Teile der schulentlassenen Jugend finden keine Lehrstelle oder wer­den nach Beendigung der Lehrzeit arbeitslos. In einem Alter, wo alles im jungen Menschen nach sinnvoller Tätigkeit drängt, wo Kraft und Wille zur Arbeit vorhanden sind, sehen diese jungen Menschen sich ausgesperrt: sie haben keine Aussicht für die Zukunft, sie fühlen sich überflüssig, ihr Dasein muß ihnen sinnlos erscheinen. Ihren Angehörigen und vielfach sich selbst sind sie eine Last. Es ist nicht verwunderlich, wenn die Massen der Jugendlichen eine leichte Beute politischer Demagogen werden. Wie soll der Jugend­liche ein wertvolles und verantwortungsbewußtes Glied der Ge­meinschaft werden, wenn diese Gemeinschaft ihm keine Möglichkeit zu einem geordneten Leben gibt? Die Eingliederung des Nach­wuchses in den Arbeitsprozeß muß ermöglicht werden; diese Auf­gabe kann nicht zurückgestellt werden, denn es bedeutet einen nie mehr gutzumachenden Schaden, wenn die trostlose Lage anhält. Die innere und äußere Not der arbeitslosen Jugend lichen ist das größte Problem der modernen Jugend pflege, das vor allen anderen Fragen den Vorrang hat.

Aber auch die Teile der Jugend, die noch in Arbeit stehen, sind großen Gefahren ausgesetzt. Die Arbeit im rationalisierten Groß­betrieb befriedigt gerade den jungen Menschen am wenigsten. Es gibt einen jugendlichen Geltungsdrang, eine Freude an selbständiger Arbeit, für die Entwicklung wichtige Faktoren, die in der modernen Berufsarbeit nicht zur Entfaltung kommen können. Man hat daher schon lange erkannt, daß die Gestaltung der Freizeit ein wichtiges Problem der modernen Jugendpflege ist. Die wenigen freien Abendstunden und Nachmittage, die Wochenendtage und die fleinen Urlaubszeiten im Jahr sollen für den Jugendlichen zu Atempausen werden, in denen seine innere Kraft geweckt, seine Fähigkeiten entfaltet werden, in denen er sein Leben sinnvoll ge­ſtalten kann. Je mechanisierter die Berufsarbeit wird, je weniger sie den jungen Menschen befriedigen kann, um so not­wendiger ist der Ausgleich während der Freizeit. Die öffent­liche Jugendpflege, die Einrichtungen der Volksbildung und die ver schiedenen Jugendorganisationen bemühen sich seit Jahren um dieses wichtige Gebiet. Aber bisher werden nur etwa 30-40 Pro 3. der Jugendlichen von diesen Bestrebungen erfaßt, Wo aber bleiben die übrigen 60 Proz.? Was treiben die nichterfaßten jungen Menschen in ihrer freien Zeit? Wie steht es vor allem mit der Jugend der Großstadt, für die diese Frage besonders brennend ist? Es ist wichtig, festzustellen, wo und wie diese Jugend ihre freien Stunden verbringt, wie sie zu Politik und Sport, zu Kino, Theater und Radio steht; denn man kann nur dann hoffen, dieser Jugend helfen zu können, wenn man sie in ihrem Verhalten genau fennt Es ist daher sehr verdienstvoll, daß der Stadtjugendpfleger Robert Dinse in Berbindung mit dem Deutschen Archiv für Jugend­wohlfahrt" eine Erhebung über Das Freizeitleben der Großstadtjugend" angestellt hat, die jetzt in Buchform der Oeffentlichkeit zugänglich gemacht ist.( Verlagsgesellschaft R. Müller,

Eberswalde - Berlin , 1932, 125 Seiten, 3,85 M.)

Dinse hat die Angaben von 5000 Jungen und Mädchen ver­arbeitet. Die befragten Jugendlichen stehen alle im Alter von 14 bis 18 Jahren, 10 Proz. sind Schüler und Schülerinnen höherer Lehranstalten, während die übrigen Berliner Berufsschulen besuchen, also zumeist Lehrlinge find. Die Selbſtäußerungen stammen von Jugendlichen, die zum größten Teil keinem Jugendverein angehören. Dinje läßt mit Recht die Jungen und Mädchen ausgiebig ſelbſt zu Wort kommen; dadurch wird der dokumentarische Wert der Arbeit erhöht. Es ist außerordentlich interessant, zu erfahren, wo die Großstadtjugend Erholung und Entspannung in den freien Stunden sucht. Die jungen Menschen erzählen von der Bedeutung, die für sie Freundschaft, Liebe, Sport, Kino, Theater, Tanz, Rummel und Wandern haben. Eingehende Darstellung findet die Lektüre der jungen Menschen. Es ergibt sich die erstaunliche Tatsache, daß bei den Jungen Karl May , bei den Mädchen Hedwig Courth se Mahler noch immer zu den bevorzugten Schriftstellern gehören. Diese beiden Autoren werden am häufigsten genannt! Bücher, die ein im gewissen Sinne wissenschaftliches, historisches, volkswirtschaft­liches und politisches Interesse befunden, bilden bei den Jungen nur 4,3 Proz. und bei den Mädchen 0,5 Proz. der benannten Bücher. Schriften bedeutender sozialistischer Führer( Marx, Engels, Lassalle usw.) machen nur 2,4 Proz. aus und sind fast ausschließlich Sache der männlichen Jugend.

In den Aeußerungen über die politischen Interessen tommt vielfach die bekannte Radikalisierung zum Ausdruck. Die Jugendlichen stehen zum Teil unter der Suggestion des Schlag­wortes; so ist es charakteristisch, wenn ein noch nicht Fünfzehn jähriger(!) schreibt: Wo sollen wir unsere Freizeit verbringen? Stehen wir bei uns im Park, so tommt schon jemand von Herrn Zörrgiebels Untertanen und säubert den Park mit dem Gummi­knüppel! Wo sollen wir hingehen?" Die Wirkung derselben Ver­hetzung kommt auch in der grotesken Aeußerung eines Siebzehn jährigen zum Ausdruck: Ich bin in einem Jiu- Jitsu- Verein und lerne Abwehrgriffe, um mich gegen 3örrgiebels Schupo zu üben." Dinse stellt mit Recht fest, daß die Neigung zum Radikalismus für die Volksgemeinschaft gefährlich ist, und daß dadurch der einzelne an einer wirklichen Persönlichkeitsbildung gehindert wird. Die Fest­stellungen zeigen, daß der Unterricht in Staatsbürgerkunde und die staatsbürgerliche Erziehung in den Schulen mit noch größerem Nachdruck betrieben werden müssen; denn es gehört zu den wichtigsten Aufgaben aller Lehranstalten, verantwortungs­bewußte Menschen zu erziehen, die gegen die plumpen Schlagworte gefeit sind.

Von Bedeutung sind die Aeußerungen der Jugendlichen über das Familienleben, über die Hilfe im Haushalt, die währeno der Freizeit zu leisten ist, und über die Stellung zur Kirche. Die Wohnungsnot wirst ihre Schatten. Viele Jugendliche haben keinen eigenen Raum, ja, nicht einmal ein eigenes Bett, weil in wenigen Räumen oft eine große Familie wohnen muß. Durch diese Be­engung wird vielen der Aufenthalt im Elternhause verleidet. Jeder, der die Großstadtjugend wirklich kennenlernen will, wird die Ar­beit von Dinje mit großem Nutzen zur Hand nehmen. Mögen die Feststellungen des Buches dazu dienen, daß die Lage der Jugend gebessert wird! Nicht auf große Theorien und nicht auf ein Loben oder Tadeln kommt es an, sondern nur auf die wirksame Tat.

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Das Gefängnis als Jugendheim

Wie hilft man ihnen?

Der große rote Bau am Alexanderplatz , das Berliner Polizei-| in normalen Familienverhältnissen aufgewachsen, präsidium, beherbergt in seinen Mauern auch eine Art Gefängnis, ein großer Teil von ihnen lebte in dauernden häuslichen Schwierig in dem Jugendliche für kurze Zeit in Schutzhaft genommen feiten. Sie sind durchaus nicht alle kriminell, die hierher kommen, beiden Institutionen sind durch mehr als eine Mauer voneinander werden. Diese Räume grenzen an das Vogteigefängnis, aber diese 3. B. find manche junge Ausländer nur hier, weil sie ohne Baẞ an­getroffen wurden. Andere wurden aufgegriffen oder meldeten sich getrennt, sie haben wohl nur die Sicherheit der Unterbringung selbst, weil sie nicht mehr weiter wußten. Entlaufene Fürsorge­gemeinsam. Die jungen Schutzhäftlinge tragen zwar auch eine uni- zöglinge werden hier eingeliefert und warten auf den Rücktransport forme Kleidung, aber wie sehr verschieden ist sie von der gewöhn in die Anstalt. Hemd, jo, wie es die Jungens in der Jugendbewegung lichen Gefängnistracht: Graue Drillichhosen und darüber ein grünes lichkeiten offenbart sich der Geist dieser Einrichtung. Hätte man die tragen. Schon in diesen allerdings gar nicht nebensächlichen Aeußer­Fenster nicht vergittert, fast unsichtbar allerdings, man tönnte nicht auf den Gedanken kommen, in einem quasi Gefängnis zu sein. Die allem etwas von Jugendheim und Jugendherberge an. Räume sind hell und bunt, die Schlafsäle groß und luftig, es haftet Nicht zu Unrecht trägt dieses Jugendgewahrsam ja auch den Namen Jugendheim", und für manche der Jungen ist es auch nach langer Zeit wieder eine Art Heim, nach endloser Straße und den ungast lichen Aufenthalten der Asyle.

Die Insassen.

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zu

Manche landen hier nach rätselhaften Irrfahrten, die sie, ihnen selbst fast unbewußt, unternahmen. Andere befanden sich in einem Rausche von ruhmerfüllten Vorstellungen, die sie frankhaft nährten. Ist es nicht verständlich, wenn ein Junge, der Zeit seines Lebens als Waisenkind das freudlose Leben bei fremden Eltern führte, an­geregt durch einen Kinobesuch, der Sucht verfällt, Filmschauspieler geregt durch einen Kinobesuch, der Sucht verfällt, Filmnschauspieler zu werden? Den Wunschtraum in die Wirklichkeit umzusetzen fährt er nach Berlin , um hier selbstverständlich denn so den Weg zum Ruhm zu finden, ist wohl tatsächlich nur im Film möglich stranden, mittellos und heruntergekommen. Viele tommen so nach Berlin , denn auch in unserer Zeit ist die Großstadt besonders für junge Menschen die große Zuflucht und Hoffnung. Eine Hoffnung, die auch in früheren Zeiten oft getrogen hatte, aber noch niemals sind Optimisten, die glaubten: ,, Unter den vielen Menschen muß auch für mich sich Arbeit und Brot finden", so grausam enttäuscht worden wie heute. Die arbeitende Jugend, die im Millionenheer der Arbeitslosen mit einem Kontingent von über einer Million ver­treten ist, neigt heute in Arbeitsfragen ebensowenig zum Optimismus wie ihre älteren Kollegen. Es ist eines der gefährlichsten Symptome unserer Zeit, daß die Achtzehnjährigen über die Aus­fichten oder besser Aussichtslosigkeiten, Arbeit zu finden, mit einer müden Resignation sprechen, wie sie sonst nur alten, zerbrochenen Menschen eigen ist. Aber hin und wieder raffen sich einzelne auf ist es Hoffnung oder Verzweiflung? um dort einen Verfuch zu machen, wo Millionen vor ihnen, zu beſſeren Zeiten freilich, Arbeit gefunden hatten. Und allzuoft nur endet dieser Versuch mit dem Ab­gleiten in Gebiete, aus denen es schwer ein Zurück gibt. Anschluß ist bald gefunden, denn so schwer es in der Großstadt oft ist, Freunde zu finden, so leicht sind die Verbindungen in den Gegenden Rojen thaler Plazz, Münzstraße und um den Alexanderplatz hergestellt. Keine Bleibe mehr, kein Geld in der Tasche, nächtelanges Umher treiben und Schlafen auf Bauplähen und in leeren Grundstücken, so beginnt es. Sie können von Glüd sagen, wenn eine Polizei streife sie eines Nachts aufgreift und im Jugendheim" ab­liefert, um sie vor dem völligen Bersinken zu bewahren.

Die Schicksale der Jungen im Jugendheim" geben gewisser maßen die Grade und Abstufungen, die Ursachen und Anlässe der Gefährdung wieder, der diese Jugend ausgesetzt ist. In dem dicken Buch, in das sie alle eingetragen werden seit Eröffnung des Heimes Anfang 1928 find es 6500 steht hinter vielen Namen: Mutter gestorben". Sechzig Prozent der Jungen sind nicht

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Die Landschaft als Hörbild

Ein Vorschlag/ Von Tes

Alexander von Humboldt schrieb einmal, man müsse die Kurische Nehrung gesehen haben, so wie man Italien und Spanien gesehen haben müsse. Dieser Ausspruch wiegt schwer; denn Alexander von Humboldt war nicht nur Weltreisender, der bis in die unbekannten Gebiete Süd- Amerikas und Asiens vor­stieß, er war auch im besten Sinne Goethes Zeitgenosse, einer jener seltenen Geister, die die Dinge in ihrem richtigen Wertver­hältnis untereinander zu erkennen vermögen. Aber heute, nach hundert Jahren, ist es noch nicht viel anders als zu Humboldts Zeit. Viele träumen sehnsüchtig von der Schönheit Italiens und Spaniens , doch sie ahnen nichts von der Wucht und Tiefe, die die oftpreußische Landschaft dem Wanderer enthüllt.

Es ist kein Opfer, wenn man seinen Sommerurlaub in Deutschland verbringt. Es gibt auf deutschem Boden Gegen­den für jeden Geschmack. Um bei dem Beispiel Ostpreußen zu bleiben: wie viele Mittel- und Westdeutsche sind imstande, eine einigermaßen richtige Schilderung von der bizarren Wildheit der samländischen Küste, von der gewaltigen Wüstenlandschaft der Kurischen Nehrung oder von dem nordischen Ernst des Masurischen Seengebietes zu geben?

Hier erwächst dem Rundfunk eine dringende Aufgabe. Gewiß gibt der Rundfunk mit erfreulicher Regelmäßigkeit Vor­träge, in denen Vorschläge für Reisen und Wochenendfahrten ge­macht werden, auch für solche, die in weniger bekannte Gebiete führen, und es geschieht im ganzen gut und zweckmäßig. Auf die Grundfragen: Wie erreiche ich am vorteilhaftesten mein Ziel? Was finde ich dort vor? Mit welchen Ausgaben muß ich rechnen?" wird übersichtlich eingegangen. Doch das genügt nicht. Der Rund­funk vermag weit mehr zu sein als nur Auskunftsbüro für unaus­gesprochene Fragen. Er kann die deutschen Landschaften vor dem Hörer aufbauen in ihren charakteristischen Zügen und im Hörer die Sehnsucht weden, alles das fennen zu lernen. Deutschland müßte so in seiner Vielgestalt vor dem Hörer lebendig werden, daß die Kontraste es ihm unmöglich machen, diesem oder jenem Bild seine Kontraste es ihm unmöglich machen, diesem oder jenem Bild seine ganze Liebe zuzuwenden, sondern daß sie die Reiselust für ganz Deutschland mobilisieren.

Selbst vorausgeseßt, daß für sehr viele die Ferienreise ein Problem geworden ist, dem fie faum noch oder überhaupt nicht mehr beikommen können, ist in diesem Fall die besondere Berüd

Sehr einfach ist es, wenn ein junger Mensch, der sich hier viel­verschütt geht. Die Familienverhältnisse sind in Ordnung, die Eltern leicht nur auf der Durchreise befindet, durch irgendwelche Umstände zur Zahlung der Fahrtkosten bereit und der junge Mann wird zu­rücktransportiert. Aber wenn der Fall schwieriger liegt, wenn der Rücktransport nicht möglich und auch nicht erwünscht ist? Da ist ein lost hat er sich gemeldet, er kann seine Wanderung nicht fortsetzen. junger Landarbeiter aus Ostpreußen . Völlig verwahr­Zu Hause das auch heute noch vielfach typische Landarbeitermilieu: Inzwei Stuben hausen die Eltern mit sieben Kindern. Wochentags schwere Arbeit, Sonntags tröstet eine Flasche Kümmel, zu Hause Flüche und Schläge. Als er seine Arbeit verlor, ging er auf und davon. Man kann den Jungen nicht in sein ,, Heim" zu­rückbringen, aber seine augenblickliche moralische Verfassung ist auch so, daß man ihn vorläufig nicht in eine Landstelle geben will, so daß nichts anderes übrig blieb, als ihn vorläufig in einem Fürsorge­erziehungsheim unterzubringen.

Es ist freilich die Frage, ob ihm und den vielen anderen Jungen bei der heutigen Organisation der Fürsorgeerziehung damit ge­holfen ist. Ein Erzieher sagte mir geradezu, daß ein gesunder Junge eigentlich notwendigerweise aus der Anstalt ausreißen müsse, und daß die Jungen, die gerne in der Anstalt sich aufhalten, immer irgendwie minderwertig sind. Unzählig sind ja auch die Fälle, daß Jungen aus der Anstalt ausreißen und, wenn sie aufgegriffen wer= den, immer wieder davonlausen. Im Büro des Jugendheim ". Leiters sitzt ein gut aussehender Junge, der aus der Anstalt ent­laufen ist, obwohl er in etwa dreiviertel Jahr sowieso entlassen wird. Er bleibt bei seiner Meinung: Lieber ins Gefängnis als dahin zurück".

Manche der Jungen bleiben auch längere Zeit im Jugendheim, manchmal tann auf diese Weise die Fürsorgeerziehung abgewendet werden. Sie werden hier wieder an Arbeit und Ordnung ge= wöhnt und man hat vielleicht später einmal Gelegenheit, sie irgend­wo unterzubringen. Im allgemeinen aber sind sie nur vorüber­gehend hier, fünf oder sechs Tage. Während dieser Zeit sucht man sie vergessen zu lassen daß sie in Haft sind. Sie bekommen Unterrichtsstunden, auch Arbeitsunterricht, Arbeitsprämien werden verteilt, die in Zigaretten umgesetzt werden können. Abends stehen Brettspiele und anderes zur Verfügung, gelegentlich werden auch fleine Feiern veranstaltet. Die ganze Art, wie die Jungen behan­delt werden, ist pädagogische Beeinflussung. Man fann sich jetzt ganz individuell mit den Jungen beschäftigen, was früher nicht möglich war, als sie noch im regulären Polizeigefängnis unter­gebracht wurden und mit Elementen in Berührung famen, von denen nur ungünstiges Einwirken zu erwarten war. Der lange Kampf, den die Leiterin der Wohlfahrtsstelle im Polizeipräsidium" zu der das ,, Jugendheim " gehört darum geführt hat, diese Jungen, die zum großen Teil zum ersten Male mit der Polizei in Berührung kommen, gesondert und unter der Obhut von sozial aus­gebildeten Kräften unterzubringen, führte schließlich zur Einrichtung des Jugendheims". Die alte Dame sagte, und gab damit vielen Klagen Ausdruck: Wir möchten ja gerne noch mehr tun aber wir fönnen nicht, wir haben keine Mittel". Richard Junge.

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sichtigung der Bessergestellten zu begrüßen, da ihre Auswirkung die Erschließung von Verdienstmöglichkeiten für viele bedeutet. Doch damit wäre sie nicht erschöpft. Solche Darbietungen würden die Sehnsucht nach der Durchforschung Deutschlands unter alle Hörer tragen, und wenn diese Sehnsucht nicht in diesem Jahr oder im nächsten ihre Erfüllung findet, so wird ihre Kraft sich nur steigern. Durch die Grenzsperre für Reisebeträge über 200 Mark mag nicht allzuvielen die Grenze verschlossen worden sein, die nicht diese Notzeit ohnehin zum Verbleiben in Deutschland gezwungen hätte. Daß durch diese Zwangsmaßnahme die Liebe für die deutschen Reisegebiete nicht geweckt, sondern die Sehnsucht nach Reisen ins Ausland gesteigert wird, ist unschwer einzusehen. Hier kann der Rundfunk manches ausgleichen, wenn er wirklich Deutschland in seinen Landschaften vor dem Hörer lebendig erstehen läßt. Mit den bei den Sendern nicht unbeliebten volkskundlichen Abenden ist das nicht getan; in ihnen zieht Dorf- und Klein­stadtleben, von Feierabendromantik und alten, kaum noch geübten Bräuchen freundlich überglänzt, am Ohr des Hörers vorüber und enthüllt eine vergangene Welt, die im besten Falle schattenhafter Hintergrund eines völlig veränderten Heute ist. Auf dieses Heute aber gerade kommt es an, wenn man im Hörer jene Reiselust wecken will, die nicht nur flüchtige Betrachtung sucht, sondern nach Verständnis mit Land und Leuten strebt. Gute Vorträge, in denen ein Mensch, der eine Gegend kennt und liebt, von ihr, für sie spricht, können dagegen sehr wirksam sein. Allerdings darf nicht verkannt werden, daß der Vortrag stets nur mit einer verhältnis­mäßig begrenzten Hörerzahl rechnen kann, und daß von vornherein ein sehr viel weiterer Kreis seine Aufmerksamkeit einem Hörbild schenkt. Trotzdem ist natürlich einem mäßigen Hörbild ein packender Vortrag vorzuziehen, da es am Ende dem Zweck doch besser ent­spricht, wenn einige Hundert für eine Landschaft begeistert als einige Tausend mit ihr gelangweilt werden.

Wie müßte ein gutes Hörbild aussehen? Die üblichen Dar­bietungen dieser Art geben Muster dafür her, wie es nicht aus­sehen darf. Selbst die verhältnismäßig gelungenen pflegen den Geschmack einer nützlichen Schulstunde zu haben, in der man alles Notwendige lernt, so daß fein zwingender Grund vorhanden ist, ihren nicht furzweiligen Inhalt zu repetieren. Nun hat fürzlich Leipzig mit einer Sendung Arnstadt " einen verdienstvollen Vorstoß unternommen. Gemiß, vieles mar noch allzu lehrhaft auf­gezogen, doch dazwischen stand Leben, vermoben aus Vergangen­heit und Gegenwart, dessen Bilder den Hörer zu ummittelbarer Anfchauung riefen. Und das muß das Ziel folcher Hörbilder sein.