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Oer Druck auf Preußen. Letzter Ausweg aus bedentticher Krise. Die preußische Regierung sieht sich gezwungen, in einer Zeit höchster� wirtschaftlicher Rot und polnischer Spannung eine neue Steuer einzuführen, die fj a u s z i n s st e u e r- ermaßigungen zu reduzieren und einen Teil der Veamtengehälter einzubehalten. Wenn eine Regierung von so sozialer Gesinnung wie die preußische einen solchen Weg beschreitet, dann muß es wirklich der letzte Ausweg zur Aufre hterhaltung einer gesunden Finanzwirtschaft sein. Denn die Schlachtsteuer ist eine sehr rohe indirekte Steuer, die lebenswichtigen Bedarf trifft, die neue chaus» zinssteuerregelung bedeutet faktisch für eine leistungsschwache Schicht von Mietern eine fühlbare Mietsteigerung, und die Einbehaltung eines Teils der Beamten» und Ange- stelltengehälter muß sich zunächst als ein Gehaltsabbau auswirken. Wir haben gar keinen Grund mit diesem harten Urteil über die Maßnahmen der preußischen Regierung zurückzu- halten, aber kann man ihr selbst die Schuld daran geben? halten: aber kann man ihr selbst die Schuld daran geben? strengteste jrm die Herstellung des Haushaltsgleichgewichts bemüht. Sie suchte nach einem gangbaren Weg, um neue Steuern zu vermeiden und doch das Abgleiten in die Schul- denwirtschaft zu verhindern. Sie fand den Ausweg in der Veräußerung von Vermögen an das Reich. Dazu war das Reich auch bereit, der Kaufpreis von löl) Mil­lionen vereinbart. Aber im letzten Augenblick ließ das Reich Preußen im Stich und löste das Versprechen nicht ein. Was blieb nun Preußen anderes übrig, als aus eigener Kraft den Weg zur Ausgleichung des Haushalts zu finden? Aber die Schuld des Reichs liegt noch tiefer. Es -st doch kein Zufall, daß ein Land nach dem anderen und selbst die größten Länder nach Preußen(Bayern und Sachsen ) dazu übergehen, die S ch l a ch t st e u e r einzuführen. Die Länder müssen zu solchen bedenklichen Maßnahmen greifen, weil das unglückselige System des Finanzausgleichs ihnen keinen anderen Ausweg läßt. Das Reich häuft auf die Länder und Gemeinden Lasten überLasten, aber es versagt ihnen die Mittel und v e r- sperrt ihnen die normalen Steuerwege, um der Aufgabem mit denen sie belastet werden, gerecht werden zu können. Schon sind die Gemeinden, überlastet durch die Wohlfahrtsfürsorge. in die Defizitwirtschaft hineingedrängt worden, und so werden die Länder genötigt, zu V e r- zweiflungsmaßnahmen zu greifen, wie sie die neue preußische Notverordnung darstellt. Nur Böswillige oder Gedankenlose könnten die preußische Regierung ver- antwortlich machen für einen Schritt, der ihr von außen aufgezwungen wurde. Wenn aber auch grundsätzlich der Notstand Preußens anerkannt werden muh, so könnte doch wenigstens in einem Punkt an eine Milderung der geplanten Maßnahmen gedacht werden. Es könnte den Beamten und Angestellten das Opfer, das sie der Finanznot des Staates bringen müssen, dadurch gemildert werden, daß man die Zurückbehaltung eines Teiles des Gehalts in eine Art Zwangssparkasse er- träglicher macht. Die Finanznot zwingt' den Staat, von seinen Beamten und AngestMen zu verlangen, daß sie zwangeweise beim Staat einen Teil ihres Gehalts sparen. Dafür gebührt Ihnen aber auch eine V e r z i n s u n g desge­sparten� Gehaltsteils etwa in der'Hohe, in der auch die Sparkassen Svargelder verNnsen Das würde für den Staat keine große Bela'tung bedeuten, es' den Beamten und Ange» stellten aber wesentlich erleichtern, der Notmaßnahme des Staates Verständnis entgegen zu bringen. Die Proletarier aber, denen setzt der volle Haus- zi n sst e u erb e tr a g aufgeladen wird, von dem sie bisher infolge ihres geringen Einkommens befreit waren, müssen schleunigst in anderer Weise davor geschützt werden, daß sie sowohl als Konsumenten wie als Mieter die einzigen Schichten bleiben, die den vom Reich verschuldeten preußischen Fehlbetrag decken müssen. Oemonstrationsanträge. Die deutschnationale Fraktion hat im Preußischen Land. tag folgenden Antrag eingebracht: Die neue Notverordnung der noch die Geschäfte führenden preußischen Regierung bringt mit ihren Bestimmungen über die Aenderung der Hauszinssteuerverordnung, die Einführung der Schlachtsteuer und die Gehaltskürzung für Beamte und Angestellte neue untragbare Losten. Der Landtag wolle daher be- schließen: Die Notoerordnung wird aufgehoben. Auch die kommunistische Fraktion fordert in einem An- trag die sofortige Aufhebung der Notverordnung. Die Deutschnationalen demonstrieren in Preußen. Die untrag- baren Lasten, die ihre Parteigänger im Kabinett der B a r 0 n e für das Volk in Vorbereitung haben, finden dagegen ihren wohlgefälligen Beifall. Die Wahl des Mmisterpräsideuieu. Wahrscheinlich am 22. Juni. Wie das Nochrichtevbüro des VDZ. in parlamentarischen Kreisen Hort, ist nicht damit zu rechnen, daß sich im Aeltestenrät des Preußischen Landtags eine Mehrheit fiir die Porverlegung des Wiederzufammentritts des Landtagsplenums auf den 14. Juni oder einen anderen Termin vor den hessischen Wahlen findet. Dagegen dürfte im Aelleftenrat verlangt werden, daß auf die Tagesordnung der nächsten Plenarsitzung des Landtags am 22. Juni außer der bereue vorgesehenen endgültigen Wohl des Landtagspräfidiums auch die DM des preußischen Ministerpräsidenten gesetzt wird.

Heutzutage...

Die Freunde der Barone. Vereinigte Vaterländische Verbände sind begeistert. Die Vereinigten Vaterländischen Verbände, eine stockreaktionäre rechtsradikale Organisation, begrüßen begeistert das Kabinett der Barone und danken Hindenburg für fein« Berufung. Das ist um so charakteristischer, als sie wütend den Wahlkampf gegen Hinden» bürg für Hitler betrieben hatten.

Endgültige« Wahlergebnis w Oldenburg Der Berbandswahl- ausschuß hat am Mittwoch da» enhzültize Ergebnis der vlden- burgilchen Landtagswahlen festgestellt, das von dem vorläufigen amtlichen nicht abweicht. Daraufhin hat nunmehr das Staats- Ministerium den Landtag zum 16. Juni zur Eröffnungssitzung ein- berufen.

Wir protestieren

Gfi?en lohnsenKung!

»Da seht ihr, wohin die Begehrlichkeit der Massen führt, wenn die moralischen Kräfte durch Klassenhaß zerstört sind!" »Wohin denn, wackerer Führer?" »Zur Aussperrung natürlich! Oder glaubt ihr, sowas läßt sich ein Brotgeber heutzutage ungestraft gefallen?"

Gtraffreihesi für Terroristen. Amnestieantrage im preußischen DRechisausschuß angenommen.

Der Rechtsausschuß des Preußischen Landtags beriet am Donnerstag über die von den Nationalsozialisten und Kommunisten gestellten A m n e st i e a n t r ä g e. Da die beiden radikalen Flügel- Parteien im Landtag und daher auch im Rechtsausschuß zu­sammen über die absolute Mehrheit verfügen, so war die Annahme von vornherein sicher, wenn die Kommuni st en den Nazis Hilfsstellung leisteten. Und sie toten es! Nachdem der Berichterstatter Sking(Nsoz.) ein einseitiges Plädoyer für den nationalsozialistischen Antrag gehalten und der Kommunist Steinfurth ein« der üblichen kommunistischsn Agitationsreden vom Stapel gelassen hatte, führte namens der Sozialdemokratie Abg. Kuttner aus: Diese Amnestie, wie sie Nationalsozialisten und Kommunisten für alle politischen Delikte ohne Unterschied fordern, ist gekenn- zeichnet durch ihre Uferlosigkeit. Auch die schwersten unk» rohesten Taten. Mord und bestialischer Totschlag, sollen nach dieser Amnestie völlig straf- frei sei». Dabei operiexen Nationalsozialisten wie Kommunisten stätldig mit Listen ihrer von politischen Gegnern erschlqgenen Anhänger, die se mehrere hundert Namen umfassen. Wahrend sie auf de» Straßen sich gegenseitig»Rache" zuschreiea. vereinigen sie sich im Parlament, um den Mördern ihrer parteifereunde die Strassrelheil zuzusichern. Besonders kraß ist der Widerspruch bei den Nationalsozialisten. Erst am 3. Juni 1332 hat der nationalsozialistisch« Abg. F r« i s l e r im Landtag eine Rede gehalten, worin er das Zentrum dafür verantwortlich gemacht hat, daß angeblich 333 Nationalsozialisten in Deutschland strafsrei hätten ermordet werden können. Wörtlich hat Herr Freisler ausgeführt: Ist das Christentum, daß man ein jahrelanges Ver- brechen nachher ungestraft davonkommen läßt? Nein, Christentum heißt dafür sorgen, daß das Verbrechen in einem Volke nicht überhand nimmt, Christentum heißt, daß jeder- mann, der sich gegen die Grundgesetze des Volkslebens zu ver- gehen wagt, dafür auch dem Volke Rechenschaft zu geben hat.(Lebhaftes Sehr richtig! bei den Nsoz.) Es ist typisch nationalsozialistisch, daß ste im gleichen Atemzug Rache wie Amnestie fordern. Di« Urheber der Amnestieanträge haben sich überhaupt nicht klar gemacht, welche Toten alle unter die von ihnen verlangte Amnestie fallen. In letzter Zell ist es mehrfach vorgekommen, daß Nationalsozialisten in Landsriedensbruch-Prozessen verabredet« Serien­meineide geleistet haben, um unschuldige Gegner ins Gefängnis zu bringen. Ein dutzendmal hat sich der Fall«xeignet, daß Ratio- nalsozialisten sich selbst Verletzungen beigebracht und dann polllische Gegner des versuchten Mordes bezichtigt haben. Solche Taten, wie sie gemeiner nicht gedacht werden können, sollen auch strafftet bleiben. Amnestie hat nur Sinn, wenn ihr« Folge eine allgemeine Beftiebung ist. Aber die Antragsteller wollen dos Gegenteil. Tie Nationalsozialisten wollen de» Terror legali» fiereu. Tie wolle» ihre« Anhänger» die Ueberzeugung verschaffen, daß sie politische Gegner umbringe» und niederschlagen könne», ohne dabei die geriugst« Strafe zu riskieren. Die Folge dieser Amnestie wird nicht ein« Beruhigung des öffent- lichen Lebens, sondern eine ganz gewaltige Zunahme der politischen Gewalttaten sein. Alle politischen Mörder werden darauf vertrauen, daß es über» Jahr eine neue Amnestie gibt. Das Tragikomische ist bei der Sache, daß die K o m m u- nisten wieder einmal den Nationalsozialisten bei der Ausbrellung ihres Terrors helfen, obwohl Gregor Straßer angekündigt hat. daß unter nationalsozialistischer Herrschaft jeder Kommunist nieder- geschlagen werde, der noch wagen sollteHell Moskau!" zu rufen. Wir Sozialdemokraten lehnen die Legalisierung des Terrors ab. Wenn aber durchaus amnestiert werden soll, so vsrlangen wir die Begnadigung derer, die sich verteidigt und die Republik ge- schützt haben. Einen solchen Antrag haben wir eingebracht. Ferner verlangen wir eine wirtschaftliche Amnestie für De- litt«, die aus Not begangen sind, allerdings mll der Einschränkung. daß solche Taten davon ausgenommen bleiben, die aus Roheit, Ge- winnfuchl und gemeiner Gesinnung der Täter begangen worden sind. Ein entsprechender Antrag liegt gleichfalls vor. Sehr zurückhaltend äußerte sich der Vertreter des Z e n t r u m s, der eine Reihe von Abänderungsanträgen vorlegt«, durch die der nationalsozialistisch« Amnestie antrag abgeschwächt werden sollt«

Der Antrag will u. o. Verbrechen gegen das Leben, schweren Raub, Brandstiftung und ähnliche Gewaltdelikte von der Amnestie ausnehmen. Als Vertreter des preußischen Justizministeriums warnte Ministerialdirektor H u b e r vor Annahme einer zu weit gehenden Amnestie. In Beantwortung einer Anfrage des sozialdemokrati- schen Redners gab er Auskunft über die Zahl der politischen Mord- fälle in den letzten Jahren: Vom 1. Januar 1331 bis 31. Mai 1332 sind tu Preußen 80 bis 30 politische Mordtaten vorge­kommen. In einzelnen Fällen sind dabei mehrere Personen getötet, in zahlreiche» Fälle» außer de« Getöteten noch zahlreiche Personen schwer verlebt worden. Die Zahl der politischen Morde sst im Steigen. Dies geht daraus herpor, daß von den genannten 8333 Fällen auf die fünf Monate des Jahres 1932 allein 43 Mord- taten kommen. Auch der Vertreter des Justizministeriums sst der Ansicht, daß durch die Amnestie die Zahl der politischen Gewalt- delikte noch weiter erheblich zunehmen wftd. Der Deutschnationale Dr. Z u b k e erklärt« sich für den nationalsozialjstsschen Antrag! In der Abstimmung wurde zunächst der kommunistische Amnestieantrag gegen die Antragsteller abgelehnt, ebenso der sozialdemokratische Antrag, der Amnestie für die Verteidiger der Republik fordert. Dagegen wurde der sozialdemokratische Antrag auf Straffreiheit für aus Jtof be­gangene wirlschoftllche vergehen mit den Stimmen der Linken und des Zentrums angenommen. Nunmehr wurde der nationalsozialistische Amneftieantrag zur Abstimmung gestellt. Zu Beginn dieser erklärte der Kommu- nist Steinfurth : Nachoem der kommunistische Antrag, der die Faschisten von der Amnestie ausnehmen wollte, abgelehnt fei, wür- den die Kommunisten für den nationalsozialistischen Antrag stim- men, der die allgemeine politische Amnestie enthält. S'e protestierten aber dagegen, daß durch diese Annahme auch die nationalsozialistischen Arbeitermörder in Freiheit gesetzt würden. (Schallend« Heiterkeit.) Dann wurden die Bestimmungen des nationalsozialistischen Ge- setzentwurfes, die die allgemeine Amnestie für alle politischen Straf- taten vorsehen, mit der Mehrheit Nationalsozialisten Deutschnationale kommu- nisten angenommen. Für die weiteren Bestimmungen, die eine B e- amtenamnestie(Rückgängigmachung von Disziplinarstrafen) forderten, stimmte zum großen Teil auch das Zentrum. Da- gegen wurde der Zentrumsantrag, der die Verbrechen gegen das Leben von der Amnestie ausnehmen will, gegen die Stimmen der Antragsteller und der Sozialdemokraten ab» gelehnt! Eine besondere Debatte forderte noch der Zeitpunkt des In- krafttretens des Gesetzes. Der nationalsozialistische Antrag will, daß das Gesetz am Tage nach seiner Verkündung in Kraft tritt. Das Zentrum beantragte, den 1. Juni 1332 als Stichtag. Minssterial- direktor Huber wies warnend darauf hin, daß die nationalsozia- listische Fassung geradezu dazu ermutige, noch rasch vor Znkrafl- lreken des Gesetzes Gewalt- und Mordtaten zu begehen, somit Slrassreiheit sogar für künftige Verbrechen in Aussicht stelle. Trotz- dem lehme die nationalsozialistisch-kommu-nistssche Mehrheit den Zentrumsanfrag ab und beließ es bei dem nationalsozialistischen Wahnsinn. Die gleiche Mehrheit nahm auch noch eine Ensschließung an, wonach die preußische Regierung schon vor Inkrafttreten des Gesetzes alle Strafverfahren unterbrechen und alle Verurteilten auf freien Fuß fetzen soll, ferner einen kommunistischen Antrag auf Einsetzung eines parlamentarsschen Ueberwachungsausschusses zur Durchführung des Gesetzes. Eine zweite Lesung zu redaktionellen Zwecken soll am Freitag stattfinden. Ebenso sollen am Freitag verhandelt werden die An- ttäge über Begnadigung der Bombenwerfer Klaus, heim und Genossen, sowie ew kommunsstischer Antrag auf Begnadigung von Ab- tteibungsdelikten. « Trotz des Erfolges der verbündeten Radikalen sst noch keines- wegs gewiß, ob diese Prämiierung ces nationalsozialistsschen Terrors wirklich Gesetz werden wird. Im Ausschuß wyrde von verschisdenen Seiten darauf hingewiesen, daß möglicherweise der Staatsrat gegen das Gesetz Einspruch erheben könn«.