Die Steuerlast des Berliners Abrutschende Steuern— Etat ohne feste Grundlage— Ausgaben steigen, Einnahmen sinken
3m Rathaus haben die Stadtverordneten schneller als in früheren 3ahren die erste Lesung des neuen Etats im Ausschuh beendet. Der nachstehende Artikel weist nach, dah heute bei dem dauernden Rückgang der Steuern und dem katastrophalen Steigen der Wohlsahrlslasten jeder Etatplan auf unsicherer Basis stehen muh. Berlin steht vor der Iiaanzkatastrophe! Es sieht nicht so aus, als ob die neue Adelsregicrung der Barone gewillt ist, das Verhängnis auszuhalten. Von dem gesamten Juschuhbedarf des Berliner Etats(563 Mil� lionen Mark) können in diesem Jahre nur 388 Millionen durch Steuern gedeckt werden. Der Nettoertrag der Steuern beträgt also noch nicht einmal 70 Proz. des Gesamt- b e d a r f s im Haushalt— und das trotz all der bekannten rigorosen Einschränkungen und Sparmaßnahmen. Wenn man dies« Prozentzahl mit der früherer Jahre vergleicht, erkennt man am besten die katastrophale Einwirkung der Wirtschaftsdepression auf die Balancierungsmöglichkeit eines städtischen Etats. Der Vor- anfchlag des Etats sah vor zwei Jahren noch bei einem Bedarf von 568 Millionen nicht weniger als äSS Millionen Reinertrag an Steuern vor, das sind 87 Proz. Bei einem solchen Verhältnis war eine Balancierung des Haushalts noch zu erreichen, um so mehr, als man damals auch aus den werbenden Betrieben noch die Rest- summe von 73 Millionen Reinertrag erwarten durfte. Heute ist diese Summe auf 54 Millionen gesunken, und die BVG. ist überdies aus einem werbenden Betrieb ein zehrender geworden mit einem Aufchußbedarf von 32 Millionen Mark. Aber schon vor zwei Jahren wurden die Erwartungen des Voranschlages nicht erfüllt. Di« tatsächlichen Steuer- eingänge waren um 47 Millionen geringer, als man vorausgesetzt hatte. Im Vorfahre wiederholte sich diese Tragödie. Bei einem gesteigerten Gesamtbedarf von 608 Millionen waren im Voran- schlag 498 Millionen Steuerertrag vorgesehen, also nur noch 82 Proz. Aber auch diese Summe wurde nicht erreicht, die Steuer- eingänge blieben wieder um fast denselben Betrag wie im Vor- fahre, um 46 Millionen, zurück. Und im laufenden Jahre decken nun die Steuern den um 7�4 Proz. gesenkten Bedarf nur noch zu 69 Proz. Alle Berechnungen stürzen zusammen. An Steuereinnahmen werden in diesem Jahre rund 408 Mil- lionen erwartet, denen etwa 20 Millionen Ausgaben der Steuer» � Verwaltung gegenüberstehen. Das sind 13 Proz. weniger Steuern, als vor zwei Jahren eingekommen sind. Es ist verständlich, daß keine Ausgabenverringerung mit einem derartigen Absinken des steuerlichen Aufkommens Schritt halten kann, zumal wenn der Wohlfahrtsetat in derselben Zeit um fast 30 Proz. (Ausgaben 1930: 314 Millionen. 1932: 404 Millionen) zwangs- läufig gestiegen ist. Die einzelnen Steuerarten sind an dem Röckgang sehr ungleichmäßig beteiligt. Am schlimmsten steht es mit den beiden Steuern, die am unmittelbarsten mit der Wirtschaftskonjunk- tur zusammenhängen: der Einkommensteuer und der Gewerbesteuer. Der Berliner Anteil an der Reichseinkommen st euer (einschließlich der Körperschaftssteuer) wird in diesem Jahre nicht einmal mehr die Hälfte der Summe erreichen, die die Stadt im Jahre 1930 erhalten hoti die Steuer ist abgesackl von 93 Millionen (1930) über 43 Millionen(1931, veranschlagt waren noch 61 Mil- lionen!) bis auf 41 Millionen in diesem Jahre. Nicht ganz so hart, aber noch immer hart genug, ist der Rückgang bei der Gewerbe» (teuer. Während sich der Ertrag an Lohnfummensteucr infolg« der Erhöhung des Steuersatzes von 1,25 auf 1,56 Proz. der ge- zahlten Lohnfumme in den letzten Jahren ungefähr auf gleicher Höhe hält, sinkt die Gewerbe e r t r a g s steuer von rund 100 Mil- lionen auf 56 Millionen innerhalb von zwei Iahren. Einkommen- und Gewerbesteuer haben also zusammen in dieser Zeit allein bei- nahe 100 Millionen verloren, das ist mehr als der fünfte Teil des ganzen steuerlichen Aufkommens der Stadt überhaupt. Berlin zahlt für die prov:nz. Die Senkung des Steuersatze« bei der Hauszinssteuer kostet die Stadt Berlin fast 10 Millionen, ein Drittel der gesamten Steuer. Bon konjunkturempfindlichen Steuern sinken
in den letzten Iahren weiterhin stetig die Grunderwerbssteuer, die Werlzuwachssteuer, die Vergnügungssteuer(3 Millionen weniger als 1930), die Hundesteuer, die Getränlesteuer und der Anteil an der Kraftfahrzeug st euer, von der seht bei der ungerechten Verteilung und nach der Senkung des Zuschlags von 10 auf 5 Pro;. für Verlin nicht einmal mehr Z Millionen übrigbleiben, während die Sladl siebenmal so viel aufbringt. Der Anteil an der Reichsumsatz- steuer bleibt in den letzten Jahren annähernd auf gleicher Höhe, die sinkenden Aisfern des Warenumsatzes werden durch die Erhöhung des Steuersatzes nahezu aufgewogen. Diesen mannigfachen Steuern mit oerinindertem Aufkommen stehen nur drei Steuerorten gegenüber, die im Vergleich mit 1930 erhöhte Beträge einbringen: die Bürger st euer infolge der Verdreifachung des Satzes, die Grund steuer infolge der Erhöhung de» Zuschlages von 275 auf 312,5 Proz. und die B i e r st e u e r, gleichfalls infolge der Erhöhung des Steuersatzes. Gegenüber dem Vor jähre werden diese Steuern freilich gleichfall« im Er» trage zurückgehen, so daß die absinkende Tendenz im g e s a m t en Steuerhaushalt der Stadt einheitlich in die Er- scheinung tritt. Aber auch trotz dieser Senkung ist die steuerliche Leistung Berlins immer noch ganz außerordentlich. Man muß dabei bedenken, daß die städtischen Steuern nur etwa ein Viertel der gesamten von der Berliner Bürgerschaft aufzubringenden Steuer- menge darstellen. Die Steuern für Reich und Land betragen auch nach Wzug der an die Stadt zurückfließenden Anteile mehr als das Dreifache der kommunalen Steuern. Und diese insgesamt mehr als 1,5 Milliarden werden aufgebracht von etwa 1,5 Mil- lionen Erwerbstätiger— ganz gewiß eine Leistung, deren Druck nur gemildert wird durch den Gedaitten, daß die Stadt von ihrem gesamten Steuerreinertrag in Höhe von 388 Millionen allein 323 Millionen, also fünf Sechstel, sur die Wohl- fahrtspfleg«, in erster Linie für die 600 000 Erwerbs- losen verwendet. Immer mehr Wohlfahriserwerbslofe. Die Zahl der Wohlfahrtserwerbslojen in Verlin, d. h. der langfristigen Erwerbslosen, die weder aus Arbeilslosenoer- sicherung noch aus krisensllrsorge Anspruch haben und ausschließlich von den Gemeinden erhalten werden, ist im Mai 1932 wiederum gestiegen. Sie betrug Ende Mai 1932 281 693 gegenüber 271 260 am Ende des Vormonats. Unter den am 31. Mai 1932 gezählten Wohl- sahrlserwerbslosen befanden sich 9499 Aürsorgearbeiter, am End« des Vormonat, waren es 88S5 Zürsorgcarbeiler.
Zweite Sommerausgabe 1932 des Reichskursbuchs(Große Ausgabe). Einige Tage vor dem 1. Juli erscheint die 2. Sommer- ausgäbe des Reichskursbuchs(Große Ausgabe) mil den Fahrplänen nach dem neuesten Stande für die Eisenbahn-, Luftverkehr und Dampfschiffverbindungen Deutschlands und der fremden Länder. Der Verkaufspreis beträgt wie bisher 6 M. Daneben ist auch weiterhin die billigere Kleine Slusgabe des Reichskur-buchs ohne den Auslandsteil zum Verkaufspreis von 4 M. erhältlich. „Kunst nach Gewicht nannte sich eine Betrachtung über das Auftreten einer Riesendame in Berliner Gastwirtschaften, die wir vor einigen Tagen veröffentlichten. Der Manager der 450-Pfündigen teilt uns in einem Briefe mit. daß„die Kolossaldam« noch kein Engagement unter 6 M. absolviert Hat". Leider verschweigt der Briefschrciber, wie hoch sein Anteil an dieser Gage ist. Der Pianofortefabrikant Georg Hofsmann, Ehef der Firma Hoffmann-Pianos, Pianofortefabrik Georg Hoffmann G. m. b. H., Berlin SW 19, Leipziger Str . 57, vollendete am 12. Juni 1932 in voller geistiger und körperlicher Kraft sein 75. Lebensjahr.
VsrHtallee trinkt, bann sich heute Kaffee Hag leisten. Seit l930 ist er 31 o/o billiger.
Die Sklarek-Taselrunde. „Alle parteigegensähe wurden überbrückt� Im Sklarek-Prozeß sprach gestern im weiteren Verlaus der Verhandlung der Verteidiger des angeklagten Stadtrats Degner, Rechtsanwalt Dr. L a n d s b e r g, Der Verteidiger wandte sich zunächst gegen die Aussührungen des Oberstaatsanwalts Freiherrn von Steinäcker in seinem Schluß- Plädoyer gegen die politischen Beamten und betonte, daß sein Man- dant Milderungsgründe ablehne, die aus der Tatlsach« hergeleitet würden, daß er kein Berufsbeamter sei. Oberslaalsanwall von Skelnöcker werde nicht beweisen können, daß diejenigen Beamten, die durch das vertrauen ihrer Fraktion und ihrer Wähler in Ihr Amt gekommen seien, minderwertiger wären als die Berufsbeamlen. Im übrigen habe es Skandale zu allen Zeiten gegeben, nur mit dem Unterschied, daß sie früher nicht zur Kenntnis der Oeffentlichkett gekommen seien. Daß heute derartige Skandale bekannt würden, sei durch die von den Parteien ausgeübte Kontrolle des öffent» lichen Lebens bedingt. Wenn der Oberstaatsanwalt den politischen Beamten zum Teil den Charakter abgesprochen habe, so müste demgegenüber an das Gocthewort erinnert werden:„Ein Charakter bildet sich im Strom der Zeit."—„Ich halte es, so erklärte Dr. Landsberg, in diesem Falle mit Goethe und nicht mit dem Ober- staatsanwalt."(Heitertest,) Der Oberstaatsanwall habe serner harte Worte gegen Oberbürgermeister Böß gebraucht und dabei anscheinend vergessen, daß er Berussbeamler war, ebenso wie die Sladtbankdirekloren Hossmann und Schmitt. Der Verteidiger vertrat weiter den Standpunkt, daß man für der- artige Skandale, wie den Sklarek-Skandal, nicht ein System oder eine Staatsverfassung verantwortlich machen dürfe, denn einzelne korrupte Banste hätte es zu jeder Zeit gegeben. Da bleibe nichts anders übrig, als zu sagen:„Mann über Bord." Die Sklaretsche Tafelrunde, über die man sich so sehr empört Hab«, habe allerdings das eine Gute gehabt, daß dort sämtliche Parteigegensätze überbrückt wurden. Allerdings sei dieser festen« Genuß durch die Tatfache etwas getrübt worden, daß ein Geistlicher einen zu profanen Zwecken dienenden Pokal nach religiösem Ritus gesegnet habe und daß ein Mitglied einer Partei, die sonst in derartigen Dingen einen anderen Standpunkt vertrete, von den Juden Sklareks Geld ge- nommen habe. Die Verhandlung wurde auf Freitag früh oertagt.
Meineidsanzeige gegen Oldenstädi. Im Felsenecke-Prozeß hat jetzt der Verteidiger Rechts- anmalt Litten gegen den Polizeiwachtmeister Oldenftädt Meineids- anzeige beim Schwurgericht erstattet, das die Anzeige an die Staats- anwaltfchaft weitergeleitet hat, die nun die notweMgen Ermist- lungen durchführen wird. Oldenftädt ist im übrigen bei seiner gestrigen erneuten Untersuchung im Staatskrankenhaus gesund ge- schrieben worden und soll heute wieder an Gerichts- stelle erscheinen.
Warnung vor Schwindlern. Es ist bekanntgeworden, daß in Orten in der Nähe Berlins . aber außerhalb des Berliner Weichbildes(z. B. in Perwenitz, Groß- Ziethen u. a.) angebliche Beauftragte der Stadt Berlin an erwerbslose Arbeiter herangetreten sind und ihnen die Möglichkeit der Beteiligung an den Berliner Stadtrand- siedlungen in Aussicht gestellt haben. Den Bewerbern wurde eine „Einschreibgebuhr" von 2 Mark abgenommen. Für die von der Stadt Berlin zu errichtenden Kleinrandsiedlungen kommen al» Be- werber lediglich Berliner Erwerbslose in Frage: zur Zeit sind im übrigen die Bewerberlisten geschlossen. Es wird aber ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Stadt Berlin sich keiner Agenten für die Sammlung von Bewerbern um die Stadtrandsiedlung be- dient und daß selbstverständlich keine Gebühren für die Bor- merkung erhoben werden. Explosion in Dynamitsabrik. In der Zündhütchenfabrik des Trais - dorfer Wertes der Dynamit AG. bei Köln explodierte am Don- nerstagmittag Knollquecksilber. Das Fabrikgebäude wurde durch die Wucht der Explosion vollständig zerstört. Do zur Zeit der Erplosion niemand im Betrieb war, sind Menschen- leben glücklicherweise nicht zu beklagen.
„Nein, das meine ich nicht. Seine Richter sind Männer, an die kein Makel herankann. Aber ich meine, selbst wenn an chus ein Verbrechen geschähe, ich fühlte mich befugt, es zu decken!" „Im Ernst?" „2a. „Dann ist dein Gewissen für den Augenblick ziemlich robust!" „Gewissen?! Wie könnte ich, als Inhaber der Macht, mir ein Gewissen leisten? Das wäre in meiner Lage fo unnütz wie eine Mastdarmfistel." „Lieber Neffe, tu nicht gehenkter, als du bist! Etwas, was einem Gewissen ähnelt, wirst du aus jungen Tagen her doch wohl haben, und sei's noch so winzig!" „Gottlob nicht! Hätte ich's, wie käme ich zum Handeln? Ich würde von Bedenklichkeiten gefressen, wie die Distel von Läusen. Nein, an Stelle des Gewissens schaukelt sich bei mir ein Sack voller Zweckmäßigkeiten." „Rüttle sie gut, diese Zweckmäßigkeiten!" „Warum?" „Damit sie nicht ranzig und anrüchig werden, wie Lazarus am dritten Tag." „Ich verstehe dich nicht." „Existierte in diesem Beutel der Zweckmäßigkeiten nicht einst auch ein gewisser Geleitsbrief?" „Ich habe ihn abgeschworen und für ungültig erklärt." „Das ist ja gerade der Mumpitz! Kannst du deinen Schatten erbschwören und für ungültig erklären?! Genau so gut könntest du ihn mit der Schere abschneiden und auf ein Tuchbrett wickelnl" „Ah pah!" „Nichts Ah pah!, Sigmund. Dies Ah pah! ist keine Ant- wort! Du mußt auf eine bessere sinnen. Auf eine, die nicht
bloß wegschiebt, sondern die widerlegt. Bergiß nicht, brennt der Böhme morgen tatsächlich, so wird man dir diesen Ge- leitsbries in die Ohren zetern, solange du lebst!" „Bleib mir mit Moral vom Leibe! Politische Handlungen wollen mit politischer Elle gemessen werden." „Meß sie, womit du willst! Du hast dafür gerade zu stehen» nicht ich! Ich wollte dir nur geraten haben. Aber mir scheint, du nehmest heute nur Brautrat an." „Brautrat?" „Ratet mir gut, sagte die Braut, nur ratet mir nicht ab!" Sigmund lacht. Wieder ist es das gleiche, beinahe unhördare Lachen, das ihn kennzeichnet, wenn er mit sich.zufrieden ist. Der Kobold, der feixt, wenn einer seiner Anschläge sich rundet. Nicht nur ein Lachen des Mundes, nein, ein Lachen, das den Menschen mit einbezieht, bis in die Gelenke der Wirbel hinein: dennoch ein stummes Lachen, gleichsam ein innerliches Händereiben. „Meinst du", sagt er nach einer Weile mit künstlich ge- drückter Stimme,„es hätte mich keinen Kampf gekostet, bis ich mich in Sachen Hus zu dieser Stellungnahme durchrang? Ich weiß nicht, ob der Mann morgen auf seinem Scheiter- Haufen einen größeren ausstehen wird. Aber es gab für mich in der Tat keine andere Möglichkeit, als ihn fallen zu lassen. Ich kann mir nicht mein Werk, in mühseliger Arbeit aufge- baut, durch einen unberechenbaren Fanatiker zertrümmern lassen!" „Dein Werk?" „Ja. mein Werk! Hier das Konzilium, meine ich. Die Ausrottung des Schismas, die Erneuerung der Christenheit. Welche Mühe hat es gekostet, all die widerstrebenden Gruppen hierher an einen Tisch zu bringen! Welche Mühe hat es ge- kostet und kostet es noch, die auseinanderstrebenden Gruppen zusammenzuhalten! Welche Mühe wird es noch fernerhin kosten, die Beendigung der Krise zu erzwingen und der Kirche ein einziges rechtmäßiges Oberhaupt zu geben! Die Einheit mutz her! Gelingt diesem Konzilium die Reformation der Kirche nicht, so fällt alles auseinander, alles! Und jetzt, wo durch mich der Grund gelegt ist zu einem neuen Bau und einer neuen Stadt, jetzt soll ich sentimental werden und mir den Plan verwirren lassen von einem Magister, der grüßen- wahnig geworden ist, weil er meiner Schwägerin Beichte hören durfte. Nein, wer mir jetzt noch entgegentritt und mein Werk behindern will, den zertrete ich!"
Sigmund schweigt. Der Pfalzgraf zögert mit einer Antwort. Er kann zwar Sigmunds Gesicht im Dunkel nicht erkennen, ober etwas in der Stimme des Königs hat ihn stutzig gemacht. Weiß Gott , er, Ludwig, des Reiches Erztruchfeß. ist doch auch kein heuri- ger Hase, er hat mancherlei Wind der Welt sich um die Ohren wehen lassen, er versteht es, auch in verschlossenen Gesichtern zu lesen, aber wenn der eben gehörte Ton echt ist, so hat er sich bisher von Sigmund schwer täuschen lassen. Steckt hinter dieser Gestalt, die in allen Farben schillert, die alles aus dem Handgelenk zu lösen scheint, die leichtfertig tut, listig, ver- schlagen, die oft dreist und unverschämt ist, die alles auf den eigenen Vorteil hinzutreiben versteht, steckt da wirklich mehr dahinter, als nur der Drang zu glänzen, zu genießen, mitzu- nehmen? Steht da wirklich ein Wille dahinter, der weiter zielt als immer nur die zehn Ellen des nächsten Tags? Dann eine Kiepe voll Hochachtung! Dann hat er. der Psalzgras, noch allerlei zuzulernen, schon um diese Täuschung wettzu- machen. „Was schwebt dir letzten Ends vor, wenn ich fragen darf?" Merkwürdig heiser klingt des Pfalzgrajen Stimme durch das Dunkel. „Eine geeinte Christenheit und ich, der römische König, Kaiser und Schutzherr der Kirche!" „Ein großer Plan, Nesse , ein guter Plan! Ich wünsche dir, daß er gelinge. Doch ein Rat sei dir bei dieser Arbeit in den Helm gelegt!" Sigmund nähert begierig den Kopf. „Wer sich an die Kirche lehnt, dem fällt osizuleicht ein Götze auf den Kops" „Wie meinst du das?" ..Nichts anders, als ich's gesagt habe!" Mit viel Geschnauf steht der Psalzgras auf. wie ein Mann, den die Fülle des Leibs drückt. Polternd schiebt er den schweren Sessel zurück: „Es wäre Zeit, daß hier hell wird!" Sigmund rührt die Klingel. Schritte. Mit häßlichem Quietschlaut geht die Türe auf. Ein silberner Leuchter reckt sich herein, seine drei Flammen bespielen einen sich neigenden Graukopf. Blinzelnd sagt Sigmund: „Schaffner, hierher mit dem Licht!" (Fortsetzung folgt.)