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Nr. 283 49. Jahrgang

1. Beilage des Vorwärts

Das Urteil gegen Matuska

Sechs Jahre schweren Kerker für den Eisenbahnverbrecher

Wien , 17. Juni.

sei und zweihundert Menschenleben in Todesgefahr Um 20 Uhr verkündete das Gericht das Urteil im schwebten. Was das Motiv betrifft, so dürfte es in erster Reihe materieller Natur gewesen sein. Eine große Rolle spielten aber auch Prozeß gegen Matuska. Matuska erhält sechs Matuskas Geltungsbedürfnis, seine durch die Eitelkeit angefachte Jahre schweren Kerker, verschärft durch einen Sensationsluft und nicht zuletzt sein Sadismus. Dieser Sadis­Fasttag und hartes Lager an jedem 31. Dezember und mus zeigt sich insbesondere darin, daß er einem besorgten Vater, der 30. Januar. Nach abgebüßter Strafe wird er des zitternd und bangend auf dem Wiener Westbahnhof die Ankunft Landes verwiesen. Außerdem hat er die Prozeß seiner Angehörigen mit dem Bia- Torbagner Schnellzug erwartete, kosten zu ersetzen und Schadenersak in Höhe von 4199 fofort erzählte, seinem Söhnchen seien beide Füße abgefahren Schillinge 72 Groschen an die österreichische Bundesbahn worden. Matuskas. Verurteilung in Desterreich dürfe keine bloße zu leisten. Die Untersuchungshaft vom 7. Oktober 1931 Formsache sein. Der Staatsanwalt beantragte schließlich eine bis zur Stunde der Urteilsverkündung wird in die Straf- Strafe von fünf Jahren schweren Kerters. Das Ge= zeit eingerechnet. richt ging über diesen Antrag hinaus und verhängte das oben wiedergegebene Urteil.

Die Urteilsbegründung.

Sonnabend, 18. Juni 1932

Brandstiftungen in Schulen.

Die Tat eines Geistesgestörten?

In den gestrigen Abendstunden brach in kurzen Abständen in der 14. Hilfsschule in der Ruheplaßstraße, in der 56. Gemeindeschule in der Gotenburger Straße und in der Werner- Siemens- Oberreal­schule in der Badstraße 22 auf dem Gesundbrunnen , Feuer aus. In allen Fällen gelang es der Feuerwehr, die Brände schon nach kurzer Zeit zu ersticken.

Der erste Alarm tam um 17,50 Uhr aus der Ruheplazstraße. Dort stand ein Teil eines Klassenzimmers in Flammen. Wie später festgestellt wurde, war das Feuer in dem Bücherschrank entstanden. Es zeigten sich Spuren, daß verbrecherische Hände am Werke ge­wesen waren. Um 19 Uhr wurde in einem Klassenzimmer der Ge= meindeschule in der Gotenburger Straße Feuer bemerkt. Auch in diesem Falle brannte ein Bücherschrank. Das Feuer konnte sofort auf seinen Herd beschränkt werden. Schließlich kam der dritte Feueralarm aus der Werner- Siemens - Oberrealschule aus der Bad­straße 22, wo abermals ein Bücherschrank in einem Klassenzimmer brannte. In der Gotenburger und Badstraße ist Brandstiftung einwandfrei nachgewiesen worden. Es besteht kein Zweifel, daß es Die Kriminalpolizei hat die weiteren Ermittlungen aufge= nommen. Es wird vermutet, daß man es mit einem Geisteskranken zu tun hat.

Der Vorsitzende führte aus, daß sich das Urteil in objektiver Immer wieder: Benzinexplosion in der Wohnung. fich in allen Fällen um einen und denselben Täter handelt.

Hinsicht auf Matustas Geständnis sowie auf das Ergebnis des Beweisverfahrens stüge; in subjektiver Hinsicht darauf, daß Matuska den bösen Vorsatz zugegeben habe. Das Ungeheuerliche seiner Tat habe. den Eindruck erweckt, daß er nicht normal sei; doch hätten alle Gutachten übereinstimmend festgestellt, daß Ma­tuska seine zurechnungsfähigkeit nicht verloren habe. Das Ge­richt hat sich diese Meinung zu eigen gemacht und sein Urteil darauf gegründet. Entscheidend für das Urteil war die Wiederholung des Deliktes, der zweite Anzbacher Versuch, der, wenn er erfolgreich gewesen wäre, viele Menschen in Todesgefahr gebracht hätte, wie das später bei Jüterbog und Bia Torba gy der Fall war. Das Vergehen Matuskas ist eine der schwersten und ungeheuer­lichsten Taten dieser Art und daher ist das Gericht über das vom Staatsanwalt beantragte Strafmaß hinausgegangen.

Vors.: Matuska, haben Sie alles verstanden? Matuska: Jawohl. Vors.: Sie können gegen das Urteil das Rechtsmittel der Nichtig­feitsbeschwerde oder der Berufung ergreifen. Angefl.: Ich will nur noch sagen: Mein einziges Ziel, wegen dessen ich hier size, will ich nicht zurücknehmen, bis mein letztes Herz klopft. Dr. Ettinger: Ich melde die Nichtigkeitsbeschwerde an. Auf die Berufung wird verzichtet.

Darauf wurde die Verhandlung geschlossen. ruhig in seine Zelle zurück.

Matuska ging

Die Aussage der Frau Matuska. Unter größter Spannung des vollbesetzten Saales war Frau Matuska vernommen worden. Frau Matuska spricht so leise, daß man sie in der nächsten Umgebung nur mit Mühe verstehen kann. Ihre Aussprache hat einen unverkennbaren ungarischen Akzent. Sie gibt an, 34 Jahre alt zu sein; vor ihrer Verheiratung war sie Lehrerin in Cfantaver. Sie erzählt dann: Im Jahre 1918 trat ich mit Matusta in nähere Beziehungen; 1919 heirateten wir. Ueber die Verhältnisse meines Mannes weiß ich nicht viel. Sein verstorbe­ner Vater war Pantoffelmacher; die Mutter lebt noch. Die Zeugin erklärt weiter, daß ihr von Krankheiten in der Familie ihres Mannes nichts bekannt sei, doch habe sie gehört, daß seine Großmutter un­mäßig viel Schnaps getrunken habe. Ihr Mann dagegen sei ein schwacher Trinker. Vors.:, Zeigte ihr Mann in den letzten Jahren ein ungewöhnliches Benehmen? Zeugin: Er hatte immer schon sehr viel Phantasie und trug sich mit großen Plänen. Iren, sagte er, du wirst sehen, ich werde ein berühmter Mann. Wir werden viele Milliarden verdienen. Besonders viel beschäftigte er sich mit dieser Sache.( Frau Matuska zeigt auf die Turbine.) Sie hat ihm viel Geld gekostet. Mein Mann meinte, ganz Europa werde die Bahnen elektrifizieren müssen, und die ganze Welt werde seine Erfindung einführen.

Matusta sprang dann plößlich auf und rief: Jetzt soll die ganze Welt hören, was ich dir schon immer gesagt: Ich liebe dich, du bist allein im meiner Herz! Frau Matuska ist über diesen Ausbruch ihres Mannes so erschüttert, daß sie nicht weitersprechen kann und in Tränen ausbricht. Man bringt ihr Wasser; Matuska wirft ihr einen liebevollen Blick zu und murmelt: Bitte, fünf Minuten Bause.

Als Frau Matuska nach der Beendigung ihrer Aussage an der Anklagebank vorbeikommt, ergreift Matusta ihre Hand und füßt fie inbrünstig. Frau Matuska beugt sich über ihn und küßt ihn auf die Lippen. Der Angeklagte weint vor sich hin.

Der Antrag des Staatsanwalts. Staatsanwalt Dr. Freiinger hatte in seinem Plä doyer erklärt, die besondere Verruchtheit der Handlung Matuskas bei dem Anzbacher Attentat lasse sich ermessen, wenn man bedenke, daß der Zug mit einer Geschwindigkeit von 75 Kilometer dahingeraft

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Im Hause Sodener Straße 34 ereignete sich gestern nachmittag eine folgenschwere Benzinexplosion, bei der die 21 Jahre alte Hausangestellte Grete Raddatz erhebliche Brandverlegungen erlitt. Das junge Mädchen war in der Küche mit dem Reinigen von Kleidern beschäftigt, wozu sie Benzin verwandte. Unvorsichtiger­weise ließ die Hausangestellte die Flasche unverforkt, so daß Benzin dämpfe entströmten, die durch die Flamme des Gas­fochers plötzlich entzündet wurden. Durch die hervorschießende Stich­flamme wurde Grete R. im Gesicht schwer verletzt.

Reichswehrsoldat bei Schwimmübung ertrunken. Ohlau i. Schles., 17. Juni. ( Eigenbericht.) Heute nachmittag gegen 16.30 Uhr ertranf bei einer Schwimm­übung in Ohlau i. Schles. der Reiter Ellguth der 1. Eskadron des Reiterregiments 11. Die Leiche konnte bisher noch nicht gefunden

werden.

Rund um den Tegeler See

Wanderungen im Berliner Norden

Kein Sommer darf vergehen, ohne daß der Berliner einmal das gute, alte Tegel aufsucht, wo es nach Goethe bekanntlich spufen foll. Abergläubische Gemüter seien jedoch beruhigt: man merkt nichts davon. Tegel selbst, das schon im 14. Jahrhundert gegründet wurde und jahrzehntelang eine beliebte Berliner Sommerfrische war, ist heute ein Stück des nördlichen Berlins mit breiten Straßen und hohen Häusern, Mietskasernen und Fabriken.

Bei Tegelort

Besonders die großen Berliner Gaswerke und das jetzt leider ver­trachte Borfigwerf geben ihm das industrielle Gepräge. Aber wenige Kilometer außerhalb der Siedlung dehnt sich der wunder­Dolle Tegeler Wald, und dann ist der weite Tegeler See da, über den man sich auch heute noch in der schlechten Zeit eine billige Dampferfahrt leisten kann.

Eine große Anzahl von BV G.- Linien und auch die Eisenbahn fahren nach Tegel . Von der Berliner Straße biegt links die Hauptstraße ab, die an der Kirche vorüber zur Dampfer­station am See führt. Wir benutzen von hier den Dampfer nach Tegelort oder laufen um den wundervollen See herum nach Tegelort. Der Weg führt an zahlreichen Bootsstegen vorüber, um die Malchsee" genannte Bucht herum, an der Villa der Herren Don Borsig vorbei, nach Tegelort. Gegenüber Don Tegelort liegt

"

die Schulinsel Scharfenberg. Sie bildet das Entzücken der Schüler, die den Vorzug genießen, hier einen Teil ihrer Schul­zeit verbringen zu dürfen. Am Havelufer wandert es sich auch heute noch, trotzdem die Siedlungen Jörsfelde und Konrads= höhe sich ständig vergrößert haben, noch gut. Nördlich von Kon= radshöhe, in der Nähe von Sandhausen , ladet eines der vielen Freibäder in der näheren und weiteren Umgebung Berlins zum Verweilen ein. Wenige Schritte später finden wir am Heiligen­ see ebenfalls ein viel besuchtes Freibad. Von Heiligensee aus kann man die Straßenbahn zur Rückfahrt benutzen. Wer nach Tegel zurückwandern möchte, dem sei der in der Nähe des Schützen­hauses von Sandhausen nach Osten abbiegende Weg empfohlen, der durch den Hochwald zum Schwarzen Weg am Nordende des Malch­sees führt. Wenige Schritte von der Einmündung unseres Weges in den Schwarzen Weg stehen alte Eichen, unter denen die Dicke Marie" eine gewisse Berühmtheit erlangt hat Wer noch Zeit hat, möge jetzt dem Park der Humboldts einen Besuch ab­statten.( Besichtigung 25 Pf.) Es handelt sich hier um einen der schönsten Parks im Gebiete Berlins . Er birgt das Erbbegräbnis der Familie Humboldt, das von der auf hoher granitner Säule thronenden Hoffnung, einem Werke Thorwaldsens, überragt ist.

Eine andere Möglichkeit bietet die Wanderung von Heiligen­ see nach Spandau . Wir lassen uns mit der Fähre für 10 Pf. nach Nieder- Neuendorf übersetzen. Von hier gehen mir in südlicher Richtung weiter. Nach etwa einem Kilometer fönnen wir links zum Havelufer abbiegen und diesem etwa bis zur Bürgerablage folgen. Nach wenigen Schritten erreicht man von hier die Neuendorfer Allee, die nach Spandau führt. Von hier bis zum Bahnhof Spandau sind immerhin noch fünf Kilometer. Man kann sich aber auch wieder nach Tegelort übersetzen lassen und mit der Linie 28 nach Berlin zurückfahren.

Ein anderer, sehr schöner Weg führt von Nieder- Neuendorf an den Papenbergen vorbei auf dem sogenannten Jägergestell durch die Spandauer Stadt forst. Das Jägergestell trifft schließ= lich auf die Chaussee, die von Spandau nach Schönwalde führt. Wir wenden uns nach Süden und erreichen beim Johannisstift den Anschluß an die Straßenbahn, die wir zur Rückfahrt nach Berlin oder auch zur Fahrt nach dem von hier noch vier Kilometer ent­fernten Bahnhof Spandau - West benußen können.

Weglängen: Tegel - Tegelort 6 Kilometer; Tegelort- Heiligen­see 4 Kilometer; Heiligensee - Spandau ( Johannisstift bzw. Bürger­ablage) 5 bzw. 3 Kilometer; Heiligensee - Bahnhof Spandau - West etwa 9 kilometer.

Juno hat ihre eigene Note,

das wissen alle Junofreunde!

Zur Wahrung ihrer Eigenart, die in sorgfältigster Mischung bester Tabake liegt, verzichtet

Juno

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