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7!r. 282» 49. Jahrgang
-1. Beilage des Vorwärts
Dienstag, 24. Juni 4 932
Erwerbslosensiedlung im Aufbau 1600 Stellen gehen der Vollendung entgegen
Das Dtelurnftritteite Werk der Berliner Erwerbslose n- stedlvng ist in der letzten Zeit ein gutes Stück vorwärts ge> kommen. Auf den Siedlung sgeländen sind die Arbeiten in vollem Gangs. Bon den 1800 Siedlerstellen, die in Berlin   erstellt werden sollen, sind bereits nahezu 16lK) in Bau genommen. In den zuerst begonnenen Siedlungsabschmtten hat ein Teil der Häuser bereits die Dacheindeckung erhalten; die Gesamtanlag« der Siedlung, die Anordnung der Bauten, die Gliederung der Grundstück« und die Straßenführungen werden bereits sichtbar. Viele Erwerbslose, die sich jetzt nachträglich und vorläufig vergeblich um eine Siedlerstelle bewerben, müssen heut« fest- stellen, daß das Siedlungsprojekt ganz anders und w e s e n t- lich günstiger aussieht als im Herbst vorigen Jahres, in dem die Oeffentlichkeit durch die ersten, mit allerhand romantischen Illu- sionen verbrämten Stadtrandsiedlungs-Projekt« überrascht wurde. Inzwischen sind die Zweifel zahlreicher Erwerbsloser über die Weiterzahlung der Unterstützungen an die Siedler durch ein« un- zweideutige Erklärung des Reichssiedlungskommissars Dr. S a a ß e n vor der Reichspressekonferenz zerstreut worden. Danach kann der Besitz einer vorstädtischen Siedler st elle kein Grund.zur Entziehung der öffentlichen Unterstützungen sein, auf die jeder Arbeitslos« in Deutschland   nach den heute geltenden sozial- politischen Grundsätzen ein Anrecht hat. Die Hauptschwierigkeit der Siedleraktion, die Bauten durch die Erwerbslosen-Siedler selbst erstellen zu lassen, die nur ihr« karge Unterstützung erhalten und dementsprechend wenig leistungsfähig sein können, ist dadurch gemildert worden, daß der Reichskommissar Dr. Saaßen, einem Vorschlag der Berliner   freien Ge- w« r k s ch a f t e n folgend, für die vorstädtischen Kleinsiedlungen der Reichshauptstadt einen Sonderzuschuß bis zu 1l>l) Mark pro Siedler bewilligte, mit dem mindestens die Fahrtkosten der Siedler zur Baustelle gedeckt und ein reichliches Mittagessen auf der Baustelle bezahlt werden könne. Die freigewerkschaftliche Wohnungsorganisation Gehag bringt außerdem an ihr« Siedler Gutscheine, die zum Bezug von Lebensmitteln berech- tigen, zur Verteilung. Berlins Siedlungshilfe. Die Siedlungsarbeiten hätten jedoch ohne eine großzügig« Hilfsaktion der Stadt Berlin   nicht begonnen werden können. Da die Bauten allein von den Siedlern, unter denen nicht genügend geschulte Baufacharbeiter Dorhanien sind, weder sachgerecht noch innerhalb der vorgesehenen Fristen erstellt werden können, entschloß sich das Landeswohlfahrtsamt, zur Unterstützung der Siedler wohlfahrtserwerbslose Maurer  , Zimmerer, Ofensetzer und Dachdecker zur Verfügung zu stellen, die iin Rahmen der Arbeits- fürsorge beschäftigt werden und wöchentlich 32 Stunden zu den Tariflöhnen des Baugewerbes arbeiten. Die Löhne für dieseAsü-Arbeiter" werden größtenteils durch die Stadt bezahlt, die damit einen Sonderzufchuß von schätzungsweise 250 Mark für jede Siedler st elle hergibt. Diel zu wenig beachtet wird die Tatsache, daß die gelegentlich von einem Teil der Presse in gänzlich ungerechtfertigter Weise der Siedlungs-Sabotage" bezichtigte Verwalwng der Stadt Berlin  durch die Hergabe hochwertiger Gelände im Gesamtwerte von 6H Millionen Mark überhaupt erst die Durchführung der Siedlung ermöglicht hat. Bei den jetzt im Bau befindlichen Siedlungsvorhaden handelt es sich durchgängig um Grundstücke im Werte von 3 bis 5 Mark pro Quadratmeter Bauland. Jedem Siedler wird ein Grundstück von durchschnittlich 800 Quadratmeter Fläche im Wege des Erbbaurechts auf mindestens 30 Jahr«, sehr wahrscheinlich aber bis zur Tilgung der Reichsdarlehen für die vor- städtische Kleinsiedlung, d. h. bis zum Jahre 1977, fest zur Verfügung gestellt. Es wird ihm damit ein Wert von 2400 bis 4000 Mark übergeben, für den ein außerordentlich niedriger Pacht- zins von 4 Pfennig pro Quadratmeter jährlich zu zahlen ist. Oer Typ der Gehag. DieMutterhäuser", die um die Jahreswende der Oeffentlichkeit präsentiert wurden, und die mit ihrer, gelinde gesagt, stark über- triebenen Einfachheit gar manchen Siedlungslustigen abgeschreckt haben, sind längst nicht mehr maßgebend. Die Siedlungsbauten, wie sie die Gehag jetzt als Treuhänderin der Wohnungsfürforge- gesellfchaft Berlin   in Buckow   und Britz   auf Geländen mit erst- klassigem Ackerboden und mit günstigen Verkehrsoerbindungen, er-
richtet, sind gewiß auch noch recht bescheiden«ingerichtet, stellen jedoch einen wesentlichen Fortschritt gegenüber den ersten, der Oeffentlichkeit vorgelegten Plänen dar, wie die hier erstmalig»er- öftentlichten Zeichnungen beweisen. Die nur bei schärfster Kalku­lation und rationellster Organisation der Bauarbeiten zu bewälti- gende Aufgab«, mit einem Reichsdarlehen von nur 2500 Mark pro
0 H M FlAC H E 34.13 W Der Typ der Gehag- Häuser Siedlerstelle in Berlin  , in der Stadt mit den höchsten Baukosten, massive Ziegel-Dauerarbeiten zu erstellen, die berechtigten Mindest- ansprächen der Siedler genügen, dürfte hier gelöst sein. Den Wlln- schen der Siedler folgend, hat die Gehag einen Wohnungstyp gewählt, der wesentlich von den Richtlinien des Reichskommissars für die vorstädtische Kleinsiedlung abweicht. Während die Reichs- richtlinien die im Westen des Reiches und in Schlesien   übliche Wohn- küche mit Kochnische, eine Schlafkammer und einem zweiten, klei- neren Schlafraum vorschrieben, hat die Gehag mit Zustimmung des Reichskommissars den Wohngepflogenheiten des Berliners Rechnung getragen, der eine strenge räumliche Trennung zwischen Wohnen und Schlafen auf der einen und Essen und Kochen auf der anderen Seite liebt. So ist ein« Grundrißeinteilung mit einer kleinen- und Arbeitsküch« von rund 7)4 Quadratmeter, einem Wohn- z i m m e r von 12 Quadratmeter, einem Schlafzimmer von 9)4 Quadratmeter Fläche entstanden. Die Häufer erhalten einen kleinen T i e f k e l l e r. Im Dachgeschoß lassen sich zwei Schlaf- räume einbauen, durch die weitere 20 Quadratmeter Wohnfläche gewonnen werden. Siedler mit drei und mehr Kindern erhalten auch das ist ein Fortschritt gegenüber den ursprünglichen Projekten mit Rücksicht auf ihre Kinderzahl von vornherein einen Raum im Dachgeschoß ausgebaut. Der Stall und das Klosett, von den Wohnräumen sorgfältig getrennt, sind dennoch so angelegt, daß sie stets trockenen Fußes erreicht werden können. Für je ein Doppel- haus oder zwei freistehend« Einfamilienhäuser wird ein Brunnen gebaut. Der wichtigst« Fortschritt: Durch das Entgegenkommen der Bewag ist es möglich, die Siedler von vornherein mit e l e k t r i- s ch e m Licht zu versorgen. Zur Bewirtschaftung der Siedlerstelle werden dem Siedler die erforderlichen Gartengeräte zur Verfügung gestellt. Die Bäume und Beerensträucher, der Dung und das Saatgut zur Anlage des Gartengrundstücks werden ebenso wie etwas Klein- oieh mitgeliefert.
Auch nach dem heute Erreichten bleibt manches zu wünschen übrig. Aber dessen ungeachtet ist die Siedlerstelle für die wenigen Glücklichen, die ausgewählt wurden, eine gute Hilfe in der Notzeil Sie können sich auf chren Grundstücken, van denen allein gan; bestimmt niemand leben kann, ihr Gemüse und ihre Kartoffeln ziehen und etwas Kleinvieh halten. Vor allen Dingen aber: ihre Haushaltsrechnung, in der jeder Pfennig zählt, wird durch die Er- fparnis der Miete stark entlastet. Es gibt unter den Siedlern, von denen kaum einer in seiner jetzigen Wohnung weniger als 20 Mark monatlich an Miete aufbringen muß, Neubaumieter, die monatlich 60 bis 80 Mark an Miete zahlen sollen. Für die Siedler- stelle haben sie im Quartal dieses Jahres den außergewöhnlich niedrigen Betrag von 3 M a r k m o n a t l i ch für Feuerversicherung. Haftpflichkersicherung, Schornsteinfegergebühren, elektrische Straßen- beleuchtung und weitere Nebenkosten zu zahlen. Die Monats belastung beträgt im nächsten Jahre einschließlich Grundstückspocht 5,65 Mark: sie steigt dann durch den Zinsendienst für das Reichs- darlehen für die Zeit von 1934 bis 1936 auf 11,75 bis 12,25 Mark und erreicht mit 15,75 bis 16,60 Mark ab 1. Januar 1937 ihre Höchstgrenze. Diese Erleichterung der Lebenshaltung ist ein Ziel, das die gewiß schwere Selbsthilfearbeit während der Bauzeit lohnt. Es entspricht dem Gemeinschaftsgedanken des Siedlungswerks daß die Siedler sich möglichst noch vor Einzug in ihr« Häuser zu Genossenschaften zusammenschließen müssen, in denen sie den gemeinsamen Hausbesitz verwalten und selbständig all« Angelegen- heiten ihrer Siedlung regeln sollen. Je mehr Häuser draußen vor dem Steinmeer der Stadt aus den Boden wachsen, desto stärker wird das Interesse unter den Berliner   Erwerbslosen. Im Augenblick besteht jedoch wenig Aussicht. daß die neu andrängenden Siedlungslustigen berücksichtigt werden. Bereits von den Bewerbern, die sich im Januar meldeten, mußten über 1000 leer ausgehen. In der von der Brüning-Regierung gr- planten 5. Notverordnung war die Fortführung der Siedlungsaktion vorgesehen. Sollte sich das Kabinett der Barone zur Hergabe der Mittel für einen zweiten Siedlungsabschnitt entschließen, so ist es unbedingt notwendig, die ungerechte Behandlung Ber- lins bei der Bemessung der Reichsdarlehen zu beseitigen, die für die Reichshauptstadt nicht höher sind als für die kleinste Provinzstadt. Mit einem Reichsdarlehen von etwa 3000 Mark statt nur 2500 Mark pro Siedlerstelle hätte man die Siedlungshäuser in ihrer Anlage und in ihrer Größe mehr den Wohngepflogenheiten des Berliner   Arbeiters anpassen können und vor allem die Mittel ge­habt, um die Arbeitslosigkeit unter der Berliner   Bauarbci- terschast durch Einstellung freier, tariflich voll entlohnter Baufach- arbeiter, die eine sachgemäße Verarbeitung der Baustoffe verbürgen mildern können. Zahlreiche Fehler und Illusionen waren und sind bei der ersten Erwerbslosen-Siedlungs-Aktion zu überwinden. Sie haben ihr Gutes gehabt, wenn die notwendigen Lehren gezogen werden! Dr. Karl Brockschmidt. Wieder Brandstiftung in einer Schule. Oer Täter wahrscheinlich ein Geistesgestörter. Erst am Sonnabend mußten wir über drei Brand- st i f t u n g« n in den Gemeindeschulcn in der Ruheplatz- straße, in der Gotenburger Straße sowie in der Werner-Siemens  - Oberrealschule berichten. In allen drei Fällen wurden von einem unbekannten Täter Bücherschränke in Klassenzimmern in Brand gesetzt. Zum Glück wurden die Flammen rechtzeitig entdeckt,'o daß die Brände im Keime erstickt wurden. Der Täter, offenbar ein Geisteskranker, konnte bisher von der Kriminalpolizei nicht gestellt werden. Gestern abend hat der unheimliche und ge meingefährliche Mensch abermalz Feuer gelegt. Er drang unbeob- achtet in ein verschlossenes Klassenzimmer der 15 0. Gemeinde- schule am Tempelhofer   User 20 ein und zündete wieder den Bücherschrank an. So geheimnisvoll wie der Brandstifter erschienen war, verschwand er auch wieder. Als der Schuldiener um 17.25 Uhr im Schulgebäude nach dem Rechten sehen wollte, sah er in dem Klassenzimmer Flammenschein und Rauch. Mit einem Handlöschgerät gelang es ihm, die Flammen zu er­sticken. Von der alarmierten Kriminalpolizei ist wieder Brand stistung einwandfrei festgestellt worden. Um den Brandstifter zur Strecke zu bringen, wäre eine stärkere Beobachtung der Schul- gebäude in den ersten Abendstunden sehr am Platze. Zusammenstoß zwischen Nazi und Kozi  . In der Donaustraße in Berlin-Neukölln kam es am Montagnachmittag zu schweren Schlägereien zwischen SA.- Leuten und Kommunisten. Es wurden zahlreiche Schüsse abgegeben. Als die Polizei eintraf, waren die Rädelsführer bereits geflüchtet. Mehrere Verletzte mußten die Hilf« der Rettungswache in Anspruch nehmen.
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