Die peinliche Frage. Wie sie die Einheitsfront auffaffen
3hr Nationalsozialisten- wo seid ihr nun?
Herr Goebbels hat einen Armeebefehl herausgegeben, von Papen und seiner Regierung darf in diesem Wahlkampf nicht gesprochen werden. Neuigkeiten sind nicht beliebt. Man bitte, sich auf Altertümer zu beschränken, auf Brüning und Groener, die Novemberlinge und den alten Frizen.
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Das möchte den Herren so passen beim Gestrigen zu verweilen. Wir sind so frei, neugierig zu sein und werden all den Schweigsamen den Mund zu öffnen versuchen. Wir werden immer wieder fragen, hundertmal peinlich werden, jeden braunen Husaren interpellieren:
Warum schreist du nicht ,, Nieder mit der Regierung Papen !" wie du ,, Nieder mit der Regierung Brüning!" gerufen hast, warum auf einmal nicht mehr ,, Weg mit den Notverordnungen",„ Schluß mit den drückenden Steuern"?
Ist Herr von Papen gegen die Franzosen und Polen schneidiger losgefahren als seine Vorgänger? Hat er in Lausanne mehr ,, nationale Würde" an den Tag gelegt als diese? Mit nichten. Er hat seine Ansprachen aus Courtoisie und Klugheit französisch gehalten, wo Stresemann, Hermann Müller, Curtius und Brüning deutsch sprachen. Er hat sich beim Händeschütteln mit 3alesti, dem polnischen Ministerpräsidenten, der dugende Male versichert hat, kein Fußbreit Bodens vom Korridor tehre zu Deutschland zurück, photographieren laffen. Er hat in seiner Rede tein Wort von der Kriegsschuldfrage erwähnt, nichts von der Aufhebung des Vertrages von Versailles . Er hat die Not Deutschlands genau so eindringlich und vornehm geschildert wie feine Vorgänger und dieselbe Antwort von Herrn Herriot erhalten. Er hat, es ist nicht zu glauben, nicht einmal mit der Faust auf den Tisch geschlagen und von dem Reißen der deutschen Geduld gesprochen. Warum, ihr tapferen Braunhemden, schreit ihr nicht ,, Nieder mit der Regierung Papen !"?
Weil euer Führer sich mit ihm verbündet, weil Hitler und Göring diese zu tolerieren versprachen - für entsprechende Gegendienste natürlich: Aufhebung des SA. - Verbotes, Rundfunkreden und Reichstagsauflösung. Dafür wurde der Regierung Papen das Leben geschenkt mit all dem Schönen, was sie uns inzwischen geschenkt hat.
Warum, ihr Heerscharen des Rechts, ihr Hüter der Armen, schreit ihr nicht mehr Weg mit den Notverordnungen"?, mit den alten und mit den neuen? Ihr konntet doch so tapfer schmälen bei den Abzügen und Kürzungen und Verminderungen, die nicht den fünften Teil soviel ausmachen, als sie jetzt über uns gekommen find.
Schmerzt euch die Not der Arbeitslosen plötzlich nicht
mehr, nachdem ihnen nicht 10 bis 15 Proz., sondern bis zu 50 Proz.
ihrer Bezüge genommen sind?
Stehen euch die Kriegsbeschädigten plötzlich nicht mehr so nahe? Habt ihr kein Mitleid mit den Invaliden, Witwen, Waisen, denen 6, 5, 4 m. pro Monat abgezogen werden?
Sind euch die Beamten, Angestellten, Handwer fer und Kaufleute gleichgültig, denen neue Steuern auferlegt wurden, Beschäftigtensteuer ohne Freigrenze in ungerechter Progreffion, Umfassteuer und Salzsteuer?
Schreit doch laut ,, Weg mit den Notverordnungen", Weg mit der Regierung, die sie geschaffen hat".
Wenn ihr's nicht mehr tut, wenn ihr's nicht mehr dürft, dann doch nur, weil diese Regierung auf den Schultern eures Führers steht, weil Sitler und Göring ihr Schonung und Duldung versprochen und diese Duldung üben trok aller Attentate auf die Lebenshaltung ihrer Wähler.
Ohne diese Versprechungen fonnte die Regierung nicht kommen, könnte sie diese Not nicht verordnen, um in eurem Sprachenschatz zu bleiben.
Und weil ihr diese Regierung schüßen wollt, deshalb haben eure 162 preußischen Landtagsabgeordneten den Saal verlassen, als dort der Antrag auf Rücktritt des Kabinetts Papen zur Abstimmung stand! Deshalb werden wir nicht schweigen. Deshalb werden wir hundertmal fragen: ihr habt den Sturz von Brüning verlangt und damit die Regierung der Barone herbeigeführt, ihr habt die Beseitigung der Rotberordnungen versprochen und trotzdem dem
Schlimmeren zum Erfolg verholfen!
Herr Goebbels tann noch so energisch befehlen, daß davon nicht gesprochen werden darf. Die Betroffenen selbst, die Invaliden, Witwen, Waisen, Unfallrentner, Arbeitslosen, Steuerzahler, werden davon reden und sie werden gegebenenfalls euer Schweigen zu würdigen wissen. Keine Antwort ist auch eine Antwort!
In Hessen ist angefangen worden zu fragen, aber die Zeit war noch zu kurz. Deshalb, Genossen, fragt laut, fragt deutlich, fragt immer wieder, fragt so oft und so lange, bis sie- teine Antwort mehr geben können!
Hoovers Aktion in Genf . Haupt- Abrüftungsausschuß überraschend einberufen.
Genf , 22. Juni. ( Eigenbericht.) Die Aktion Gibsons für die Regierung in Washington zur raschen Erzielung eines positiven Ergebnisses der Abrüstungskonferenz wird energisch fortgesetzt. Soeben ist auf Verlangen des USA. - Botschafters der Hauptausschuß der Abrüstungskonferenz völlig unerwartet für heute, 16% Uhr, einberufen worden; Konferenzpräßident Henderson hatte noch gestern abend den Zusammentritt des Hauptausschusses erst für Anfang Juli in Aussicht gestellt. Auf der Tagesordnung der heutigen Sigung steht eine Erklärung der amerikanischen Regierung. Außenminister Simon ist bereits von Lausanne nach Genf hinübergefahren. Reichsaußenminister Baron Neurath folgt ihm nachmittags.
die sozialdemokratischen Arbeiter ein außerordentlich stark ausgeprägtes Reinlichkeitsgefühl befäßen, und daß sie als Borbedingung für eine Annäherung und zur Erstellung einer gemeinsamen Kampfbafis die Einstellung des Bruderkampfes und der Beschimpfungen der Sozialdemokratie und der Gewerkschaften fordern müßten.
An den Vorstand der Sozialdemokratischen Partei, fampf finde. Genosse Lempert wies darauf hin, daß neben dem in Baumschulenweg war mit Einschreibebrief und durch Flug festen Willen zur Einheit des Proletariats blätter eine Einladung zur Aussprache über das Thema„ Einheitsfront des Proletariats" ergangen. Nur zu deutlich war zu erkennen, daß beabsichtigt war, der Ortsleitung der SPD . im tommenden Wahlkampf die Berantwortung für das Fortbestehen der Differenzen in der Arbeiterschaft zuzuschieben. Schon vorher war in einem Rundschreiben zum Ausdruck gekommen, daß verantwortliche Funktionäre der SPD. die Bildung der Einheitsfront zu unterbinden suchen. Die am Dienstag, dem 21. Juni, stattgefundene Versamm lung erbrachte den eindeutigen
Beweis, daß den verantwortlichen Männern der KPD. an einer Berständigung und Zusammenfassung der Arbeiter zur energi
schen Abwehr des Faschismus nichts gelegen
des Proletariats" glaubte der Referent der KPD. im Rahmen einer ist. Nach allgemeinen inhaltlosen Worten über den Begriff„ Einheit Veranstaltung zur Errichtung der Einheitsfront nicht das Ber bindende, sondern das Trennende in der Arbeiterschaft hervorheben zu müssen. Seine Ausführungen lagen durchaus im Sinne des vom Zentral- Komitee der KPD. erlassenen Aufrufs vom gleichen Tage. Wie wenig der Ausspruch des Redners, daß die KPD . mit der Einheitsfront keine Parteijuppe fochen wolle, ernst zu nehmen war, ergab sich daraus, daß er seine Ausführungen in der Forderung zusammenfaßte, daß zur erfolgreichen Bekämpfung des Faschismus
die sozialdemokratischen Arbeiter sich unter Ausgliederung aus ihrer Parteiorganisation dem Diktat der kommunistischen Parteiführer zu unterstellen hätten.
Mit dieser Enthüllung ihrer letzten Wünsche und Ziele hatte der KPD. - Mann die Kaze aus den Sack gelaffen.
Der Abteilungsleiter von Baumschulenweg, Genosse 2empert, setzte sich energisch und eingehend mit der Frage ,, Einheit des Prole. tariats" auseinander, um unter allgemeiner Zustimmung erklären zu können, daß die jeßige Situation ihre Erklärung in dem ununterbrochen seit einem Jahrzehnt von der KPD. geführten Bruder
unter erneuter Zustimmung erklärte Lempert, daß der Aufruf des Zentral- Komitees der KPD. eine gänzlich ungeeignete Grundlage für Einigungsverhandlungen sei. Berechtigtes Mißtrauen müsse uns auf Grund der den Faschismus fördernden Arbeiten der Kommunisten in den Parlamenten erfüllen. Erste Borausseßung eines Zufammengehens ist, daß die Kommunisten mit jeder Zersegungsarbeit brechen müssen. Diese sachlichen Ausführungen machten ersichtlichen Warnung der kommunistischen Arbeiter, sich im Interesse der Eindruck auf die Zuhörer, insbesondere die Schlußsäge, die in eine Arbeiterklasse vor unüberlegten Handlungen zu hüten, austlangen.
Was hatte der KPD. - Redner darauf zu erwidern? Die fachlich vorgetragenen Ausführungen des Sozialdemokraten versuchte er mit demagogischen Ausführungen zu entkräften. Seine letzten Sätze gipfelten in einer
übersteigerten Beschimpfung der Sozialdemokratie, wie sozialdemokratische Arbeiter es seit Jahren gewöhnt sind. Richt nur sozialdemokratische Arbeiter schüttelten ob dieser Ausführungen die Köpfe und verließen zulegt angewidert den Saal, sondern mit der KPD . Sympathisierende erklärten, daß
der Redner der KPD. der Einheitsfrontbewegung den allerschlechtesten Dienst geleistet
hätte. Man sah es deutlich, daß es den kommunistischen Arbeitern
Ernst mit ihren Einheitsfrontbeteuerungen ist, daß aber die kommu nistischen Führer selbst in der Stunde höchster Gefahr auch mit dieser Parole nur eigene Parteigeschäfte betreiben wollen. Die Anfäße einer vernünftigen Verständigung mit kommunistischen Arbeitern, die der gestrige Abend unleugbar gebracht hat, weiter zu vertiefen und zu pflegen, wird die Aufgabe aller Sozialdemokraten sein.
Was wird in Preußen?
Noch vollkommen ungeklärte Lage im Landtag
Nach der gedruckten Tagesordnung fönnte man für die um 13 Uhr beginnende Landtagssigung einen großen Tag" erwarten. Doch wird diese Tagesordnung teilweise nicht zur Ausführung geMinisterpräsidenten anbelangt, so haben, wie bereits mit geteilt, die Nationalsozialisten Bertagung beantragt, und das Zentrum hat dieser Bertagung zugestimmt. Damit ist eine Mehrheit für die Bertagung vorhanden.
langen. Was die als vierten Punkt angekündigte Wahl des
Jedenfalls haben die Nationalsozialisten nun feinerlei Borwand mehr, fich zu beschweren, daß die bisherige Regierung die Geschäfte weiterführen muß. Denn sie selber sind es ja, die die Wahl einer neuen Regierung dauernd hinausschieben!
Zu Beginn der Sigung wird die erste und zweite Beratung der neu eingebrachten Amnestie anträge vor sich gehen. Befanntlich haben in der vergangenen Woche Nationalsozialisten und Kommunisten durch bodenlose Unaufmerksamkeit ihre eigenen Amnestieanträge zu Fall gebracht. Angenommen wurde damals der sozialdemokratische Antrag auf Erlaß einer Amnestie für Vergehen, die aus wirtschaftlicher Not begangen worden sind. Jezt steht nur noch die politische Amnestie zur Debatte, wenn sich auch die Nationalsozialisten aus Agitationsgründen den Unfug geleistet haben, den bereits angenommenen sozialdemokratischen Antrag nochmals in ihre Gesetzesvorlage hineinzuarbeiten. Sie haben nämlich im Rechtsausschuß und im Plenum gegen den sozialdemokratischen Antrag gestimmt und wollen nun beweisen, daß sie doch dafür sind!! Ein dürftiges Feigenblatt für ihre Blamage!
Die sozialdemokratische Landtagsfraktion wird zu den vorliegenden Amnestiegesehentwürfen der Nationalsozialisten, Deutsch
Frankreichs neuer Zahlungsplan. Mehrjährige Pause- dann geringere Schlußzahlung. Paris , 22. Juni. ( Eigenbericht.)
An der Aufstellung des neuen französischen Reparationsplanes ( Schlußzahlung Deutschlands ) hat sich, nach dem Echo de Paris", auch Belgien beteiligt. Pertinax meldet diesem Blatt, daß die französische Delegation den Entschluß gefaßt habe, den englischen Vorschlag auf völlige Streichung der Reparationen endgültig abzulehnen und, wenn nötig, die Beratungen von gültig abzulehnen und, wenn nötig, die Beratungen von Lausanne abzubrechen.
Ueber den Inhalt des französischen Planes melden die französi schen Berichterstatter nur, man wolle
Deutschland zunächst ein mehrjähriges Moratorium gewähren unter der Bedingung, daß Amerika das gleiche für die Kriegsschulden zugestehe. Bon dem Moratorium würden nur die Sachlieferungen ausgeschlossen werden, weil ihre plötzliche Unterbrechung sowohl die französischen Empfänger wie die deutschen Lieferanten schwer schädigen würde.
Nach Ablauf des Moratoriums sollten die deutschen Zahlungen in einem gegenüber den Young- Plan start verringerten Maße wieder aufgenommen werden. Bei der Festsetzung der zu zahlenden Summen solle die verringerte Produktionsfähigkeit Deutschlands und die Erhöhung der Kaufkraft des Goldes berücksichtigt werden sowie der Nachlaß, den Amerita etwa seinen Kriegsschuldnern gewähre.
Die deutsche Antwort.
Reichsaußenminister Freiherr von Neurath überreichte heute vormittag Macdonald das deutsche Memorandum über die Reparationsfrage. Dieses Memorandum bezieht sich auf den bekannten Gedankenaustausch zwischen Reichsfangler v. Papen und
nationalen und Kommunisten einen eigenen Gefeges= antrag einbringen. Sie geht von der Erwägung aus, daß durch schwer Berurteilten bereits in Freiheit gefeßt find, bie die Annahme des sozialdemokratischen Antrages, wonach die minder Notwendigkeit geschaffen ist, diesen tatsächlichen Zustand auch rechtlich zu fundieren. Sie hält aber an ihrem grundsäglichen Standpunkt fest, daß die unterschiedlose Begnadigung aller Mord- und Roheitstaten abzulehnen ist, weil dies nur eine Begünstigung des politischen Terrors bedeuten würde. Ebenso ist die Sozialdemokratie gegen eine restlose Begnadigung der politischen Chr abschneider. Belcher von den vier vorliegenden Gesez entwürfen, zu denen bereits auch wieder Abänderungsanträge vorliegen, angenommen werden wird, ist noch ungewiß. Die Ab= ftimmung wird fich besonders schwierig gestalten, da eine Ausschußberatung der Anträge nicht stattfinden soll.
Schließlich gelangen auch noch die vom Hauptausschuß ange demonstrativen, feinen praktischen Wert. nommenen Uranträge zur Abstimmung. Sie haben großenteils nur
Der Beginn der Landtagsfihung wurde vom Aeltestenrat um eine Stunde, also auf 2 Uhr, vertagt.
Die preußische Zentrumsfrattion beschloß heute für die endgültige Wahl des Landtagspräsidiums folgende Haltung: Bei der Wahl des nationalsozialistischen Landtagspräsidenten wird die Fraktion sich der Stimme enthalten. Im übrigen wird sie für den sozialdemokratischen Bizepräsidenten, den Bizepräsidenten des Zentrums und den deutschnationalen Kandidaten eintreten.
Macdonald, faßt den deutschen Standpuntt noch einmal zusammen und handelt vom weltwirtschaftlichen Aufbau und einer Erneuerung auf wirtschaftlichem Gebiete sowie der Berhütung einer Gegenein. anderarbeit der Staaten.
Schupo auf dem Posten.
Die Zusammenstöße in der letzten Nacht.
Die Zusammenstöße der letzten Nacht find dank der erhöhten Dienstbereitschaft der Berliner Schupo bis auf einen Fall, bei dem, wie gemeldet, ein Nationalfojialist am Kreuzberg von Kommunisten erschossen wurde, unblufig verlaufen.
Die Schupo befindet sich schon seit Tagen in erhöhter Dienstbereitschaft, was durch einen erheblich verstärkten Patroillen- und Streifendienst zum Ausdruck kommt. Besonders in den gestrigen Abend- und Nachtstunden wurden die Verkehrslokale der radikalen Parteien und die bekannten Unruhezentren unter scharfer Beobachtung gehalten. Die Vorfälle in der vergangenen Nacht haben besonders gezeigt, daß durch das schnelle Eingreifen der Polizei in vielen Fällen gefährliche Situationen unterbunden werden konnten.
Die Schießerei an der Ede Schleiermacher- und Gneisenaustraße ist noch Gegenstand der polizeilichen Untersuchung. In den gestrigen Nachtstunden wurde von Hakenkreuzlern das Gerücht ausgestreut, Reichsbannerangehörige hätten einen Nationalsozialisten erschossen. Das ist inzwischen durch die Ermittlungsarbeit der Politischen Polizei einwandfrei widerlegt worden. Kriminalkommissar Kollay hat als mutmaßliche Schüßen fünf Kommunisten festge.
nommen