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Gewerkschaften in unnöthiger Weis« zu verschärfen. Wenn die Gewerkschaftsagitation zu Sngst- lich auf Zzaffen- und Lohnfragcn beschränkt wird, dann geht den in derselben Stehenden leicht das Verständnih fiir die allgemeinen Zusammenhänge verloren, und sie werden entweder mit der Zeit so konservativ wie die Buchdrucker, oder sie gerathen in das Anarchisteln, wie die französischen Gewerkschaften, und die letztere Gefahr ist in Deutschland durchaus nicht ausgeschlossen, wie jeder praktisch in den Gewerkschaften Thätige bezeugen wird. Gerade der unaufhörliche Hinweis darauf, daß auch die gewerk- schastlichen Ziele schließlich doch nur durch die Gesetzgebung werden verwirklicht werden können, dehntet vor dem Ver- fallen in eines jener beiden Extreme. Meine Vorschläge bezwecken also, durch lebhafte und einheitliche Er- örterung der Wirthschafts-Gesetzgebung bei der gewerkschast- lichen Agitation den Drang zur politischen Partei und das Bewußtsein daran, daß es doch schließlich immer sie ist, welche das letzte und entscheidende Wort spricht, zu wecken und zu verstärken, während heute bei dem eng umgrenzten Gebiete, auf dem sich die Gewerkschaftsbewegung ganz»ach dem Wunsch meines Kritikers stellenweise bewegt, jene Instinkte manchmal beinahe einzuschlafen und verloren zu gehen drohen. Und umgekehrt kann auch die politische Agitation von der vereinsgesetzlich einwandsfreien Verwirklichung meiner Vor- schlüge, oie ja eine reine Zweckmäßigkeilsfrage ist, nur ge- Winnen: fie wird einerseits den Ballast der bis ins einzelne gehenden Beschäftigung mit der Wirthschafts- gesetzgebung los, und andererseits gewinnt sie für ihre Schluß- aklionen im Reichstag und in den Landtagen dadurch, daß sie die Vorarbeiten für den Kamps um die Sozialgesetzgebung aus den einzelnen Branchen weit gründlicher und sorgfältiger geliefert erhält, als sie dieselben bisher beim besten Willen liefern konnte. Und die Ueberwachung der Ausführung der bestehenden Sozialgesetze, der Sozialverwaltung, kann überhaupt von niemandem sonst geleistet werben, als von der Gewerkschaftsbewegung ein Gebiet, auf dem noch so unendlich viel zu thnn ist! Endlich die Personenfrage: Wenn unsere politische» Führer dann mehr als bisher die Besprechung und Borbehandlung der Sozialgesetzgebung in der Gewerkschafls- bewegung übernehmen würden, so brauchten sie keine anderen Führer mit demDrang nach praktischer Arbeit" zu fürchten. Fürchten sie aber, daß die gewerkschaftlich organisirten Arbeiter zu leicht Neigungen zu besonderen Parteibildungen haben könnten, dann heraus mit der Sprache die Arbeiter werden darauf zu antworten haben. Mein Kritiker imVorwärts" muß also schon etwas be- stimmt« bezüglich derEifersüchteleien, Reibereien und Zänkereien" werden, die er aus der Verwirklichung meiner Vorschläge be- fürchtet, wennman" seine Einwände weiter berücksichtigen soll. Mehr, als es derVorwärts" zugeben will, hat wohl vielmehr der gegenwärtige ungeklärte Zustand zu Reibereien Anlaß ge- geben, und unbefriedigt vom jetzigen Zustand sind doch etwas mehr Leute, als er bis jetzt in dieser Sache zum Wort kommen ließ. Vielleicht registrirt derVorwärts" neben den ablehnenden Stimmen einzelner Gewerkschafts- und Parteiblätler nunmehr auch solch«, die mehr oder weniger zustimmen, z. B. denBauhandwerker" und dieLeipziger Volkszeitung ". Außer- dem bewegt sich die neue Schrift von Parvu8 überDie Gewerk­schaften und die Sozialdemokratie"(Dresden ,Sächsische Arbeiter- zeitung"), deren Lektüre ich den Genosse» dringend empfehle, mehrfach in ähnlicher Richtung, wie meine Vorschläge. Aber was berufe ich mich auf einzelne Zeugen? Die G e s a m m t h e i t der Partei steht ja in ihren offiziellen Kund- gebutigen auf der Seite meiner Wünsche, lind mein ungenannt« Kritiker, der wieder einmal das Parteigewissen gegenRuhestörer" aufrufen will, hat wohl nicht daran gedacht, daß er diejenigen, die ihm zustimmen, in eine arge Klemme versetzt. Was beschloß doch der Parteitag von ?alle 1890 nach S. 222 des Protokolls?Angesichts er ablehnenden Haltung der lltegierung gegenüber dem von der sozialdemokratischen Fraktion eingebrachten Arbeirerschutz-Gesetze... ist es eine Nothwendigkcit", den ökonomischen Kampf zwischen Arbeit und Kapitalseitens der Arbeiter" zu organisiren.Die geeignete Form dieser Organisation ist die g e w e r k s ch a s t l i ch e." Man denke: die Arbeiterschutz-Gesetz gebung als direkte Aufgabe der Gewerkschaftsbewegung offiziell bezeichnet! Und was be- schloß soeben der internationale Londoner Kongreß znr Gewerkschastsfragc? Nicht blos:neben dem Kampf für bessere Lohn- und Arbeitsbedingungen haben die Gewerkschaften die Ausführung der A r b e i t e r s ch u tz- gesetze zu überwachen", sondern auch:Die Organisation der Arbeiter ist unvollständig und unzureichend, wenn sie nur politisch ist. Aber der gewerkschaftliche Kampf erfordert auch die politische Bethätigung der Arbeiterklasse. Was die Arbeiter im freien Kanipf gegen ihre Ausbeuter er­ringen, müssen sie oft erst als politische Macht gesetz- geberisch festlegen, um es zu sichern. In anderen Fällen macht die gesetzgeberische Errungenschaft den gewerkschaftlichen Konflikt überflüssig. Ein internationales Zusammenwirke» der Arbeiterklasse in bezug auf den gewerkschaftlichen Kampf, wie besonders auch in bezug auf die Arbeiter- schutz-Gesetzgebung wird... zur Nothwendigkeit." Das ist der Sinn meiner Vorschläge in anderen Worten, und ich kann es nun meinem ungenannte» Kritiker und die- jenigen, die ihm zugestimmt haben, überlassen, sich mit mindestens derselben Schärfe, die sie für meine bescheidenen Vorschläge hatten, gegen den offiziellen Londoner Beschluß zu wenden. Frankfurt a. M., 3. August 1Sö6. Q u a r ck. VolMfche Mebevstchk. Berlin , 10. August. Die Gerüchte über eine Ministerkrisis verstummen nicht trotz des entschiedenen anscheinend vom Reichskanzler selbst ausgehenden Dementis. Es wird von verschiedenen Seiten die Ansicht vertreten, daß ein eben stattgesundener Besuch des Reichskanzlers bei dem auf Wilhelmshöhe weilenden Kaiser nicht, wie offiziös verlautet, durch die ernste Gestaltung der orientalischen Frage, sondern durch Streitfragen bei der Reform der Militär- Strafprozeß- ördnung veranlaßt seien. Man nimmt aber allgemein au, daß der Reichskanzler vorerst noch im Amte verbleiben dürfte, daß dagegen die Stellung des Kriegsmmisters in hohem Maße erschüttert sei. John Burns, der einst so hochgeseierte und mit recht hochgeehrte englische Arbeiterführer, hat sich von dem bürgerlich-kapitalistischen Radikalismus, der seiner Eitelkeit zn schmeicheln wußte, vollständig umgarnen lassen. Seine Haltung gegenüber dem letzten Internationalen Kongreß ist bekannt.'Er blieb ihm fern, nachdem er vorher die Sozial- demokratie, welche eine unabhängige Arbeiterpartei fordert, als die schlimmste Feindin der Arbeiter bezeichnet hatte; und erklärte ihn nachher für einungeheures Fiasko". Worin dasFiasko" besteht, das sagt er in einem an denFigaro", das zynischste Bourgeoisblatt Frankreichs , gerichteten Brief.Die Sozialisten des Kontinents haben es versäumt, sich mit den englischen Trades-Unions zu verbünden sie hätten die Anarchisten, und englischen Sozialisten- Organisationen ihrem Schicksal überlassen und mit den englischen Trades-Umous zusammen einen eigenen Kongreß abhalten sollen." Aus diesem ver- rückten'Vorschlag, den der persönliche Haß gegen Keir Hardie und Hyndman eingegeben hat, kannß man ersehen, wie völlig John Burns sich von der inter - nationalen Arbeiterbewegung losgelöst und wie weit er sich von ihr entfernt, sich ihr entfremdet hat. Er ist nicht der erste und wird nicht der letzte sein. England ist das einzige Land, in welchem dre herrschende Klasse es begriffen hat, daß die dümmste Taktik d i e ist. den Gegner nieder- zuschlagen und zu unterdrücken. Wenn sie Gegner hat, die ihr wirklich gefährlich erscheinen, so kommt sie ihnen mit Liebenswürdigkeiten, statt mit Strafmandaten, Haus- suchungen und Gefängnißstrafen und bisher hat die englische Bourgeoisie bei dieser, durch jahrhundertjährige Tradition geheiligten Taktik ihre Rechnung vortrefflich ge- funden. Vor einem neuen Ausbruche der Paranoia rossica, dem Russenwahnsinn mit drohender Gehirnerweichung steht Frankreich . Der Zar hat seinen Besuch in Paris halb- offiziell ankündigen lassen. Die französische Presse ist jetzt schon halbtoll vor Enthnstasmns, sie suchen sich in Ent- Würdigung vor dem Hort der Reaktion zu übertreffen, ihre Sorge ist blos, ob die Möbel der französischen Schlösser für den Herrscher Sibiriens genügen, ob Frankreich Pferde besitzt, die würdig sind, vor dem Wagen des Selbstherrschers der Reußen gespannt zu werden. Sehr richtig betitelt unser Pariser Partei-Organ seinen Artikel über den neuesten Ausbruch der RussentollheitAuf den Knien". Das Blatt schließt den Artikel mit den Worten:auf den Bauch liegend vor der Knute, beten sie an." Das europäische Krankenhans ist nachgerade ein europäisches Narrenhaus geworden. Die neueste Gruppirung derMächte" in der orientalischen Frage ist: Rußland hat mit Frankreich , Deutschland und Oesterreich eine Koalition zun: Schutze der Türkei gebildet und diese Koalition, welche die Blockade der Insel Kreta zur Fernhaltung der griechischen Freischärler will, richtet sich gegen England, das von keiner Blockade etwas wissen will und für die Selbständigkeit von Kreta eintritt. Geschichtliche T h a t s a ch e ist: zwei Mächte kämpfen seit einem Jahrhundert um die Weltherrschaft, nämlich England und Rußland : Rußland arbeitet seit 120 Jahren daran, die Türkei zu zerstören, uni sich Konstantinopels und damit des Schlüssels zum Mittelmeer zu bemächtigen. Zu dem Zweck: Rußland an der Erreichung dieses Zieles zu hindern, hat England seinerzeit den Krimkrieg geführt. Heute im europäischen Narrenhaus ist es England, das die Türkei zerstören will, und vertheidigt Rußland, welches den Aufstand den Kretcnser, wie den der Makedonier und Armenier veranstaltet hat, die Selbständigkeit der Türkei gegen England! Mein Liebchen was willst du mehr! Und um diese Komödie, nicht der Irrungen sondern des Irrenhauses in ihrer ganzen Verrückt- heit und Komik zu verstehen, muß man be- denken, daß das großmächtige Königreich Griechen- land, gegen dessen mit russischem Geld nach Kreta geschickten Streitkräfte Rußland und seine Trabanten mit ernsthafter Miene die Blokade vorschlagen, vermittelst einer einzigen Korvette, die im Hafen von Athen vor dem Königspalast Anker wirft, spielend zur Raison gebracht werden kann, und daß die gesammte griechische Kriegsmacht bei einem Zusammenstoße mit türkischen Bataillonen in alle Winde zerstäuben würde. Welche» Schaden dieAnarchisten" der Arbeiter- bewegung zugefügt haben, darüber hat sich der schweizer Kongreßdelcgirte H e r i t i e r aus Genf in einem von derPetite Repnblique" veröffentlichte» Interview ausgesprochen. In der Schweiz hatte der B a k u n i s m n s sich hauptsächlich in de» französisch sprechenden Thälern des Iura festgesetzt und wurde dort mit dem Fanatismus, der allen Seltirer», den politischen wie religiösen, eigen ist, von der sogenanntenJuristischen Sektion" gepredigt. Unter scheinrevolutionären Phrasen ent- hüllte sich das reaktionäre Ziel: Enthaltung der Arbeiter von aller Politik, Beschränkung auf das rein gewerkschaftliche und ökonomische Gebiet. Die Führer verschwanden allmälig: die verständigeren und ehr- lichen kamen zur Sozialdemokratie, die anderen in fette Staats- st e l l e n und Bourgeoispfründe»: und dieBewegung" starb langsam aus. Allein heute nach mehr als einem Viertel- fahr hundert sind die verderbliche» Wirkungen noch nicht über- wunden, und hat die sozialdemokratische Propaganda mit dem verderblichen Sophismus zu kämpfen:Die Politik nützt den Arbeitern nichts; sie ist blos für die Bourgeoisie, welche die Arbeiter bei Wahlen u. s. w. ausnützt, um sich von ihnen die Kastanien ans dem Feuer holen zu lassen." Daß an den Arbeitern selbst die Schuld liegt, wenn sie von der Bourgeoisie zu politischen Zwecken mißbraucht werden, und daß die Enthaltung der Arbeiter von politischer Aktion die Abdankung der Arbeiter als Klasse, den Verzicht ans die Emanzipation bedeutet, das ist zwar eine sehr einfache, ja gemeinplätzige Wahrheit, in einem bakuuistisch veranarchisteltm Schädel aber sehr schwer hinein- zubriirgen. Jedenfalls könnte der Kapitalismus sich die schwarzen Sorgen um seine Zukimft ans den Sinn schlagen, wenn die Masse der Arbeiter aller Länder sich zum anarchistischen Evangelium des politischen Nichtslhuns mit Revolutionsphrasen hingäbe.-- Deutsches Reich . Die Großindustrie macht gegen die Hand- werkervorlage mobil. Die bezeichnenderweise ebenso von der Regierung wie von den Großindustriellen zu ihre» Kundmachungen benutztenBerl. polit. Nachr." schreiben zur Handwerkervorlage u. a. folgendes: Wir denken dabei nicht so sehr an den im Gesetze vor- handenen Mangel eines Kriteriums für die Zu- geHörigkeit zur Handwerksorganisatio» und die dadurch sich ergebende Möglichkeit, daß auch industrielle Kreise, namentlich in einzelnen Berufs- zweigen, wo schon die Beschäftigung weniger Arbeiter einen großen Aufwand von Kapital und Intelligenz erfordert, in die Organisation hin- eingezogen werden könnten, ohne davon den ge- r i n g st e n Nutzen zu haben, als an die neiien allgemeinen Bestimmungen, die über die Regelung des Lehrlings- wesens getroffen sind. Streitigkeiten über die Klassifikation zu de»jugendlichen Arbeitern" oderLehrlingen" sind nicht gerade selten. Der bisherige ß 134 der Gewerbe- ordnung bestimmt, daß auf Fabrikarbeiter die Bestimmungen über die Gesellen und Gehilfen, oder, wenn die Fabrikarbeiter als Lehrlinge anzusehen sind, die über die Lehrlinge Anwendung finden. In dem§ 134 der Novelle ist außer der Paragraphen- bezeichnung hieran nichts geändert, jedoch der Inhalt der Bestimmungen über die Lehrlingsverhältniffe soll nicht blos, soweit das Handwerk in betracht kommt, sondern im allgemeinen eine wesentliche Veränderung erfahren. Wir weisen nur daraus hin, daß nach der Novelle nunmehr auf dem in Rede stehenden Gebiete allgemeine Bestimmungen und solche besonderer Natur für das Handwerk erlassen werden, und daß beispielsweise nach den elftere» bei Personen unter 17 Jahren, die mit tech- nischen Hilfsleistungen nicht lediglich ausnahmsweise oder vorübergehend beschäftigt werden, allgemein dieVermuthung gelten soll, daß sie in einem Lehrverhältniß stehen, alsoLehrlinge" sind. Andere Vorschriften ferner, die über die Befngniffe zum Halten und zur Anleitung von Lehrlingen erlassen werden sollen, sollen nicht blos für das Handwerk, sondern allgemein gelten. Die Industrie wird alle Veranlassung haben, diesem Punkte die gebührende Aufmerksamkeit zu schenken. Jedenfalls ist an der neuesten Gewerbe-Ordnungsnovelle nicht blos das Handwerk be- theiligt, auch dieJndustriewirdnochmanches dabei mitzureden haben. Der Abg. Hüpeden gegen Stöcke r. Professor Hüpede» veröffentlicht folgende Erklärung: Zur Berichtigung eines mehrfach in der Presse auf, tauchenden Jrrlhums sei mir die Bemerkung gestatter, daß mein Austritt aus der konservativen Reichstags-Fraktion schon deshalb mit dem Ausscheiden des Herrn Hofprediger a. D. Stöcker in keinem ursächlichen Zusammenhang stehen kann, weil dieser erst acht Wochen später aus ganz anderer Veranlassung ausgetreten ist. Ich bin einfach da- durch aus der konservativen Fraktion hinausgedrängt worden, daß diese das Ver- langen stellte: jedes Parteimitglied müsse die Gei st lichen der Naumann'schen Richtung als Leute, dielediglich den Klasse»haß schüren, Unfrieden säen und die Begehrlichkeit wecken" mit allen zu Gebote stehenden Mitteln auf's äußerste bekämpfen". Ich bin also gerade des- halb aus der Fraktion ausgetreten, weil ich mich außer stände sah, eine Auffassung zu theile», der jetzt z n meinem Bedauern Herr Hospredig?r Stöcker in seinemkirchlich-fozialen Manifest" die be- denklichsten Zugeständnisse macht. Im Unterschied von Herrn Hofprediger Stöcker halte ich nach wie vor an dem Grundsatz sest, daß alle Christlich -sozialen in lebendiger Fühlung und reger Geistesgemeinschaft mit einander bleiben müssen imd sich am allerwenigsten um spezifisch theologischer Unterschiede willen trennen und spalten dürfen." Wir vermuthen, daß die Konservativen bei diesem Streite die Zeche bezahlen werden.> Fremdenpolizei gegen Sozialisten. Nach demNiederlausitzer Volksblatt" ist in Finsterwalde von feiten der Polizeibehörde den Ausländern aufgegeben worden, sich, so- fern fie nicht des preußischen Gastrechts verlnstig gehen wollen, nicht an politischen Bestrebungen zn betheiligen. Wer damit ge- meint ist. erräth sich sehr leicht. Görlitz , 7. August. Von der hiesigen Ferienstrafkammer wurde nach derEchles. Ztg." gestern der Silberarbeiter Ballheimer zu vier Monaten Gefängniß ver- nrtheilt, weil er eine Person des Soldaten» st an des zum Ungehorsam angereizt haben soll. Der Verurtheilte hatte bei den hiesigen Neunzehnern einen Freund, den Musketier Buchmald, mit dem er am 3. Mai, an welchem Tage die hiesigen Sozialdemokraten im Saale des Konzerlhauses die Maifeier beginge», zusammentraf und den er, nachdem beide mehrere Lokale besucht hatten, zu überreden wußte, mit ihn, in Zivilkleidern die Maifeierzu be- suchen. Die Sache kam an den Tag und Buchwald wurde mit 23 Tagen strengen Arrest bestraft und zum zweiten Bataillon nach Jan« versetzt, während Ball- heimer die oben erwähnte Strafe erhielt. Der Staatsanwalt hatte, obwohl der Angeschuldigte noch ungestrast ist, ein Jahr Gefängniß beantragt. Hoffentlich dient dies übereifrigen Genossen zur Warnung. Es bleibt Zeit und Gelegenheit zur Agitation genug, bis die Soldaten ihre Dienstzeit erledigt haben. Das neue Vereinsgesetz für Schwarzburg - S o n d e r s h a u s e n ist am Sonnabend mit 10 gegen 4 Stimmen angenommen worden. Demnach wird in dem Duodezstaate, der diesmal den großen Bundesstaaten vorangegangen ist, die Ber- bindung politischer Vereine künftig nicht strafbar sein. Es sollen aber auch in Zukunft Versammlungen unter freie», Himmel nur stattfinden dürfen, wenn vorher die Genehmigung der Ortspolizeibehörde eingeholt worden ist, und diese Versammlungen, ebensowohl wie solche, an denen Personen beiderlei Geschlechts theilnehmen, dürfen verboten werden, wenn eine«Gefahr für die öffentliche Ordnung" vor- liegt. München , 8. August. DieMünchener Post" theilt mit, daß der K>, l t u s m i n i st e r v. L a n d m a n n dem Landtags- abgeordneten Oberlehrer Schubert sein Mißfallen übereine Rede ausgesprochen hat, worin dieser auf der soeben hier abgehaltenen Versammlung bei bayerischen Lehrervereiiis das gute Recht der Lehrer gegen» über den Anfeindungen der Klerikalen ver« t h e id i g te. DaS bayerische Ministerium nennt sich bekanntlichliberal"! Mainz , 6. August. (Eig. Ber.) Laut Verfügung des groß- herzoglichen Ministerinms in Darmstadt findet die W a h I der Wahl männer zur zweiten Kammer deS hessi­schen Landtages am S. Oktober, die Wahl der Ab- geordneten am 14. Oktober statt. Neu zu wähle» ist die Hälfte der Abgeordnete», nämlich 25. Darunter find 18 National- liberale, 3 Freisinnige, 3 Sozialdemokraten und ein Abgeordnet« des Zentrums. Unsere Partei ist dabei mit den beide» Man- baten für die Stadt Mainz , die sie feit 1884 im Besitze hat und mit de», Mandat für den Offenbacher Landkreis in Mitleidenschaft gezogen. Selbstredend wird die Partei alle Anstrengungen mache», diese Mandate zu«halten und außerdem de» 9. rheinhessischen Wahlkreis und die Stadt Offenbach dazu zu erobern. Am 15. August findet deshalb hier im Weißen Roßche» eine Kreis- konferenz statt, in welch« die Aufstellung der Kandidaten er- folgen soll. Da bei d« letzten Landtagswahl im Jahre 1890 die Listen der sozialdemokratischen Wahlmänner hier in Mainz mehr Stimmen«hielte», als die gesammten Gegner zusammen, so kann die Partei dem bevorstehenden Wahlkampf mit Ruhe ent- gegensehen. Wenn jeder seine Pflicht thut, ist der Sieg uuaus- bleiblich. Schlcttstadt, 10. August. Nach endgiltigen Feststellungen ist das Ergebniß der Reichstags-Ersatzwahl i», Wahlkreise Schlettstadt folgendes: Das Mitglied des Landesausschnsses Spies(kathol. Volksp.) gewählt mit 8150 Stimmen. Kreis- direktor Pöhlmann(Hospitant der konservativen Partei) erhielt 5237 Slimmen. Man ersieht aus dem Wahlergebnisse, wie recht die Wahl- prüfungs-Kommission des Reichstages hatte, das Mandat des Herrn Pöhlmann für ungiltig zu erklären. Kein Tag ohne neue Enthüllungen über häßliche Vorgänge in unseren Kolonien. Heute bringt dasBerl. Tagebl." Mittheilungen über die Thätigkeit des Gouverneurs von Kamerun , Jesko v. Puttkam«. Wir zitiren blos zwei Stellen: Wiederholte Fälle von Trunksucht machten den schlechtesten Eindruck und schadeten der Autorität des Gouverneurs auch in den Augen der Eingeborenen. Seine pekuniäre Miß- mirthschaft in Hinsicht auf die persönlichen Verhältnisse brachte ihn in ein Abhängkeitsverhältniß zu den in Kamerun ansässigen Handelshäusern. Im Dezember 1834 äußerte im Gouvernemeutsgebäude zu Viktoria ein Angestellter der Firma I. u. T. zu einem Offfzier und einem Beamten:Uns kann Pulkamer nur recht sei»,« ist uns zwaroch einiges schuldig, wir kreditiren ihm ab« gern noch mehr, wenn er uns mir in der Landerfrage entgegenkommt." Wohl infolge der Nächte