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BERLIN  Dienstag 28. Juni

1932

Der Abend

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Nr. 300

B 150 49. Jahrgang

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Verordnung gegen die Länder

Gayl   berichtet Hindenburg  - Notverordnung Mittwoch

Amtlich wird mitgeteilt:

Der Herr Reichspräsident   empfing heute den Reichs­minister des Innern Freiherrn von Gahl zum Vortrag über die schwebenden innerpolitischen Fragen.

Die Notverordnung über das Uniform­tragen und die Demonstrationsfreiheit wird, wie die ,, Telegraphen- Union" erfährt, erst am Mitt. woch vormittag veröffentlicht werden.

Die Konferenz bei Hirtfiefer.

Die Einladung des stellvertretenden preußischen Ministerpräfi­denten Hirtsiefer zur gestrigen Länderministerkonfe­renz war an alle Länderregierungen gegangen, deren Minister­präsident oder Innenminister nicht der Hitler  - Partei angehört. Sachsen   hat an der Konferenz nicht teilgenommen, aber bereits vorher schriftlich sein Einverständnis mit den etwa zu fassenden Entschlüssen mitgeteilt. Da Sachsen   sowohl über die Berhandlungsgegenstände wie auch über die Meinung der meisten

180 Ausgabe 45.3abrgang 20 Dt.

Reidrausgabe

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So hezt der Völkische Beobachter", das Blatt Länderregierungen in bezug auf die bevorstehende Notverordnung Adolf Hitlers  , mit Lügen zum Bürgerkrieg!- Ist

des Reichspräsidenten   unterrichtet ist, fonnte es diese vorherige Zu­ftimmung natürlich aussprechen.

Das Reich und die Länder.

Wo steht das Recht?

Der bisherige Reichstagsabgeordnete Staatsanwalt Dr. Hoegener- München beschäftigt sich in dem nachfolgenden Auffah mit den rechtlichen Grundlagen einer Berordnung des Reichs gegen die Länder.

Der Streit zwischen dem Reich und den süddeutschen Ländern hat eine rechtliche und eine politische Seite. Gegenstand des Streites sind Maßnahmen der Länder, die von ihnen zum Schutze der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erlassen sind. Die Berechtigung der Länder zur Vorkehrung solcher Maßnahmen steht außer Zweifel. In der Weimarer Verfassung   ist die sogenannte Polizeioberhoheit der Länder im Grundsatz aufrechterhalten worden. Nur soweit ein Bedürfnis für den Erlaß einheitlicher Vorschriften besteht, hat das Reich nach Artikel 9 RV. die Gesetzgebung über den Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit. Daneben be­steht das Recht des Reichspräsidenten   nach Artikel 48 RV., bei erheblicher Störung oder Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in irgendeinem Teile des Reiches die zu ihrer Wieder­herstellung nötigen Maßnahmen zu treffen.

Selbstverständlich ist in Artikel 9 RV. ein allgemeines Selbstverständlich ist in Artikel 9 RV. ein allgemeines Bedürfnis, nicht das Bedürfnis einer einzelnen politischen Partei gemeint. Selbstverständlich muß es sich in den Fällen der Artikel 9, 48 RV. um Maßnahmen handeln, die wirklich dem Schuge und der Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, nicht ihrer Bereitelung dienen. Durch die Aufhebung des Reichs­uniformverbots hat die Reichsregierung zum Ausdruck gebracht, daß sie ein Bedürfnis, die Uniformfrage von Reichs wegen zu regeln, nicht mehr anerkennt. Damit ist den Ländern die Möglich feit eröffnet, auf diesem Gebiet wieder

zu treffen.

Maßnahmen auf Grund des Landesrechts

Die Rechtslage ist wieder so, wie sie vor Erlaß des Reichs­uniformverbotes gewesen war. Man glaubt nun die Länder durch eine Reichsverordnung nach Art. 48 der Reichsverfassung zwingen zu können, ihre in eigner 3uständigkeit erlassenen Uniformperbote wieder auf­zuheben. Die Anwendung solchen 3wanges wäre rechtlich und poli tisch außerordentlich bedenklich. Der Reichspräsident fann nach Ar­tifel 48 der Reichsverfassung nur Maßnahmen treffen, die zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nötig sind. Die Länder haben ihrerseits auf Grund des Landes­rechts solche Maßnahmen bereits ergriffen, sie haben in der Erlaub­nis, Parteiuniformen zu tragen, eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gesehen und deshalb das Uniformtragen verboten. Das Eingreifen des Reichspräsidenten gegen die Länder auf Grund des Artikels 48 der Reichsverfassung würde also die Be hauptung und Annahme voraussetzen, daß gerade durch die Maß­nahmen der Länder, die zum Schutze der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erlassen sind, die öffentliche Sicherheit und Ordnung

nun Zeit zum Einschreiten? von Gayl.

Noch nicht!" sagt Herr

gestört würde. Eine solche Annahme wäre nicht nur eine Be­leidigung der betreffenden Landesregierungen, sondern sie wäre auch

rechtlich und tatsächlich nicht zu rechtfertigen.

Die Ereignisse der letzten Woche haben gezeigt, daß in den Ländern, in denen das Uniformverbot bestehen blieb, die Verstöße gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung geringer und meniger gefährlich gewesen sind als in jenen Ländern, in denen die politischen Gegner

Krise in Lausanne  .

Folgen der Wochenendreisen Herriots und Papens.

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Jede internationale Konferenz macht ihre Krise durch. Immer oder fast immer wird sie überwunden. Die Umstände allerdings, unter denen die Krise in Lausanne   aus­gebrochen ist, sind etwas ungewöhnlich. Denn die Verschär­fung der Lage hängt nicht nur zeitlich, sondern auch sachlich offenbar mit den beiden Wochenendreisen zusammen, die sowohl Herriot   wie Papen nach der Hauptstadt ihres Landes unternommen und von denen sie in nerpolitisch aufgeputscht und außenpolitischunnachgiebi ger an den Konferenzort zurückgekommen sind.

Welche Einflüsse sich in Paris   bei Herriot   bemerkbar ge­macht haben, läßt sich im Augenblick nicht klar erkennen, da­gegen ist es unbestreitbar, daß der Aufruhr der deutschen  Presse gegen das verunglückte Matin"-Interview des Reichskanzlers einen Widerhall in den Berliner   Kabinetts­beratungen gehabt hat, der Herrn von Papen von Montag an veranlaßte, wieder den starken Mann zu markieren.

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Nach verschiedenen übereinstimmenden Berichten soll Herriot   am Schluß der gestrigen bewegten Auseinander­ſetzung dem Reichskanzler erklärt haben: Noch am Freitag sprachen Sie von Kompensationen- heute ist davon feine Rede mehr!" Wenn das zutrifft, so wäre daraus zu schließen, daß dieses ominöse Wort nicht nur in dem abge­leugneten Matin"-Interview, sondern auch in den offi­ziellen Beratungen selbst gefallen ist. Hinzu kam noch der setsame 3 wischenfall mit den beiden Fassungen der Krosigk  - Rede dem Auszug für die deutsche Presse, den die französischen   Partner unglücklicher­weise schon während der Sigung in Händen hatten, und der tatsächlichen Rede, wie sie gehalten wurde. Ob die Unterschiede sehr stark waren und worin sie bestanden, ist noch nicht bekannt. Es scheint, daß es sich eigentlich mehr um Abschwächungen handelte, die erst nach der Rückkehr Papens  aus Berlin   in das Redemanuskript des Reichsfinanzministers hineinkorrigiert wurden und die bei den Franzosen   den Ein­druck erweckten, als beschränkte sich Deutschland   anstatt der Reparationen auf allgemeine Zukunftsredensarten.

Zuchthaus gegen Sklareks geniten Kompenſationen für den Berzicht auf

Das Urteil im Sklarek- Prozeß wurde heute gesprochen. Es lautet gegen Leo und Willi Sklarek auf je vier Jahre Zuchthaus. ( Näheres an anderer Stelle des Blattes.)

einander in Uniform erblickten. Richtig ist, daß die National sozialisten in München   gegen das bayerische Uniformverbot einen liche Ordnung durch die verbotswidrig aufmarschierenden National Aufmarsch veranstaltet haben. Damit ist aber doch wohl die öffent­sozialisten, nicht aber durch das Bestehen des Uniformverbotes ge­stört. Die Länderregierungen sind also der Reichsregierung gegen­über zunächst unbestreitbar im Recht.

Dem Vernehmen nach hat auch die Reichsregierung ihre Forderung an die Länder, die Uniformverbote aufzuheben, zuletzt gar nicht mehr aus rechtlichen, sondern aus politischen Gründen gestellt. Auf politischem Gebiet aber besteht für die Länder nach der Weimarer Verfassung   volle Mei­nungsfreiheit. Den Ländern ihre eigene politische Meinung mit Mitteln des Rechtes austreiben zu wollen, wäre ein Mißbrauch des Rechts. Sicherlich mag eine einheitliche politische Linie in Reich und Ländern für eine Reichsregierung ein erwünschtes politisches Ziel sein, aber ein Recht darauf hat sie nicht. Am allerwenigsten sollte sie für einen rein politischen Zweck Mittel ins Feld führen, die in feinem Verhältnis stehen zu dem erstrebten Erfolg.

Liegt es denn wirklich im Reichsintereffe, daß auch in Bayern  und Baden die Nationalsozialisten ihre neuen Uniformen fpazieren fragen dürfen?

Muß man um dieses vermeintlichen Reichsinteresses willen in der gegenwärtigen schwierigen Lage von Reich und Volk das aller schwerste Geschüß gegen die Länder auffahren? Man verstünde den Eifer einer mirklich überparteilichen Reichsregierung noch einigermaßen, wenn ein Land gegen eine ihm nicht genehme politische Richtung mit innerlich ungerechtfertigten Ausnahmevor­schriften eingeschritten wäre. Ein solcher Fall liegt nicht vor. Die Uniformverbote in Bayern   und Baden gelten allgemein, trotzdem sich die republikanischen Organisationen immer dagegen gesträubt ( Fortsetzung auf der 2. Seite.)

Peffimismus in Paris  .

Paris  , 28. Juni.  ( Eigenbericht.)

Der gestrige Tag der Lausanner   Konferenz wird von der Pariser  Preffe als ein sehr unangenehmes Datum in der Ge­schichte der deutsch  - französischen Reparationsverhandlungen bezeichnet. Auf Grund der Ausführungen des Reichsfinanzministers und des Reichskanzlers halten mehrere Zeitungen es nicht mehr für Frankreich   zustande kommt. wahrscheinlich, daß eine Einigung zwischen Deutschland   und

Pertinar meldet dem ,, Echo de Paris" um 1 Uhr morgens, daß auch die Verhandlungen, die Herriot   und von Papen in der Nacht mit Macdonald hatten, nicht den Zweifel verscheucht hätten, der über den Ausgang der Konferenz bestehe. Macdonald werde seine Einigungsbemühungen heute fortsetzen, aber es ſei zweifelhaft, daß er die deutsche Delegation zum Nachgeben veranlaſſen könne und daß er sich selbst vollkommen mit Herriot   einige. Aus den energischen Worten, die Herriot   am Schluß der deutsch­französischen Beratungen ausgesprochen habe, dürfe man schließen, daß der Ministerpräsident, wenn er die französischen   Min= destforderungen nicht durchdrücken könne, die Verhandlungen abbrechen werde.

Der Chefredakteur des ,, Matin" erklärt in einer Lausanner  Meldung, die Beratung am Montag habe

alle Hoffnungen für eine Annäherung zwischen den beiden hauptsächlichsten Partnern zunichte gemacht. ,, Was bieten Sie uns an?" habe Germain Martin den Reichskanzler am letzten Freitag gefragt. Der Reichskanzler habe den Sonnabend und Sonntag in Berlin   verbracht und nach seiner Rückkehr Frankreich   weniger als nichts für die Streichung der Reparationen angeboten. Man habe sogar den Eindruck gehabt, daß der Kanzler, wenn er noch einmal nach Berlin   fahre, bei feiner Rückkehr von Frankreich   noch etwas fordern würde. Der Berichterstatter des Erzelsior" meldet, daß sich seit voriger Woche die

Haltung Deutschlands   vollkommen geändert habe. Es habe eine Rückzugsbewegung ausgeführt, mit der die Reise Don Bapens nach Berlin   im Zusammenhang stehe.