Morgenausgabe
Nr. 307
A 155
49. Jahrgang
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Sonnabend 2. Juli 1932 Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.
Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschl
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Vorwärts" wird verboten!
Sozialdemokraten, laßt euch nicht irreführen! Wir demonstrieren am Montag!
Mund. Wir werden nach diesen fünf Tagen unsere Arbeit wieder aufnehmen, wo wir sie liegen lassen mußten.
Zum zweiten Male seit der Entstehung der Deutschen | Barone zu stürzen. Für fünf Tage schließt man uns den Republik ist der ,, Vorwärts" verboten worden. Das erste mal geschah es durch die Regierung Rap p. Diesmal geschieht es durch die Regierung von Papen.
Mehr braucht eigentlich über die Tat der Reichsregierung nicht gesagt zu werden. Nun aber noch einige Worte zum Urteil des Reichsgerichts. Wir stüßen uns dabei lediglich auf Presseberichte, da uns irgendeine amtliche Ausfertigung noch nicht zugegangen ist.
Presseberichten zufolge foll also das Reichsgericht das Berbot des Vorwärts" für zulässig erklärt haben mit der folgenden Begründung:
Der Senat ist der Auffassung, daß die in Frage kommenden Artikel geeignet sind, den Reichspräsidenten und die Reichs regierung verächtlich zu machen, zudem aber auch lebenswichtige innen und außenpolitische Interessen zu gefährden. Der Senat hält, zumal in der jetzigen Zeit, den wirksamen Schutz dieser Interessen für unbedingt erforderlich.
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Wir werden nicht aufhören, unseren Lesern die Wahrheit zu sagen und die Wahrheit ist, daß das ganze deutsche Volk für die Freiheit, die der SA. gewährt wurde, schwere Opfer an Gut und Blut zu tragen hat.
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die Hitler=
Die Notverordnung vom 14. Juni Lasten, als der Notverordnungsplan Brünings sie ihm je Notverordnung- bringt dem Volke viel schwerere ihrer Salzsteuer, ihrer Umsatzsteuer auch für die Kleinsten, gebracht hätte. Diese Hitler Notverordnung mit ihren furchtbaren Rentenkürzungen- sie ist nur möglich geworden durch den Pakt, den der Führer der Nationalsozialisten mit den Herren nom Herrenflub geschlossen hat.
Wer vorgestern noch daran gezweifelt hat, der hat gestern durch den Brief des Herrn von Gleichen den Beweis dafür erhalten.
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der oppositionellen Presse und der nicht nationalsozialistischen Parteien auffordert?
Sind sie nicht gefährdet, wenn der Völkische Beobachter" die Polizeiverwaltungen Preußens und Bayerns auf das schwerste beschimpft, indem er ihr pflichtmäßiges Handeln als ,, schwarzroten Mordterror" bezeichnet?
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Sind sie nicht gefährdet, wenn der Völkische Beobachter" unter dem Vorwand der Notwehr" zum Bürgerfrieg auffordert?
Sind sie nicht gefährdet, wenn der Mordheter Goeb bels öffentlich verkündet: gehenft wird doch!"?
ben der Nationalsozialistischen Partei. Und Die lebenswichtigen innen- und außenpolitischen Intereffen sind gefährdet durch das verbrecherische Treis eine Reichsregierung, die den Länderregierungen im Kampfe gegen diese Gefahr in den Arm fällt, wird stets von uns auf das schärfste bekämpft werden.
Das arbeitende Berlin hat am Montagnach mittag Gelegenheit, sein Urteil zu sprechen. Auf Berlin sind jetzt die Augen der ganzen Welt gerichtet. Berlin , das rote Herz Deutschlands , steht gegen den Faschismus, für die Freiheit!
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Wer die beanstandeten Artikel nicht fennt, der fönnte glauben, wir hätten in ihnen die Person des Reichspräfidenten genannt oder in irgendeiner Form auf sie angespielt. Lebenswichtige innen- und außenpolitische Interessen" Das ist feineswegs der Fall. Die ,, Verächtlichmachung" des sind sie nicht gefährdet, wenn die rechtsradikale Presse Reichspräsidenten soll offenbar dadurch erfolgt sein, daß die Reichsregierung zu verfassungswidriger Unterdrückung mir angeblich- die Regierung ,, verächtlich gemacht" haben, Rotes Berlin, wir rufen dich! Rotes Berlin , jetzt zeige dich!
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die der Reichspräsident ernannt hat oder die Notverord
nungen, die er unterzeichnet hat. Auf diese Weise stellt das Urteil des Reichsgerichts alle bisherigen Vorstellungen von verfassungsmäßiger Verantwortung auf den Kopf, und wenn seine Auffassung sich durchsetzt, werden alle Kompendien des Staatsrechts neu geschrieben werden müssen. Denn seit der Zeit des Absolutismus ist, glauben wir, überhaupt noch niemand auf den Gedanken gekommen, daß man durch eine scharfe Kritik an der Regierung und an der Gesetzgebung auch das Staatsoberhaupt ,, verächtlicht macht".
In einer Zeit, in der das Reichskabinett das einzige Organ der Gesetzgebung ist und Geseze nur noch in der Dunfelfammer erzeugt werden, ist das Recht der Kritik besonders wichtig. Dieses Recht der Kritik wird durch das Urteil des Reichsgerichts in unerträglicher Weise eingeschränkt.
Das Reichsgericht wünscht lebenswichtige innen- und außenpolitische Interessen" geschützt zu sehen. Für die innenund außenpolitischen Interessen des deutschen Volkes kämpft der ,, Vorwärts", seit er besteht, und er glaubt für diese Interessen mehr getan zu haben als alle Senate des Reichs gerichts. Wir sind, aufrichtig gesagt, auch feineswegs davon überzeugt, daß die scharfsinnigen Juristen in Leipzig ein unfehlbares Urteil darüber besitzen, was die ,, innen- und außenpolitischen Interessen" des Reiches sind und wie sie am besten vertreten werden. Ein solches Urteil fann naturgemäß nur aus einer bestimmten politischen Gesinnung gefällt werden muß aber die des Reichsgerichts unbedingt die richtige sein?
Nach unserer Ueberzeugung fordern die innenund außenpolitischen Interessen des deutschen Volkes den allerschärfsten Kampf gegen die nationalsozialistische Judaspartei und gegen jede Regierung, die sich in die Abhängigkeit dieser Partei begibt!
Wir stehen im Wahlkampf und fordern als unser verfassungsmäßiges Recht, diese unsere Ueberzeugung vertreten zu dürfen. Wir kämpfen, um den Nationalsozialismus zurückzuschlagen. Wir kämpfen, um die Regierung der
Unter der Ueberschrift ,, Die Wahrheit wird getötet" schreibt der„ Daily Herald" in einem Leitartikel über die Aktion der Reichsregierung gegen den Vorwärts" und die Kölnische Volkszeitung":
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,, Die deutsche Regierung hat das Verbot des sozialdemokratischen Tage angeordnet. Eine Karikatur, die die Reichsregierung lächerlich Borwärts" und der katholischen Kölnischen Boltszeitung" auf fünf machte, wird als Vorwand für die willkürliche Aktion gegen den Vorwärts" benutzt, und das Verbrechen des katholischen Blattes beruht in einer Kritik an dem neuen Reichskanzler Herrn von Papen. Die Unterdrückung der Pressefreiheit ist die Waffe aller Diftatoren. Sie können nicht dulden, daß unangenehme Ansichten zum Ausdrud fommen. Die Meinungsfreiheit in Wort und Schrift ist der Lebensatem der Demokratie; sie ist es, die es ermöglicht, Wahrheit von Irrtum zu unterscheiden, und die dem
Belgische Aeußerungen.
Brüffel, 1. Juli. ( Eigenbericht.) Das Verbot des Vorwärts" und der Kölnischen Volkszeitung" findet in der belgischen Presse und öffentlichen Meinung die schärfste Verurteilung. Während die bürgerlichen Blätter sich damit begnügen, ihrem Erstaunen in den Ueberschriften Ausdruck zu geben, setzte sich der sozialistische ,, Peuple " ausführlich und in Die Achtung der Pressefreiheit, schreibt das Blatt, ist wohl die allerschärfsten Worten mit der Maßnahme der Regierung auseinander. letzte der Sorgen der Regierung der Junker und Reichs. mehrhäuptlinge. Aber was soll man dazu sagen, daß die Reichsregierung sich gerade die leitenden Organe der zwei großen politischen Parteien zum Opfer ihrer Gewaltmaßnahmen aussucht, die in der ganzen Welt als die wichtigste, wenn nicht einzige Stütze des öffentlichen Friedens, der Verfassungsmethoden und der Ordnung in Deutschland betrachtet werden.
Volk hilft zu begreifen, daß schließlich auch die Meinung der anderen Ohne die politische Klugheit, die Zähigkeit, die Opferbereitschaft, mit berechtigt sein kann; deshalb ist die Meinungsfreiheit der
Schrecken der Autokraten.
Denn Autokratie gleicht jenen schädlichen Pflanzen, die nur in der Dunkelheit wachsen, das Tageslicht und ein frischer, reinigender Luftzug sind für solche Gewächse tödlich. Aber die MöchtegernDittatoren von Deutschland werden schon merken, daß der Weg der Unterdrückung mit viel größeren Hindernissen besät ist als der ihrer Vorbilder in gewissen anderen Ländern; denn die deutschen Massen wissen, was Organisation heißt und besigen einen unvergleichlichen Sinn für Disziplin.
Auch Bismard versuchte, die deutsche Sozialdemokratie niederzuwerfen, und scheiterte. Was er nicht vermochte, das werden seine vernidelten Nachahmer von heute faum beffer erreichen."
der diese beiden Parteien so oft das Parteiinteresse dem Interesse der Volksgesamtheit unterordnen, wäre Deutschland wahrscheinlich der Anarchie, dem wirtschaftlichen Chaos und dem Bürgerkrieg verfallen.
Was ist das für eine Regierung, die auf die letzten aufbauenden und friedlichen Kräfte, die dem Lande noch verblieben sind, wie ein Beseffener losschlägt? Wohin wollen die Papen und Schleicher im Bündnis mit Hitler Deutschland führen? Vandervelde, der frühere belgische Außenminister, äußerte sich wie folgt zum Verbot des Vorwärts": Diese Maßnahme ist eine überaus ernste Sache. Sie führt Deutschland zurück zum Bismarckschen Zeitalter ernstester Kämpfe gegen die
Aufmarschplan
Montag Lustgarten! siehe umseitig!