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Rr. 325 49. Jahrgang

1. Beilage des Vorwärts

8000 verlassen die Stadt

Am 1. September beginnt der Einzug der Randsiedler

Am 1. September werden 8000 erwerbslose Berliner ihre| für die Häuser der Kinderreichen ein erhöhtes Baugeld ausgeworfen Sachen packen und der Mietkaserne ade" sagen. Am 1. Sep- hat. Man mußte auch auf Wasseranschluß verzichten, über­tember beginnt der Einzug in die Stadtrandsiedlungen. Dies wäre das Berliner Wasser den Siedlern viel zu teuer ge­Schon nach den ersten Spatenstichen, das war zwischen Mitte April| kommen. So hat man bei tiefem Grundwasser eine 3entral und Anfang Mai, war alle Romantik verflogen. Es gab Schwielen| pumpe geschaffen, bei günstigem Grundwasserstand haben je zwei und Schweiß, denn die Steine waren hart und die Bohlen schwer. Aber nirgends ein Fluch. Am Ende dieser schweren Sommertage steht für 1800 Familien eine Heimatstatt bereit: Haus und Garten, Baum und Vieh. Und ein wenig mehr Ruhe und Frieden als am Wedding obendrein. Niemand von den Siedlern verkennt das.

Nach harter Arbeit.

Auf derselben Baustelle stand der gelernie Maurer neben dem ungelernten Hofarbeiter, der gewiegte Zimmermann neben dem Handlungsgehilfen. Aber kein Mensch weiß bis heute, in welches Haus er einmal einziehen wird. Denn es hätte so sein können: ein Maurer, ein Zimmermann, ein Klempner und ein Tischler, die hätten sich zusammengeschlossen und gesagt: Leute, jetzt wollen wir Facharbeiter uns aber mal vier Häuser hinbauen, wie eine 1" sollen sie stehen!" Das hätten sie, zweifellos, aber am anderen

Paul Löbe

sagt in seinem Glückwunsch an den ,, Vorwärts": Berliner , macht euer Organ zum einflußreichsten der Hauptstadt gegen drohende Knechtschaft, für die selbsterrungene Freiheit.

Ende hätte ein Konditor, ein Bankangestellter, ein Reifender und Kameraden! Genossen!

ein Schriftsteller auch von diesen sind mehrere unter den Eied­

Tern- gestanden, und sie hätten nie und nimmer gewußt, wie man ein Haus baut. Deshalb wissen die Facharbeiter nicht, wessen Mauer sie gerade kunstgerecht aufrichten. Wenn alles fertig ist, wird man die 1800 Siedlerstellen auslosen.

Alle Siedler mußten Hand anlegen. Einigen hat die unges

wohnte Arbeit 21 bis 25 Pfund an Körpergewicht gefoftet. Diele erften Tage als Siedler maren mirklich schmer: nur die Wohl­fahrtsunterstützung, dazu 50 Pf. täglicher Fahrgeldzuschuß und ein Mittagessen und dabei die Bauarbeit. Nicht eine Flasche Bier Ponnten sich die Siedler faufen, manche tranfen bereits zum Früh stück Wasser. Aber alle 1800 hatten ein 3iet, und so übermanden fie die Schwierigkeiten, wenn sie auch bisweilen die Zähne zu= fammenbeißen mußten.

Es hat sich übrigens erwiesen, daß man ohne Facharbeiter nicht ausgekommen wäre. Deshalb wurden unter den Bewerbern bon Dornherein Baufacharbeiter bevorzugt. Dadurch mußten natürlich mitunter sozial dringlichere Fälle von Schneidern oder Bädern usw. zurückgestellt werden. Trotzdem haben sich die Bäder, Konditoren und Köche tapfer gehalten. Von ihrer früheren Arbeit her hatten sie noch das Gefühl fürs Gewicht, für bestimmte Mengen; sie hatten deshalb schnell heraus, wieviel man auf einen Spatenstich nehmen muß. Aber trotzdem nun schon 35 Proz. der Siedler Baufacharbeiter sind, mußte man außerdem noch Afü­Arbeiter( Maurer und Zimmerleute) hinzunehmen. Denn die Stadt­randsiedlung sollte ja kein Wilder Westen " werden.

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Los von der Miete.

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Siedlerstellen einen Brunnen erhalten. Auf Gasanschluß hat man ganz verzichtet, für elektrisches Licht wird man Sorge tragen. Weg und Steg müssen sich die Siedler selbst schaffen.

Demnächst wird der zweite Bauabschnitt der Berliner Stadtrandsiedlung beginnen. Dabei wird man in Staaten 220 Kurzarbeiter von Siemens ansiedeln. Die hier gemachten Er­fahrungen dürften dann ausschlaggebend für das ganze Siedlungs mert sein. Beider übersteigt für den, zweiten Bauabschnitt die Zahl der Bewerber bei weitem die Zahl der zu errichtenden Stellen.

Mittwoch, 13. Juli 1932

Nazi immer bewaffnet.

Zusammenstoß auf dem Wedding .

An der Ede Seller- und Chauffeeftraße, unweit der Boyenstraße, wo am Dienstagfrüh der Reichsbannerkamerad Wölfel von 3 mölf SA.- Leuten viehisch niedergeschlagen und ihmer verlegt wurde, versuchten gestern nachmittag abermals 25 SA.- Leute eine Gruppe von 15 Reichsbannerleuten zu überfallen. Dabei stellte es sich wieder wie so oft heraus, daß diese Mord­gefellen zum Teil bewaffnet waren und die Frage ist berechtigt, wer den S.- Leuten die Waffen liefert. Tagtäglich werden den orga­nifierten nationalsozialistischen Mörderfrupps Pistolen abgenommen und immer wieder werden Banden festgestellt, die bewaffnet sind.

Diesmal, an der Ecke der Seller- und Chausseestraße, waren die Mordgesellen Hitlers an die Unrechten gekommen, denn trog ihrer zahlenmäßigen Ueberlegenheit wurden die Hakenkreuzler zu Baaren getrieben. Dabei wurde einer dieser Burschen ziemlich unanft angepadt. Die Polizei nahm drei Nationalsozialisten, die als Rädelsführer für den Ueberfall in Frage kommen, fest. Ein an der Schlägerei beteiligter Nazi flüchtete in seine Wohnung, wo

ihn einige Seit später die Polizei aufftöberte. In der Tasche des repolder gefunden. Die Bolitische Bolizei wird sich mit diesem Burschen wurde ein mit fünf Schuß geladener Trommel. atentreuzler noch näher befassen.

Eine zweite Schlägerei zwischen Nationalsozialisten und

Reichsbannerleuten spielte sich in der Tegeler Straße ab, wo

die S2. gleichfalls eine berüchtigte Kaserne hat. Ein Reichsbanner­mann erlitt leichte Verlegungen. Drei nationalsozialistische Wege­lagerer wurden festgenommen.

Das Befinden des Kameraden Wölfel. Reichsbannerkamerad Mar Wölfel, das Opfer hinterhältiger nationalsozialistischer Mordbuben, liegt noch immer im Virchow­

rantenhaus sehr schwer danieder. Die Verlegungen find außer. ordentlich bedenklich und es wird aller ärztlichen Kunst bedürfen, um öffel wieder herzustellen.

Ein Jahr Gefängnis um 20 Pfennig.

Das Schwurgericht Frankfurt Main verurteilte einen Angeklagten, der sich wegen Einbruchs zu verantworten hatte, zu einem Jahr Gefängnis. Der Staatsanwalt hatte gegen den An­geklagten, dem nur eine Beute von 20 Pf. in die Hände gefallen

mar, 2 Jahre Zuchthaus beantragt!

Demonstration Neukölln. Bei der Kundgebung der Eisernen Front am 11. Juli 1932 hat ein Arbeitersportgenosse seinen Bullover verloren. Der Finder wird gebeten, ihn im Parteibüro, Ideal paffage, abzugeben.

Eiserne Front gegen Hitler- Barone!

Die erſtellten Gieblingsbäufer find natürlich feine Willen. Aber Unsere nächsten Partei- und Betriebsveranstaltungen:

ein ungeheurer Fortschritt über das Miettafernenelend hinaus. Da man mit den 2500 M. Baugeld pro Haus fparfam umgehen mußte, sind leider nur 50 bis 60 Quadratmeter Ruzfläche herausgefommen. Aber zum Haus tommen ja noch 800 bis 1000 Quadratmeter Siedlungsland. Dazu erhält jeder Siedler die nötigsten Gartengeräte, 8 Obstbäume, einen Stamm Hühner, eine Anzahl Beerenobststräucher, allen Samen und den ersten Dung. Wenn man noch bedenkt, daß zum Beispiel die 207 Marzahner Siedler auf bestem Weizenboden sitzen, dann ist am 1. September ein großer Schritt getan, um 8000 Berliner aus der Fieber 30ne der Wirtschaftsfrije herauszuführen.

Das Gelände hat in jedem Fall die Stadt Berlin zur Ver fügung gestellt. Sie begnügt sich mit einem Bachtzins von 4 Pf. pro Quadratmeter und Jahr. Im ersten Jahr hat jeder Siebler überhaupt nur 3 M. pro Monat zu zahlen; per 1933 je Monat 5,65 M.; von 1934 bis 1936 rund 12 m. und ab 1937 rund 16 M. im Monat. Das ist selbst gegenüber den Mieten für eine heutige Einzimmer Wohnung eine enorme Ersparnis. Das fonnte aller­dings nur erreicht werden durch versteckte Zuschüsse über die Reichs­gelder hinaus; da hat die Baupolizei auf Gebühren verzichtet, dort gibt die Stadt Berlin noch etwas zu.

Der Weg zur Schule.

Man muß fich nun flarmachen, daß rings um Berlin etma zehn neue Dörfer entstehen, die innerhalb meniger Monate buchstäblich aus dem Boden geftampft wurden. Dadurch ergaben sich erhebliche kommunalpolitische Aufgaben. Unter den 8000 Stadtrandsiedlern befinden sich 3600 Kinder, davon find 1759 schulpflichtig. Nun hat man wohl in der Berliner Innen­stadt 23 überflüssige Schulen durch die Verlagerung der Woh­nungen an die Peripherie aber die Siedlungen haben vorläufig teine Schulen. Nur 40 Proz. der Siedler haben 1 bis 3 Kinder, 60 Proz. mehr als 3, und 63 Familien haben jogar 6 bis 12 Kinder! Die Stadt Berlin hat berechnet, daß 250 000 m. notwendig sind, um diese Kinder in Schulen unterzubringen. Der Reichskommissar wird also nochmals ins Reichsfädel greifen müssen, wie man ja auch

6 Chanike..

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athildem. Die Eroberung

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55. Abt., Charlottenburg . Mittwoch, 13. Juli, 19% Uhr, im Tür­kischen Zelt, Charlottenburg , Berliner Str. 53, öffentliche Versammlung ,, Der Befreiungskampf der Arbeiterklasse". Referent: Stadtrat Carl Schneider .

93. Abt. , Neukölln. Mittwoch, 13. Juli 19% Uhr, im Lokal ,, Bär­winkel", Siedlung Dammweg, Steinbockstraße, öffentliche Versammlung: Die kommenden Wahlen". Referent: Ge­nosse Stieglitz .

98. Abt. , Neukölln. Mittwoch, 13. Juli, 19% Uhr, in der Schul­aula Mariendorfer Weg öffentliche Kundgebung Der Be­freiungskampf der Arbeiterklasse". Referentin: Luise Kähler, MdL.

Bergmann, Seestraße. Mittwoch, 13. Juli, 16 Uhr, in den Pharus­sälen, Müllerstr. 142, Betriebsversammlung. Der Freiheits­kampf der deutschen Arbeiterklasse". Referent Max Bri­nitzer.

109. Abt. , Friedrichshagen . Mittwoch, 13. Juli, 19% Uhr, im großen Saal des Gesellschaftshauses, Friedrichstraße 137, öffentliche Kundgebung: ,, Der Befreiungskampf der Arbeiter­klasse". Referent: Anton Reißner, MdR. Zuvor Ummarsch durch den Ort. Abmarsch pünktlich 19% Uhr vom Bahnhof Friedrichshagen .

Siemens- Werner- Werk. Mittwoch, 13. Juli, 16% Uhr, im Lokal Weidner, Nonnendammallee 42/43. Betriebsversammlung. ,, Der Kampf um Freiheit und Recht." Referent Gen. Herm. Harnisch , MdL. Betriebsausweis legitimiert. Gesamtverband. Reinemachfrauen in den Banken. Donnerstag, 14. Juli, früh 8% Uhr, in der Aula des Dorotheenstädtischen Gymnasiums, Dorotheenstr. 12. ,, Gewerkschaften und die kommenden Reichstagswahlen." Referentin Luise Kähler, MdL.

59. Abt. , Spandau . Donnerstag, 14. Juli, 19% Uhr, Wählerver­sammlung im Paradiesgarten", Spandau , Seegefelder Straße 54/55. Der Befreiungskampf der Arbeiterklasse". Referent: Otto Meier , MdL.

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EXTRA STARKES AGYPTERFORMAT

Gelap, Marienfelde . Freitag, 15. Juli, 16% Uhr, im Lokal Wild­grube, Kiepertplatz, Betriebsversammlung. ,, Einheitsfront und Faschismus." Referent Fritz Köcher.

Versammlung des Schlaf- und Speisewagen- Personals der Mitropa am Freitag, 15. Juli, abends 8( 20) Uhr, im ,, Rosen­thaler Hof", Rosenthaler Str. 40-41. Tagesordnung: ,, Kampf der Arbeiterschaft um Recht und Freiheit". Referent Willy Schneider . Die Entscheidung drängt! Mitarbeit ist zwin­gende Pflicht für jeden Arbeitnehmer! Deshalb erscheint in Massen! Gesamtverband der Arbeitnehmer der öffent­lichen Betriebe und des Personen- und Warenverkehrs. Richter.- Zentralverband der Hotel-, Restaurant- und Café­Angestellten, Zweigverein Berlin . A. Burde.

128. Abt. , Pankow . Freitag, 15. Juli, 19% Uhr, öffentliche Kund­gebung im Kurfürsten", Pankow , Berliner Str. 102. ,, Der Befreiungskampf der Arbeiterklasse." Referent Robert Breuer

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Köpenick . Freitag, 15. Juli, Demonstration, Treffpunkt 19 Uhr, Dahlwitzer Platz( Siedlung). Anschließend öffentliche Kund­gebung im Stadttheater. Dr. Haubach spricht. Mitwirkung der Spieltruppe: ,, Der Querschnitt".

152. Abt. Blankenburg. Sonnabend, 16. Juli, 19% Uhr, öffentliche Kundgebung im Lokal Pansegrau, Buchholz, Bahnhof- Ecke Pankstraße. Die kommenden Reichstagswahlen." Referent Otto Meier , MdL. Hammerschafts- Versammlung der beim Arbeitsamt Berlin - West und beim Bezirksamt Charlottenburg beschäftigten Arbeiter, Angestellten und Beamten. 15. Juli, 20 Uhr, im Restaurant Röhrich, Schloßstr. 45, Ecke Hebbelstraße. Die allgemeine politische Lage und die kommende Reichstagswahl. Refe­rent Kollege Oltersdorf vom Gesamtverband. Die Aufgaben Es der Hammerschaften während der Wahlbewegung. ist Pflicht eines jeden Genossen, zu dieser Versammlung zu erscheinen.

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