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feiten breiter Dolksmassen ein starkes Mißtrauen gegenübersteht. Es besteht die Gefahr, daß diese im Regieren noch wenig geübte Regierung aus der Unklarheit ihrer Situa- tion Folgerungen ziehen wird, die für Land und Volk ver- hängnisvoll werden können. Pläne, die darauf hinauslaufen, durch ein Verbotder K P D. das Wahlergebnis zu korrigieren oder in Preußen einen Reichskommissar einzusetzen, werden trotz ihres offen- kundigen Staats st reichcharakters in Kreisen, die der Regierung nahestehen, offen diskutiert. Offen wird er- klärt, daß die Wahlen vom 31. Juli die letzten für lang« Zeit sein, daß also dem Volk seine verfassungsmäßigen Rechte genommen werden sollen. Die Antwort auf solche Pläne wollen wir am 31. Juli geben. Aber zuvor schon soll man uns hören undsehen. Jede Kundgebung der Partei muß die vorangegangene an Wucht und Entschlossenheit übertreffen. Mögen sie uns hassen! Aber sie sollen auch wissen, daß wir eineMachtsind und daß wir das Recht des Volkes vertei» digen werden! Massen heraus!

Bürgerkriegshehe. Offene Aufforderung zum Mord imAngriff". DerAngriff" hat am Dienstag den feigen Ueberfall auf den Genossen W ö l f e l alsUeberfall einer Reichsbanner- Horde auf SA. -Leute" bezeichnet. Gestern setzt er die Lüge fort mit der Behauptung, Wülfel den derAngriff" Reichsbanner st rolch Wülfel" nennt habe einen SA. -Mann mit gezogener Pistole bedroht, darauf sei von SA. - Leutenmit blanken Fäusten das Recht der Notwehr geübt worden." Diese Schamlosigkeit der bewußten Lüge entspricht der Gemeinheit des organisierten Ueberfalls auf den nichtsahnend zur Arbeit gehenden Genossen Wülfel! Die Banditen von der Chausseestraße und die Mordhetzer in der chedemann- straße sind einander würdig! Die gestrige Nummer 143 desAngriff" enthält auf Seite 3 des Hauptblattes ferner wieder ganz ungeheuerliche Ausfälle gegen das Reichsbanner. Abgesehen davon, daß dem preußischen Innenminister eine einseitige Verwendung der Schutzpolizei für die Sicherheit des marxistischen Mord- gesindels"(2. Abschnitt, 1. Spalte) unterstellt wird, gegen das Reichsbanner in der unerhörtesten Weise gehetzt. Jedes zweite Wort ist eine Beschimpfung wie: Verbrecher- pack, Höltermann-Bestien, Lumpenpack, Reichsbannerstrolche, vertierte Mörder, Gesindel, Lumpen, Mordbestien. Zum ochluß wird dann eine offene Morddrohung gegen denMordorganisator Höltermann" mit folgenden Aus- führungen ausgesprochen: Und wenn das Subjekt höltermann heule aufgetakelt wie ein Dfingflochse die Parade seiner INordbanditen abnimmt, dann soll er sich heute schon gesagt sein lassen, daß das wahrscheinlich nicht mehr oft vorkommen wird. Die ZNorde an unfern SA. -PIännern finden ihre Sühne! Darauf kann sich auch dieser INordbanditenführer verlassen." Das ist eine offene Aufforderung zum Mord! Wir for- dem, daß der Bursche, der sie zu verantworten hat, wegen des offenkundigen Verbrechens verhaftet und schleunigst prozessiert wird! Wir fordern, daß gegen Mordhetzer vom Schlage derAngriff"-Redakteure energisch eingeschritten wird! Wer den Bürgerkrieg verhindern will, muß die offenen Bürgerkriegshetzer zum Schweigen bringen! Hetze gegen die Polizei. Nach dem feigen Ueberfall auf den Genossen W ö l f e l hat die Polizei die nationalsozialistischen Verbrecherhöhlen, namentlich die Kaserne in der Raoenestraße, durchsucht. Deshalb hetzt derAn- griff" in folgender Form gegen die Polizei: Das inzwischen alarmierte Ueberfallkommandv stürmte buch­stäblich das Lokal, drang mit vorgehaltenen Maschinen- p i st o l e n auf dort anwesende SA. -Männer ein, schlug diesen mit den Kolben der schweren Waffen ins Gesicht, in den Rücken und eiger der Beamten rief fortgesetzt: Nazistrolche, Arbeitermörder!" Wie dieBeamten " sich benahmen, als sie drei SA. -Männer auf den Ueberfallwagen luden, charakterisiert folgender Tatbestand: Alle Gegenstände, Papiere, Zeitschriften wurden im Lokal durch- einandergeworfen. Dem besagten SA.-Mann schlug man noch auf dem Ueberfallwagen die Vorderzähne ein und stieß zwei andere SA.-Männer, die erst vor kurzem von der Kommune überfallen wurden und noch unter een Folgen bieses Ueberfalls leiden, den Kolben der Maschinenpistolen wiederholt in Rücken und Unterleib. Zu Protokoll haben diese Beamten aber gegeben, daß sie nicht die Verhafteten verletzt hätten, sondern daß die sA.-Männerin den Wagen gestolpert"(!!) seien." Der Niedergeschlagene ist schuldig, die Polizei ist schuldig nur die SA.-Leute sind die reinen Unschuldslämmer! Die Polizei hat ihre Pflicht erfüllt, wenn sie nach diesem hundsgemeinen Ueberfall energisch eingeschritten ist! Ordnung". Hugenberg wirbt um Hitler. Antwort: Hunde, Lumpen, Verbrecher. Hugenberg fürchtet, daß nach den Wahlen eine Koalition zwischen Zentrum und Nazis zustande kommen könne, von der die Deutschnationalen ausgeschlossen sein würdest. Unter heißen Um- ständen so hat er in einer Rede in Münster erklärt dürfe eine tolchc Koalition zustande kommen, dies« Koalition sei die größte Ge- fahr. Deutschnationale und Nationalsozialisten müßten gemeinsam Deutschland in Ordnung bringen. Die deutschnationale Presse hat sich soeben beschwert, daß deutschnationale Redner von Nationalsozialisten alsHund, Lump, Ve r b r e ch e r" bezeichnet und mit Stöcken bedroht worden sind, und daß nationalsozialistische Sprcngkolonnen unter Führung schwer vorbestrafter Subjekte in deutschnationale Versaniin- lungcn eindringen. Das würde eine saubere Sorte vonO r d n u n g" geben, die Deutschnationale und Nationalsozialisten in Deutschland gemeinsam scbaffen! Aeichsrat erst nächste Wache. Die sur Donneretag in Aussicht genommene Vollsitzung des Reichsrats ist abgesetzt wyrde». Die nächste Reichsrotssitznng wird deshalb voraussichtlich am kam- Menden Donnerstag stattfinden.|

Einheiisstont England-Frankreich Englischer Außenminister verkündet neues Abkommen.

London , 13. Juli. sEigenbericht.) Zw Unterhaus machte der englische Außenminister Sir Zohn Simon am Mittwoch überraschende Mit» teilungen über ein bisher unbekanntes Ergebnis der Lausanncr Unterhaltungen in Gestalt einer Entente Eordiale zwischen Frankreich und England. Beide Regierungen haben sich über folgende Punkte geeinigt: 1. Gemäß dem Geist des Bölkerbundes wollen sie sich mit völliger Offenheit gegenseitig infor- miercn über irgendwelche auftauchenden Fragen, die ihrem Ursprung nach ähnlich den jetzt in Lausanne geregelten sind und welche die Verhältnisse in Europa beeinflussen können. 2. Sie wollen miteinander und mit den übrigen Delegationen eng zusammenarbeiten, um eine Lösung für die Abrüstungsfragc zu finden, die für alle beteiligten Mächte heilsam und gerecht ist. 3. Sie wollen miteinander und mit anderen inter - essierten Regierungen bei der sorgfältigen und prak- tischen Vorbereitung der Weltwirtschaftskon- f e r e n z zusammenarbeiten. 4. Während Verhandlungen über einen neuen Handelsvertrag bevorstehen,»vollen beide Länder Handlungen vermeiden, die eine Benachteiligung der Interessen des einen Landes durch das andere bedeuten würde. Ter Mitteilung dieses Vertrages, der hier großes Aufsehen erregt, fügte Sir John Simon hinzu, daß die Vereinbarung nicht für einen Teil des Lausanner Vertrages oder für einen Teil der Lausanncr Dokumente angesehen werden dürfe:Es ist kein E r g ä n z u n g s- vertrag und überhaupt kein Vertrag mit einer be- stimmten Substanz. Aber es ist eine Aufforderung, ehrliche und offene Diskussionen einzuführen, der, wie wir hoffen, alle führenden europäischen Mächte Folge leisten werden. Tie französische und englische Regierung haben die Führung übernommen und was wir herbei- zuführen suchen, ist eine Vereinbarung über die Art und Weise, auf welche künftige Schwierigkeiten besprochen werden sollen. Unsere Regierungen hoffen. daß die übrigen Regierungen die neue Vereinbarung annehmen werden." Sir Fohn Simon reiste unmittelbar nach seiner Rede nach Genf . Ueber die Tragweite dieser Mitteilung wird in der gan- zen Welt lebhaft diskutiert. Der erste Eindruck ist natürlich der, daß zwischen England und Frankreich ein neuer b ü n d- nisartigerZustand geschaffen worden ist. Sofort entsteht aber unwillkürlich die Frage: Gegen wen? Sowohl die Erklärung des britischen Außenministers wie auch ein offiziöser Reuter-Kommentar unterstreichen, daß

alle übrigen Mächte aufgefordert werden, sich dieser Ein- heitsfront anzuschließen. Damit scheine also die Frage in dem Sinne geklärt, daß dieses Abkommen sich gegen niemanden richtet. Bezeichnend ist ober, daß es in dem Reuterfchen Kom- mentar heißt: Im Falle, daß Deulschland an Großbritannien mit dem Er- suchen herantrete, daß dieK r i e g s s ch u l d"- K l a u s e l aus dem Versailler Vertrag ausgemerzt werde, werde die britische Regierung verpflichtet sein, sich mit Frankreich ins Benehmen zu setze n." Das wäre an sich gewiß nichts Neues, denn auch ohne den neuen Pakt Macdonald-Herriot würde England einer Revision des Friedensvertrages ohne vorheriges Einver- ständnis mit Frankreich keinesfalls zustimmen können� Im- merhin zeigt diese neue Vereinbarung, die doch einen Sinn haben muß, daß England und Frankreich viel enger als bisher in allen internationalen Fragen zusammenzu- arbeiten gedenken. Zweifellos gilt das auch für die Ab- rüstungsfrage. Die Einladung an Deutschland und die anderen Staaten, diesem Abkommen beizutreten, erscheint daher recht theoretischer Natur. Sie erinnert ein wenig an eine ähnliche Einladung, die Deutschland nach Bekanntgabe seines Zollunionsprojekts mit Oesterreich verlautbaren ließ und die von niemanden ernst genommen wurde. Sollte als.p o l i t i sch e s Ergebnis von Lausanne die Regierung Papen außer der glatten Ablehnung ihrer samt- lichen politischen Forderungen obendrein nur ein neues englisch -französisches Bündnis erreicht haben? Andererseits bedeutet diese Mitteilung Sir John Simons die klare Bestätigung einer Uebereinkunft zwischen den beiden Ländern, wonach Lausanne erst in Kraft treten soll, wenn Amerika entsprechende Schuldenstreichungen ge- währt. Der Reuter-Kommentar b e st r e i t e t zwar, daß dieses neue Abkommen in irgendeiner Beziehung zu den Kriegsschulden an Amerika stehe. Aber zur selben Stunde hat auch H e r r i o t vor den Kammerausschüssen Mitteilung von dem Ereignis gemacht. seine große moralische Bedeutung hervorgehoben und seine Tragweite in bezug auf das interalliierte Schulden- Problem ausdrücklich unterstrichen. Er sprach nur von einerW iederbelebung der Entente Cor- d i a l e" und von einerneuen Aera für die Beziehungen zwischen Frankreich und Großbritannien ", sagte aber kein Wort von einer Aufforderung an Deutschland und andere Mächte, dieser Einheitsfront beizutreten. Die Regierung Papen hat das deutsche Volk über das Fiasko ihrer politischen Aktion in Lausanne hinweazu- täuschen versucht, indem sie es auf größere Erfolgsaussichten für die Zukunft, gestützt vor allem auf englische Hilfe, ver- tröstete. Die gestrigen' Mitteilungen Sir John Simons und vor allem Herriots lassen diese Hoffnungen als einigermaßen problematisch erscheinen.

Demagogie im Rundfunk. Freche Beschimpfungen der Arbeiterschast.

Breslau , 13. Juli. (Eigenbericht.) In einer großen Protestkundgebung der Breslauer Arbeiterschaft am gestrigen Abend wurde einstimmig die fol- gende Entschließung angenommen: Viele Tausende in Schießwerder versammelten Republikaner, der Vortrupp von Zehntausenden werktätiger Rundsunkhörer, erhebt entrüstet Einspruch gegen die dreisten Beschimpfungen, die der schlesische Nazisührer Brückner durch den Breslauer Sender gegen die organisierte Arbeiterbewegung richten durfte. Sie warnt den Schlesischen Rundfunk dringend, den Sender weiterhin zum Sprachrohr der Feinde von Volk und Freiheit zu machen. Sie sind nicht gewillt, derartige Heraussorderungen, die in letzter Zeit nicht vereinzelt sind, durch die Hergabe ihrer Lohngroschen fernerhin zu unterstützen." Der Breslauer Sender, der sich bisher eines guten Rufes als besonders fortschrittlich erfreute, scheint sich neuerdings mehr und mehr zu einer Einrichtung des Dritten Reiches zu entwickeln. Er bringt eine nationalsozialistische Darbietung nach der anderen, ohne daß von irgendeiner Parität den anderen Parteien gegenüber etwas zu spüren ist. Das Tollste aber war der Vortrag des schlesischen Nazi- führers Brückner am letzten Sonnabend, der sich u. a. wie folgt äußerte:

Die internationalen Marxisten, denen jedes Nationalgefühl ab­gesprochen werden muh"...: er bezeichnete die Marxisten ferner als Bolksvergister und Volksbetrüger. Er schloß seine Aus- führungen mit dem Nazigrußheil Hitler". Nach solchen Leistungen des Rundfunks ist es kein Wunder, daß sich die sozialistische Arbeiterschaft, die gerade in Schlesien einen be- trächtlichen Teil der Rundfunkhörer stellt, die Frage vorlegt, ob sie sich für ihr Geld, das sie jeden Monat an den Rundfunk zahlt, noch weiter in dieser maßlosen Weise beleidigen lassen soll. Wir fragen die zuständigen Stellen: Wie konnte ein derartig verhetzender Vortrag zugelassen werden? Wo bleibt vor allem der Ueberwachungsausschuß? Hat ihm der Text des Vortrags nicht vorgelegen? Nach den Bestimmungen des Rundfunks dürfen Rundfunkoorträge keinerlei Polemiken enthalten, ebenso ist die Herabsetzung Andersdenkender nicht zulässig. hier handelt es sich aber um keine Herabsetzung, sondern um eine ganz grobe Beschimpfung Andersdenkender. die ofsenbar mit Duldung der zuständigen Rundfunkstellen erfolgt ist. Die Erregung in der schlesischen Arbeiterschaft ist groß. Wenn nicht schnellstens Abhilfe geschaffen wird, und der Skandal des Miß- brauch» des Rundfunks durch die Nazis aufhört, dann wird der Schlesische Rundfunk sehr bald jeden Kredit bei der sozialistischen Arbeiterschaft verlieren.

Bundesgenossen der Gemeinheit. Von der moralischen Verlumpung des Bürgertums. Das Schreiben Severings an den Polizeioizepräsidenten> Dr. Weiß ist ebenso wie der hundsgemeine Antrag der' nationalsozialistischen Landtagsfraktion fast von der gesamten rechtsradikalen Presse totgeschwiegen worden! Der nationalsozialistischeA n g r i f f" hat den Brief Severings unterschlagen er wagt aber auch nicht, den Antrag abzudrucken, aus Feigheit; denn die Gemeinheit flüchtet unter die Fittiche der Immunität. Ebenfalls unterschlagen haben das Schreiben die folgen- den Rechtsblätter:Lokal-Anzeige r",T a g", Deutsche Z e i t u n g",Deutsche Tageszeitun g". Sie haben damit Zeugnis für die moralische Verlumpung des rechtsstehenden Bürgertums abgelegt! DieK r e u z z e i t u n g", das Organ des Stahlhelms, berichtet in der folgenden Form: Damit aber über seine eigentliche Einstellung ja kein Zweifel auskommen möge, hat Severing an den Berliner Polizeivize- Präsidenten Dr. Weiß so etwas wie«in Trost schreiben gerichtet, in dem er diesen gegendemagogische Berunglimpsung" in Schutz nimmt, welche er in einem nationalsozialistischen Land- tagsantrag gegen Dr. Weiß erblickt." Das ist noch gemeiner als die einfache Unterschlagung!

Wir haben im Stahlhelm immer eine stockreaktionäre, ver- fassungsfeindliche Organisation gesehen, hatten ihn bisher jedoch in bezug auf politische Sauberkeit und Anstand anders eingeschätzt als die Nazis. Wir haben uns getäuscht er macht sich zum Bundesgenossen der äußersten Gemeinheit! An diesem Fall tritt die scheußliche Berlumpung im Bürgertum auf das krasseste hervor! Oer Hagel der Proteste. Auch die christlichen Gewertschasten appellieren an Hindenburg . Der gcschäflssührende Vorstand des Gesamtvcrbandcs der chri st lichen Gewertschasten hat in Anbetracht des immer stärker in Erscheinung tretenden Bürgerkrieges folgendes Telegramm an den Reichspräsidenten gerichtet: Die zunehmenden Terrorakte und die sich täglich mehrenden politischen Morde erfordern sofort allgemeines Uniform- verbot. Wir bitten den Herrn Reichspräsidenten , seiner öfstM- lichen Zusage gemäß, nunmehr olle oerfaisungsmäßigen Mittel in Anwendung zu bringen, um weitere Gewalttätigkeiten zu ver- hindern, da» Leben der Volksgenossen zu sichern und die frei« Entschließung bei der Reichstagswahl zu garantier«