Strafanträge im Attentatsprozeß Drei Jahre Gefängnis beaniragi— Die Guchi nach Gensation
Heute morgen begannen in dem Attentatsprozeß Dr. Rössen und K e r t s ch e r die Plädoyers. Als erster erhielt Oberstaats- anmalt Dr. Sturm das Wort. Er führte aus: Die Art des Auf- tretens des Angeklagten Dr. Roosen in der Verhandlung beweise, daß es sich für ihn in der Hauptsache um Sensationssucht handelte. Wir wissen, daß die Tat seit langem vorbereitet war. Es war die Ausführung eines seit langem gefaßten Vorsatzes, die Tat ist von beiden Angeklagten gemeinschaftlich begangen, der Z 223 des Straf- gesetzbuches fetzt wegen gefährlicher Körperverletzung als Mindest- strafe 2 Monate Gefängnis, als Höchststrafe 5 Jahre Gefängnis fest. Das schwerste in diesem Prozeß war für mich die Frage, ob ich nicht Anträge aus dem Z S1(Unzurechnungsfähigkeit) stellen sollte. Die Art, wie der Angeklagte hier von der Untersuchung seines Geisteszustandes während der Militärzeit erzählt hat, fein Ausruf am letzten Verhandlungstage, er fei wohl der einzige im juristischen Sinne Normale im Gerichtssaale, hat zu schwersten Bedenken Anlaß gegeben. Wenn ich trotzdem keine Anträge aus dem Z 51 gestellt habe, so ist das dem Umstände zuzuschreiben, daß der Ange- klagte hier in unerhört schlagender Weise auf die Vorhaltung des Vorsitzenden zu erwidern wußte, sich durch scharssinnige Argumente zu verteidigen vermochte und ungemein geschickt der Anschuldigung des Verstoßes gegen die Notverordnung über das Verbot des Waffen- bcsitzes den Boden zu entziehen versucht hat. Wir haben es hier nicht mit einem Irrsinnigen, sondern mit einem Genie zu tun. Zum Strafmaß ist zu sagen: Die Tatsache, daß die Körperver- letzung, die Dr. Luther zugefügt worden ist, nur unbedeutend war,
kann nicht besonders ins Gewicht fallen. Die Angeklagten haben als gebildete Menschen sich sagen müssen, daß eine Abirrung der Kugel, also auch eine sehr schwere Verletzung, stets möglich sei. Um so wichtiger ist aber bei der Beurteilung der Tat ein anderer Gesichts- punkt. Fast täglich erlebt man in den Moabiter Gerichtssälen junge Leute, die aus politischer Verhetzung die Staatsordnung gefährdet haben. Diese Angeklagten hier sind aber geistig hoch- stehende Menschen. Sie wußten ganz genau, was sie taten, sie sind deshalb auch in höherer Weise verantwortlich. Der Staatsanwalt beantragte gegen Dr. Roosen wegen gemein- schaftlicher gefährlicher Körperverletzung und Verstoß gegen die Not- Verordnung über Waffenbesitz eine Gesamtstrafe von 3 Jahren Ge- fängnis, gegen Kertscher eine solche von 2 Jahren 3 Monaten Ge- fängnis. Gegen beide Angeklagten die Wiedervollstreckung des Haftbefehls. Ein Plädoyer von großer Sachlichkeit hielt als zweiter der Vertreter des Nebenklägers des Reichsbankpräsidenten Dr. Luther, Rechtsanwalt Dr. W e strick. Er sagte u. a.: Opfer der Tat war hier ein Mensch, der wie kein anderer in Deutschland für die Währung gekämpft hat, die Kugel traf ihn in einem Augen- blick, als er im Begriff war, im deutschen Interesse nach Basel zu fahren. Den Angeklagten sei es gar nicht ernstlich um ihre Theorie zu tun. Dr. Roosen ist im Gerichtssaal in seiner Narretei zu weit gegangen, das Schauspiel, dessen Autor und Jnszenicrer er war, ist durchgefallen, das Gericht wird durch sein Urteil zum Ausdruck bringen müssen, daß Selbstgefälligkeit und verletzte Eitelkeit die Haupttriebfeder der Tat gewesen sind. Es folgen die Plädoyers der vier Verteidiger.
Roland ohne Schild. Ist Kube ein„Iudenjunge hemmungslosester Art"? In der zehnten Sitzung des Preußischen Landtags vom 22. Juni 1332 trug sich folgendes zu: Der sozialdemokratische Abgeordnete Karl Gehrmann antwortete auf schmutzige Anpöbeleien des Noziabgeordncten Roland Freisler mit der Feststellung, daß Freisler im Zivilberuf Rechtsanwalt in Kassel , fünfmal von der Anwaltskammer wegen standesunwürdigen Verhaltens ehren- gerichtlich bestraft worden ist. Die Verlesung dieser Ehren- gerichtsurtcile war für den Schimpfbold Roland Freisler eine höchst peinliche Viertelstunde.— Nach dieser Stäupung erhob sich jedoch der nationalsozialistische Froktionsvorsitzende Kube, und erklärte großspurig: Die Nationalsozialistische Partei stellt ihren Schild vor ihr Mtglied Dr. Freister. Die Ehrauffassungen der Anwaltskammern können uns nicht oeranlassen, das Urteil irgendeiner Anwalts- kammer zum Maßstab unserer ehrenrechtlichen Auffassungen zu machen. Denn in diesen Anwaltskammern sitzen derartig viel Zudenjungen hemmungslosester Art, daß wie diesen Burschen nach keiner Richtung hin das Recht einräumen, über einen von uns zu Gericht zu sitzen.(Spalte 665 des Sitzungsprotokolls.)' Die Schwadronaden, vom dröhnenden Beifall der Nazis um- rauscht, haben am Donnerstag im Prozeß Weiß eine eigen- .ortige Illustration erfahren. Es wurde festgestellt, daß von den Unterzeichnern des gemeinen, ehrabschneiderischen Antrags gegen Frau Weiß vier ihre Urheberschaft bestritten und sich schriftlich bei
Im Dritten Reich.
„60 Pfennig pro Tag und Person" (Au« dem Nazi Programm)
Weiß entschuldigt hoben. Als Urheber des Antrags bleibt daher nur der fünfte Unterzeichner übrig: Roland Freisler . Die vier Vorstandsmitglieder, deren Namen Freisler angeblich ohne ihr Wissen unter den Antrag gesetzt hat, haben Freisler durch ihre Eni- schuldigung bei Weiß einen Fußtritt gegeben. An der Spitze dieser vier aber steht--- der Fraktionsvorsitzende Kube I Uns will danach scheinen, daß Herr Kube und die übrigen Fraktionsvor- standsmitgliedern nicht mehr ihren Schild vor Herrn Roland Freisler stellen, sondern ihn in aller Form weg- gezogen haben! Mit seinem Abrücken von Freisler hat Kube aber gleichzeitig die von ihm beschimpfte Kasseler Anwalts- kammern rehabilitiert, die bei fünf Gelegenheiten Freisler bescheinigt hat, daß seine Kampfcsweise gemein, pöbelhast und eines Anwalts unwürdig ist. Oder sollte die Annäherung zwischen Kube und der Anwaltskammer daraus beruhen, daß die Vorstandsmit- glieder der nationalsozialistischen Landtagsfraktion auch schon zu „Judenjungen hemmungslose st er Art" geworden sind?
'1 652-IM Wohlsahriserwerbslose. Von Ende Mai bis Ende Juni 43 443 mehr. Im Juni ist die Gesamtzahl der Arboitslosen sowie die Zahl der Hauptunterstützungsempfänger in der Arbeitslosenversicherung und Krisenfürsorge zwar weiter zurückgegangen, die Zahl der von den Gemeinden betreuten Wohlfahrtserwerbslosen aber weiter ge- st i e g e n. Nach der Erhebung des Preußischen Statistischen Landes- amts vom 30. Juni 1332 sind in Preußen 1 552 131 vom Arbeitsamt anerkannte wohlfahrts- erwerbslose (einschl. der am Stichtag noch schwebenden Anerkennungsfälle) bei den Bezirkssürsorgeverbänden gezählt worden gegenüber 1 568 988 Ende Mai. Somit ergibt sich auch imJuniwiedereineZunahme um 43 143 Wohlfahrtserwerbslose oder 2,9 Proz., die annähernd ebenso stark ist wie die in den beiden vorletzten Monaten erfolgte Erhöhung(Mai: 44 636, April: 43 768), während im Juni vorigen Jahres eine Zunahme um 8875 Wohlfahrtserwerbslose zu verzeichnen war. Gegen den 30. 3uni 1931 ist die Wohlsahrlserwerbstosenzahl um 825 492 oder 113.S proz. höher. Aus 1666 Einwohner entfallen im Staatsdurchschnitt jetzt 46,1 Wohl- fahrtserwerbslose. 66 491 Wohlfahrtserwerbslose haben in Für- sorge- und Notstandsarbeit oder in freiwilligem Arbeitsdienst gestanden. Wie im April und Mai, ist auch im Juni der Zugang an Wohlfahrtserwerbslosen in den Land- kreisen(plus 2,2 Proz.) infolge des Saisoneinflusses Verhältnis- mäßig geringer gewesen als in den Stadtkreisen(plus 3,5 Proz.). In Berlin wurden— wie bereits berichtet— Ende Juni 256 171 Wohlsahrtserwerbslose gezählt, im gesamten Bezirk des Landesarbeitsamts Brandenburg 326 454. Eisenbahner! Entgegen den auf den Dienststellen verbreiteten Gerüchten wird mitgeteilt, daß die zu heute um 13 Uhr in der Neuen Welt vorbsreitete öffentliche Kundgebung stattfinden wird. Es sprechen Paul Lobe und Marie I u ch a c z.
Tonfilm als nationaler Kulturfaktor? Der Generaldirektor der Ufa , Ludwig Klitzsch , sprach gestern im Rundfunk über dieses heikle Thema, das doppelt heikel ist für den Verantwortlichen der größten deutschen Filmproduktion und den Vorsitzenden der Spitzenorganisation der Filmindustrie. Herr Klitzsch ging von der kühnen These aus, daß heute nicht nur die Schaubühne, sondern auch der Tonfilm die'm o r a l i s ch e A n st a l t sei, die Schiller im Auge hatte. Der Spiegel unserer Zeit mit ihren Nöten, ihren Freuden und unserer geistigen Sehnsucht ist heute nicht mehr, wie zur Zeit der klassischen Dichter, das Theater— sondern auch der Film. In der Tat: gegenüber den 256 Bühnen zählt man in Deutsch - land nicht weniger als rund 3566 zweimal und dreimal täglich spielende Filmtheater. Die deutsche Filmproduktion ist nicht nur für das Inland, sondern auch für die Auslandsdeutschen und die deutsch verstehenden Nationen bestimmt. Rühmend wies der Generaldirektor auf die wachsenden Devisen, die der deutsche Film einbringt, und Hugenberg als dem Erhalter des deutschen Films wird der Lorbeerkranz gewunden. Gewiß, der Film hat keine Tradition wie das Jahrtausende alte Theater, und der Tonfilm besonders mußte und muß sich erst seine künstlerische Form schaffen. Herr Klitzsch ist klug genug, die Mängel einzugestehen, die dem Tonsilm noch reichlich anhaften(wir haben hier vor ein paar Tagen die Frage ausführlich behandelt). Immer noch ist der Film weit davon entfernt, höheren Ansprüchen zu ge- nügcn. In seinem Durchschnitt ist er noch viel zu sehr Nachahmung der Posse und der Operette. Aber vor allem ist es eine maßlose Ueberschotzung des Tonflims, wenn ihn Herr Klitzsch dem Theater, das doch nicht nur Operette und Posse ist, sondern die ganze Tradition der Weltliteratur und das kämpfende Drama von heute umfaßt, an die Seite stellt. Der P o r ck- Film gar, das große Pathos der klassischen Literatur zuzusprechen, ist doch wohl nur eine Reklame für die Ufa . Es wäre gut, wenn der Tonfilm eine moralische An st alt im Sinne Schillers werden sollte, aber er ist noch meilenweit davon entfernt, und es ist nicht zu erwarten, daß er je im kapitalistischen Regime diese Rolle spielen wird. Die schönen Hoffnungen, die uns Herr Klitzsch erweckt, auf die große Tonfilmoper und die hohen kulturellen und zugleich nationalen Ziele, sind Wechsel, die nie eingelöst werden. Der Film in seiner heutigen Form und insbesondere der Ufa -Film, sind nicht in der Lage, die seelische und nationale Not unserer Zeit zu spiegeln, noch das Glück deutscher Vergangenheit heraufzuführen oder an den Ausbauwillen unseres Voltes zu appellieren, wie Herr Klitzsch es vorgibt. Wir haben genug von solchen Filmen gesehen, wir kennen die Tendenzen der Ufa -Produktion aus langer Erfahrung, um zu wissen, was sich hinter diesem hochtönenden Programm versteckt: Geschäft in jeder Art und patriotische Filme, die die Massen den angeblich nationalen Parteien zutreib en sollen.
Lniernationales Tanzmuseum in Paris . Ein Mittelpunkt der Tanzforschung. Einer der Bahnbrecher des modernen Tanzes, der in Paris lebend« Rolf de M a r e, ist mit dem Plan an die Oeffentlichkeit getreten, in Paris ein großzügiges und großartiges„Museum des Tanzes" zu errichten. Die Finanzierung will er, ein sehr ver- mögender Mann, ganz allein tragen, wenngleich für diesen Zweck ihm auch von anderer Seite erhebliche Summen zur Verfügung gestellt worden sind. Das Museum wird offiziell„I n t e r n a t i o- nales Archiv für Tanzkunst" heißen und seinen Sitz in Paris , Rue Vital 6, haben. Dieses Museum soll, so wird betont, ganz internationalen Charakter haben und auch international be- schickt werden. Mit dem Museum in organisatorischer und räumlicher Ver- bindung werden einige Forschungsinstitute stehen, so ein choreographisches, ein Institut für Tanztheori«, ein historisches u. a. Diese Institute werden rein wissenschaftlichen Charakter haben. Sachkundige Forscher werden sie betreuen. Außer dem«igentlichen Museuyr wird das umfangreiche Gebäude natürlich auch Lesesäle, eine groß« Bibliothek, Vorführungssäle und anderes enthalten. Es soll der Mittelpunkt für Tanzforschung der ganzen Welt werden. Das Museum, seine Einrichtungen und Aufgaben stehen natür- l'ch noch nicht in allen Einzelheiten fest. Eine ganze Gruppe von Fachleuten wird seinen sachgemäßen Aufbau überwachen und leiten. Es ist ja im Grunde eine ungeheuerliche Aufgabe, die man sich hier gesetzt hat. Man bedenke nur zum Beispiel, welch« entscheidende Bedeutung der Tanz bei den alten Kultur- und Naturvölkern gehabt hat! Das soll hier alles veranschaulicht werden, denn, wenn wir recht unterrichtet sind, soll es nicht nur ein Museum für Fachleute, sondern ein öffentlich zugängliches Museum werden. In diesem„Palast des Tanzes" wird jedes Jahr auch das große Preisgericht zusammentreten, das unter ariderem über den „Wettbewerb sür Tanzgruppen" entscheidet. Zwei Preis«, einer von zehntausend und einer von fünfundzwanzigtausend Franken
kommen dabei zur Verteilung. Daneben noch zahlreiche andere Preise, so einer für Tanzkostüme, einer für Bühnenentwürfe usw. Der Palast des Taizzes soll dann auch in Zukunft die Hoch- schule des Tanzes aufnehmen.• Aus der ganzen Welt sollen Tänzer und Tänzerinnen nach Paris strömen, um die hohe Kunst des Tanzes zu erlernen. In Deutschland wird diese Nachricht einige Wehmut auslösen. All das, was nun in Paris verwirklicht werden soll, ist vor Jahr und Tag schon in Deutschland erstrebt und bis in die Einzelheiten geplant worden. Die Verwirklichung scheiterte in erster Linie an der sinan- ziellen Schwäche der führenden deutschen Verbände. Zlllerdings spielten auch störende Rivalitäten verschiedener Schulen eine äußerst hemmende Rolle. Entscheidend war, daß die öffentliche Hand nichts beizusteuern vermochte. F. B. 11. Deutsches Gangerbundfest. In Frankfurt a. M.- Vorspiele. Das 16. Deutsche Sängcrbundesfest in Wien soll 126 666 Be- suchen, das jetzige 11. in Frankfurt a. M. 46 666 gefunden haben. 26 Proz. Uebertreibung abgezogen, kommen wir für Wien auf eine Teilnehmerziffer von 96 666, für Frankfurt von 32 666, und das dürfte feine Richtigkeit haben. Die deutschen Sänger sind also ziffernmäßig heute dort angelangt, wo wir Arbeitcrsänger auf unserem ersten Bundcssängcrfest in Hannover ansingen, d. h. die 76 Proz. Arbeiter im Deutschen Sängerbund, die den gewaltigen Auftrieb in Wien brachten, können wirtschaftlich nicht mehr Schritt halten. Wir überlassen den bürgerlichen„Sangesbrüdcrn", rechts- eingestellten Schirllehrer», unterem Beamtentum, das noch nicht seine eigene Zugehörigkeit zum Proletariat erkannt hat, das Feld. Soviel Schworzrotgold wie in Frankfurt a. M. werden diese bürgerlichen Sänger lange nicht zu sehen bekommen haben. Frank- furt, die Stadt der Paulskirche, bleibt die alte. Die Abzeichen über- säte doppelte Mönnerbrust der Festteilnehmer erweckt lebhafte Er- innerungen an Schützen- und Feuerwehrsommerfeste. Der Himmel hat ein Einsehen und schickt als Auftakt einen versöhnenden milden Regen auf marineblaue Sängercinheitsröcke und obligate Sänger- bundesmützsn aus gleichem Tuch. Die Gäste sind dem Masseneinsatz Tausender, leer die Straßen durchziehender Trambahnwagen nicht gewachsen. Die Frankfurter „Volksstimme" fordert unscre Genossinnen und Genossen auf:„Fahnen heraus, aber die Fahnen der Republik , die Fahnen der Eisernen Front, die Fahnen der Partei!" Auch den Festzug am Sonntag wird, sollte er bis dahin als unpolitischer Um- zug gestattet werden, ein donnerndes„Freiheit" unserer Genossen umbranden. Ueber die konzertlichen Veranstaltungen werden wir nach dem viertägigen Fest zufaminenfossend berichten. w, H.
Deutsche Teilnehmer am internationalen Polarjahr 1932. Auf Einladung der russischen Regierung werden zwei deutsche Forscher am internationalen Polorjahr 1332 teilnehmen: Dr. Kurt W ö l ck e n- Göttingen, der mit einer russischen Erpeditionsgruppe auf Nowaja Semlja arbeiten wird, und Dr. Joachim Scholz vom meteorologisch- magnetischen Observatorium Potsdam , der trotz seiner Jugend schon große Leistungen auf dem Gebiete luftelektrischer Studien aufzu- weisen hat. Er gehört der russische» Expedition an, die auf der zum Franz-Jvsephs-Land gehörenden Hookerinfel ihre Forschungen be- treiben wird. Die Expedition wird frühestens Herbst 1333 zu Ende sein, kann aber auch, je nach den Verhältnissen, ein Jahr länger dauern. Die beiden deutschen Forscher sind schon nach ihren Ar- beitsorten unterwegs. Für Dr. Scholz läßt Rußland ein eigenes Beobachtungshaus in Archangelsk bauen, das der Eisbrecher „Malygin" zu seinem Bestimmungsort bringen wird. Auch Flug- zeuge stehen Scholz zur Verfügung, um in Höhenflügen luft- elektrische Messungen und Erforschung der kosmischen Höhen- strahlung in der Arktis durchführen zu können. Die wissenschaftliche Ausrüstung wurde mit Unterstützung der Notgemeinschaft der deutschen Wissenschast beschafft. Im ganzen wird diese Expeditions- gruppc 23 bis 26 Teilnehmer umfassen. Krebssterblichkeit und soziale Lage. Privatdozent Dr. Georg Wolfs, Abteilungsleiter am Hauptgejundheitsamt der Stadt Berlin , hat nachgewiesen, daß die Krebssterblichkeit in Berlin seit der letzten Volkszählung 1916 so gut wie konstant geblieben ist. Er hat die ,.rohe" Sterblichkeitsziffer, die die zunehmende Ueberalterung der Berliner Bevölkerung nicht berücksichtigt, durch eine standardisierte Sterbezifter ersetzt: 1316 betrug dann die Krebssterblichkeit 11,83 auf 16 666 Einwohner Groß-Verlins, bei der nächsten Volkszählung 1325 aber 11,43. Damit erweist sich die Krebssterblichkeit, wie Wolff in der heutigen Deutschen Medizinischen Wochenschrift gegenüber anderen Aeußerungen betont, von sozialen Faktoren nicht in irgendwie kennt- licher Weise abhängig. Wenn es den Anschein hat, als ob der Bezirk Prenzlauer Berg in diesem Punkte schlechter gestellt sei als der Bezirk Mitte oder gar Charlollenburg und Wilmersdorf , so liegt das nur daran, daß sich in diesem Bezirk das Monopol-Hojpital Groß-Berlins für alle krebskrankcn Siechen, die nicht mehr zu operieren sind, be- findet. Dorthin werden diese Kranke» nach Verfügung der Gesund- heitsverwaltung aus allen Bezirken Berlins überwiesen und haben dann dort ihren Dauerwohnsitz, was die Sterbeziffer erhöht.