Der Abend
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Nr. 350
B 170 49. Jahrgang
Heute morgen fand im Reichsrat eine Ausschußsitung statt, bei der die Mehrzahl der vertretenen Länder eine Rechtsverwahrung gegen das Vorgehen der Reichsregierung Preußen abgegeben hat.
gegen
Da eine Abstimmung nicht in Frage kam, wird die Erörterung voraussichtlich in der heute nachmittag stattfindenden Ausschußßikung des Reichsrates fortgesetzt werden.
Breuer endlich frei!
Denunziation schmählich zusammengebrochen.
Genosse Robert Breuer ist heute mittag endlich in Freiheit gefekt worden! Als Opfer einer niederträchtig verlogenen Denunziation wurde er am Sonnabendmorgen in Schuhhaft genommen. Obgleich die Haltlosigkeit der Anschuldigungen gegen ihn sofort erwiesen werden konnte, wurde er nicht in Freiheit gesetzt!
Noch gestern, nach dem Ende des Belagerungszustandes, wurde er durch bürokratische Nadelstichpolitik weiter in Polizeihaft gehalten.
Heute gegen mittag hat der Vernehmungsrichter beim Polizeipräsidium den Freilassungsbefehl unterzeichnet. Beim Oberreichsanwalt schwebt noch ein Ermittlungsverfahren wegen angeblichen Hochverrats, eine Voruntersuchung ist jedoch nicht eingeleitet! Es wird alles getan werden, um den schmutzigen Denunzianten verdienter Strafe zuzuführen. Auf zur Abrechnung! Her zur Sozialdemokratie!
Nach der Befreiung.
Bei seiner Haftentlassung wurde Genosse Robert Breuer mit stürmischen Freiheitsrufen empfangen. Genosse Breuer fuhr vom Polizeipräsidium nach dem Vorwärts"-Haus. In seiner ersten linterredung mit uns nach der Haftentlassung sagte er uns:
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Wenn ich die Rede gehalten hätte, wie sie dieser Spizel und Fälscher in der Berliner Börsenzeitung" veröffentlicht hat, dann hätte mich der Versammlungsleiter, Genosse Steinhofel, sofort unterbrochen und in eine Gummizelle abführen lassen. Denn nur wenn ich irrsinnig geworden wäre, hätte ich so reden können, wie man es mir unterstellt.
Beim Morgengrauen hat man mich wie einen Schwerverbrecher durch vier Mann aus dem Bett geholt.
Als ich den Grund des Kommens erfuhr, war mir sofort klar, daß das Verfahren gegen mich in Nichts zerfließen müsse. Ich habe während der Tage trotz der vielen inquisitori schen Verhöre die Nerven nicht verloren. Das Ergebnis der Attion gegen mich ist eine Blamage für die Menschen, die sie in die Wege geleitet haben und wird eine Blamage bleiben. Das Verhalten der Beamten des Polizeipräsidiums war sehr korrekt und, soweit es ihre Dienstpflichten zuließen, außerordentlich entgegenkommend."
Breuer, der im Vorwärts"-Gebäude mit stürmischen
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Freiheitsrufen empfangen wurde, ist voller Kampfesmut und wird die letzten Tage mit doppelter Kraft im Wahlkampf für die Freiheit seinen Mann stehen.
Nun erst recht: Freiheit!!!
J
Die Katastrophe der„ Niobe"
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69 Todesopfer ruhen auf dem Ostseegrunde bei Fehmarn
Kiel, 27. Juli.
Nach einem Bericht des Kapitäns des Hamburger Dampfers Therese L. M. Ru" lag die Niobe" in 18 000 Meter Entfernung unter Segel bei Fehmarn Belt - Feuerschiff, als eine dunkle Wolke auftauchte. Der Kapitän erzählt: Das Schiff segelte über Backbordbug, wie es auch über Backbordbug kenterte. Ich sah, wie an Bord der ,, Niobe" das Signal hochging
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Das Unglücksfchiff„ Niobe"
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Wo kommen Sie her, wo gehen Sie hin?" Das Signal war mir nur für Sekunden sichtbar, dann war es nicht mehr zu sehen. In demselben Augenblick sette eine schwere Gewitterbö ein bis zu Windstärke 9. Ich sah, wie die Bö in die Segel der ,, Niobe" einfiel und wie das Schiff kenterte. Ich fuhr sofort mit äußerster Kraft nach der Unfallstelle hin. Während dieser Fahrt machte ich meine Rettungsboote klar. Alle Leute, die mir zur Verfügung standen, gingen in die Rettungsboote, so daß ich als Kapitän und der Koch allein auf der Kommandobrücke standen.
Die Rettungsboote eilten nach der Unfallstelle hin und begannen dort mit der Bergung der im Wasser schwimmenden Menschen. Von Bord des Feuerschiffes Fehmarn- Belt war auch ein Rettungsboot gekommen, das sich an den Rettungsarbeiten beteiligte.
Bom Kentern bis zum Sinfen des Schiffes vergingen nur zwei bis drei Minuten.
Alle Offiziere, bis auf den Kommandanten und den Ersten Offizier sind ertrunken. Die im Wasser treibenden Menschen waren gute Schwimmer. Sie haben sich teilweise über eine Stunde schwimmend an Riemen usw. gehalten. Einer der Geretteten stand in Lee vor der Kombüse, und beim Kentern des Schiffes wurde er von kochendem Wasser überbrüht und vollständig verbrannt. Aber auch dieser konnte gerettet werden. Einem der Geretteten war der rechte Arm ausgefugelt. Von den Leuten sind eigentlich nur die an Deck befindlichen gerettet worden. Sechs Mann kamen noch aus dem Zwischendeck heraus und konnten gerettet werden. Die Leute befanden sich beim theoretischen Unterricht im Zwischendeck. Zu diesem Zweck waren die Backen und Banken heruntergeschlagen worden. Inzwischen war ein Schnellboot herbeigeeilt. Der Kommandant fonnte seinen eigenen Bruder, Oberleutnant Lott retten. Wir kreuzten nach vier Stunden an der Unfallstelle, konnten aber nichts mehr feststellen als aufsteigende Blasen und einen Delfleck. Das untergegangene Schiff liegt auf 20 Meter unter Wasser. Bojen sind ausgeworfen worden, und es besteht die Möglichkeit, das Schiff in furzer Zeit zu heben. Die Bergungsarbeiten sind schon in die Wege geleitet worden.
Die Namen der 69 Toten.
Die Liste der Vermißten des Schulschiffs Niobe " enthält folgende Namen: Kapitänleutnant Engel; die Oberleutnants zur See Reinhard und Schiffer; Marinestabarzt Dr. Sander; Marineoberzahlmeister Schirmann; Oberbootsmann Tamm; Oberbootsmannsmaat Eul; Matrosengefreiter Krogmann; die Obermatrosen Gefreiter Cammers und Koeffer; Signalstabsgefreiter Beberniß; Oberfunkgefreiter Kocher; Zimmermeistergefreiter Ruschkowski; Obermaat Kretschmer; Oberverwaltungsgaft Engels; Maschinist Kirchstein; Oberheizergefreiter Sprid; Oberfanitätsgast Stod; die Oberbootsmannsmaaten Habermann, Loff und Morik; Bootsmannsmaat Will; Oberfsignalgefreiter Müller; Signalgefreiter Kresse, Krauß, von Cemmern, Gued und Rothe; Obersignalgast Sädel; Obermatrosengefreiter Schulz; Signalgefreiter Jentsch; Matrosengefreiter Sänger; die Matrosen: Andersen, Buß, Freigang, Steiger, Gerlach, Gruner, Hofmann, Hoyer, Krellenberg, Ceifewiß, Cuetge, Manfed, Misenbach, Offen, Pfeffer, Plohky, Pietsch, Rudloff, Schlangenfeldt, Schmidt( Hans Günther), Schmidt( Dimitri), Schrewe, Schulz, Spetzler, von Türke, Vogler, Weißmüller, Göing, Rinau; die Freiwilligen der Sanitätslaufbahn der Marine: von Albedyhll, Brunk, Dr. med. Gelhaar, Gutjahr, Kruse, Renner, Heitmann und der Zivilangestellte Hamel.
Ein beispielloser Untergang.
den fachmännischen Kreisen das größte Aufsehen hervorDer beispielloſe Untergang des Schulschiffes„ Niobe" hat auch in gerufen. Die„ Niobe" hatte schon viel schwerere Unwetter erlebt, als das bei Fehmarn , ohne überhaupt nur in die Gefahr des Kenterns zu kommen. Sie galt fast als untenterbar. Es ist daher auch kein Wunder, daß die Schuldfrage schon jetzt lebhaft erörtert wird; es sind immerhin 69 Tote, die auf dem Meeresgrund liegen. Daß
Appell im Stadion Neukölln, Leinestr.
Freitag, 19 Uhr: ROBERT BREUER spricht.