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BERLIN  Sonnabend 30. Juli

1932

Redaktion u. Expedition: Berlin   SW 68, Lindenstr. 3

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Der Abend

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Nr. 356

B 173

49. Jahrgang

Letzte Lektion!

Nazi- Miẞwirtschaft in Oldenburg  , Braunschweig  , Preußen!

Morgen wird gewählt! Heute noch bieten die Zustände, wie sie sich in Oldenburg  , Braunschweig   und neuer­dings auch in Preußen entwickelt haben, den Wählern und Wählerinnen praktischen Anschauungsunterricht.

Minister, deren Regierungstätigkeit zu neun Zehnteln aus platten Schimpfereien besteht, blutrünstige Bedrohung politischer Gegner durch die Regierenden, Einreihung der im Geiste brutaler Gewalttätigkeit erzogenen SA.  - Leute in die

19 Uhr

Severing

im Rundfunk

Schußpolizei, dunkle Waffenschiebungen, Eingriffe eines nationalsozialistischen Führers in die Polizeigewalt mit dem Ziel, die ordnungsgemäße Verfolgung strafbarer Handlungen zu verhindern...!"

So beginnt das Dritte Reich! Bei den Wählern liegt es, zu entscheiden, ob es von morgen ab im Sturmschritt so weitergehen soll!

SA.   Stabschef als Polizeikommandeur

Eutin  , 30. Juli.  ( Eigenbericht.)

Der Oldenburger Skandal hat im Landesteil Eutin feine Nachahmung gefunden. Seit Freitag marschieren eine ganze Anzahl nationalsozialistischer Parteibuchbeamte, bewaffnet mif Gummifnüppeln und Pistolen, durch die Straßen der Stadt. Sie find als Hilfspolizeibeamte eingestellt, eingekleidet und deshalb auch demgemäß bewaffnet worden.

Ueber der Sommeruniform der Polizei tragen sie eine Arm­binde mit der Aufschrift Hilfspolizei". Ihr Kommandeur ist der SA. Stabschef(!!) von Eutin  .

Die Regierung Papen   fragt an".

Die Regierung Papen   erklärt, daß sie auf die Pressenachrichten von der Verstärkung" der oldenburgischen Landes= polizei durch 250 SA.  - Leute in Oldenburg   um Auskunft gebeten habe, wie es sich damit verhalte.

Was die Reichsregierung tun will, wenn sie die Bestätigung des Hänge- Röver erhält, ist von ihr noch nicht zu erfahren..Sie be­hauptet, theoretisch bestehe ohne Zweifel die Möglichkeit, Hilfspolizei zur Bekämpfung oder Vermeidung von Unruhen anzu­stellen. Es komme natürlich darauf an, in welcher Weise und in welcher Form das geschehe, und das eben sei Gegenstand der nach Oldenburg   gerichteten Anfrage!

Von einer Bedrohung der Wahlfreiheit durch das Auftreten von SA.  - Leuten, die in Polizeiuniformen aus= gerüstet sind, ist der Reichsregierung natürlich nichts bekannt.

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Die ersten Pressenachrichten über diese bezeichnende Angelegen­heit wurde am gestrigen Freitagmorgen in Berlin   veröffent­licht. Mittags wurde die Reichsregierung nach| drücklich darüber befragt, aber bis heute mittag hat sie es zu nichts weiter gebracht als zu einer Anfrage in Oldenburg  ! Die Einrichtung des Fernsprechers scheint für derartige Anfragen, wenigstens bei Hitler- Regierungen, nicht verwendet zu

werden.

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Beunruhigende Meldungen aus Oberschlesien  . Hindenburg  ( Ob.- Schl.), 30. Juli.  ( Eigenber.) Einige tausend SA.  - und SS.  - Mannschaften sind seit einigen Tagen auf dem Truppenübungsplat Lamsdorf bei Oppeln   zusammengezogen worden, angeblich zu einem Sportkursus.

સુધ

Der letzte Appell der Eisernen Front

Blick auf die Massenkundgebung im Stadion Neukölln.

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Im Vordergrund die Aufstellung zu dem brillanten Propaganda Feuerwerk, das die Kundgebung wirkungsvoll abschloß.

Wahlzeit morgen: 8-17 Uhr

Berlin   gefahren sein. In dem Ort Kotscher sind etwa 300 ortsfremde Nationalsozialisten seit gestern unter gebracht worden.

Minister und Schweinehund.

In Oldenburg   herrscht Ordnung.

Aus einer Rede, die der nationalsozialistische Minister präsident von Oldenburg  , Röver, am 24. Juli in Emstek  gehalten hat, gibt die Kölnische Volkszeitung" folgende martige Säße im Wortlaut wieder:

Da sizt so ein Bursche von Morthorst an der Oldenburger Volkszeitung  ", dieser Lump, dieser Schuft. Aber warte, nur noch furze Zeit, nicht Monate, sondern nur Wochen, dann werde ich ihm seine Segmaschine zerschlagen, dann fann er fie als altes Eisen verkaufen; ich werde ihm die ganze Bude fchließen, und zwar nicht mit Gewalt, sondern traft Ge­feges.

Das Zentrum sagt, wir seien christentumsfeindlich, das sagt auch so ein Meyer- Holte, auch den werde ich mir einmal kaufen. Christen­tumsfeindlich sind die Bischöfe mit ihrem Erlaß, der nicht nach dem Willen des Heiligen Vaters ist.

Diese Sauludergesellschaft von Zentrum hat in den 13 Jahren Berrat am Baterland geübt; nach dem 31. Juli mer­den wir Generalabrechnung halten,

diese Schweinehunde kommen an den Ast, wo die Krähen sie fressen mögen.

Aus der Umgebung Hindenburgs haben sich viele Nationalsozialisten Stimmscheine besorgt und sollen nach Staatsgerichtlich werden wir sie zur Strede bringen.

Der Weg nach Moskau   geht durch die Zentrumspartei  , dort sind die Schuldigen. Diese Burschen müssen gehängt mer­den; wenn erst einige Hals und Kragen verloren haben, werden wir die anderen allmählich zur Raison bringen. Und wenn die ,, Vechtaer Zeitung" zu diesen Gesellen gehört, dann schlagen wir ihnen ihre Maschinen zu Klumpen.

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Eine Reichsregierung, die diesen Räuberstil als Regie­rungsmethode eines deutschen   Landes duldet nachdem sie gegen Braun- Severing die Reichsexekution eingesetzt hat-. spricht sich damit ihr eigenes Urteil.

Herr Röver hat übrigens unser Delmenhorster   Partei­blatt gleich für 14 Tage verboten, weil es sich erlaubt hatte, ihn in seiner Ministerherrlichkeit mit einem völlig harmlosen humoristischen Gedicht anzuulken.

Im 3weiten Reich war der Schimpfkaiser Wilhelm II.   eine Einzelerscheinung. Wilhelm II.   als Massenerscheinung scheint das Charakteristikum des Dritten zu sein!

SA. Polizei in Braunschweig  . Klagges als Vorbild für Hänge- Röver.

Braunschweig  , 30. Juli.  ( Eigenbericht.) ist hierzulande nichts Neues und hat sich wiederholt zuge­Daß die braunschweigische SA.   Polizeidienst versieht, fragen. Der jüngste Polizeieinsatz der S2. spielte sich in Thedinghausen   ab.

Dort war es zu Reibereien auswärtiger Kommunisten mit Nazis gekommen.

Die Landjägerei ließ nicht etwa aus dem benachbarten Bremen  Polizeischutz holen, sondern fapitulierte por der SA.  , die alarmiert wurde und unter Ausschaltung der Polizei regelrechten Polizeidienst versah, Schüsse abfeuerte und Verhaf= tungen vornahm. leber den skandalösen Vorfall gibt die Nazipartei einen offiziösen Bericht heraus, worin die Polizeifunt. tion der SA.   ausdrücklich anerkannt wird.