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Morgenausgabe

Nr. 357a

A 176a

49. Jahrgang

Böchentlich 75 Pf., monatlich 3,25 M. ( davon 87 Pf. monatlich für Zustel lung ins Haus) im voraus zahlbar. Bostbezug 3,97 m. einschließlich 60 Pf. Postzeitungs- und 72 Pf. Postbestellge bühren. Auslandsabonnement 5,65 M. pro Monat; für Länder mit ermäßig tem Drucksachenporto 4,65 M

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Teils.

Vorwärts

Berliner Boltsblatt

Montag 1. August 1932 Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Df.

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Bartei Deutschla

Redaktion und Verlag: Berlin SW 68, Lindenstr. 3 Vorwärts- Verlag G. m. b. H.

Fernspr.: Dönhoff ( A 7) 292-297. Telegramm- Adr.: Sozialdemokrat Berlin .

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Volksurteil gegen Papen .

Keine Rechtsmehrheit Nazis im Stillstand

Wiederaufstieg der Sozialdemokratie/ Kommunistische Gewinne

Die nationalsozialistische Welle ist zum Stehen ge-| faschistisch regiert zu werden. Das Volk wird sich weder tommen, ja sie befindet sich schon in deutlichem Rückgang. ein faschistisches Gewaltregime noch eine zugunsten der 3war hat die NSDAP . weitere Reste der verschiedenen Nationalsozialisten parteiische Regierungsmethode gefallen Mittelparteien aufgeschluckt, sie hat aber auf der anderen lassen. Es hat durch sein Votum vom 31. Juli die Politif

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Die Opfer des Wahltages.

12 Tote, 76 Verletzte.

Die Meldungen, die über den Verlauf des Wahltages bis

Seite auch wieder Wähler abgeben müssen zum großen des Reichskabinetts v. Papen mit großer zum späten Abend eingelaufen waren, verzeichnen insgesamt

Teil an die Kommunisten! Zuwanderung bürgerlicher Mehrheit verurteilt! Elemente aus der schwindenden Mitte, Verlust proletarischer Elemente zunächst an die KPD. , also zunehmende Ver­bürgerlichung, das ist die Entwicklungslinie der Hitler­

Partei.

Herr v. Papen war ausgezogen, den Kommunismus zu bekämpfen. Das Ergebnis seiner Politik ist Stärkung des

Gesamt- Ergebnis

12 Tote und 75 Berlehte als Opfer des Wahltages. Wenn auch der Wahlatt selbst im allgemeinen ruhig verlaufen iff, kam es doch vielfach auf den Straßen zu Zusammenstößen poli­tischer Gegner. Besonders unruhig verlief der Wahltag in Schlesien , wo sich der SA.- Terror am stärksten fühlbar machte. In Breslau und Umgegend gab es allein 6 Schußverletzte. Die Polizei nahm etwa 30 Berhaftungen vor. 2 Mitglieder der Eisernen

Kommunismus. Die Rentenkürzung, der Gewaltstreich aus dem Reich bis 12 Uhr nachts Front wurden in Haſſelſeide und Offenheim am Rhein von$ 2.

am 20. Juli und die Drohung mit einem Verbot der KPD .

haben radikalisierend gewirkt. Die vom Nationalsozialismus Sozialdemokraten abwandernden Proletarier stehen stimmungsgemäß der KPD.

näher als der Sozialdemokratie. Waren bei früheren Wahlen Nationalsozialisten.

zahlreiche KPD.- Wähler zu Hitler übergegangen, jo jetzt jetzt Kommunisten. wieder eine rückläufige Bewegung ein. Die schon längst be­

Deutschnationale.

·

... 6733 000 11 377 000 4437000 3914000 1891 000

.

386 000 120 000

321 000

.

Wirtschaftspartei Deutsche Staatspartei. Bayerische Volkspartei Chriftlich- Sozialer Volksdienst

tannte Tatsache einer starken Fluktuation zwischen SA. und Zentrum... Rotfront bleibt bestehen, aber die Richtung hat sich geändert. Die Sozialdemokratie hatte fast überall im Reich- Ber­lin ausgenommen seit der Reichsfagswahl vom 14. Sep- Deutsche Volkspartei tember 1930 einen Rückgang aufzuweisen, der, wie sich bei den Landtagswahlen des Frühjahrs zeigte, bis an 20 Proz. heranreichte. Jetzt ist der Tiefpunkt dieser Kurve überwunden, und es geht wieder aufwärts. Die Partei hat gegenüber den Landtagswahlen fast nirgends Verluste, in vielen Gegenden recht ansehnliche Gewinne zu verzeichnen. Leider macht diesmal mit einigen anderen Großstädten- Ber= lin eine nicht erfreuliche Ausnahme: nachdem es zuvor, im Gegensatz zum Reich, von den Reichstagswahlen zu den Landtagswahlen start aufgeholt hat, hat es diesmal wieder verloren. Wir zweifeln nicht daran, daß es bei der nächsten Gelegenheit gelingen wird, auch diese Scharte wieder aus zumezen. Uebrigens ist der Berliner Verlust zweifellos zu erheblichem Teil auf Stimmscheininhaber zurüd zuführen, die außerhalb wählten und deren es diesmal nicht meniger als 300 000 gegeben hat.

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Im Reichsmaßstab ist das Ergebnis für die Sozial­demokratie zufriedenstellend. Niemand konnte erwarten, daß die erst seit zwei Monaten zurüd gewonnene Opposi tionsstellung in so furzer Zeit schon einen entscheidenden Umschwung in der Stimmung des Volkes bewirken würde. Nun verweist das Wahlergebnis die Sozialdemokratie auch weiter in die Rolle der Opposition. Von hier aus wird sie den Vormarsch, den sie diesmal im Reiche schon wieder be­gonnen hat, weiter fortsetzen.

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Deutsch :

169 000 285 000

Mandatsverteilung.

WTB. errechnete nach den um 22.30 Uhr vorliegen den Ergebnissen folgende von bisher sicheren Man­daten: Sozialdemokraten 103 Mandate, National­sozialisten 175, Kommunisten 70, Zentrum 61.

Wenn die Deutschnationalen ihre sämtlichen Stimmen

ausnuten können, kommen sie bisher auf 29 Mandate. Die Volkspartei kommt dann auf 6 und die Wirtschafts­partei auf 2 Mandate. Dieser Berechnung der Mandate liegt eine Gesamtzahl von 28½ Millionen abgegebener Stimmen zugrunde.

Groß- Berlin.

Banditen erschossen. 2 weitere Todesopfer entfallen auf Kommu­nisten und 2 Tote auf die Nazis. Die Polizei mußte verschiedent­lich mit verstärkten Ueberfallkommandos eingreifen, so besonders in Ruhland( Niederlaufih), wo sich die Kommunisten in einem Hauje verschanzt hatten und die Straße unter Feuer hielten. Hier werden 5 Berletzte und 32 Berhaftungen gemeldet.

Jm weiteren Verlauf der Wahlnacht wurden noch verschiedene schwere Zusammenstöße aus Ostpreußen , Hessen und Sachsen ge­meldet. Insgesamt wurden bisher als Opfer des Wahltages 12 Iofe und 75 Verwundete festgestellt. 5 Tote entfallen auf Mitglieder der Eifernen Front, 4 Tote auf SA.- Leute und 3 Tote auf kommuniffen.

Wieder Tote in Essen

Schwere blutige Zusammenstöße im Ruhrgebiet

Im Laufe der Nacht zum Sonntag tam es in Essen- West und Essen- Borbed zu schweren Zusammenstößen zwischen politischen Gegnern. Bei einer Schlägerei in der Frankfurter Straße erhielt ein 24jähriger Kommunist einen födlichen Bauchschuß, ein Nationalsozialist einen schweren Stedschuß in den Oberarm. Ein Polizeiwachtmeister in Zivil, der von der Wache Hilfe holen wollte, wurde beschossen. Als er das Feuer erwiderte, kam ihm ein in der Nähe wohnender Kollege zu Hilfe. Auch dieser wurde unter Feuer genommen, obwohl er sich als Polizist zu erkennen gab. Er erhielt einen Streiffchuß am Kopf. Durch mehrere Schüsse, die er abgab, wurde ein Nationalsozialist durch Kopfschuß getötet.

*

Besonders zu leiden unter der braunen Pest hatte Eufin, wohin annähernd 1000 SA.- Leute marschiert waren und das mit seiner

Umgebung fast einem braunen Heerlager glich. Bei einem Zujam­menstoß in 3hzehoe ist ein S2.- Mann erschossen worden. Um Le­gendenbildungen vorzubeugen, hat die Partei durch ein Ertrablatt führten, nicht aus den Reihen der Sozialdemokratie gefallen sein feststellen lassen, daß die Schüsse, die zu dem Tode des SA.- Mannes

tönnen.

Weber 300 000 Stimmscheine! Berliner , die auswärts wählen.

Nach Auskunft des städtischen Wahlamts sind zur Reichstags= wahl vom 31. Juli in Berlin über 300 000 Stimmscheine Ueber 300 000 Berliner und Berlinerinnen

Ergebnisse bis 12 Uhr nachts. haben alfo ihr Wahlrecht fern von ihrem Wohnort ausgeübt. Ber

Das entscheidende Ereignis bleibt: Stillstand und Rückgang der Hitlerei. Es ist nichts mit den er­strebten 51 Prozent, es ist nichts mit einer Rechtsmehrheit auch einschließlich der leiblich behaupteten nationalen. So wenig wie durch die Reichspräsidentenwahl oder die Landtagswahlen kommt Hitler durch die Reichs­tagswahl zur Macht. Die Regierung der Barone hat mit der Reichstagsauflösung nicht mehr erreicht, als daß die ver= fassungstreue Mehrheit, die Brüning zur Not noch zur Verfügung stand, zerschlagen ist. Der Reichstag wird Sozialdemokraten..... 700 103

( Teilergebnis.)

ein ähnliches Gesicht aufweisen wie der Preußische Landtag . Nationalsozialisten Neu an der Situation ist nur, daß der Nationalsozialismus den Charakter einer unaufhaltsam vorwärtsstürmenden Be- Kommunisten wegung verloren hat.

Zentrum.

727993 .. 704 114 125141

lin gehen auf diese Weise, da auf je 60 000 Stimmen ein Mandat entfällt, nicht weniger als 5 Reichstagsmandate verloren. Leider führt diese massenhafte Ausgabe von Stimmscheinen Preußenwahl auch zu Unregelmäßigkeiten und Betrügereien. So erfuhr z. B. im Bezirk Kreuzberg ein Ehepaar zu seinem großen

24.4.32

798214 765 909 649215 109 240

Erstaunen, daß auf seinen Namen Stimmscheine nach einem Bad in Württemberg angefordert waren. Die Erfahrungen, die dies­mal mit den Stimscheinen gemacht werden, dürften zu einer Aende­rung der geltenden Bestimmungen führen.

Rote Fahne" verboten.

Deutschnationale..... 210550 225 845 Kopfblätter mit Wirkung vom 1. Auguſt bis 10. Auguſt einschließlich Deutsche Volkspartei . Wirtschaftspartei.

Der neue Reichstag wird feine verfassungstreue Mehr­heit haben. Aber noch weniger wird er eine Mehrheit haben, die Verfassungsbrüche oder gewaltsame Verfassungsände­rungen zu decken geneigt ist. Der alte Reichstag war mit der Begründung aufgelöst worden, daß er nicht mehr dem Willen des Volfes entspreche. Nun, das Volk hat am 31. Juli ganz klar seinen Willen zu erkennen gegeben, nicht Deutsche Staatspartei..

.. 18941 5586 38947

26 248 11 109

83 962

Der Polizeipräsident hat die Rote Fahne " einschließlich aller verboten. Das Verbot erfolgte megen eines am 30. Juli ver­öffentlichten Aufrufs des Zentralfomitees der KPD. , in dem zum gemaltsamen Sturz der Verfassung und zur Errichtung einer Ar= beiterdiktatur aufgefordert, zum mindesten aber angereizt

murde.