Das Haus eines Republikaners wurde in Brand gesteckt, die vernaziie Feuerwehr verweigerte die Löscharbeit.
»Hier schreibt der«.Völkische': Es kommt nicht auf den Tatbestand, sondern auf die Gesinnung an.— Na also!' Gayls Verteidigungsschnst. Die Regierung Papen an den Giaatsgerichtshof.
Die Reichsregierung hat dem Staatsgerichtshof unter Aus» Nutzung der letzten Frist endlich ihre Gegenerklärung zur Klage der preußischen Regierung wegen versassungs- widriger Amtsentsetzung übermittelt. In diesem umfangreichen, von Herrn von Gayl unterzeichneten Schriftstück wird die Einsetzung des preußischen Staatskommissars zu rechtfertigen versucht. Die hervorragendsten deutschen Rechtslehrer haben der Reichs- regierung jedes Recht zur Amtsenthebung der Regierung Braun» Severing abgesprochen. Die von Herrn von Gayl eingereichte Be- gründung ist deshalb zugleich eine verfassungsrechtliche Ausein- andersetzung mit Gelehrten wie Anschütz. Was gegen ihn von der Reichsregierung vorgebracht wird, ist verlegene Ausrede. Wir können diese juristische Seite der Streitfrage beiseite lassen. Prüfen wir, was Herr von Gayl politisch als Rechtfertigung vorzu- bringen hat. Es sind die gleichen Argumente und Darstellungen, wie wir sie wiederholt im Rundfunk durch Herrn von Papen und andere Mi- nister vernommen haben. Diesmal nur ein wenig breiter und aus- geschmückter. Da wind vor allem auf die„Bürgerkriegslager" in Deutschlano hingewiesen, auf die kommunistische Gefahr und daß e, der Regierung Braun-Seoering an der notwendigen Unpartei- lichkeit gegenüber den Kommunisten gefehlt hätte. Wäre dem so, und wären die Argumente über die erforderlich«„Unparteilichkeit"' einer Regierung gegenüber einer Partei des Bürgerkriege» stich- haltig, so dürfte gerade diese Reichsregierung Papen-Gayl keine St u n b e länger im Amt bleiben. Denn mit hundertmal mehr Berechtigung wäre gegen diese Reichsregierung zu sagen, was sie vor dem Stootsgerichtshof gegen Braun-Severnig behauptet und was sie als eine Notwendigkeit bezeichnet zur Aufrechterhallung von Ruhe und Ordnung. An jedem Tag, den wir seit
dem 20. Juli gezählt haben, wurde die preußische Regierung gerechtfertigt und die Reichsregierung durch die Tatsachen und Ereignisse widerlegt und verurteilt. Greifen wir noch einen Punkt der Gegenerklärung und der Be- gründung der Reichsregierung für die Reichsexetution heraus: die politischen Reden der preußischen Minister und des Polizei- Präsidenten Grzefinski im Wahlkampf. Wäre auch dies stichhastig, so muß die Reichsregierung gefragt wenden, ob sie nicht die Blut- und Galgenreden eines Klagges kennt oder eines olden- burgifchen Ministerpräsidenten Rover? Was hat sie gegen diese Parteibuch-Regierungen unternommen? Wo wir auch die Rechtfertigungsversuch« und Erklärungen der Regierung Papen-Gayl anpacken, der Vordersatz frißt den Hinterfag auf, ein.Argument wird erschlagen durch das andere. Die Reichs- regierung hätte sich die Mühe sparen und offen sagen sollen: wir haben es getan, weilwird ieMachtzu haben glauben und weil uns und Hern Hitler eine Regierung Braun-Severing nicht in den Kram paßt.„Die ganze Richtung paßt uns nicht" sagte einmal ein preußischer Junker vor dem Krieg. Dos war zwar nicht ver> fassungsmäßig, aber ehrlich! Di« verfassungsmäßige Regierung Preußens wird die Antwort auf den Rechtfertigungsversuch der Papen -Regierung nicht schuldig bleiben. Nix Klagen Bayerns und Badens. Wie von zuständiger Stelle mitgeteilt wird, sind am 6. August die Klagen von Bayern und Baden beim Staatsgerichtshof«in» gegangen. Für die Verhandlung kann ein Termin noch nicht an» gegeben wenden. Reichsgerichtspräsident Dr. Bumk« ist von seinem Urlaub zurückgekehrt, um die Vorarbeiten selber zu leiten.
Gute Freunde. Batschläge und Warnungen für Hitler. Zu den betriebsamsten Förderern der nationalsozialistischen Be- wegung gehört der schwerkapitalistische Schützling der Reichsbahn, die„DAZ.". Dieses Blatt hält es angesichts der Verhandlungen über die Regierungsumbildung für zweckmäßig, dem ungebärdigen Hitlerbuben gut zuzureden. Es läßt sich am Montag also vernehmen: „Wenn die Nachricht richtig ist, daß die nationalsozialistische Führung das Reichskanzleramt für Adolf Hitler fordert, so müßte man sie davor aus mehreren Gründen warnen. Einmal im Hinblick auf den Reichspräsidenten , der sich immerhin durch die tragisch-falsche Fronten st ellung bei der Präsidentenwahl nicht hat davon abhalten lassen, das Steuer herumzuwerfen und den Nationalsozialisten Uniform und unbeschränkte Agitationsfreiheit zurückzugeben. Dann aber erregt jener angebliche Vorstoß der Nationalsozialisten vom Stand- punkt ihrer Bewegung selbst Bedenken. Hierüber zu entscheiden ist gewiß nicht unseres Amtes, und die nationalsozialistische Führung muß am besten selber wisien, wie groß die Belastung sein kann, die sie der Bewegung zumutet. Wir fürchten, der Anspruch Hitlers auf das Reichskanzleramt, wenn er sich bewahr- heitet, würde diese Belastung als zu groß erscheinen lassen: die Folge wäre eine akute Gefährdung der Nationalsozialistischen Partei. Das Argument, bisher habe man den Anspruch der stärksten Partei anerkannt und wolle nun zuungunsten der Nationalsozialisten davon abgehen, ist falsch. Seit ISIS bis zum Zl. Zuli war immer die Sozialdemokratie die stärkste Partei im Reichstag,- sie hat trotz- dem nur dreimal den Kanzler gestellt... Hitler ist als Führer der nationalsozialistischen Bewegung im nationalen Sinne viel wertvoller als an der Spitze des Kabinetts. Dagegen bestehen nicht nur keine Bedenken gegen die Mitwirkung hervorragender Na- tionalsozialisten in der Reichsregierung, son- dern diese Mitwirkung ist unerläßliches politisches Gebot. Das zweite Kabinett von Papen könnte dann, den An- kündigungen des Reichskanzlers entsprechend, so schnell wie möglich die drei verfassungsändernden Gesetze vorlegen, die die Stunde verlangt: Wahlreform, Parlamentsreform und Erste Kammer, Gesetz über das Verhältnis zwischen Preußen und Reich. Die Durchführung dieser historischen Aufgaben würde ihm leichter fallen als einem Kabinett Hitler : daß aber an die politische Neuordnuno Hand angelegt werden muß, daß diese Aufgaben keinen Aufschub mehr dulden, ist klar." Nun ist es immer interessant zu beobachten, wie auf so freund- schaftliche Ratschläge des offen kapitalistischen Organs an den pseudosozialistischen Freund reagien wird. Man wird die Antwort mit Aufmerksamkeit lesen können, falls nicht der gleichzeitig erschie- nene„Angriff" schon die Antwort vorweggenommen hat. Aber vielleicht interessiert in diesem Zusammenhange auch eine andere Stimme über die Hitlerei, die die große Aufgeblasenheit etwas kritischer betrachtet. Hier heißt es unter anderem: „Wer Gelegenheit genommen hat, das wirtschaftspolitische Niveau der Herren Feder und S t r a s s e r und anderer pro- minenter„Nazis " genauer zu studieren, ist entsetzt über den DI- lettantismus, mit dem eine Partei wirtschaftspolitifche Probleme behandeln zu können glaubt. Dom wirtschaftspolitifchen Standpunkt aus betrachtet, ist der Rationalsozialismus, wie er sich heute gibt, jedenfalls ein beinahe bündnisfähiger Partner für den Kommunismus. dessen Bekämpfung er sich bekanntlich politisch zum Ziel gesetzt hat. Hier hat man es schwarz auf weiß, daß die Regierung Papen im Begriff- ist, einem b ü nd n i s f ä h i g e n Partner des Kommunismus wenigstens einen Teil der Regierungsgewalt zu übergeben. Der Zeuge, der hier die Nationalsozialisten kenn» zeichnet, ist sicher auch für Papen unverdächtig. Denn das Zeugnis kommt aus der„DAZ." selbst und verliert an Gewicht nichts dadurch, daß es zur Reichstogswahl 1930 abgelegt wurde!
Kerrl wird gestellt. Sozialdemokratie verlangt Landtagseinberufung. Die sozialdemokratische Fraktion des Preußischen Landtags hat mit Rücksicht auf die Absetzung der für den 16. August vorgesehenen Plenarsitzungsreihe folgendes Schreiben an den Landtagspräsidenten Kerrl gerichtet: „In der letzten Sitzung des Aelteftenrats hatten die Vertreter der sozialdemokratischen Fraktion die Absicht, den Landtag am 9. August zusammentreten zu lassen. Nachdem man sich auf den 16. August als Tagungstermin einigte, waren wir damit einverstanden. Wir haben Verständnis dafür, daß auf die Tagungen der Parteien beim Zusammentritt der Parlamente Rücksicht ge» nommen wird. Wir beantragen deshalb, die nächste Sitzung desLandtagsam 19. und 20. August abzuhalten. Bei dieser Regelung hätten die nationalsozialistischen Abgeordneten einen Reisetag von ihrer Tagung nach Berlin frei."
Der Fall Oiels. Neue Festsiellungen. Wir haben in unserer Sonntagsausgabe die Mitteilung der staatsparteilichen Wochenschrift„Deutscher Aufstieg" über die merkwürdige Rolle des Oberregierungsrat« Dr. D i e l s wieder- gegeben. Von zuständiger Stelle wurde auf Anfrage erklärt, daß diese Darstellung„in allen Punkten unrichtig" sei. Demgegenüber erklären wir auf Grund ge- nauer Erkundigungen, daß dieser amtliche Ehrenrettungsversuch zugunsten des Dr. Diele in allen Punkten falsch ist. Wir sind bereit, wo immer es auch sei, den W a h r h ei t s b e w e i s für die drei Behauptungen anzutreten, die wir hiermit ösfenttich wiederholen: 1. Die A n r e g u n g zu einer Besprechung zwischen dem Staats- sekretär A b e g g und den kommunistischen Reichstagsabgeordneten Torgler und Münzenberg ist von D r. D i e l s, damals noch Regie- rungsrat, ausgegangen. 2. Dr. Diel«, der an dieser Besprechung teilgenommen hatte, äußerte danach dem Staatssekretär Absgg gegenüber seine G e> n u g t u u n g über den Verlauf und die Nützlichkeit dieser Per- Handlungen und sprach sogar die Hoffnung aus, daß solche Unter- redungen mit kommunistischen Führern noch öfter stattfinden. 3. Die Anschuldigungen, die von der Reichsregierung gegen Staatssekretär Abegg wegen seiner Besprechung mit Torgler und Münzenberg erhoben und sogar als eins der Hauptargumente für die gewaltsame Absetzung der preußischen Staatsregierung ver- wendet wurden, stützen sich aus die Bekundungen des- selben Dr. Diels. Um dos schöne Bild abzurunden sei noch folgendes festgestellt: Dr. Diel», der erst vor zehn Monaten vom Regierungsassessor zum Regierungsrat befördert worden war, ist jetzt unter Reichskommissar Bracht zum Oberregierungsrat befördert und als Kommissar der Staatsregierung nach Ostpreußen entsandt worden. Die Mindestzeit für ein solches Avancement vom Regierungsrat zum Oberregierungsrat beträgt f o n st z w e i I a h r«. Es ist natür-
lich ein reiner Zufall, daß die Beförderung des Dr. Diels unmittelbar nach der Absetzung von Severing und Abegg schon nach zehn Monaten erfolgt ist! Wie verheerend solche Vorgänge auf die öffentliche Moral und vor allem auf den Geist der Beamtenschast wirken müssen, dar- über braucht man kein weiteres Wort zu verlieren.
Oer Arzt als EA.-Führer Heimtückischer Feuerüberfall auf Plakatkleber Bielefeld . 6. August. lEigenbericht.) 3n Reuhaus bei Paderborn kam es am Morgen des 31. Juli zu blutigen Zusammenstößen. Die Schuld fällt nach den polizeilichen Ermittlungen ausschließlich aus die Ralionalsozialisten. Die Polizeiverwallung Paderborn teilt dazu u. a. folgendes mit: Der nationalsozialistische Arzt Dr. Linden aus Reuhaus fuhr mit mehreren Begleitern in seinem Personenkraftwagen durch den Ort. Als sie an einer vier Mann starken Klebekolonne der Eisernen Front vorbeikamen, stiegen sie aus und stürzten sich mit einigen Leuten der Besatzung eines unmittelbar darauf folgenden lleberfallwagens der Paderborner SA. auf die vier Mitglieder der Eisernen Front. D i e Ueberfallenen wurden mit Latten, Spaten und einer Auto- kurbel übel zugerichtet. Zwei, Lämmerhirt und Ertel, wurden schwer verletzt. Räch vollbrachter Tat traf die Raztkolonne etwa 50 Meter weiter aus eine über 10 Mann starke Slebekolonne der K o m m u- nisten. Dr. Linden, der mit seinem Personenwagen wieder dem SA. -Uebersallwagen voraussuhr, stoppte neben der Kolonne sofort ab und gab auch dem SA. -IVagen das Zeichen zum halten. Die Kommunisten flüchteten sofort querfeldein durch eine Sandgrube. Dr. Linden gab daraus das Kommando zum Schießen. Er selbst feuerte die e r st e n Schüsse aus die Fliehenden ab und traf Josef Brüsecke in den Rücken. Die Besahung des SA. -Wagens verfolgte die fliehenden Kommunisten und gab aus fchwerkalibrigen Pistolen weitere 13 bis 20 Schüsse ab. ohne jedoch noch jemanden zu treffen. Die ltebersälle wurden ohne jeden Grund ausgeführt, waren aber offenbar nach einem bestimmten Plan vorbereitet. Die hauptbeteiligten sind festgenommen, während von einer Inhaftierung der übrigen
abgesehen wurde, weil eine Verdunkelungsgefahr nicht mehr be- stand. Die im Anschluß an die Untersuchung vorgenommeneu hau»- suchungcn führten zur Entdeckung von Massenlagern.
Aus Versehen bombardiert. Französische Artillerie beschießt eine Oorfkirche. Paris , 8. August.(Eigenbericht.) Ein Dorf in der Nähe von G u e r e t in Mittelsrankreich ist am Sonnabend von einem nahegelegenen Artillerieübungsplatz aus in- folge falscher Berechnungen bei der Einstellung der Geschütze b o m- bordiert worden. 12 Granaten mittleren Kalibers schlugen um die Dorfkirche ein. Wie durch ein Wunder wurde niemand ver- letzt: die Granaten richteten nicht einmal schweren Sachschaden an. Trotzdem bemächtigte sich der Einwohner des Dorfes große Er- regung, zumal sie bereits vor drei Jahren das Opfer eines ähnlichen Versehens waren. Sudeten -Aazis vor Gericht. Hochverratsprozeß vor tschechischen Bichtern. Brünn . 8. August. Von dem Strafgericht in Brünn wird der Hochverratsprozeß gegen sieben sudetendeutsche Nationalsozialisten fortgesetzt, der am 4. Juni in Prag begonnen hat. Angeklagt sind Mitglieder des„Volkssportverbandes". Sie find zum größten Teil seit Anfang März in Haft. Das Urteil wird für die übrigen 2S6 seinerzeit verhafteten Nationalsozialisten entscheidend sein. Den Angeklagten wird zur Last gelegt, sich„zu Anschlägen aus die Republik vereinigt" zu haben,„zu diesem Zwecke in unmittelbare oder mittelbare Verbindung mit fremden Fak» t o r e n getreten" zu sein und„bewaffnete Kräfte" gesam- melt, organisiert und ausgebildet zu haben. Der„Verband Volks- spart" sei eine Zweigstelle der NSDAP., deren Ziel darin bestehe, das„Dritte Reich" aufzurichten, das alle Deutschen , also auch Gebiete der tschechoslowakischen Republik in sich schließen soll. Die Angeklagten trugen das Zeichen der Untersuchungsgefangenen,«in« rosa Armbind«.