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August Schollis: Dem Antek finJackell

Oberschlesische Groteske vom Bruderkrieg am Annaberg

Der Autor des vielbeachteten Romans Ost wind ver­spottet hier eine jener Heldenlegenden, die sich stets im Anschluß an einen geschäftigen Chauvinismus bilden. In Ostpreußent sehen wir, wohin ein derartiger Chauvinismus führt: Zum Bruder­frieg und zur Vertierung des Menschen.

I.

Antet Plisgo schnarchte in Wyssofa, einem kleinen Dorf am Fuße des Annabergs, denn es war erst drei Uhr sechzehn Minuten am Morgen des dritten Mai 1921.

Bumm. Bummbumm... Bummbummbumm... Antet fragt sich am Kopf:

Bum. Bummbumm... Bummbummbumm... Die Kanonade wuchs.

Antet Plis go stürzte aus dem Hause und brüllte: Franzääk... Bruder... Chund väfluchtiger... Werrde ich dir gebben Annaberg stürmen in mein Jackett."

II.

"

,, Sin doch komisch Leute, die son Mist sammeln!" urteilte der Junge. Wat soll da bloß fürn Wert drin stecken! Nich mal auf Karton sin se gedruckt, fein Album gibts dafür, un einer is wie der andere! Na, dem Menschen sein Wille is sein Himmelreich!" Und er begab sich auf die Suche nach den anderen Bildern.

Der Zigarettenhändler Peter Schlick hatte kurz vor der Pleite gestanden. Wegen der lächerlichen Summe von vierhundert Mark! Nun trug er den Schein auf die Bank und bekam anstandslos etwa achthundert ausgezahlt

Die anderen Scheine aber betam er nicht. Die Sache hatte sich herumgesprochen. Andere Leute hatten die Scheine erwischt und eingelöst. Und auch Peter Flick hatte den seinen zu Geld gemacht. Aber glücklich war er nicht: vielmehr obsiegte in seinem Gemüt der Mensch! Und Peter Flick beschloß, zum Rechtsanwalt zu gehen und seine Ansprüche geltend zu machen.

Antet feuchte den Annaberg hoch. Im Südosten nebelte Ober- maßlose Aerger über die verschenkten anderen elf... So ist der schlesiens Industrie den Himmel ein. Eine Stimme rief Antet an:

,, Heda... Sie... Mann Gottes...

,, Väflucht, da schießen sie ja aus Kanonen, Pieruna, das hätt' Antet blieb stehen: ich nicht gedacht. Väflucht."

Eiligst troch er von seiner Pritsche hinab und suchte sein Jadett hinterm Ofen. Auf der Hühnerleiter. Im Ziegenfuttereimer. Nichts zu wollen. Jadett war weg.

Dann schaute er auf die Britsche seines Bruders Franzef Plisgo. Diese war leer. Antef brüllte:

...

,, Bruder Franzek, väfluchtiger Ast, wenn frieg ich dir, mach ich aus dir nichts... Nichts mach ich aus dir Franzek Franzetschku... Däfluchtiger brediger Chund wo du bist?" Eine Frauenstimme meldete sich, Mutter Plisgo: ,, Halt deinen großen Pist, Antet. Franzef ist der Franzek, und du bist ein Dred."

Antef:

,, Chab ich keinen Pist, Muttäär, chab ich einen Mund Bittä säär, spreche deutsch mit mir, dem Antet Blisgo." Bater Plisgo meldet sich aus seinem Verschlag:

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,, Ruhää... immää... Ruhää... chier in meinem Chause! Ich bin immer noch ich."

Mutter Plisgo, dazwischen schnatternd:

,, Weil chat der Franzät recht, wenn hat er recht, da chat er recht."

Bater Plisgo:

,, Ruhää... immää... Ruhää... Weil da chat der Antek lecht. Wo ist der Franzääk chin? Chä?" Mutter Plisgo:

,, Na wo, wenn ist er stürmen auf Annaberg, da ist er also meg."

Antet Plisgo:

,, Berrde ich ihm gebben Annaberg stürmen in mein Jackett." Mutter Plisgo:

,, Rann er machen was er will, ist er ja pole."

Antet:

,, Frässää halten, bin ich ein Deutscher!"

Bater Plisgo:

,, Ruhää... immää chier in meinem Chause."

***

wohin?"

Als sich aber herausstellte, daß erst sieben Scheine gefunden worden waren und fünf noch fehlten, begab er sich auf die Suche.

,, Lummää Frage... wochin... Franzääk garn in Fresse Er tat das nicht allein. Ganz Gerresheim war auf den Beinen. chauen, weil chat er mein Jackett."

Die Stimme:

,, Na, bleiben Sie erst mal stehen." Antek blieb stehen. Ein Mann trat aus dem Gebüsch: ,, Bestatten. Sturmführer mein Name."

Antet:

,, Sär angenähm. Schläpper Antek Plisgo aus Wyffoka." Bumm. Bummbumm Bummbummbumm.

Sturmführer:

,, Na, Antet, herrlicher Kanonendonner. Was?" Antet:

,, Na äben, das macht der Franzel Schwein)."

Sturmführer:

Die Kinder weinten, weil die Erwachsenen sie nicht mehr an die Gossen und Gräben heranließen, wo sie zu spielen pflegten: die Erwachsenen puhlten und matschten selbst darin herum. Beleibte Hausfrauen erfüllten den Fluch der Bibel und ergänzten ihn: Auf dem Bauche sollst du kriechen und Dreck fressen dein Leben lang- um des Geldes willen... Hausbesizer erhoben Anspruch auf die vor ihrem Hause laufenden Gossenteile. Freundschaften zerbrachen, Feindschaften schossen auf wie Pilze. Die fünf Scheine aber wurden nicht gefunden.

Am dritten Tage machte der alte, etwas schwachsinnige Straßen­ta Swina ( das fehrer Peter Glud einen Selbstmordversuch. Aus Aerger: er näm­lich hatte die fünf Scheine zuletzt gesehen, hatte die viertausend Mart mit Hilfe eines Straßenbesens in die Luft gewirbelt, achtlos,

,, Na, teine überflüssigen Worte. Siehst du oben die Fahne ahnungslos, und der Wind hatte den Rest seines Raubes wieder des polnischen Feindes, Antef?"

Antet:

,, Jawoll, und der Franzät steht daneben. Franzäät, du bist mein Feind. Fraanzäät... fommst du gleich herunter von Annaberg, ti Swino."

III.

Antef begann zu stürmen. Immer schneller ſegten sich seine Beine in Bewegung, den Annaberg hinauf:

,, Franzääk Bruder... väflucht... mein Jadett." Von diesem Geschrei erschrocken, ließen die feindlichen Brüder oben am Annaberg alles im Stich und türmten. Antet hinterher. Sturmführer hinter ihm mit dem Ruf:

Feste, Antet, immer druff, einfach fabelhaft." Bei Gleiwiz weit unten in der oberschlesischen Ebene brach Antet erschöpft zusammen mit dem Todesruf:

Franzäät, Franzäät... gib mir mein Jadettta wieder." In Wyfsofa läuteten sie mit allen Gloden. Der Franzät blieb weg und fam nicht mehr, und Sturmführer war auch irgendwo. Und der Antet, ja, der Antet, der war tot.

12000 Frank in Gerresheim

Eine Geschichte aus unserer Zeit

,, Schneller, Müller, schneller! Was der Wagen hergibt!" schreit der reiche Mann Peter Trick seinem Chauffeur zu. Der Chauffeur gibt Gas, der reiche Mann sieht zufrieden zu, wie der Zeiger auf hundertzwanzig Stundenkilometer steigt, lehnt sich in das Leder­polster der Limousine zurüd, zieht seine Brieftasche und stellt fest, daß sie noch immer die hundert Schweizer Tausendfrankennoten enthält.

Plötzlich hustet der Hundertpferdige, erholt sich noch einmal, kommt wieder in sein gleichmäßiges, vornehm tiefes Brummen, hustet abermals und setzt aus. Fluchend flettert der Chauffeur vom Siz und hebt die Kühlerhaube. Dann fingert er, noch immer fluchend, am Motor herum.

Dem reichen Mann Peter Trick ist der Aufenthalt sichtlich unangenehm. Er macht ein besorgtes Gesicht, als er sieht, daß sie sich dicht bei einer fleinen Stadt befinden. Aechzend klettert er aus dem Wagen und flucht seinerseits mit dem Chauffeur. Seltsamer und ganz unbegreiflicherweise hat er die Brieftasche nicht wieder eingeſtedt, sondern auf dem Lederfiz liegen lassen.

Beim Herumstehen draußen fällt ihm die grelle Sonne auf: er schwitzt. Was ihm nicht auffällt, das ist der ganz leise, füselnde Wind. Dieser Wind hat es aber hinter den Ohren. Er mertt sofort, daß in der Limousine das linke Fenster geöffnet ist sowie die rechte Tür. Der Wind, der es hinter den Ohren hat, steigt durch das Fenster ein, reht sich im Coupé einmal um sich selbst, schlägt dabei die Brieftasche auf, nimmt die obersten zwölf Scheine heraus, wirft sie durch die offene Tür auf die Straße, flappt auf eine wahrhaft raffinierte Manier die Brieftasche wieder zu, so daß sie auf dem Leder liegt, als wäre sie nie geöffnet worden steigt nun seiner seits aus und befördert die zwölf Scheine mit leichten Fußtritten in den Straßengraben.

Der reiche Mann Peter Trid, vertieft in die Arbeit des Chauffeurs und erregt zu möglichst schneller Erledigung antreibend, hat den fleinen Scherz des Windes nicht bemerkt. Als der Schaden endlich behoben ist, flettert er eiligst in den Wagen, steckt die Brief­tasche ein, ruft dem Chauffeur noch einmal sein Schneller! So schnell wie möglich!!" zu, ehe der überhaupt angefahren ist und

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von Gerhart Herrmann Mostar

mit den zwölf Scheinen spielt. Peter Flick hat hier ausnahmsweise mal Gelegenheit, das Recht des Stärkeren zu betätigen, und nimmt dem Wind die Scheine ab. Dann sett er sich an den Straßenrand und betrachtet seinen Fund genau.

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Und von Rechts wegen und nach menschlichem Ermessen hätte Peter Flick nun aufjubeln müssen und blaß und rot werden vor Aufregung und im Galopp nach Hause rennen und fortan ein glücklicher Mensch sein müssen. Und wenn Peter Flick ein Bank­direktor gewesen wäre oder wenigstens ein Bantangestellter oder auch bloß ein kleiner Krämer oder gar nur ein Mensch, der in Arbeit und Brot stand und dem Geldscheine ein gewohnter Anblick waren dann wäre auch alles so gekommen. Nun aber war Peter Flick eben seit drei Jahren arbeitslos, seit einem Jahr ausgesteuert. Nun aber hatte die Wohlfahrtsunterſtügung nie eine solche Höhe erreicht, daß ein Schein vonnöten gewesen wäre, um sie auszu zahlen. Nun aber war Peter Flick so an Not, so an das Kein- Geld­haben, so an das Keine- Hoffnung- haben gewöhnt worden, daß ihm gar nicht der Einfall kam, diese Scheine könnten echt sein. Das waren entweder Blüten, sehr nett und genau gemacht, um Leute anzuführen, oder Scheine aus der Inflation, die ja auch gemacht wurden, um Leute anzuführen. Ach, Peter Flick war allzusehr daran gewöhnt, von allen angeführt zu werden: von Menschen, von Behörden, von Firmen, vom Leben überhaupt; er fäte nicht, er erntete nicht, und der himmlische Vater ernährte ihn doch nicht. 3wölftausend echte Schweizer Franken ih wo, das gabs ja gar nicht!

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Und der arme Mann Peter Flick, den die Not ungläubiger gemacht hatte als den heiligen Thomas der Zweifel, stand auf, ging zurück nach Gerresheim und verteilte auf dem Wege zur Stempelstelle elf Scheine an spielende Kinder: Hier, wollt ihr ein hübsches, buntes Bild, Kinder? Ich habe sie doppelt, mehr als doppelt!" Nur eins der bunten Bilder behielt er für seinen kleinen Neffen.

Dann ging er stempeln.

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Die Gerresheimer Kinder hatten die naive Höflichkeit aller faust ab. Am Beginn der kleinen Ortschaft, die er durchsaust, steht echten Kinder. Sie nahmen das Geschent des fremden Onfels an, ,, Gerresheim ". Er sieht es gar nicht. obgleich sie sich nicht viel daraus machten. Und während sie sich mit einem Knicks bedankten oder mit einer Verbeugung, überlegten fie doch mit jenem naiven Geschäftssinn, den alle echten Kinder ebenfalls haben, daß man vielleicht Zigarettenbilder dafür ein tauschen könnte...

Erst zwischen Düsseldorf und Hannover zählt er nochmals den Inhalt der Brieftasche nach. Er flucht fürchterlich, aber er läßt nicht umkehren, er wird auch den Verlust nirgends anmelden. Soll irgendein armer Teufel damit glücklich werden. Dem reichen Mann Peter Trick tommt es auf die zwölftausend Schweizer Franken nicht an.

Denn der Devisenpolizei, nicht wahr, man versteht tommts auf die ganzen hunderttausend an.

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Aber das erwies sich als Fehlspekulation. Denn die erste, miße trauische Frage bei jedem Tauschangebot lautete: Jibts denn davon der auch ne Serie...?" Denn Sammeln erfordert Gründlichkeit und Sinn für Vollständigkeit, und ein Einzelstück hat menig Wert. Und dann mußte man ja auch sagen, daß die Wappen von Overstolz und die Filmstars von Juno und die Flugzeuge von der Königin von Saba, die solchen schönen Bart hat, viel hübscher waren als die krausen Linien und Zahlen und Buchstaben. Und ein Sammel­album gabs für diese sonderbaren und langweiligen Bilder sicherlich auch nicht.

Der arme Mann Peter Flick macht einen Spaziergang. Das fann er sich leisten. Er hat Zeit. Er ist seit drei Jahren arbeitslos und seit einem Jahr ausgesteuert. Nein, wie viel Zeit diese glück lichen Arbeitslosen doch haben! Während reiche Leute schuften, in Limousinen sich durchrütteln lassen und vor der Devisenpolizei Angst haben müssen, tann so ein Arbeitsloser spazieren gehen, durch nichts beschwert als durch ein bißchen Hunger, und durch nichts auf fallend als durch ein bißchen ramponierte Kleidung. Er kam fehr gemächlich gehen, kann intereffiert dem Staub zusehen, den seine löchrigen Schuhe aufwirbeln, und kann den Straßengraben genauestens untersuchen, ganz ohne besondere Absichten, nur so zum Zeitvertreib,

Bei dieser geruhigen Beschäftigung stößt der arme Mann Peter Flick mit dem leichten Küselwind zusammen, der noch immer

Nein, eine Serie war nicht zusammenzufriegen. Alle elf Bilder, die ein besonders Sammeleifriger auftrieb, waren einander gleich Der Sammeleifrige verzichtete also auf den Erwerb der zehn anderen, beschloß aber dennoch, einen legten, gewagten Versuch zu machen. Er ging direkt an die Quelle: zum Zigarettenhändler.

Als er wieder heraustam, glühte sein Köpfchen vor Glück. Der Händler hatte ihm alle Bilder dafür gegeben, die er da hatte, fünfundzwanzig Stüd- und hatte versprochen, für jedes Bild, das herangeschafft wurde, ebensoviel zu geben.

genommen und irgendwohin entführt, irgendwohin, nirgendwohin... Peter Glud schnitt man noch rechtzeitig ab, aber er versant in dumpfes Brüten und siechte dahin. Ein paar Tage gingen, der Himmel war leuchtend blau über Gerresheim , aber die Gerres­heimer sahen es nicht: fie frochen auf dem Bauche und fraßen Dred und suchten Geld..

Dann kam die Polizei dahinter. Sie beschlagnahmte das ge­wechselte Geld bei Peter Flick, bei Peter Schlick, bei allen anderen. Sie erhob Anklage wegen Fundunterschlagung. Peter Schlick hat doch Pleite gemacht; Peter Flick wird vielleicht verhungert sein, bis das Geld freigegeben wird, weil kein Verlierer sich meldet... Aber das weiß man noch nicht; und die Devisenbewirtschaftungsstelle erhebt Ansprüche.

Peter Glück aber erholt sich wieder. Wer weiß: einen Besen nehmen und das bedruckte Papier in alle Lüfte fegen vielleicht ist doch dies das Glück, Peter.

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Erna Büsing: Armer, kleiner Mann!

Er rahmte Bilder ein und er vergoldete Bilderrahmen, er tat Tag für Tag feine Pflicht, er, der kleine Mann. Er war nicht etwa Plein von Gestalt, aber er war bescheiden in seinen Ansprüchen, wes­halb alle gutfituierten Mitmenschen ihm das fleine Format fürs Leben zuerteilten. Er hatte eine Frau, er hatte zwei Kinder und er sorgte für sie, ohne Aufhebens davon zu machen, aus reiner Selbst­verständlichkeit heraus. Der Sonntagnachmittagsspaziergang mar feine einzige Abwechslung in der Woche.

Es tam der Krieg. Der kleine Mann rahmte wohl Gedent­blätter an Gefallene und Bilder Gefallener ein, aber sein Geschäft ging trotzdem zurück. Da machte er die Bekanntschaft eines großen Patrioten, der ihn, den kleinen Mann, veranlaßte, Flaggen zu nähen. Dadurch heb das Geschäft sich wiederum; denn der kleine Mann war erfinderisch, er wurde der Schöpfer auffälliger Wimpel, die in sinniger Zusammenstellung die deutsche , die österreichisch- ungarische und einen windschiefen Halbmond als türkische Flagge zeigten. Der Mann, der die ursächliche Veranlassung der Geschäftsumstellung war, murde, wegen seines Unternehmungsgeistes und der Hebung der Stimmung in der Heimat, reklamiert. Der Sohn des fleinen Mannes hingegen fiel. Dennoch wagte der Vater es nicht, bei der Todes= nachricht die Siegesfahnen einzuziehen. Es war jetzt Pflicht an sein Geschäft zu denken.

Es tamen Kriegsende und Revolution und der kleine Mann rahmte viele Bilder ein. Vergoldete Rahmen wurden kaum mehr verlangt, die Mode war umgeschlagen und die Vergolderei mußte er so gut wie aufgeben. Es tam die Inflation und fraß seine kleinen Ersparnisse. Er hatte eigentlich nur wenig gespart, aber dieses Wenige mit starkem Bewußtsein; denn er rechnete immer, wenn du jezt eine 3igarre rauchtest, würdest du so und so viel Pfennige für sie ausgeben, die sparst du lieber. Oder: wenn du an diesem herr­lichen Sommersonntagnachmittag einmal mit der Bahn ins Freie fährst, würden Bahnfahrt und außerhalb Kaffee trinken soundſo viel kosten, das sparst du. Infolge seiner Sparsamkeit kannte er die Weltstadt nur soweit, wie seine Füße ihn tragen konnten.

Nun war das Geld weg, und die Weltstadt wurde für den kleinen Mann enger; denn der Verkehr in den Straßen nahm zu, und der bringt den Fußgänger vorzeitig zur Erschöpfung.

Die Tochter heiratete, ihr Mann wurde arbeitslos. Der kleine Mann und seine Frau schoben ihre Ansprüche im Essen herab, da­Mann und seine Frau schoben ihre Ansprüche im Essen herab, um die Tochter unterstützen zu können.

Dann kam die Weltwirtschaftskrise, und mit ihr kam der völlige Stillstand des Geschäfts. Der fleine Mann mußte, er hatte manches gute Bild im Geschäft. Dieses und jenes Delbild hatte er aus irgendwelchen Nachlässen gekauft. Er hängte sie jetzt in den Schau­fasten. Sie sollten Käufer anloden, aber die Käufer blieben aus. , Heute verfängt nur noch der Bluff." Das hörte der kleine Mann mehr als einmal, das sagte sein Schwiegersohn, das meinte seine Tochter, das war die Ansicht seiner Frau und auch der Stand­punft aller fleinen Geschäftsleute der Umgegend, die allesamt nicht weiter fonnten.

Nach einer schlaflosen Nacht hatte der fleine Mann endlich seinen Bluff ersonnen. Er nahm ein Delgemälde, das eine wilde Felsenlandschaft und einen heftigen Wasserfall vorstellte, und schrieb darunter: ,, Statt dreihundert Mark drei Mark."

Das Resultat war überraschend. Das Bild hing nur einen Tag im Schaukasten. Am andern Morgen nämlich war es bereits gestohlen.

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