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Nr. 373 49. Jahrgang

2. Beilage des Vorwärts

Ein Opfer des Kauffraftmords.

Zur Zahlungseinstellung des Berliner   Beamten Wirtschafts: Vereins.

V

Der seit dreißig Jahren bestehende Beamten wirtschafts| werden konnte. Wenn man bedenkt, daß Hunderte von Millionen verein zu Berlin  . der 120 000 Mitglieder zählt, und dem Christ- zur Stügung der Banken und Dugende von Millionen zur Stügung lichen Reichsverband der Deutschen   Konsumvereine organisatorisch der gewerblichen Mittelstands Genossenschaften bereitgestellt nahesteht, hat am späten Montagabend die Einstellung der Zahlungen wurden, so hätte man erwarten dürfen, daß die Hilfe des Staates beschlossen. in diesem Falle stärker in Erscheinung treten würde, als es geschehen ist. Auch die Reichsbehörden und die Reichsbank müssen sich sagen, daß die beste kaufmännische Disposition und die größte Vorsicht in der Geschäftsführung angesichts des systematischen Kauf­fraftmordes, wie er in Deutschland   durchgeführt worden ist, den an einem bestimmten Punkte zwangsläufig eintretenden Finanz schwierigkeiten nicht mehr gewachsen sein kann.

Der Beamtenwirtschaftsverein zu Berlin   hat in Berlin   und Um­gebung etwa 120 Filialen, außerdem ein Warenhaus und eine Spar­faffenorganisation. Organisatorisch und auch revisionstechnisch gehört er zum Christlichen Verband Deutscher Konsumvereine, der dem Zentrum nahe steht. Soweit es möglich war, wurde der Verein bisher auch von der Gepag, der Großeinkaufsgesellschaft der Christ­ lichen   Konsumvereinsorganisation, finanziell gestügt. Der Umsag soll im letzten abgeschlossenen Jahre rund 18 Millionen Mark be­tragen haben. Die 120 000 Mitglieder haben je 60 Mark Mitglieds­beiträge, also insgesamt 7,2 Millionen Mark Geschäftsanteilvermögen eingezahlt. Bei den 120 000 Mitgliedern dürfte sich eine große Anzahl Papiersoldaten befinden; sonst wäre der niedrige Durchschnittsumja

von 120 Mart pro Kopf nicht leicht zu erklären.

Wie wir erfahren, haben die finanziellen Schwierigkeiten, die be­fonders von der Sparkasse tamen, schon seit längerer Zeit be standen. Noch am Ende voriger Woche sind

in den Reichsminifferien Berhandlungen wegen einer finanziellen Sfügung

geführt worden. Die Verhandlungen haben zu feinem Ergebnis geführt. Man wird deshalb die Zahlungseinstellung als eine vorsorg­liche Maßnahme betrachten dürfen, einmal um bis auf weiteres Neu­abhebungen von Spareinlagen und eine weitere Schwächung der finanziellen Grundlagen zu verhindern und zum anderen, um eine ungestörte Fortführung des Verkaufsgeschäftes durchführen zu können. Man darf es für wahrscheinlich halten, daß durch das Zusammen wirken des Vorstandes des Verbandes der christlichen Konsumvereine mit den Regierungsstellen und mit der Reichsbank doch noch längerfristige Kredite loder gemacht werden fönnen, um eine Aufrechterhaltung des Beamtenwirtschaftsvereins sicherzustellen. Es ist bekannt. daß schon seit vielen Wochen Ver­handlungen über einen großen Kredit zugunsten der Konsumvereins­verbände laufen, für den eine Reichsbürgschaft gegeben werden soll und über den das Reichskabinett in der nächsten Zeit die Entscheidung treffen soll.

Gegenüber den früheren beamtenwirtschaftlichen Zusammen­brüchen ist im Falle des Berliner   Beamtenwirtschaftsvereins zu sagen, daß

Schiebungen und Unredlichkeiten nicht vorliegen. Sicher ist es so, daß die Leitung des Beamten- Wirtschaftsvereins eine so schwere und andauernde Wirtschaftskrise bei der Anlage der Spartassengelder nicht vorgesehen hat und daß die Gelder weniger flüssig gehalten worden sind, als fie für so schwere Zeiten hätten gehalten werden müssen. Es handelt sich hier aber im wesentlichen um eine echte Wirtschaftstatastrophe, deren Eintritt dadurch beschleunigt worden ist, daß die vielfachen Gehaltssenfungen auch bei den Beamten vielfach zur Unterschreitung des Existenz­minimums geführt haben, wodurch der Rückgriff auf die Spar einlagen beim Beamten- Wirtschaftsverein unvermeidlich wurde. Die Unruhe unter den Beamten und Sparern ist freilich ganz bedeu­tend durch die nationalsozialistische Agitation ge­fördert worden, die wegen der Befürchtungen einer Inflation auch die Spareinlagen des Vereins bedroht erscheinen ließ.

Man muß bedauern, daß eine rechtzeitige Stügung des Be­amten- Wirtschaftsvereins durch öffentliche Kredite nicht sichergestellt

Berliner   Konsum nicht berührt.

Die Auszahlungen werden nur in Lichtenberg   fonzentriert. Die Konsumgenossenschaft Berlin   und Umgegend wird in gar teiner Weise von der Zahlungseinstellung des Beamtenwirtschafts­vereins berührt. In begrüßensmerter Weise hat fie für ihre Mit glieder Unterlagen bekanntgegeben, die die von ihr selbst im In­tereffe der Mitglieder getroffenen Maßnahmen als gerechtfertigt

erscheinen lassen.

Durch Arbeitslosigkeit und Einkommensverluste mußten auch hier in großem Umfange Einlagen zurückgefordert werden. der Erreichung des Höchststandes wurden 22 Millionen Mark aus­

Seit

gezahlt; der Einlagenbestand beträgt jetzt 27 Millionen Mark, Aus­zahlungen werden nach wie vor durchgeführt. Man denkt auch an feine grundsägliche Auszahlungssperre. Die Auszahlungen wurden aber aus den Abgabestellen nach Lichtenberg   verlegt. Einmal, um zum Schutze des Bestandes die Einhaltung der Kündigungsfristen mehr zu wahren; sodann um mit jedem einzelnen Sparer die Dringlichkeit der Rückzahlung zu besprechen und durch persönliche Rücksprache jeder überflüssigen Beunruhigung vorzubeugen. Es wird auch mit der Preußischen Zentralgenossenschaftskasse ver­handelt, um die Zahlungsbereitschaft noch zu erhöhen.

Jahr bei den Konsumvereinen häufen. Ihre Mitglieder sind zu Die Rückzahlungen von Spareinlagen mußten sich im letzten 90 Broz. Arbeiter und Angestellte und diese sind fast zur Hälfte arbeitslos. Deshalb müssen die Notgroschen angegriffen werden. Man kann aber mit Genugtuung feststellen, daß gerade die dem Zentralverband Deutscher Konsumgenossenschaften angeschlossenen Vereine eine außerordentliche hohe Leistungsfähig feit bewiesen haben. Die GEG., Hamburg  , hat für Rückzahlungen 1931 nicht weniger als 60 von 153 Millionen bereitgestellt. Das ,, Berliner Tageblatt" schreibt dazu:

Mittwoch, 10. August 1932

Schuldenlast ergab sich die enorme 3inienbelastung der Erfolgsrechnung mit 13,4 Millionen Mark, die weit über die Gesamt­summe der Steuern von 10,5 Millionen Mark hinauseght.

Unter solchen Umständen ist es nicht verwunderlich, wenn das reguläre Geschäft bei Karstadt   mit einem Verlust von 1,5 Millionen Mark endete, der sich auf 13,5 Millionen Mark erhöht, wenn man die Sonderabschreibungen auf das Warenlager hinzu­rechnet. Der Umfaß, der von 310 auf 252 Millionen Mark zurückgegangen war, hat sich im laufenden Jahre um weitere 20 Broz. gefenft, was der allgemeinen Entwicklung entspricht.

Die Roggenstützung 1932.

Sie ist keine Entlastung für die Viehzucht. Wie in jedem Jahre sind auch jezt die Roggenpreise von ihrem außerordentlich hohen Stand während der Frühjahrsmonate infolge des stärkeren Ernteangebots gefallen. Während Roggen im Früh­jahr 10 m. der Zentner fostete, beträgt die Roggennotiz jetzt etwas über 8 M., was aber auch noch ein sehr annehmbarer Preis ist, zumal die Roggenernte ſehr gut auszufallen scheint.

Den Agrariern ist dieser Preis selbstverständlich aber nicht hoch genug. Sie haben daher bei der Papen  - Regierung durch­gedrückt, daß der Roggenpreis fünstlich gestützt wird. Die staatliche Deutsche   Handelsgesellschaft soll deutschen   Roggen und Gerste auf­faufen und in Verbindung mit den noch vorhandenen Beständen an Ruffenroggen in den Schweinemastgebieten verkaufen. Der Ab­

gabepreis ist für eine Tonne des Gemischs auf 160 M. festgesetzt, jedoch wird der Auslandsroggen erst im Dezember und Januar ge­liefert werden, während die Lieferung von Inlandsroggen und In­landsgerste sofort erfolgt.

Wenn die Stügung der Getreidepreise auch flar erkennbar ist, so hat doch die Aktion mit einer Hilfe für die Veredlungs= wirtschaft nichts zu tun. Daran ändert auch nichts die amtliche Feststellung, daß der Preis des Futtergemischs den Be langen der Schweinemäster in sehr weitgehendem Maße Rechnung trägt. Da ein Zweizentnerschwein jetzt ungefähr 90 m. fostet und zur Mästung dieses Schweines außer dem Kraftfutter 5 Doppel­zentner Getreide, die 80 M. fosten, notwendig sind, bedeutet die Preisfestsegung für das Futtergemisch feine Rentabilität der Vieh= mast, da auch die Ferkel und die Aufzucht noch etwas fosten. Die

Reichsregierung, die andauernd verkündete, die katastrophale Lage der bäuerlichen Veredlungswirtschaft erträglich gestalten zu wollen, straft sich durch ihre eigenen Taten Lügen. Nach wie vor hält sie

an dem Kurs der Berteuerung der Produktionsfosten für die Veredlungswirtschaft fest.

Um so deutlicher werden die Roggenlandwirte er= zu beeilen. Die offiziöse TU.- Meldung über die Aktion schließt mahnt, sich mit dem Verkauf des Roggens ja nicht mit folgender Aufforderung:

,, Die Einbeziehung von Inlandsroggen in die Berkoppelungs­aftion follte für die Landwirtschaft kein Anlaß sein, nunmehr besonders stark Roggen auf den Markt zu werfen, wovor ja auch die landwirtschaftlichen Organisationen gewarnt haben. Es darf mit einer längeren Fortdauer von Verfoppelungsaktionen: unter Einbeziehung von Inlandsroggen gerechnet werden, so daß auch spätere Angebote von Roggen ihre Abnehmer finden werden." Deutlicher fann zur Getreidezurückhaltung nicht aufge selbst aber praktisch durchgeführt werden kann, sind dann der Ver­kaufsdruck und die Notlage so groß, wie behauptet wird?

Das sind Liquiditätsleistungen, wie sie weder die Banken noch die Spartassen im entferntesten aufweisen fonnten... Die Vorstellungen anderer, zum Teil fonkurrierender Wirtschaftsgruppen, haben bewirkt, daß man in der Reichsregierung den konsumgenossenschaftlichen Spareinrichtungen vielleicht nicht das Interesse gezollt hat, wie man es aufbrachte, als man die Krisenschwierigkeiten anderer Wirtschaftsfordert werden. Wenn diese Zurückhaltung von den Produzenten gruppen mit leberbrüdungskrediten und Sub ventionen behob.

Das Berliner Tageblatt" unterstreicht auch nachdrüdlich, wie falsch das Reich handelt, wenn den Verbrauchergenossen schaften jetzt nicht die erforderlichen Kredite gewährt werden. Man müsse vor allem berücksichtigen, daß hier kaum Verluste durch Fehl­investitionen und dergleichen und sogar nur geringe Konjunkturver lufte eingetreten sind, ganz im Gegensaz zu anderen( privaten) Unter­nehmungen, die mit Krediten versehen wurden, obwohl hier meist eigenes Berschulden vorlag.

Die neuen Karstadt Berlufte.

Karstadt  - Verluste.

Keine Sonderabschreibungen auf Anlagen.- Die Frage der Sanierung.

Wir haben bereits berichtet, daß die Rudolph Karstadt A.-G. das am 31. Januar zu Ende gegangene Geschäftsjahr 1931/32 mit einem Berlust von 34 Millionen Mart abschließt, der vorgetragen wird. Der Vorjahrsverlust von 23,2 Millionen Mark war aus dem Reservefonds gedeckt worden. In dem jetzt vorliegenden Ge schäftsbericht betont die Verwaltung die Notwendigkeit einer durchgreifenden Sanierung. Dazu seien nicht nur Opfer der Aktionäre und Bantgläubiger, sondern auch die Mitwirkung der Befizer der Dollar- Bonds notwendig".

=

Im abgelaufenen Geschäftsjahr hat sich die Verwaltung bemüht, die mit geborgten Geldern durchgeführte leichtfertige Auffauf. und Ausbaupolitit der vergangenen Jahre zu revidieren. Das Kapital der ,, Epa" Einheitspreis A.-G.( etwa 23 Millionen Mark) wurde an die Gläubigerbanken verkauft. Ferner wurden vier fleinere Verkaufshäuser und Fabrikbetriebe verkauft, neun aufgelöst und eine Baumwollspinnerei stillgelegt. Im Taufenden Jahre wurden weitere vier Betriebe( darunter Kaufhaus Lindemann u. Co. in Spandau  ) verkauft und 14 Betriebe( darunter die Lindemann- Kaufhäuser in der Landsberger Allee   und in der Hauptstraße) aufgelöst. Die gesamten Waren bestände wurden auf weniger als die Hälfte, von 74,1 auf 35,4 Millionen Mark verringert, aber zum Teil mit Hilfe erheblicher Abschreibungen. Die so verlustreichen Spekulationsgeschäfte der( zum Teil ent­lassenen) Vorstandsmitglieder mit eigenen Aktien haben auch diesen Abschluß noch belastet. Von den 26,8 Millionen Mark Schulden des Borstandes gegenüber der Gesellschaft waren im Vorjahre schon 20 Millionen Mark ausgebucht worden. Auf den Restposten von 6,8 Millionen Mark mußten im Berichtsjahre weitere Abschreibungen ( Höhe nicht angegeben!) vorgenommen werden. Der Hauptteil der in diesem Jahre vorgenommenen außerordentlichen Abschreibungen von 24,6 millionen ist auf die oben angeführten liquidierten und stillgelegten Betriebe zu rechnen.

Keinerlei Sonderabschreibungen wurden bisher auf die An= Iagen vorgenommen. Ihr Bilanzwert hat sich, da jetzt erst das Berwaltungsgebäude in Berlin   und die Großkaushäuser in Essen  und Bremen   fertig wurden, von 173,2 auf 182,4 Millionen Mark erhöht. Gerade dieser Posten bedarf einer starken herab schreibung, da alle Neubauten in der Zeit der höchsten Bau­fosten errichtet wurden.

Die Gefamtoverschuldung hat sich von 248,5 auf

196 Millionen Mart ermäßigt, beträgt aber immer noch fast das Vierfache des Stammkapitals( 55 Millionen Mart nach Ein­ziehung von 5 Millionen eigener Aftien). Die langfristigen Schulden mit 126,1 Millionen Mark( darunter 58,7 Millionen Dollar- Anleihe) sind kaum verändert, während die kurzfristigen Schulden von 122,9 auf 70,2 Millionen Marf zurückgingen. Das war möglich infolge des Verkaufs des Epa- Kapitals, infolge der Umwandlung von 20 Mil­lionen Mark Stamm- in Vorzugsaktien, auf die die Banten   10,2 Mil­lionen Mark zuzahlten, und infolge des Rückgangs der Bank guthaben von 13,5 auf 0,2 Millionen Mart. Aus dieser hohen

Ausgeglichene Devisenbilanz.

erste Augustwoche eine starte Entlastung von den zum Ende Juli gewährten Krediten gebracht. Rund die Hälfte der in Anspruch

Nach dem Reichsbantaus meis vom 6. August hat die

genommenen Kredite kam zur Rückzahlung. Die Wechselbestände gingen um 63,6 auf 3043,9, die Bestände an Reichsschahmechseln um 20,5 auf 27,1 und die Lombarddarlehen um 117,9 auf 106,2 Millionen Mark zurück. Auf dem Konto der zinsfreien Giroqelder ergab sich eine Verringerung um 45,7 auf 333,9 Millionen Mart. Der Noten umlauf verringerte sich um 144,8 auf 3822,1 Mil­lionen Marf.

Die Gold und Devisenbilanz der Reichsbank blieb auch in der vergangenen Woche wieder im Gleichgewicht. Die Goldbestände nahmen um 3,2 auf 763 Millionen ab, dafür vermehrten sich aber die Bestände an deckungsfähigen Denisen um 3,5 auf 131,4 Millionen Mark. Die Dedung der umlaufenden Noten durch Gold und Devisen hat sich gegenüber der Vorwoche um 22,5 auf 23,4 Millionen Mart verbessert. Die Summe der umlaufenden Noten lag am 6. August um rund 500 Millionen Mark niedriger als zur gleichen Zeit des vorigen Jahres.

Der Großhandelsinder ist im Monat Juni weiter um 0,3 auf 95,9 Proz. gefunden. Agrarstoffe stiegen um 0,4 auf 92,5 Proz ( dabei Rüdgang bei pflanzlichen Nahrungsmitteln um 1,4 auf 116,6 Proz.); Kolonialmaren sanfen um 1,3 auf 84,0, Rohstoffe und Halbwaren um 0,6 auf 86,6 und Fertigwaren um 0,7 auf 116,9 Proz.

Subventionen für Schnapsbarone.

Das ist die grundsätzliche neue Staatsführung über den Parteien.

Um Dienstag ist eine neue Verordnung über den Beimischungs­zwang von Kartoffelsprit zu Motortreibstoffen veröffentlicht wor­den, nach der die bisherige Beimischungsquote von 8 auf 10 Proz. erhöht wird. Die Erhöhung triff in kraft, sobald die Reichsmono­polverwaltung für Branntwein den Spritpreis festgesetzt hat. Er soll ein wenig unter dem bisherigen Preis liegen, wodurch aber an der neuen starken Belastung der Kraftverkehrswirtschaft nichts ge­ändert wird.

Der unheilvolle Weg, den Schiele mit der Spritbei mischung beschritten hat, wird also von Herrn von Braun weitergegangen. Wiederum wird den großagrarischen Kar toffelbrennern, die nur mit 1,4 Broz. an der gesamten Kartoffel ernte beteiligt sind, eine neue Subvention von weit mehr als 20 Millionen Mark zugeschoben. Um diese Summe muß der Motortreibstoff also verteuert werden.

Die notleidende Kraftverkehrswirtschaft muß die Schnapsbarone am Leben erhalten, deren einzige Arbeit darin besteht, Artikel in den Zeitungen zu veranlassen mit der Behaup tung, wie gut Kartoffelsprit von der Kraftverkehrswirtschaft in noch viel stärkerem Maße als bisher verwendet werden tönnte.

Die Herren Landwirte selbst hüten sich aber davor. etwas mehr, als gesetzlich vorgeschrieben ist, von dem Kartoffel­sprit zu verwerten. Sie wissen ganz genau, daß der Kartoffel­sprit 50 m. pro Heftoliter kostet, während Benzin im Großhandel für 25 M. zu haben ist. Daher könnte die Landwirtschaft, wenn sie die technisch höchstmögliche Verwendung von Sprit vornehmen könnte, die von der Allgemeinheit der Kraftfahrer zu tragenden Lasten fühlbar verringern. Eine Erhöhung der Beimischungsquote wäre dann vollkommen überflüssig.

Aber das Wort Selbsthilfe wird ja immer von den Landwirten nur im Munde geführt, praktisch dagegen nie an­gewendet. Diese bequeme Abschiebung der Casten auf andere Be­rufsstände wird hier von der Baronsregierung auch wahrhaft leicht gemacht.

Alles für die Großlandwirte, den Bauern Sand in die Augen, nichts für die Industrie und für die Maffen nur Belastungen: es ist wahrlich toll, wie leicht man es sich in Deutschland   macht, über den Parteien zu stehen und eine grundsähliche neue Staatspolitik" durchzu­führen.