besserlich. Am Sonnabend hatte er sich wieder betrunlen nnd amSonntag Morgen gegen Sllhr fand man ihn in derKnche seinerWohnung, in der er schlief, mit seinein Leibriemen am Bettpfostenerhängt, als Leiche auf.Ans dem Polizeibcricht vom Vtt. August. In derBrnclenstraße fiel am Sonntag Vormittag die 55jährige verehe-lichte Malermeister Bertha Reimann, geb. Mucke, hin, geriethunter die Räder eines Rollivagens und erlitt dabei einen Bruchdes rechten Vorderarmes. Sie wurde in das Krankenhaus amUrban gebracht.— Auf dem Neubau Brncken-Allee 4 stürzte der42 Jahre alle Putzer Karl Sasse beim Abrüsten einer Rüstungans der Höhe des zweiten Stockes in den Vorgarten hinab undbrach den linken Unterschenkel.— Vor dem Hause Britzerstr. 19lief nachnuttags der dreijährige Sohn des Admiralstr. 30 wohnenden Tischlers Rudolf Krause über das Geleise, gerieth uuter dieRäder eines Wagens der elektrischen Straßenbahn, dessen Führernicht halten konnte, und erlitt so schwere Verletzungen, daß er balddarauf im Krankenhnuse am Urban starb.— In derselben Straßewurde einige Stunden später die I5jährige Auguste Genat durcheinen Wagen der elektrischen Straßenbahn, deren Glockenzeichenfie unbeachtet ließ, zur Seite geschleudert, so daß sie bewußtlosliegen blieb. Sie wurde nach dem Krankenhause am Urban ge-bracht, wo der Arzt schwere- innere Verletzungen feststellte.—Gegen Abend fuhr an der Ecke der Köpnickerstraße und desMariannen-Ufers der mit seinem Zweirade übermäßig schnellfahrende 21 Jahre alte Mechaniker Fridolin Fahrenbach gegeneinen von der 6jährigen Tochter des Pferdebahnschaffners Reckriengeschobenen Kinderwagen, worin sich ihre beide» jüngeren Geschwisterbefanden. Durch den heftigen Stoß wurde ihre 3jährige Schwesteraus dem Wagen geschleudert, blieb jedoch unversehrt, während dasden Wagen schiebende Mädchen am, Ellenbogen leicht verletzt wurde.—Durch eigene Schuld wurde vor dem Hause Köpnickerstr. 162der öjährige Sohn des Kaufmanns Lehmann von einem langsamfahrenden, laut klingelnden Radfahrer zu Boden gestoßen, ohnejedoch verletzt zu werden.— Beim Einbiegen in die Straße Alt-Moabit stieß abends der auf einem Zweirade übermäßig schnellaus der Rathenowerstraße kommende 28 Jahre alte SchlosserAlbin Klingcnstein de» 57jährigen Dienstmann Lictzmaun umund verletzte ihn im Rücken.— Am 15. d. M. morgens wurdedie 20 Jahre alte unverehelichte Johanna Kalweit in der zurWohnung ihrer Dienstherrschast gehörigen Küche im Hause Lolh-ringerstrnße 67 durch Leuchtgas betäubt aufgefunden, jedoch nachkurzer Zeil wieder in das Leben zurückgerufen. Das in derKüche schlafende Mädchen hatte am Abend vergessen, den Hahndes Gaskochers zu schließen und hatte im Schlaf das aus-strömende Leuchtgas eingeathmet.Gewerbe AuMelluttü t896�Der Edison-Pavillo» abgebrannt! Der Edison-Pavillo».am rechten Wandelgange, ist Sonntag Nachmittag um dVs Uhrein Raub der Flammen' geworden. Zur genannten Zeit entstandbei Vorführung der lebenden Photographien in dem Arbeitsrauminfolge Kurzschlusses ein Brand, welcher sich mit unheimlicherGeschwindigkett durch den ganzen Pavillon verbreitete. Währenddie Zuschauer ins Freie flüchteten, gelang es den An-gestellten. die werlhvollen Apparate in den vorderen,vom Feuer noch nicht ergriffenen Anbau zu bringen,die sämmtlichen Thüren fest zu schließen nnd so dasZudringen der Luft»ach dem Brandherd zu verhindern. Leidererfolgte die Feuermeldung etwas spät und unglücklicherweise auchdurch einen Melder der linken Seitenhalle des Hauptgebäudes,infolgedessen die Platzwache erst 23 Minuten nach Eintreten desBrandes zur Stelle kam. als bereits die Flammen aus demDache emporloderten. Mittels zwei Schläuchen gaben die Lösch-Mannschaften so erfolgreich Wasser, daß die später eintreffendenvier Löschzüge der dritten und vierten Kompagnie sich nur nochbei den bis 7 Uhr hinziehenden Aufräumungsarbeiten betheiligenkonnten.Aus den Nachbarorten.von den Sicherheitszustäuden in de» Vororten. Ueber-fallen und beraubt wurde in der Nacht vom Sonntag zumMontag die Familie des Maurers R a u f e i s e n aus derHohenfriedbergstr. 19 zu Schöneberg im Vororte Lankwitz.Dorthin hatte R. mit Frau und Kind einen Ausflug gemacht,von dem er mit dem letzten Zuge vom Anhalter Bahnhof inGroß-Lichterfelde aus heimkehrte. Ans dem Wege zum Bahnhofzwischen der Kurfürstenstraße und der Restauration von Heynez» Lankwitz, fielen plötzlich drei junge Burschen über die Familieher, schlugen und stießen den Mann und den Knaben und rissendie Frau an den Haaren. Während der Mißhandlung entrissendie Strolche dem Manne die Uhr und der Frau den Regenschirm;dann suchten sie mit der Beute das Weite und entkamen auchunerkannt.Einen sehr peinliche» Rbschlnß hat, wie uns nachträglichauS Steglitz berichtet wird, die dort im„Westfälischen Hos"veranstaltete„Große Internationale Kaninchen-, Geflügel- undVogel-Ausstellung" gefunden. Mehrere Vorstandsmitglieder solle»nämlich mit ihren Damen während der Ausstellung in dein genannten Lokale eine ansehnliche Zeche gemacht, deren Bezahlungaber von einem Tage zum anderen aufgeschoben haben.Beim Schluß der Ausstellung soll die Schuld mehr als 66 M.betragen haben, doch auch dann die präsentirte Rechnungvon dem betreffenden Herrn nicht bezahlt, sondern sogardie Zahlung verweigert worden sein. Ob dies alles sich wirklichso verhält, dürfte noch abzuwarten sein. Thatsache ist aber, daßder Wirth des Ausstellungslokals an sämmtlichen Thier enund sonstigen Gegenständen der Ausstellung das Pfandrechtgeltend gemacht und nicht ein Stück herausgegebenhat, nnd daß es infolge dessen zwischen ihin und mehreren Aus-stellungsleitern zu heftige» Auseinandersetzungen gekommen ist.Die zur Abholung der Objekte erschienenen Wagen mußten un-verrichteter Sache wieder abfahren, und die Besitzer der aus-gestellten Thiere können diese vor der Hand nicht wieder er-langen.Gittlichkeitsderbreche«. Wegen eines schändlichen Verbrechens ist in Spandau am Sonnabend Abend ein Tischler namensKahnert verhaftet worden. Während seine Frau, die er voreinem Jahre als Wittwe geheirathet hat und die als Arbeiterinder Munitionsfabrik für den Unterhalt sorgt, von Hause ab-wesend war, hat er feine zu Hause befindliche 15Vs jährige Stieftochter vergewaltigt. Die Frau selbst hat die Anzeige gegen ihrenMann erstattet.Kampf für Ordnung, Religion nnd Sitte. Sowohl vonmilitärischer Seite als auch von der Zivilbehörde ist der„Volks-Zeitung" zufolge die Untersuchung eingeleitet worden wegeneines Vorfalls, der sich kürzlich in einer Gastwirthschaft zu Spandauzugetragen. Ein sozialdemokratischer Zigarrenarbeiter versuchtein dem Lokal Eintrittskarten zu einem Arbeiterfest zu verkaufen.Hierbei soll er sich auch an zufällig anwesende Trainunteroffizieregewandt haben, die ihn indeß abwiesen nnd gleich daraus miß-handelten. Der Mann hat gegen die Unterosfiziere Anzeige des-halb erstattet. Die eingeleitete Untersuchung hat nun sowohl dieMißhandlung als auch die Frage zum Gegenstand, ob derZigarrenarbeiter sozialistische Propaganda unter Angehörigen desSoldatenstandes betriebe» hat.Wie AnSfliigler berichten, ertrank Sonntag Nachmittagan der Wansdorfer Schleuse im Wansdorfer See ein Dienst-mädchen, das dort im offenen Wasser gebadet hatte und plötzlichin eine Untiefe gerathen war. Wer die Ertrunkene war. konntenoch nicht festgestellt werden.WitternngSliberficht Pom 17. Angnst 1896.Wetter- Prognose fiir Dienstag, den 18. August 189«.Aufklärend und etwas wärmer mit mäßigen südwestlichenWinden; keine oder unerhebliche Niederschläge.Berliner Wetterbureau.Vom Sicherheitsdienst an der Elektrische» Rnndbahnder Gebrüder Naglo. Beachtung von sicherheitspolizeilichenVorschriften verlang! man bekanntlich von jedermann aus demVolke und wer solche im Interesse des Publikums erlassenenVorschriften übertritt, der macht sich einer Strafthatschuldig, besonders, wenn er von autorisirter Seiteeigens vor dem Begehen der Strafthat gewarnt wordenist. So denkt jeder ordnungsliebende Mann nnd sodachte auch der B a h n p o l i z e i- B e a m t e X., derauf der Strecke der elektrischen Rundbahn seines schweren undverantwortungsvollen Amtes waltete. Nicht allzu selten ge-schieht es, daß die strenge Vorschrift, welche allen sich nicht aus-drücklich legitimirenden Personen da? Betreten der Fahr-strecke verbietet, übertreten wird. So auch dieser Tagein der Nähe des Hauptverwaltungsgebäudes; ein Mannlief, ohne daß er sich legitimirte, an dem Bahnpolizeibeamten vor-über, nnd nannte erst seinen Namen, als der Beamte ihn seinerVorschrift gemäß fast anfaßte. Eine Legitimation zeigte der Mannaber auch alsdann nicht vor; er bezeichnete sich als DirektorH n st e r vom Arbeitsausschuß. Am Sonntag überschrittenzwei subalterne Beamte gleichfalls die Strecke, ohne sich zu legi-timiren, und der hierüber wohl mit Recht erregte Streckenwärterbrachte in der Beschwerde seinen Vorgesetzten gegenüber bei derGelegenheit auch zur Sprache, daß ihm sein Dienst gerade durchdie von AusstcUungsangestelltcn begangenen Uebertretnngenaußerordentlich erschwert werde; habe doch in der vorigen Wocheselbst der Direktor Hnster ihn, ohne sich irgendwie zu legitimiren,„überrannt". Diese Beschwerde hatte eine Folge, die f ü r dieSicherheit des Betriebes außerordentlich dien-lich sein muß: es wurde die sofortige Entlassung— nichtder Uebelthäter, sondern des beschwerdeführenden Beamten ausgesprochen.Dieser habe durch das Wort„überrennen" den Herrn DirektorHuster auf das schwerste beleidigt. Der Entlassene, der etwa seitBeginn der Ausstellung im Dienst war, will seine Sache vor demGe werbegericht zum Austrag bringen.Bei dieser Gelegenheit verdienen die Lohn- und ArbeitsverHältnisse der Strecken- und Bahnpolizeibeamten wohl kurz er-wähnt zu werden. Für einen Tagelohn von 3 Mark 50 Pfennigmüssen die Leute des Morgens 9l/4 Uhr in Uniform am Platzesein; der Dienst währt dann ununterbrochen, ohne daß die ge-ringste Pause einträte, bis nachts 12>/s Uhr. Es ist Sache derAngestellte», zu sehen, wie sie während des Dienstes ihr bischenNahrung hinunterwürgen. Kommt einem der Beamten etwa einBedürfniß an, so muß er sich irgend eine ihm bekannte oderunbekannte Person zu seiner Vertretung annehmen; wird indiesem Augenblicke gerade jemand überfahren, so marschirt nichtetwa die Direktion der Bahn, die solche gemeingefährliche Zipstände schafft, ins Gefängniß. sondern der in nnverantwortlichster Weise ausgenutzte Streckenangestellte. Wie wir hören,soll diese Art von Arbeiterausbeutung, die im Interesse derSicherheit des Publikums nur allzu dringend der Abhilfe bedarf,bereits dem Amtsvorsteher von Treptow Veranlassung gegebenhaben, Recherchen einzuziehen. Hoffentlich führen diese noch vorBeendigung der Ausstellung dahin, daß solchen Zuständen einEnde gemacht wird.Ilngiltigkeit der Ausstellnngslotterie. Vorige Woche istdie erste Serie dieser Lotterie gezogen worden. Bürgerliche Blättererhalten nun vom Arbeitsausschuß der Ausstellung folgende Mit-theilung:Als Sonnabend Mittag um 12 Uhr 28 Minuten dieZiehung der ersten Serie der Ausstellungslotterie schloß, er-gab sich zu allgemeiner Ueberraschung, daß in dem Rade,welches die Gewinnnummern enthält. statt der 11 432Gewinnnummern, welche laut amtlicher Ausnahme indemselben enthalten sein sollten, nur 11431 enthaltenwaren. Es fehlte somit eine Gewinnnummer, und eswiederholt sich damit ein Vorfall, der sich vor einigen Jahrenbei der Ziehung der Kunstausstellungs-Lotterie, ebenso wie vorherbei der Antisklaverei-Lotterie und bei einer Anzahl andererLotterie-Unternehmnngen ebenfalls ereignet und eine erneuteZiehung nothwendig gemacht hatte. Es ist jevoch nicht aus-geschlossen, daß sich der Jrrthnm noch aufklären wird. Wiezestern gemeldet wurde, soll kein Zweifel an der UngiltigkeitDer Lotterie-Ziehung bestehen. Die neue Ziehung soll noch dieseWoche stattfinden.Die Ziehung ist, wie gestern gemeldet wurde, offiziell bereitsfür u n g i l t i g erklärt worden.Die Firma Adlon u. Drossel, welche da? Monopolfür den Ausschank der gesammten Berliner Gewerbe-Ausstellung exkl. der Sonderausstellungen besitzt, wofür sie dieSumme von 113 000, nach anderen Angaben 300 000 M. bezahlthat, erhebt folgende Beträge für die Erlaübniß an andere Pächter.Bier auZschänken zu dürfen: Spreewald-Schänke:30 000 M.; München er Bürgerbräu: 90 000 M.;R i e s e» z e l t: 50 000 M.; Pfchort, Siechen. Spaten,A s ch i n g e r und andere insgesammt ca. IVs Millionen Mark.Das Alpenpanorama, die Fischerei-Ausstellung(Fisch-Kosthalle),„Zum Pilsener" und noch andere Ausschänke befinden sich unterder eigenen Verwaltung der Firma Adlon u. Dresse! und sindinfolge dessen pachtfrei. Die Molorboot-Gesellschaftbezahlt für einen Quadratmeter Platz, den sie vonAdlon u. Dressel zum Billet-Verkauf gemiethet hat,1500 M. Die Firma C a m p h a u s e n hat dafür, daß Adlonu. Dressel Pilsener Bier ausschänkt, 75 000 M. zu denRestaurationsbauten Zuschuß geleistet. An Platzmiethe soll dieFirma Adlon u. Dressel 150 000 M. bezahlen. Die Bankostenbetragen 200 000 M. Die Tageseinnahme soll im Haupt-restaurant wiederholt über 35 000 M. betragen haben. Zu be»merken ist. daß Adlon u. Dressel die angeführten Summen nurfür die Erlaübniß zum Ausschank erhebt und die Platzmiethenicht mit einbegriffen ist. sondern diese an den Ausschuß zu denüblichen Bedingungen pro Quadratmeter zu zahlen ist.Der Arbeits- Ausschuß hat in letzter Zeit von den Aus-sieller» Miethe für die Wandfläche, den Raum, dendie Ansftellungskasten an der Wand einnehmen in derselben Höheals die Bodenfläche verlangt. Selbstverständlich ist der Ausschußbei den Ausstellern auf heftigen Widerstand gestoßen und hatinfolge dessen diese sonderbare nachträgliche Forderung wiederzurückgezogen.In der Spezialansstelltmg„Nordpol" mußte Sonnabenddie Gendarmerie eingreifen, um zu verhindern, daß die Ersteherder der Zwangsversteigerung verfallenen Sachen entgegen den1 Abmachungen schon jetzt mit der Devastirung der Sonderausstellungbeginnen.Freien Eintritt in sämmtliche Unternehmungen des Ver-gnügungsparks werden, nach einem Beschluß der Vergnüguugs-park-Pächter, die Besucher desselben am Sonnabend finden. Da-gegen wird für das Betreten des Vergnügungsparks ein Extra-Entree von 30 Pfennigen erhoben.Die fünf Brutapparate der Lion'schen Conveuse sindjetzt sämmtlich besetzt; zu den bisher vorhandenen zwei Pärchen(zwei Knaben und zwei Mädchen) hat sich heute noch ein fünfterSprößling gesellt. Weil das Ersuchen um Anfnahme von schwäch-lich geborenen Kindern nicht nachläßt, hat sich Herr Lion ver-anlaßt gesehen, weitere Brutapparate zu beschaffen. Sie sindbereits unterwegs und werden, da die Räumlichkeiten des Pavillonsdie Aufstellung von weiteren Brutkästen nicht gestatten, an Aerzte,Anstalten und Privatpersonen verliehen werden.Die Direktion der Sternwarte auf der Ausstellung schreibtuns, daß in der nächsten Woche in die Iteihe der Vorträge, welcheim Hörsaal des Fernrohrgebäudes um 2, 4, 6 und �/s8 Uhr überSternschnuppen, die Sonne, den Mond gehalten werden, einVortrag„Ueber die Eispole der Planeten" ans-genommen wird. Bei dem Interesse, welches das Publikumdem irdischen Nordpol, angeregt durch die Reisen Andröes undNansen's, gegenwärtig entgegenbringt, dürste dieses Thema aufgroßes Entgegenkommen zu rechnen haben.Riescnfernrohr und Sonnenfinsternis. Im Auftrage desHerrn F. S. Archenhold erhalten wir folgende Zuschrift:„Ent-gegen den Berichten der meisten Blätter über die Beobachtungder Sonnenfinsterniß am 9. August an dem Riesenfcrnrohr inder Gewerbe-Ausstellung, wonach das hindernd« Vorhandenseinvon Bäumen von mir übersehen und die Finsterniß erst10 Minuten vor ihrem Ende sichtbar geworden seinsollte, theile ich Ihnen mit, daß ich mich selbstverständ-lich, bevor ich das Publikum zu uns einlud, davon über-zeugt hatte, daß der Sonnenaufgang bei uns sehr gut zusehen ist. Eine achttägige Beobachtung hatte mir gezeigt, daßdie Sonne kurz nach ihrem Leranfsteigen über den Horizont ineiner Lücke zwischen den Bäumen sichtbar wird und danndauernd bei ihrem Höhersteigen sichtbar bleibt. Der einzige Um-stand, den ich übersehen hatte und für den daher keine genügendeVorsorge getroffen war, war der, daß sich unter das PublikumLeute mischen würden, die in keiner Weise dorthin gehörten.Zu ihrer Kennzeichnung diene die Mittheilung, daß eine Schaarvon etwa 30 Menschen das verschlossene Portal VIII derAusstellung gewaltsam erbrachen— der Eingang fand bekanntlichdurch Portat I und Portal III statt— ohne Entree zu bezahlenin den Park und zum theil in das Fernrohrgebäude herein-stürmten und dort störenden Lärm vollführten. Slnfangs glaubteich diese Personen durch eine Ansprache beruhigen zu können.Das gelang aber nicht, und ich sah-mich genöthigt, sie hinaus-schaffen zu lassen. Ich bemerke, daß unter den Eintrittskarten,welche die betreffenden gegen das erlegte Entree zurückgaben,sich auch unseren gelben Scheinen ähnliche zusammen-geknitterte Pferdebahnbillets im Werths von 10 Pf. befanden, diezur Einlösung mit 50 Pf. übergeben wurden; dies genügt wohlzur Charakterisirung der störenden Persönlichkeiten. Es ist zubedauern, daß wir durch das Betragen dieser Elemente währenddes ersten Theiles der Verfinsterung gehindert wurden, daSPublikum in geeigneter Weise an den fünf aufgestellten In-strnnienten zu verlheilen und die Erscheinung zu erläutern. MitRecht konnten wir das Publikum zu uns laden, da auf denanderen Berliner Sternwarten, der königlichen und der Urania-Slernwarte, deren Horizonte ich genau kenne, der Sonnenaufgangnicht so günstig wie hier in Treptow zu beobachten ist. So hat(wie wir schon mittheilten. Red.) ein Mitglied der BritishAstronomical Association, dem ich in der Eile noch einen Platzanweisen konnte, wo er nicht zu sehr behelligt wurde, bei unsZeichnungen von vier Phasen der Verfinsterung angefertigt.deren erste die Erscheinung in ihrem Aussehen um 4 Uhr50 Minuten, also neun Minuten nach Sonnenausgang zeigt;diese werden bei uns ausgestellt. Photographische Aufnahmen,zu denen ich alle Vorbereitungen getroffen hatte, war ich leiderwegen der geschilderten Störungen nicht im stände zu machen.Der anständigere Theil des Publikums, also die weit über-wiegende Mehrzahl war sehr befriedigt, obwohl sie durch dieerwähnten Umstände an der Beobachtung des ersten Theiles derErscheinung gehindert waren. Es zeigte sich dies unteranderem auch darin, daß sie nach Beendigung der Verfinsterungnoch dablieben und einem das gesehene Phänomen erläuterndenVortrage aufmerksam und unter Beifallsbezeugunge» zuhörten."Mttnpt und MissenfchÄft.Im Lcssing-Thater wurde am Sonnabend da? Künstler-drama„Ein neues Genie" von W. Henzen zum ersten Maleaufgeführt. Bei aller braven Gesinnung ist das Schauspiel einwenig kindlich gerathen, wo sich der Zlutor entrüstet und argkindlich, wo der Held des Stückes von den Klauen des Bösenerlöst wird. Henzen. der viele Jahre lang vergeblich um dieGunst der Bühne rang, sieht einen schlimmen Schaden; er willdie typische Erscheinung des„Machers", des Mannes, der sichan das neu anstauchende produktive Talent klammert und esbrutal aussaugt, scharf satirisch beleuchten. Er will aber anderer-seits nicht zu grausam werden, damit ein verehrliches Publiknmnicht peinlich berührt werde, und so ruft er zum Schlußdas fromme Wunder zu Hilfe, wie es in süßlichen falsch senti-mentalen Romanen zu erscheinen pflegt.Irgendwo in einem Dorf Anthal bei Berlin wurde derjunge Komponist Cäsar Stephani„entdeckt". Eine launischeOperndiva hat in einer Partitur Cäsar's, die sonst ewig un-beachtet geblieben wäre, geblättert, sie fand Interesse an derTonsprache des Unbekannten und so wurde Cäsar ein auf-gehender„Stern". Sofort nahm sich der Verleger Berg-feld seiner an, das Musterexemplar eines getdkrästigenManagers. Cäsar mußte nach Berlin und dort beginnt derHexentanz. Sein Wohlthäter Bergfeld, der ihn aus dem Dunkelzog, wird zum Sklavenhalter schlimmster Sorte; und Cäsar, dasneue Genie, muh sich im Frohndienst proftituiren, dem ewigdrängenden Verleger ungereiste Hetzarbeit schaffen. Blutegelhaftdrängt sich an den gefeierten jungen Meister die wüste„Gesell-schaft" der Großstadt; der böse Unflath des Bühnendaseins.Heuchelei, Preßkorruption, das Treiben dirnenhafler Theater-Prinzessinnen, drohen seine Künstlerseele zu vernichten. Aber einheftiges Nervenfieber bedeutet für Cäsar zugleich eine innereKrise. Das Wunder ist zur Stelle. Cäsar gedenkt des stillenDorffriedens in Authal, des blitzblanken Kantorhäuschens, in de»,das fromme Lieschen, sein blondes Jugendlieb waltet. Das sindseine guten Geister. Die Dämonen sind überwunden und jetzterst wird Cäsar ein tugendhaftes, gediegenes Genie. Ein Theildes Publikums glaubte an die innere Genesung Cäsar's undapplaudirte gerührt. Der andere Theil mochte de» Kindelbreinicht recht vertragen und zischte.Der Autor, der durchwegs„gute Rollen" geschrieben hat.machte es seinen Schauspielern sehr leicht. Sie indessen bliebenallzusehr an der Oberfläche. Ergötzlich wirkte Herr G u t h e r yin der Rolle des schamlosen Ausbeuters Bergseld durch trockeneBerlinische Unverfrorenheit.Adolph Ernst hat am Sonnabend von ver Bühne Abschiedgenommen, nachdem vor diesem feierlichen Aktus Charleys Tantezum 450. Male aufgeführt worden war. Die Geschichte gingnicht ohne theatralische Rührscligkeit vor sich. DerSchauspieler Karl Weiß richtete einige Worte an denabgehenden Direktor und brachte schließlich ein Hoch aus, inwelches das Publikum, dem das Auge von der Aufführung desenglischen Schwankes her noch thränenfencht war, mit Schmerzenund Begeisterung einstimmte. Nachdem der Herr Direktor darauf