1932
Der Abend
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Nr. 382
B 186
49. Jahrgang
Hitlers Mussolini- Wahn
Seine wörtliche Forderung an Hindenburg
Ueber den Verlauf der entscheidenden Unter redung zwischen dem Reichspräsidenten und Adolf Hitler erfährt man von zuständiger Seite zwar nur wenige, dafür aber um so sensationellere Einzelheiten. Der Satz in der amtlichen Verlautbarung vom Sonnabendabend, wonach Hitler an den Reichspräsidenten die Forderung gestellt hätte ,,, ihm die Führung der Reichsregierung und die gesamte Stattsgewalt in vollem Umfange zu über: tragen", wird von unterrichteter Stelle dahin er
läutert, dak
Hitler für sich die gleiche Stellung und die gleichen Vollmachten wie Mussolini nach dem erfolgten Marsch auf Rom " verlangt hätte. Diese Forderung ist wörtlich in dieser Form crhoben worden.
Nun wird erst recht klar, warum der Reichspräji: dent mit einem kategorischen Rein geantwortet hat, denn die Auslieferung der Staatsmacht an Hitler unter solchen Voraussetzungen und in solchem Um fange würde auf einen glatten Verfassungsbruch hin ausgelaufen sein.
Freiwillige Gegenleistungen?
Bezüglich der Stelle des Kommuniqués über die von Hitler „ vor den Reichstagswahlen abgegebenen Erflärungen", wonach er eine vom Vertrauen Hindenburgs berufene nationale Regierung unter ſt üzen würde, wird darauf hingewiesen, daß es sich selbstverständlich um Erklärungen handelt, die nicht etwa unmittelbar vor der Wahl, sondern zur Zeit des Kanzlerwechsels Ende Mai abgegeben wurden; also zweifellos in jener Unterredung zwischen Hitler und Hindenburg am 30. Mai, die der Betrauung
Bapens unmittelbar voranging.
Die von den Nationalsozialisten stets abgeleugnete Existenz von Bindungen zwischen Hitler und der Reichsregierung wird also nicht mehr bestritten, nur wird sonderbarerweise behauptet, daß diese Bindungen einseitig waren und daß die Regierung Papen ihrerfeits teine Verpflichtungen eingegangen wäre!
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Die verschiedenen politischen Gegenleistungen der Regierung z. B. Aufhebung des Uniformvers bots, Reichstagsauflösung usw. werden von Regierungsseite als freiwillige Handlungen bezeich net, zu denen sie durch keinerlei Bindungen verpflichtet gewesen sei.
Es wird jetzt Sache der Nationalsozialisten sein, sich zu dieser Darstellung zu äußern, nach der Hitler einseitige Bindungen eingegangen wäre, ohne sich jene Gegenleistungen ausdrücklich zu fichern. Sollte er wirklich ein so schlechter Diplomat sein, wie aus dieser offiziösen Version heute hervorzugehen scheint?
Aber„ Der Doktor" droht.
Der heutige„, Angriff" muß an der Spize eine Auflage"-Nach richt bringen, in der sein Schwindel über den Bombenwerfer Jente in Reichenbach richtig gestellt wird.
Aber Goebbels bietet gleichzeitig eine neue Bombe". Seinen Leitartikel Die Macht an Hiller!" schließt er mit dieser Drohung:
,, Darüber aber soll kein Zweifel bestehen: Im Zwielicht bleiben wir nicht. Entweder gibt man uns die Macht, dann tragen wir die Verantwortung, oder aber man verweigert uns die Macht, dann stehen wir in der Opposition und fechten. Es wird dann so sein, daß jene Regierung, die sich bei ihrem Beginn etwas voreilig mit dem schmückenden Beiwort der nationalen Konzen= tration" ausstattete, auf den erbitterten Widerstand des gesamten nationalen Deutschland , das heute unter unserer Führung
steht, stößt.
Um den Ausgang diefes Kampfes braucht uns nicht bange zu fein. Was man uns heute vermeigert, das wird man uns morgen geben müssen. Nicht darum, weil wir die Sympathien der noch Regierenden besigen, sondern weil es in der unerbittlichen und ehernen 3 mangsläufigfeit der deutschen Entmid= Iung unumstößlich und unerschütterlich begründet liegt. Herr von Papen geht einen schweren Gang. Die Gefehlichkeit der Ge
Luther gegen Papen
Um die Finanzierung des Wirtschaftsprogramms
beschaffungspläne der Reichsregierung sind infolge der Das große Wirtschaftsprogramm und die Arbeits politischen Wirren der letzten Wochen völlig in den Hintergrund getreten. Wie es heißt, will die Reichsregie rung jetzt in allernächster Zeit mit ihrem Wirtschaftsprogramm vor die Oeffentlichkeit treten.
Im Zusammenhang mit dieser bevorstehenden Bekanntgabe des Arbeitsbeschaffungsprogramms der Papen - Regierung weiß der Hugenbergsche„ Montag" von einem schweren konflikt zwischen der Reichsbankleitung und der Papen - Regierung zu berichten.
Danach soll die Verkündung des Wirtschaftsprogramms vor den Reichstagswahlen an der Finanzierung gescheitert sein, da die Reichsbank sich seinerzeit weigerte, die notwendigen kredite bereitzustellen. Das Blatt behauptet, daß die Reichsbant sich auch heute noch den Finanzierungsplänen der Reichsregierung widersetzt. Da ein anderer Weg der Geldbeschaffung so gut wie ausgeschlossen sei, würde der erste Schritt der Regierung zu Beginn der kommenden Woche sein, die Reichsbank durch geeignete Maßnahmen zu veranlassen, ihren bisherigen Standpunkt zu ändern.
Diese Meldung des der Regierung naheftehenden HugenbergOrgans muß in der Oeffentlichkeit alarmierend wirken. Welcher Art sollen die geeigneten Maßnahmen" sein, die das
schichte kann keine Macht der Welt aufhalten. Bajonette mögen zu vielem gut sein. Aber man kann auf die Dauer nicht darauf fizzen.
In ruhiger und sicherer Entschlossenheit tritt die Bewegung an. Ihr Ziel ist unverändert wie immer: Die Macht an Hitler !"
Sitzung des Reichskabinetts.
Heute nachmittag.
Das Reichskabinett wird am Montagnachmittag zu einer Sitzung zusammentreten, um sich mit der allgemeinen Lage zu beschäftigen.
ftandes gegen unfolide Finanzierungen veranlassen sollen? Be| Reichsbanfpräsidium zu einer Aufgabe seines bisherigen Widerabsichtigt das Kabinett Papen etwa eine Notverordnung, welche die Unabsehbarkeit des Reichsbankpräsidenten beseitigt?
Ein derartiges Vorgehen der Reichsregierung würde in scharfem Widerspruch zu dem Reichsbankgesetz von 1930 stehen, denn dieses Gesetz sieht vor, daß vor einer Aenderung des Reichsbankgesetzes die Einwilligung der Reparationsbank in Basel ( B33.) gefichert sein muß. Auf welchem Wege will also die Regierung den Widerstand des Reichsbankpräsidiums beseitigen?
Das Programm der Reichsregierung zur Arbeitsbeschaffung hat 130 Millionen Mark für Straßen- und Kanalbauten vorgesehen. Die Kredite für diese Arbeiten laufen legten Endes bei der Reichsbank zusammen. Außerdem sind für Arbeiten ähnlicher Art und für andere industrielle Aufträge 200 bis 250 Mill. Markt vorgesehen, die gleichfalls von der Reichsbant, als letzter Hand, finanziert werden sollen. Bei diesem Posten hat die Leitung der Reichsbank Schwierigkeiten gemacht. Getrennt von diesen beiden ersten Arbeitsbeschaffungsplänen läuft das Projekt der Hausreparaturen, das kürzlich an dem Widerstand der Hausbesitzer gescheitert ist und das Siedlungsprojekt, für das 100 Mill. Mark in dem Etat bereitgestellt sind.
tonter Form abgebligt ist, weiß man bei den Nazis augenscheinlich nicht, wie man sich zunächst weiter verhalten soll. Deshalb die Vertagung, deshalb auch der Urlaub für die SA.!
Sonntag der vier Millionen.
Massenflucht aus der Stadt.
- Vier tödliche Badeunfälle.
Der gestrige heiße Sonntag trieb die Berliner Bevölkerung in Scharen hinaus an die Ufer der Spree und der Havel , und wer in den Nachmittagsstunden durch die Straßen der Stadt ging, fah leere
=
Nach feierlichen Ankündigungen sollte am Dienstag und Mittwoch dieser Woche eine große nationalsozialistische Führertagung" stattfinden, an der alle nationalsozialistischen Abgeordneten zum Reichstag und zu den Länderparlamenten teilnehmen sollten. Wegen dieser Führertagung, die nach den letzten großspurigen Mitteilungen auch politische Maßnahmen gegen die Reichs regierung beschließen sollte, ist von dem Landtagspräsidenten Kerri die Tagung des Preußischen Landtags hinaus: geschoben worden mit der Begründung, daß das Parlament traditionsgemäß auf die Tagungen großer Parteien Rücksicht nehme. Ein neuer Termin für den Zusammentritt des Landtags ist bisher nicht festgesetzt worden, Kerrl stellt sich vielmehr gegen alle formellen Anträge taub.
Jetzt plötzlich ist aber
auch die Führertagung der Nationalsozialisten auf unbestimmte Zeit vertagt worden. Gleichzeitig wird bekannt, daß Hitler oder fein Stabschef Röhm der SA. einen„ Urlaub auf eine Woche bewilligt haben.
Die Vertagung der Führerzusammenkunft in Verbindung mit dieser Urlaubs" gewährung an die SA. lassen klar erkennen, daß im nationalsozialistischen Lager eine starke Verwirrung Plaz gegriffen hat, daß man vor allem nicht weiß, nach welcher Richtung der Führer" und die Führung gegenwärtig streben.
In gewohnter Arroganz haben Hitler und die Seinen bis zum Sonnabend geglaubt, einfach fordern zu dürfen, in der Erwartung, daß man ihnen bedingungslos jeden Wunsch
fleinernen Meer den Rücken gekehrt und wer nur irgendwie Gelegenheit und das nötige Fahrgeld hatte, fuhr an die Flüsse und Seen der näheren Umgebung Berlins . Die Berliner Berkehrsm Pttel zusammengenommen beförderten annähernd vier Millionen Menschen. Das beweist am eindringlichsten die Massenflucht aus der Stadt.
Wie immer hat die BVG. den Hauptanteil an dem gewaltigen Ausflugsverkehr. Die Bilanz für Sonntag schließt mit 2125 000 beförderten Fahrgästen. Davon entfallen auf die Straßenbahn 1 302 000, auf die U- Bahn 472 000 und auf den Autobus bedeutend verstärkt durchgeführt und außer zahlreichen Einsatzwagen 472 000 ausgegebene Fahrscheine. Der Straßenbahnbetrieb murde fuhren die Bahnen zum großen Teil doppelbehängt. Die Reichsbahn steht mit 1600 000 Reisenden an zweiter Stelle. Am stärksten war der Verkehr nach Wannsee Nikolassee. An den Sperren dieser Stationen wurden rund 100 000 Fahrkarten abgegeben, das ist die höchste Zahl, die hier überhaupt jemals erreicht worden ist. Grünau folgt mit 43 000 und FriedrichshagenRahnsdorf mit 32 000 b3m. 19 000 Ausflüglern.
Die Berliner Dampferlinien nahmen den rollenden Konkurrenten einen Teil der Arbeit ab. Die Nobiling- Reederei beispielsweise beförderte rund 18 000 Fahrgäste. Der Hauptanteil fällt auf den Verkehr nach dem Berliner Osten, aber auch der Berkehr in Richtung Brandenburg weist eine hohe Frequenz auf. Auch die kleineren Reedereien hatten vollbesetzte Dampfer und brachten Zehntausende hinaus in die bekannten und beliebten Ausflugsorte. Der Badebetrieb forderte wieder einige Todesopfer.
In vier Fällen konnten den Berunglückten keine Hilfe mehr gebracht werden.
Der Arbeiter- Samariter- Bund hatte vollauf zu tun; überall waren die hilfsbereiten Hände der Arbeitersamariter zur Stelle.