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Nr. 383 49. Jahrgang

1. Beilage des Vorwärts

Mieter fordern Bodenreformgesetz

Hausbesitz denkt nur an Rente, und nicht an Volksnot

Würzburg, 15. August.

Mit einer öffentlichen Rundgebung fand der 26. Deutsche   Mietertag des Bundes deutscher   Mietervereine( Sit Dresden) seinen Abschluß.

Als erster Referent beschäftigte sich Bundesvorstandsmitglied Uhlig- Dresden   mit dem sozialen Mietrecht. Er erläuterte eingehend den vom Bund deutscher Mietervereine ausgearbeiteten Gesezent­wurf, der auf dem Gedanken der Vertragsfreiheit aufgebaut ist, die allerdings wesentlich eingeschränkt ist. Oberster Grundsatz ist die Sicherung des Wohnrechtes. Für die Miethöhe besteht Vertragsfreiheit auf der Grundlage der angemessenen Miete, für weiche die Länder Richtlinien zu erlassen haben. Im Gesezentwurf sind auch alle sonstigen mietrechtlichen Fragen geregelt. Das soziale Mietrecht soll Geltung für alle Alt- und Neubauwohnungen ohne Unterschiede, also auch für Werk- und Dienstwohnungen und für ge­meinnügige Gesellschaften, haben. Alle Streitigkeiten sollen unter Wegfall der bisherigen Instanzen durch das Miet-( Amts-) Gericht entschieden werden mit dem Recht der Berufung an das Landgericht. Bei allen Gerichten sollen Laienrichter aus den Kreisen der organi­sierten Vermieter und Mieter mitarbeiten.

Bundesvorsitzender Herrmann gab einen Rückblick auf das Ergebnis der dreitägigen Beratungen, hob die Hauptforderungen der deutschen   Mieterschaft hervor und setzte sich mit den vom Hamburger Deutschen   Hausbefizertag aufgestellten Forderungen auseinander. Der Kampf, erklärte er, gehe nicht zwischen Mieter und Vermieter, er richte sich nur gegen die übertriebenen Forderungen der Haus­

befizerorganisationen. Wenn der Hausbesitz gegen die Förderung des Wohnungsneubaues mit öffentlichen Mitteln kämpfe, so tue er dies, um seine gegenwärtige Monopolstellung zu erhalten. Man denke bei dem Hausbesitz anscheinend nur an die Rente, nicht aber an Volk und Not. Die Mieterschaft fordere Einlösung der 3usage des Reichspräsidenten   und der Verheißung der Verfassung, wonach für jeden Deutschen  , insbesondere für kinderreiche Familien, Wohn- und Wirtschaftsheimstätten zu schaffen seien und jeder deut­ sche   Volksgenosse Anspruch auf ein vor Wucherhänden geschütztes

Heim habe.

An den Reichstag hat der 26. Deutsche Mietertag eine Kund­gebung gerichtet, in der die Forderungen zusammengefaßt wurden: 1. Ein auf weite Sicht abgestelltes Programm für Woh nungsbau und Siedlung und Bereitstellung der zur Durch führung erforderlichen öffentlichen Mittel; 2. Erlaß eines Bodenreform geseges, welches dafür bürgt, daß für Woh nungsbau und Siedlung jederzeit billiger Boden zur Verfügung steht und das deutsche   Volk dauernd vor wucherischer Aus­beutung durch die Bodenspekulation geschützt bleibt; 3. Ein Be­lastungssperrgesetz, das den deutschen   Grund und Boden vor neuer Ueberschuldung bewahrt und insbesondere ver= hindert, daß das Spartapital in den entschuldeten Althausbesiz ab strömt und damit dem konstruktiven Aufbau der deutschen   Wirtschaft entzogen wird; 4. Schutz der Mieter vor Kündigung und Mietsteigerung, Senkung der Mieten unter Beseitigung des der­zeitigen Mißverhältnisses zwischen Einkommen und Miete.

Ein unmöglicher Polizeioffizier

Ein Chauffeur unter Anklage der Nötigung

Das Gericht entschied demgemäß. Das Rätsel um den Tod des Oberleutnants Maaß bleibt nach wie vor in Dunkel gehüllt. Mag sein, daß er in nervöser Ueberreizung sich selbst den Tod gegeben hat, mag sein, daß, wie es von ihm behauptet wurde, die Kugel aus seiner Pistole ihn versehentlich getroffen hat.

3m Opiumrausch.

Ein Pädagoge vor Gericht.

Die Persönlichkeit des Polizeioberleutnants Ma a ß, dessen Tod| geklagten nicht anders gehandelt hätte. Er beantragte Freispruch. den Nationalsozialisten im Landtag Anlaß zu wüsten Beschimpfungen gegeben hat, unter anderem zur Behauptung, daß er von seinen Vorgesezten ermordet worden sei, spielte neulich in einer Sigung des Schöffengerichts Berlin- Mitte   eine Rolle. Die Ber­handlung war geeignet, das Dunkel um die Umstände, unter denen Polizeioberleutnant Maaß das Opfer einer Rugel aus eigener Pistole geworden ist, ein wenig zu lüften. Die Verhandlung ergab, daß Oberleutnant Maaß sich in den letzten Monaten anscheinend im Zu­stande einer außerordentlichen Nervenüberreiztheit befand. Das ge­stattet vielleicht Rückschlüsse auf die Umstände seines plötzlichen Todes. Angeklagt war der Kraftdroschkenchauffeur B. wegen Beamten nötigung. Als er im Januar d. I. in der Cicerostraße in Halensee   mit seinem Wagen umkehren wollte, berührte er auch den Bürgersteig. Oberleutnant Maaß, der zufällig zugegen war, stellte ihn laut schreiend zur Rede, verlangte nicht nur, seinen Führer­schein zu sehen, sondern auch das Typenschild. Als B. ihn bat, von einer Anzeige abzusehen, tobte der Offizier einfach los. B. erklärte darauf, er würde sich über ihn bei seiner vorgesetzten

Behörde beschweren, der Chauffeur habe nicht nur Pflichten, sondern auch Rechte. In der Mitteilung, daß er sich beschweren wolle, er­blickte Polizeioberleutnant Maaß eine Drohung" und Beamten­nötigung und erstattete gegen B. Strafanzeige.

Der Angeklagte erklärte vor Gericht, er habe seine Beschwerde nur wegen des Verhaltens des Polizeioberleutnants ihm gegenüber führen wollen. Daß dem so ist, ergibt sich übrigens aus dem Text der Beschwerde, die am Nachmittag des Tages tatsächlich an das Polizeipräsidium abgegangen war. Die Kollegen des Angeklagten bestätigten, daß Polizeioberleutnant Maaß in den letzten Monaten bei der Ausübung seines Dienstes sich in einer Weise verhielt, wie man es sonst bei Polizeioffizieren niemals gewohnt ist. Als zum Beispiel eines Tages ein Chauffeur falsch in eine Straße einge­bogen war, verlangte Maaß von ihm in überlautem Tone, er möge die Straße in einer Richtung verlassen, in der es wegen des außer­ordentlich starken Verkehrs überhaupt nicht möglich war. Der Chauffeur versuchte, das dem Oberleutnant flar zu machen. Dieser drohte aber, bei Nichtbefolgung seiner Anordnung ihm eine Kugel durch den Kopf zu schießen; der Polizeioffizier machte tatsächlich Anstalten, seine Drohung auszuführen.

Angesichts dieses Ergebnisses der Beweisaufnahme sah sich der Staatsanwalt genötigt zu erklären, daß auch er an Stelle des An­

JUNO

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Dr. N. hatte im Leben die besten Aussichten. Er war auf dem Gebiete der Handelswissenschaften und des Handelsunterrichts hoch angesehen. Das Opium aber hat ihm das Genick gebrochen.

Nach einem Notabiturium zog er in den Krieg und wurde Ofizier. Im Lazarett erhielt er das Gift, und konnte nicht mehr von ihm lassen. Seitdem lebte er in ständigem Opiumrausch. Bis 10 Gramm täglich nahm er zu sich. Es regte ihn aber zu großen Leistungen an. Er machte seinen Dr. rer. pol., stand geistig weit über dem Mittelmaß. Man forderte ihn aus seiner Heimatstadt nach Berlin   an. Auch hier entwickelte er eine rege Unterrichts­tätigkeit. Dann kam der Abbau und er verlor seine Stellung. Als das Opiumgesetz die Beschaffung von Rauschgiften außerordentlich erschmerte, erlitt er einen Zusammenbruch. Er brauchte Geld für sein Gift, hatte es nicht und geriet auf Irrwege. Er nahm Be­ziehungen zu dem Reichsverband der Spielwarenindustrie auf, berief sich dabei auf prominente Persönlichkeiten und wurde als Propagandist für ein Gehalt von 450 M. angestellt. Unter den verschiedensten Vorwänden verstand er es, sich derart hohe Spesen zu verschaffen, daß der Reichsverband ihn schließlich abschüttelte. Jezt legte er sich auf Abzahlungsgeschäfte und erwarb unter ver­schiedenen betrügerischen Vorspiegelungen Grammophone, photo­graphische Apparate, Radioapparate. Schulräte riefen bei den Firmen an und fragten, ob Herr Sowieso bereits dagewesen sei. Die Anrufe stammten von ihm. Er ließ von außerhalb einen Vetter an die Firmen schreiben, der Verfasser der Briefe war er; usw., usw.

Vor Gericht stand eine Ruine von Mensch. Als der Richter das Urteil verkündete, das auf sechs Monate Gefängnis lautete, war der Angeklagte nahe daran, umzufallen. Der Aufforderung, sich zu segen, leistete er feine Folge. Plöglich fiel er der ganzen Länge nach zu Boden und wälzte sich in epileptischen Zudungen,

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Dienstag, 16. August 1932

Schaum vor dem Munde. Erst als er einigermaßen zu sich ge= kommen war, konnte in der Urteilsbegründung fortgefahren wer­den. Mitleidige Freunde hatten ihm eine Stellung besorgt.

Feuer auf dem Schüßenplak.

Kohlenbrände infolge der Hitze.

Gegenüber dem Restaurant Weidner am Nonnendamm in Siemensstadt   hatten sich für den letzten Sonntag anläßlich eines Schützenfestes zahlreiche Schaubuden etabliert. Die Schau­steller hatten auch am Montagnachmittag wieder ihre Buden ge= öffnet. Plötzlich brach in einer der Schaubuden   Feuer aus, das mit rasender Schnelligkeit um sich griff. Die Flammen sprangen auf zwei benachbarte Buden und einen Wohnwagen über. Als die Feuerwehr mit drei Löschzügen anrückte, brannte bereits alles lichterloh. Da auch für die übrigen Buden große Gefahr bestand, wurden die Flammen sofort mit vier Schlauchleitungen bekämpft. Der Schaden beträgt etwa 7000 Mart. Der verhängnisvolle Brand ist offenbar durch einen achtlos beiseite geworfenen Zigaretten­stummel entstanden. Während einem Hypnotiseur das ganze Zelt abbrannte, war der Schaden bei der Tierschau noch größer, da hier zahlreiche Affen, Papageien und Gürteltiere in den Flammen umtamen. Auch ein ausgewachsener Alliga= tor, der ungefähr 350 Jahre alt sein soll, erlitt erhebliche Brand­wunden, so daß das Tier eingehen dürfte. Elf junge Alligatoren konnten von der Feuerwehr gerettet werden. Bei den Bemühungen, die gefährdeten Tiere in Sicherheit zu bringen, erlitten einer der Schausteller und eine dort beschäftigte Frau erhebliche Rauchvergiftungen. Die verunglückte Frau konnte mit Hilfe von Sauerstoffgerät wieder ins Bewußtsein zurückgebracht werden. Der Mann mußte ins Westend  - Krankenhaus gebracht werden. Der Schaden ist um so empfindlicher, als die Sch a ubudenbesizer nicht versichert waren, so daß das Feuer zum Teil ihre Existenz vernichtet hat.

Ein anderer gefährlicher Brand kam in den Garagen am Holsteiner Ufer 11 zum Ausbruch. Durch schnelles und um sichtiges Eingreifen der Feuerwehr konnte der Brandherd durch starkes Wassergeben auf seinen Herd beschränkt werden.

Außerdem entstanden an acht Stellen der Stadt offen­bar durch Sel b stentzündung bei der enormen Hize Preß­fohlenbrände. In sechs Fällen brannten größere Bestände auf Kohlenplägen, und zweimal waren im Keller Briketts in Brand geraten.

Tumult im Felseneckprozeß.

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Rechtsanwalt Dr. Litten ausgeschlossen. Unerwartet wurde gestern im Felseneck Prozeß, der von der Deffentlichkeit weniger beachtet, immer noch läuft, der Ver­teidiger der Kommunisten, Rechtsanwalt Dr. Litten, durch einen Beschluß des Schwurgerichts III von seiner weiteren Mitwirkung in diesem Prozeß ausgeschlossen. Dieser überraschende Gerichts­beschluß löste beispiellose Tumultszenen aus.

In der Begründung dieses Ausschlußbeschlusses hieß es, daß Rechtsanwalt Litten eine hemmungslose parteipoliti sche Propaganda im Prozeß entfaltet habe und daß er die Beit des Gerichts mit Fragen aufgehalten habe, die der Aufklärung des Sachverhalts nicht dienlich wären. Der Verteidiger habe allen Untersuchungsbehörden schwerste Vorwürfe gemacht und allen Be­amten, vom Reichspräsidenten bis zum Justizwachtmeister Pflicht­verletzung vorgeworfen; er habe zahlreiche Anträge nur aus poli­tischem Sensationsbedürfnis gestellt und unter den Angeklagten eine verhezende Tätigkeit ausgeübt, die zu Lärmszenen im Gerichtssaal geführt hätte. Nach diesem unerwarteten Beschluß wollte Rechts­anwalt Litten eine Gegenerklärung abgeben. Der Vorsitzende brach aber die Sigung ab und verließ den Saal. Darauf entstand ein furchtbarer Tumult unter den Angeklagten und den Zu­hörern. Mit lauter Stimme protestierte Rechtsanwalt Litten gegen diesen Beschluß. Inzwischen hatten die kommunistischen   Angeklagten begonnen, die Internationale zu singen. Als die Polizeibeamten in die Anklagebant drangen, wurden sie mit den Zurufen ,, Blut­hunde" empfangen. Schließlich brach noch ein Angeklagter in rämpfen zusammen. Erst ganz allmählich leerte sich der Saal. Der nächste Verhandlungstag im Felsened- Prozeß ist für Freitag bestimmt.

Ein neuer Komet gesichtet.

Die Potsdamer Sternwarte hat einen Kometen ge­sichtet, der am 8. August in Amerika   entdeckt worden ist. Der Himmelskörper bewegt sich sehr rasch in der Richtung des nördlichen Himmelspols. Er ist schon mit einem kleinen Instrument zu sehen; mit bloßem Auge ist er jedoch nicht sichtbar.

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