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Rr. 401 49. Jahrgang
1. Beilage des Vorwärts
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Freitag, 26. August 1932
So werden die Schöffen ausgewählt Erdbeben auf den Philippinen.
Vorbereitungsarbeiten für die Volksgerichte
Nicht nur im Amtsblatt der Stadt Berlin , sondern auch auf den Litfaßfäulen wird die Auslegung der Urliften der zu Schöffen und Geschworenen geeigneten Personen bekannt gemacht. Die für viele immer noch unerflärliche Auswahl der
Schöffen erfolgt für Berlin in der nachstehend erläuterten Weise, Bisher wurden jeweils im Oktober des laufenden Jahres für das nächstfolgende Jahr durch einen Ausschuß von Vertrauensleuten die Auswahl der auf jedem Berliner Amtsgerichtsbezirk entfallenden Schöffen vorgenommen. Dabei haben sich die Vertrauensleute an die ihnen vorliegenden Listen zu halten, die wieder, wie es jetzt durch die Bekanntmachung des Oberbürgermeisters geschieht, auf Grund der Urwahllisten durch die gemeindlichen Bezirkswahlämter ausgefertigt werden. Da es nun in einer Riesenstadt wie Berlin unmöglich wäre, alle Jahre unter 4 Millionen Einwohnern die als Schöffen geeigneten Berfonen auszuwählen, so hat man den Ausweg gefunden, in der Reihenfolge des Alphabets jährlich alle die Straßen zu nehmen, die mit demselben Buchstaben beginnen. Für diese Straßen werden auf den Wahlämtern die Urliften mit den Personen, die in diefen Straßen wohnen, aus gezogen und aus diesen Listen haben die Bertrauensleute die ihnen geeignet erscheinenden Personen vorzuschlagen, bzw. zu wählen. Gewählt werden fönnen jedoch nur solche Personen, die deutsche Reichsangehörige und nicht schwer vorbestraft worden find. Weiterhin fönnen nicht gewählt werden Personen, die noch nicht das 30. Lebensjahr erreicht haben, die zur Zeit der Aufstellung der Urlifte noch nicht zwei volle Jahre ihren Wohnsiz in der Gemeinde haben( dieser Umstand ist besonders wichtig) und die wegen geistiger oder förperlicher Gebrechen zu dem Amt ungeeignet sind. Männer und Frauen sind gleich wahlberechtigt. Durch verschiedene ministerielle Erlaffe ist auch darauf hingewiesen worden, daß bei der Auswahl darauf geachtet werden möge, daß auch die Arbeiter zu dem Amt der Schöffen herangezogen werden müssen. Im Intereffe einer guten Voltsrechtspflege liegt es mun, daß bei der Auswahl darauf geachtet wird, daß die Erwählten auch imstande find, ihre Ueberzeugung den Richtern gegenüber geltend zu machen. Das fezt feineswegs, wie oft angenommen wird, große juristische Gelehrsamkeit voraus, die ja durch die Richter vertreten wird, sondern weit eher die Fähigkeit, den Gedanken der Menschlichkeit, des sozialen, wirtschaftlichen und psychologischen Berständnisses dem starren Recht entgegenzufezen. Jeder Schöffe wird einmal in die furchtbare Situation tommen, daß ihm der Richter einen scheinbar unerbittlichen und klaren Paragraphen entgegenhält. Dann hat der Schöffe das Recht und die Pflicht, den gelehrten Richter eindringlich zu befragen, Db es feinerlei Milderungsgründe etwa aus den Bestimmungen eines anderen Gefeßes gibt. Und der Richter muß auf diese Frage ein gehen. Der Schöffe ist also im wesentlichen dazu berufen, den gefunden Menschenverstand, das menschlich- soziale Moment gegen das starre Buchstabenrecht geltend zu machen und so zu einer Milderung
Aufregende Ermittierung.
Das Ueberfallfommando muß eingreifen.
Die Benthiner Straße wurde gestern durch eine Er mittierung in Aufregung versetzt. Der Widerstand eines Mieters gegen seine Ausweisung aus der Wohnung fonnte erst durch das Ueberfallfommando der Schutzpolizei aufgehoben werden.
Im Hause Genthiner Straße 29 wohnte bis gestern der Bäckermeister Hermann P. Er war seit längerem mit der Miete im Rüd stand. Der Vermieter hatte deshalb seine Ermission erwirkt. Als aber gestern der Gerichtsvollzieher mit vier Polizeibeamten vor der Wohnung erschien, stieß er auf eine festverschloffene Tür. Meh rere Aufforderungen, zu öffnen, blieben unbeantwortet. So gingen die Beamten dazu über, die Tür mit Stoßstangen gewaltsam zu öffnen. Der Mieter seinerseits wandte alle Kraft an, um das Vorhaben der Beamten zu vereiteln. Erst nach vieler Mühe tam der Berichtsvollzieher mit seinen Gehilfen zum Ziel. Nun aber, nach Aufbrechung der Türfüllungen, entdeckten sie, daß der Eingang in zwischen mit Schränken dicht verrammelt war. Hinter ihnen stand der Bäckermeister mit zwei schußfertigen Bistolen. Jezt alarmierte der Gerichtsvollzieher das lleberfalltommando, und mit seiner Hilfe fonnte der renitente Bäckermeister festgenommen werden, ohne daß es zum Schießen tam. Er wurde mit seiner Frau, die beim Widerstand geholfen hatte, aufs Polizei präsidium gebracht. Auf der Straße hatte sich inzwischen eine große Menschenansammlung gebildet, die erst nach längerer Zeit durch die Bolizeibeamten zerstreut werden konnte.
Joselbig
ONAP
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des Urteils, wo es dem Schöffen angebracht erscheint beizutragen. In diesem Jahre waren alle Straßen, die mit dem Buchstaben S begannen, an der Reihe. Für das fommende Jahr 1933 und, durch Notverordnung verfügt, auch sogleich für das Jahr 1934, diesmal also für zwei Jahre, werden Schöffen ausgewählt, die in den x und Z beginnen. Straßen wohnen, die mit den Buchstaben T, U, V, W, Wer also in den genannten Straßen wohnt, im übrigen die gesetzlichen Borausfegungen erfüllt und weiterhin überzeugt ist, daß er wohl imstande ist, das Ehrenamt eines Schöffen auszuüben, der lasse sich in seinem Bezirkswahlamt die oder einige für die Auswahl der Schöffen vorhandenen Ver trauensleute nennen und teile ihnen schriftlich seinen Wunsch und feine Eignung zum Amt eines Schöffen mit. Die erste Voraussezung jedoch ist, daß diese Personen auch in den Ur= listen stehen. Die Urlisten liegen bis Montag, den 29. August, einschließlich, und zwar an den Wochentagen von 9 bis 2 Uhr, am Sonntag, dem 28. August, von 10 bis 12 Uhr in den städtischen Bezirkswahlämtern aus. Gegen die Richtigkeit der Urliste fann innerhalb der einwöchigen Auslegungsfrist, also bis spätestens Montag, dem 29. August, bei den zuständigen Bezirksämtern schriftlich oder in den Auslegestellen zu Protokoll Einspruch erhoben
werden.
Taufende von Menschen obdachlos. New York , 25. August. Nach Meldungen aus Manila wurde die nördliche Philippineninsel Luzon von einem schweren Erdbeben heimgesucht. Besonders starf wurde die an der Westküste gelegene Safenstadt San Fernando betroffen. Hunderte von Häusern sind eingestürzt. Tausende von Einwohnern irren obdachlos umher.
Die Erdstöße waren so stark, daß der Erdbebenmesser berjagte.
„ Ich friege Geld aus China !"
Ein Betrüger lebt 5 Monate lang auf Kredit.
Gestern wurde in einem Hotel in der City ein Hotelbetrüger in der Person des 39 Jahre alten Dänen Olaf B. feilgenommen, der es fertiggebracht hatte, 5 Monate in Berliner Hotels zu leben, ohne auch nur einen Pfennig zu bezahlen.
Der Däne war im April nach Berlin gefommen und hatte sich hier in einem Hotel eingemietet. Er erzählte, daß sein Geld knapp sei und daß jeden Tag eine ganz große Geldsendung aus China für ihn eintreffen müsse. Er erklärte nämlich, daß er die chinesische Armee mit Stahlwest en beliefert habe und daß die Absendung des Geldes dafür nur durch die Birren in der Man dichurei eine fleine Berzögerung erleide. Man glaubte ihm aufs Wort und gab ihm Kredit. Nach 4 Wochen war der Betrüger verschwunden und tauchte in einem anderen Hotel auf. Er wieder. holte dasselbe Manöver, wechselte dann wieder das Hotel und fand schließlich einen anderen Dreh". Er erklärte jetzt, daß er Opium
Wer also zwei Jahre ununterbrochen an einer Stelle seinen Wohnsiz hat, nicht schwer vorbestraft worden und von geistigen und schweren förperlichen Gebrechen verschont ist, der muß in der Liste stehen. Wenn er dann trotzdem nicht gewählt wird, so ist das niemandes Schuld, denn in Wirklichkeit sind ja viel mehr Wahlberechtigte vorhanden, als gewählt werden können. Aus diesen wird ohne Ansehung der Person und des Berufes ausgewählt, jedoch in der Weise, daß möglichst alle Berufe vertreten sind. Auf die Ansetzung der erwählten und bestätigten Schöffen zu den einzelnen Gerichtsverhandlungen haben die Bertrauensleute feinerlei Einfluß; sie erfolgt von den Gerichten selber Die Geschichte mit dem Opium war natürlich Unsinn, dafür Die gesetzlichen Grundlagen für die Wahl und das Amt eines entdeckte man aber, daß es der Mann fertig gebracht hatte, fünf Schöffen sind einzusehen im Gerichtsverfassungsgese Schöffen sind einzusehen im Gerichtsverfassungsgejez Monate in Berlin zu leben, ohne auch nur einen Pfennig zu enthalten u. a. bei Bosener, Strafprozeßordnung. vom 1. April 1924, Bierter Titel,§§ 28 bis 58, Schöffengerichte,
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Genoffinnen und Genoffen, die in Straßen von Groß- Berlin mit den Anfangsbuchstaben T, U, V, W, X und 3 wohnen und gewillt sind, das Umt eines Schöffen und Geschworenen zu übernehmen, werden gebeten, sich umgehend bei ihrem Kreis oder Abteilungsleiter zu melden. Leztere leiten die Adressen fofort dem Bezirkssekretariat zu. Ausgeschlossen vom Amt eines Laienrichters find schwer vorbestrafte, angeklagte, entmündigte oder geistig minderwertige Personen. Ferner sollen nicht berufen werden: Rechtsanwälte, Richter, Abgeordnete, Aerzte und solche Personen, die die öffentliche Wohlfahrt in Anspruch nehmen.
Der Bädermeister steht übrigens seit einigen Jahren unter dem Schutz des Verrüdten- Paragraphen 51. Außerdem ist er Anhänger der Hakenkreuzpartei.
13 Dachstuhlbrände in 7 Tagen.
Brandstiftung oder Hitzewelle?
Die vergangene Woche war in Berlin besonders reich an Da dhe stuhlbränden: In der Zeit vom 16. bis 23. Auguft wurde die Feuerwehr nicht weniger als dreizehnmal wegen Dachstuhlbrandes
alarmiert!
In mehreren Fällen sah sich die Feuerwehr veranlaßt, die Kriminalpolizei zu Rate zu ziehen, da der Verdacht der Brandstiftung sehr nahelag. Bei anderen Bränden konnte die Ursache nicht festgestellt werden, doch wird angenommen, daß die igemelle der letzten Woche nicht unwesentlich zur hohen Zahl der Brände beigetragen hat.
Dachstuhlbrand in Charlottenburg .
In der Kaiser Friedrich Straße 91 in Char lottenburg gab es gestern einen Dachstuhlbrand, der gefährliche Ausmaße anzunehmen drohte. An der Borderfront des Hauses brannte plöglich aus bisher nicht festgestellter Ursache der Dachstuhl in ganzer Breite. Die schleunigst alarmierte Feuerwehr hatte große Mühe, den Brand einzutreisen.
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und Kokain nach China liefere und bereitete sich damit selbst das Verhängnis vor. Seine Erzählung kam zu Ohren der Dienst* stelle V 6, deren Beamte sich den Mann näher ansahen und ihn festnahmen.
bezahlen.
„ Sprit: Weber" wieder verhaftet.
3m Berdacht großer Devisenschiebungen.
Der 38jährige Kaufmann Hermann Weber , der unter dem Namen„ Sprit Weber " durch eine große Betrugsangelegenheit im Jahre 1924 sehr befannt geworden ist, wurde durch Beamte der Berliner 3ollfahndungsstelle festgenommen.
Es besteht der dringende Verdacht, daß ,, Sprit- Weber" gemein sam mit ausländischen Helfershelfern Devisenschiebungen begangen hat, deren Wert in die Hunderttausende geht. Außer„ Sprite Weber" wurden noch einige Holländer und Amerikane? verhaftet, die an den Schiebungen beteiligt sein jollen.
Mar Schütte.
Zu seinem 75. Geburtstag.
Am 26. August feiert Genosse Dr. Mar Schütte, der sehr vielen Berliner Genossen als Redner bekannt geworden ist, seinen 75. Ge. burtstag. Schon als junger Student hatte er sich der Sozialdemo tratie angeschlossen. Er erlebte in stärkster innerer Bewegung die dramatischen Debatten des Ausnahmegesezes. Weit über fünfzig Jahre gehört er unserer Partei an, und das begeisternde Feuer für den Sozialismus, das er in jungen Jahren empfing, ist bei ihm den Jugend fühlt sich sein jung gebliebenes Herz mächtig hingezogen, selbst im hohen Alter nicht erloschen. Gerade zur vorwärtsstürmen
an sie hat er zahlreiche Ansprachen gerichtet, in denen nicht angelerntes Wissen, sondern ureigenste Lebenserfahrungen zum plastischen Ausdruck kamen. Schütte blieb der Partei während der schärfsten sozialistengefeßlichen Verfolgung treu. Er wurde auch in die hoch. notpeinlichen Untersuchungen eines Breslauer Geheimbundsprozesses verwickelt. Aus seinem Lehrerberuf ist er durch hinterhältige Polizei. schnüffeleien und verleumderische Denunziationen förmlich hinausschikaniert worden. Noch im Mannesalter bezog er zur Vervollständigung seiner volkswirtschaftlichen und staatswissenschaftlichen Kenntnisse die Leipziger und Münchener Universität. Mehr als 35 Jahre widmete er sich in Berlin als sozialistischer Volkspädagoge die Volkserziehung war ihm innerer Beruf der Propaganda des sozialistischen Gedankens. Und auf diesem Gebiete erblühten ihm, dem so universell gebildeten Genossen, die schönsten Erfolge. Mögen ihn dem immer noch lehrenden Volkserzieher noch viele, ihn innerlich befriedigende Erfolge erfreuen!
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I'm Kreise sachverständiger Raucher
ist Juno
die beliebteste Cigarette,
denn sie gewährleistet dank ihrer hohen Qualität einen vollen Genuß. Gerade weil sie höchsten Gegenwert an edlen Tabaken bietet, müssen Zugaben in Form von Wert marken, Gutscheinen oder Stickereien ausgeschlossen bleiben.
Juno ist die Marke der Kenner!
Joselli
JUNO
0/ M.rund
6 STUCK 20
KOM
LINOX