Offener Nazihohn gegen Papen . Wie man bei Hitler mit einer Negier ungsauflage umspringt. Karlsruhe , 2ö. August.(Eigenbericht.) Die badische Regierung hat die beiden nationalsoziali st i- s ch e n Blätter„Volksgemeinschast" in Heidelberg und deren Kopfblatt„Das Hakenkreuzbanner" in Mannheim auf die Dauer von tv Tagen verboten. Die beiden Blätter kamen der chnen von der Regierung gemachten Auflage, die amtliche Kundgebung der Reichsregierung wegen der Beuthener Todesurteile ab» zudrücken, in der Weife nach, daß sie die Kundgebung auf der dritten Seite in Kleindruck unter der Schlagzeilen- Ueberschrift:„Geisteskranke wirft sich vor einen Zug!" brachten. Dazu machten die Blätter folgende Bemerkungen:„Immerhin scheint es bei Herrn von Papen langsam zu dämmern, daß er im Volk und demgemäß in der deutschen Presse auf hundertprozentige Ablehnung und Haß stößt, sonst werde er die Drohung, mit der er die Kundgebung in die Welt schickt, nicht für nötig halten. An „hervorragender Stelle" erscheint jedenfalls bei uns der Ausruf Adolf Hitlers und dann noch eine ganze Reihe anderer wichtiger Meldungen, die sich insgesamt schon im Druck befinden. Herrn Popens Kundgebung, die wir vorläufig nicht kommentieren, da wir sie keineswegs für„hervorragend" halten, erscheint deshalb unter den letzten politischen Nachrichten, Sensationen und Unfall- Meldungen an dieser Stelle." Auf der ersten Seite des Blattes bringen die beiden Zeitungen den Aufruf Adolf Hitlers unter den Schlagzeilenüberschriften: „Adolf Hitler ruft zum Kampf gegen das Bluturteil des S y st e m s Papen . Wir werden auch mit dieser Regierung der Hinrichtung unserer Mitkämpfer fertig werden."
Kamps um die SA.- Polizei. Klagges seht bei Göhl nochmals den Vohrer an. Braunschwe'g. 26. August.(Eigenbericht.) Minister Klagges will, da er fortgesetzt von seinen Partei- freunden gedrängt wird, nicht auf die Aufstellung eines SA.-Selbst- schutzes verzichten. Die Regierung teilt deshalb am Freitag mit, daß sie den Selbstschutz noch nicht für erledigt ansehe, sondern sie halte vielmehr nach wie vor am Selbstfchutzgedanken fest. Sie werde sich jetzt neuerdings an den Reichsinnenminister unter Darlegung der Gründe für die Notwendigkeit eines Selbstschutzes im Lande Braunschweig wenden. In Regierungskreisen hoffte man, daß sich der Reichsinnen- minister den neuerlichen Vorstellungen des Landes Braunschweig nicht verschließen werde. Diese Notiz richtet sich deutlich gegen die Deutschnationalen, die gegen den Selbstschutz beim Reichsinnen- minister vorstellig geworden sind. Der Ortskampfleiter der Eisernen Front, Abg. Thielemann, hat gleichzeitig ein Schreiben an den Reichsinnenminister gerichtet, in dem er im Nomen der Republikaner der Stadt Braunschweig gegen die Zlufftellung des Selbstschutzes aus SA. -Leuten protestiert, da dieser Selbstschutz eine ständige B e- drohung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung darstellen würde. Die Bomben-Atteniale von Holstein. Sechs weitere SS.-Leute verhaftet. Hamburg . 26. August. In Elmshorn und Umgegend sind neue Verhaftungen wegen der Handgranatenanschläge in Schleswig, Holstein vorgenommen worden. Die Verhasteten sind ausnahmslos SS.-Leute, darunter der Truppsührer der SS. Elmshorn, Willi Rievesell. Die Verhafteten wurden nach Altona gebracht. Ein schäbiger Ofost. Aber dafür ein großspuriger Aufruf. Stuttgart , 26. August.(Eigenbericht.) Der Landesverband der Wirtschaftspartei für Württemberg und Hohen zollern teilt mit, daß er seine Organisation ausgelöst hat und daß der bisherige Landesvorstand zur Deutschnationalen Partei übergetreten sei. die den leitenden Persönlichkeiten der Wirtjchafts- Partei in Stadt und Land entsprechende Stellungen in ihrer eigenen Organisation sichergestellt habe. Der Landesvorstand fordert deshalb die Parteimitglieder auf, seinem Beispiel zu folgen. Das hört sich sehr großspurig an, es steckt aber dafür um so weniger dahinter. Bei der letzten Reichstagswahl erhiest nämlich die Wirtschaftspartei in Württemberg und Hohenzollern ganze 2578 Stimmen, das sind sage und schreibe noch nicht ein Fünftel Prozent der in Württemberg und Hohenzollern insgesamt abgege- denen Stimmen. Daran kann man die völlige Belanglosigkest dieser Splitterpartei erkennen, die auch dadurch nichts an Bedeutung ge- wonnen hatte, daß der ehemalige deutschdemokratische Abgeordnete Henne demonstratio vor den Wahlen zu ihr übertrat. Im Gegen- teil, dieser Uebertritt scheint zur Verkürzung der Lebensdauer der Wirtschaftspartei in Württemberg erheblich beigetragen zu haben.
Heimkehr von Ottawa . Lustwettfahrt britischer Minister zur Degrüßung. London , 26. August. Die englische Abordnung für die Ottawaer Konferenz traf am Freitag an Bord der„Empreß vf Britain" in England ein. Um sie rechtzeitig begrüßen zu können, trugen der Ministerpräsident Macdonald und der Außenminister Sir John Simon in zwei englischen Kampsflugzeugen ein L u f t r« n n e n von Lossie- mouth nach London aus, das Macdonalds Maschine mit einigen Sekunden Vorsprung gewann. Die„Empreß vi Britain" wurde von Kampfftugzeugen nach Southampton geleitet und mit einem hundert st immigen Sirenenkonzert begrüßt. Baldwin erklärte bei der Ankunft:„Wir waren eine glückliche und geeinigte Mannschaft, und unser Erfolg in Ottawa war ein Mannschaftserfolg. Es kam nicht darauf an, daß der einzelne das Rennen machte, die Hauptsache ist. daß es gemacht wurde." Im Londoner Waterloo-Bahnhos wurden die Minister von einer großen Menschenmenge begeistert begrüßt. Straßenkampf in Rio. MG- Zeuer in der Hauptstadt. London , 26. August Meldungen aus Sao Paulo zufolge soll sich der frühere Präst- dent Bernardes mit 5000 Mann in Rio de Janeiro gegen die Regierungsgewalt erhoben haben. Regierungstruppen feuern in den Haupt st raßen mit Maschinengewehren auf die Menge.
vi« veutschnailonaien des Landes Braunschweiq haben den Reichsminister von Sayl gebeten, die geplante Selbst» schutzorganiiation derRatisnal ozialisten nicht zu genehmigen
Zusammenstöße im Kinowprozeß. Provokationen des Naziverteidigers.
Eberswalde , 26. August.(Eigenbericht.) In der Freitagsitzung des Eberswalder Landfriedensbruch- Prozesses, in der mit der Beweisaufnahme fortgefahren wurde, kam es zwischen dem Verteidiger des Reichsbanners, Rechtsanwalt Joachim, und dem Verteidiger der Nationalsozialisten, Rechts- anwalt Deutschmann, sowie den angeklagten Nationalsozia- listen wiedecholt zu heftigen Zusammenstößen. Rechtsanwalt Deutschmann regte sich mehrmals in der bei den Nationalsozialisten üblichen geräuschvollen Tonart auf und machte dem Verteidiger des Reichsbanners Vorwürfe wegen seiner Frage- stellung an geladene Zeugen, so daß Rechtsanwalt Joachim das Gericht um Schutz bitten mußte. In großer Aufregung verlieh der Verteidiger der Nationalsozialisten die Sitzung, nachdem er sich für sein Benehmen entschuldigen mußte. Besonders bezeichnend war folgender Zwischenfall: Ein als Zeuge vernommener Nationalsozialist behauptete im Rahmen seiner Aussage, daß es ihm leid getan hätte, an diesem bewußten 31. Juli nichts zum Zuschlagen gehabt zu haben. Auf die Frage von Rechtsanwalt Joachim, warum ihm das leid getan habe, antwortete der nationalsozialistisch« Verteidiger mit dem Zwischenruf:„Mir hätte es auch leid getan." Einen weiteren Zwischenfall gab es, als Rechtsanwalt Deutschmann den als Zeugen vernommenen Gemeindevertreter aus Finow beschuldigte, daß er einen Meineid habe leisten wollen. Der Vorsitzende, Landgerichtsdirektor Achilles, der bemüht war, in jeder Hinsicht sachlich und ruhig zu verhandeln, mußte unter großer Erregung im Gerichtssaal den nationalsyzialistischen Der- teidiger energisch zurechtweisen. In der Rachmitlagssihung beantragte Rechtsanwalt Deutsch- mann, der gegen die gegnerische Presse maßlose vorwürfe richtete, den Berichterstatter der sozialdemokratischen Eberswalder„volkswocht" von den Verhandlungen auszuschließen. Das Gericht lehnte den Antrag ab. Mit welch unfairen und jedem
juristischen Anstano widerstrebenden Mitteln die nationalsozialistische Verteidigung arbeitet, geht auch daraus hervor, daß sie einem als ruhigen und besonnenen Mann bekannten Zeugen vorwarf, daß er mehrere Jahre in Sonnenburg und Hoffnungsthal verbracht haben soll. Diese persönliche Diffamierung erregte stürmische Empörung. Die Beweisaufnahme selbst erbrachte nichts wesentlich Neues. Das Gericht war bemüht, eine genaue und objektive Darstellung der Vor- gänge, die sich am 31. Juli in Finow abgespielt haben, zu erhalten. Di« Frage, von welcher Seite die ersten Angriffe ausgegangen sind, konnte aber noch nicht geklärt werden. Ungeachtet der überein- stimmenden Aussagen der Reichsbannerleute behaupten die Nazis mit frecher Stirn, daß der erste Schuß von Reichsbannerleuten ab- gegeben worden ist. Sie begründen ihre Behauptung mit der Tat- suche, daß der Rahmen eines auf dem Hofe des SA.-Lokals stehenden Fahrrades von einer Kugel durchlöchert wurde. Nach den polizeilichen Feststellungen und Zeugenaussagen erscheint«s aber zweifelhaft, ob dies« Kugel aus der Menge heraus, die sich vor der Geschäftsstelle der Nationalsozialisten angesammelt hatte, abgefeuert worden ist. Vorgenommene Sachversländigenoecsuche lassen es nicht ausge- schlössen erscheinen, daß die Pistole unmstlelbar auf den Fahrrad- rahmen aufgesetzt und dort abgefeuert worden ist. Es wird vermutet, daß der Schuh von SA.-Leuten abgegeben worden ist. um den Anschein zu erwecken, daß von den Reichsbannerleuten zuerst geschossen worden sei. Zu weiterer Beweisausnahme und Klärung der Vorgänge hat das Gericht 13 weitere Entlastungszeugen für das Reichsbanner geladen. Kurz vor Abschluß der Verhandlung kam es zu einem neuen Zu- sommenstoß zwischen Rechtsanwalt Joachim, der das Gericht wiederum um Schutz bitten mußte, und dem nationalsozialistischen Verteidiger. Die Aufregung im Kerichtssaal hatte bei den national- sozialistischen Angeklagten einen Grad erreicht, daß der Vorsitzend« die Verhandlung abbrechen mußte. Sie wird bis Mittwoch nächster Woche ausgesetzt.
Zapan-provinz Mandschurei . Strategischer Eisenbahn« und Hafenbau. Auf eine sozusagen theoretische Red« des japanischen Außen» Ministers über die kaum verhüllte Annexion der Man- dschurei ist rasch ein Akt unoerkennbarer Praxis gefolgt: Die Jopanfiliale„Koreanische Regierung" hat die südmandschurische Eisenbahn ermächtigt, den mandschurischen Hafenort R a s ch i n am Japanischen Meer in einen großen und modernen Hafen umzuwandeln, der als Endpunkt einer sofort neu zu bauenden strategischen Eisenbahn von Kirin ans Meer hauptsächlich militärischen Zwecken dienen soll. Der neue Hasen ist nicht nur als eine Wladiwostok beherrschende(!) Marinestation, son» dern auch zur raschen Beförderung japanischer Truppen nach der Mandschurei vorgesehen. Wiederbesetzung von Schanghai . Schanghai , 26. August. Im Zusammenhang mit der japanischen Aktion gegen die chinesische Boykottbewegung sind in Schanghai neuerlich Truppen gelandet worden. Der Führer erklärte, daß die Landung zum„Schutz der japanischen Interessen" und besonders zur Sicher» stellung der von den Chinesen bedrohten telegrophischen Verbindung erfolgt sei. In der Provinz I e h o l haben die japanischen Truppen einen Angriff gegen die Chinesen unternommen, sind aber zurück- geschlagen worden und mußten sich auf Nanlin zurückziehen.
Komödie.
Dymos: Europa AG . Die Retlame hatte austrompetet, daß der bisherig« Dichter Dymos ein Wunderwert des Witzes liefern und daß Gottfried, Max Reinhardts 20jähriger Sohn, ein Wunderknabe von außerordentlicher Genialität sein werde. Das verwöhnt« Publi- tum der Komödie war überrascht, statt dessen die deprimierendst« Dürftigkeit und Albernhest zu finden Schließlich lachte man, doch nicht aus Lust, sondern aus Verzweiflung. dl. II.
Krankreichs Lustschutz. Abwehrmanöver gegen Ost. Paris , 26. August. lieber die nächtlichen Luftmanöver bei Metz berichtet der„Matin" «ingehend: Man habe vor allem eine neue Methode zur Er tun- düng anfliegender Geschwader ausprobiert. Diese neue Methode besteht darin, daß die Standortmeldungen der zahlreichen Beobachtungsposten in einer Zentralstelle gesammelt und dort auf einer Landkarte laufend eingetragen werden. So ist es möglich, die Route der festgestellten Flugzeuge zu versolgen und den Bezirk, auf den sie anscheinend zusteuern, rechtzeitig genügend zu sichern. Be- sonderes Augenmerk wird aus die Flughöh« gerichtet, um die eigenen Kampfflieger so zu dirigieren, daß sie von oben herab den Gegenstoß führen können. Der Bevölkerung der Manöver- gegend ist aufgetragen, in der Nacht kein Licht zu brennen und auch die Bahnhöfe sind seit zwei Tagen im Dunkel. Sogar die Lokomotiven fahren mit abgeblendeten Lichtern. Die kommunistische „Humanite" will erfahren haben, daß an zahlreichen Mauern der Stadt Reims Kreideaufschriften gegen die Manöver und die Abdunkelung der Stadt protestieren. Neuer Kolonialkrieg. Paris , 26. August.(Eigenbericht.) . In Französisch-Westafrika . an der Grenze der spanischen Kolonie Rio del Oro, ist es zu einem neuen Zusammenstoß zwischen franzö- fischen Truppen und aufftändischen Eingeborenen gekommen. Die Aufständischen konnten in die Flucht getrieben werden. Französische Militärflieger verfolgten sie. Die Franzosen haben an Toten zu beklagen: 1 Offizier, 6 Unteroffiziere und 52 Senegalschlltzen. Vrotwucher. Pari«, 26. August.(Eigenbericht.) Obwohl die Getreide- und Mehlpreise stark gefallen sind. hat die Bäckerinnung eine Erhöhung des Brotpreises gefordert. Der Antrag wurde abgelehnt, worauf dieBäckerindenStreik traten. Mehrere Feldbäckereien derArmee sind alarmiert worden, um die Brotversorgung sicherzustellen. Der Präfekt hat gegen die Bäcker Anzeige wegen verabredeter Preistreiberei erstattet.