Einzelbild herunterladen
 

Beilage

Montag, 29. August 1932

Was ist Kulturbolschewismus  ?

Die Vernichtung des Bauhauses in Dessau  !

Am Sonntagvormittag erschien trotz strömendem Regen ,, Graf Zeppelin" über der Stadt, zog zahlreiche Kreise und warf einen riesigen Lorbeerkranz über dem Geburtshaus Goethes ab.

Die Verkehrung aller Begriffe ist in dieser erfreulichen Zeit, als| leuchtung der einzigartigen Silhouette der Stadt Frankfurt   und ein Folge des allgemeinen Krieges gegen Vernunft und Menschlichkeit, großes Feuerwerk zu bewundern. so weit gediehen, daß man sich an den einfachsten Beispielen klar= machen muß, was" Kulturbols chemismus" ist. Ein Schlag­.wort natürlich, das jede Partei in anderem Sinne gebraucht. Soll es aber überhaupt einer Vorstellung entsprechen, hinter der Tatsachen stehen, so muß man es wohl als kulturzerstörend, als Negation echter Werte, interpretieren; nicht aus logischer Konstruktion( denn Bolsche= wismus ist doch wohl nicht gleichbedeutend mit Zerstörung"), son­deern aus volkstümlicher Empfindung heraus.

Nun soll sich ein umstrittenes Wert wie das Dessauer Bau­haus mit diesem zwar unlogischen, aber nicht ganz unklaren Begriff auseinandersetzen. Die Reaktionäre der Dessauer Stadtverordneten versammlung haben mit genügender Majorität die Aufhebung des Bauhauses zum 1. Oktober beschlossen. Ihr wahres Motiv kann nur der Glaube gewesen sein, damit ein kulturbolichemistisches Zentrum" zu vernichten, wie ja in der Tat seit Jahr und Tag in ihrer Presse zu lesen stand. Untersuchen wir also, was das Bau­ haus   war und was es geleistet hat.

Es wurde 1919 von dem Architekten Walter Gropius   im Auftrag des Thüringer   Staates an Stelle der Weimarer Kunstge­werbeschule eingerichtet, die ein Werk Henry van de Veldes war. Es sollte dessen Tradition in einer gewandelten und strengeren Be­deutung fortsetzen: sein Sinn war, den allseitig gebildeten Künstler auf der Grundlage des Baues" zu erziehen, als einen schöpferischen Menschen, der die Kunst allseitig begriff und aufzubauen verstand, der aus tiefster Kenntnis und Beherrschung der Natur und ihrer organischen Formen eine neue und naturhafte Tettonit erlernte und ebenso imstande war, Gebäude aus ihrem Zweck heraus zu errichten, wie sie mit Wandbildern sinnvoll zu versehen, sachliche Möbel aus zeitgemäßen Materialien( Stahl und Glas 3. B.) zu konstruieren, schöne Gewebe und Gefäße aus Naturstoffen zu be­reiten, wie Bilder zu malen oder Tanz und Schauspiel aus der Be­wegungsfunktion des Menschenkörpers zu entwickeln.

Daß dieses Programm erfüllt wurde, soweit es ein faum vier­jähriger Versuch erlaubte, bewies die erste Ausstellung in Weimar   im Spätsommeer 1923, die jedem unvergeßlich sein wird, der sie gesehen hat. Aber es regten sich schon damals feindselige Kräfte, denen alles Neue und Zukunftsreiche ein Greuel war, und zwei Jahre später wurde das Bauhaus   aus Weimar   ver trieben. Aber Gropius und die Seinen fanden in Dessau  , dank der energischen Initiative des einsichtsvollen Oberbürgermeisters, eine neue Heinstätte. Hier entstanden die großartigen Bauten der Schule, der Meister- und Schülerhäuser, die 1926 bei ihrer Ein­weihung die Bewunderung der ganzen Welt erregten und Anlaß wurden, daß man fortan die ganze funktionalistische" Bauart als ,, Bauhaus st i I" bezeichnete.

"

Obwohl nun hier im geichen Geiste weitergearbeitet und immer bessere Resultate, vor allem in der Weberei, Möbelbau und Innen­einrichtung erzielt wurden, fand das Bauhaus   teine Ruhe. Gropius   verließ sein Wert, um sich in Berlin   ganz seinen architektonischen und Siedlungsplänen zu widmen; politischer Radika­lismus fand in unziemlicher Weise und leider unterstützt von einer schwachen Direktion Eingang, störte das friedliche Einvernehmen von Schülern und Meistern und bot der nie rastenden Reaktion in Dessau  den Vorwand zu heftigen Angriffen. Als dann 1930 Mies van der Rohe die Leitung übernahm und das Bauhaus   von kommunistischen  Auswüchsen reinigte, war es schon zu spät. Die Gegner aller modernen und selbsterzieherischen Kultur ruhten nicht mehr, bis sie das hoffnungsvolle Werk gründlich zerschlagen konnten einigen Tagen geschehen ist.

-

was vor

Daß radikale Schülervereinigungen nicht identisch sind mit der Idee und der Tatsache des Bauhauses, müßte jedem Einsichtigen flar sein. Hier ist etwas Bedeutsames und hoffnungs volles vernichtet worden: und mir scheint, diese Zerstörung, und nicht die positive Leistung des Bauhauses muß man ,, fultur­bolschemistisch" nennen. Die Vandalentat der Dessauer Ortsgewal­tigen liegt auf der Linie der kulturzerstörenden Tätigkeit unseres fogenannten Faschismus. Ob das Bauhaus   in Berlin   oder an anderer Stelle seine Auferstehung feiern wird, steht dahin; es wäre zu hoffen, aber ich fürchte, es wird nicht sein.

Paul F. Schmidt.

Goethefeier in Frankfurt   a. M.

Eine Friedensrede Gerhart Hauptmanns  .

Frankfurt   a. M., 29. August.( Eigenbericht.) Mit einer Feier in der Frankfurter Paulskirche   und der Ueber­gabe des Goethe- Preises an Gerhart Hauptmann   fand die große Frankfurter   Goethe- Gedächtniswoche ihren Abschluß. In der Bauls kirche begrüßte Oberbürgermeister Dr. Landmann den Dichter Gerhart Hauptmann   und Reichsinnenminister von Gayl, der als

Vertreter der Reichsregierung und der Länderregierungen erschienen war. Dieser führte aus: Es ist selbstverständlich, daß die Regierung des Deutschen Reiches, gleichviel welch politisches Antlik sie tragen mag, sich zu dem größten Dichter und geistigen Gestalter ihres Volkes bekennen muß und daß sie in vorderster Reihe derer zu stehen hat, die Goethes Geist heute huldigen. Wir sind uns klar darüber, daß die Kultur eines Volkes niemals durch amtliche Maßnahmen einer Regierung, niemals durch Gesetz und Paragraphen erweckt, geleitet und zu bestimmten Stufen gebracht werden kann. Die Reichsregie­rung wird inmitten des Lärms und der geistigen Verwirrung unferer Tage im Geiste Goethes ihren Aufgaben gerecht werden." Dann sprach, mit minutenlangen Hochrufen begrüßt, Gerhart Hauptmann   die Huldigung für Goethe: ,, Darin liegt der Sinn des Festes, das wir in dieser Stunde feiern: Bodenständig von einer herrlichen Scholle ausgehend verbreiten wir uns mit dem grenzen losen Geiste Goethes über die ganze Menschenwelt und empfinden, erhaben über alle Kleinlichkeit und Erbärmlichkeit: Es ist ein Himmel, der sich über die Erde spannt, es ist eine Erde, die wir bewohnen, ein Herz, das in allen Menschen schlägt. Kultur, geistiger Ueberfluß, geistiges Schenken an alle, Menschlichkeit, Humanität, verstehende Liebe, überall ist es, was wir zu dieser Stunde im Zeichen Goethes feiern, im Zeichen Goethes, im Zeichen des Friedens."

Mehr als 100 000 Menschen hatten sich am Sonnabendabend zu einem Boltsfest am Main   zusammengefunden, um die festliche Be

Zwei Tage Rundfunk. Militärfilmreflame, Goethe und ein Scherz.

Ein Herr namens Wolf 3eller trat am Sonnabend vor das Mikrophon der Berliner   Funkstunde. Man brauchte nicht lange hinzuhören, um zu erkennen, daß seine dunklen Ergüsse über ,, Arbeiter mythos" aus dem nationalsozialistischen Phrasenschaz für Rundfunkredner gespeist wurden, der ja nicht gerade reich ist, dafür aber sich mit allem, außer mit geistiger Sub­stanz mühelos verbindet. Und von geistiger Substanz war in diesem unheimlichen Seelenkleister nichts zu spüren. Sehr viel ernster zu nehmen waren die Ausführungen Franz Köppens in der Reihe 10 Minuten Film" Die zehn Minuten sollten Stimmung machen für den nationalsozialistisch militaristischen Film und darüber hinaus für den Militarismus überhaupt. Herr Franz Köppen verstand sein Werk. Unter dem Schuß einiger treffender kritischer Wendungen unternahm er seinen Vorstoß: für Aufrüstung, für die Verbreitung dieser Gesinnung durch die netten kleinen Kurz­filme der neugegründeten, Patria" Gesellschaft, die, wenn uns nicht alles täuscht, liebevoll vom Reichswehrministerium genährt wird.

=

Am Sonntag feierten wir Goethes Geburtstag. Die aus Frankfurt   a. M. übernommenen offiziellen Veranstaltungen waren teils schön, teils nützlich zu hören. Eine literarische Stunde ,, 3 u Goethes Geburtstag", die von der Funkstunde veranstaltet

Der Abend

Spalausgabe des Vorwards

wurde, verlief daher merkwürdig lahm, trok einer verhältnismäßig guten Stoffauswahl. Aber die meisten Sprecher waren teils schlecht gewählt, teils unzureichend vorbereitet.

Am Abend wurden aus Königsberg   auf den Deutsch­landsender klassische Serenaden übertragen. Da sich darunter für preußische Militärmusik nicht gut ein Platz finden ließ, murde menigstens in den erläuternden Zwischensägen die eigenartige ,, Be­lehrung" untergebracht, daß die gerade Fortsetzung dieser volks. tümlichen Musik in den heutigen Militärmärschen zu finden sei...!

-

Deutsche Bauausstellung in Rußland

-lz.

Am 15. September wird in Moskau   eine Ausstellung ze itgenössischer deutscher   Architektur eröffnet, die anschließend in. Leningrad   und Charkom, wahrscheinlich auch in Tiflis  gezeigt werden wird. Zusammengestellt ist sie im Auftrag der Deut­ schen   Kunstgemeinschaft und in Verbindung mit der Leipziger Bau­messe von Dr. Alfred Kuhn, der schon wiederholt gute Aus­stellungen deutscher   Kunst im Ausland zusammengebracht hat. Es fehlt, von Poelzig   und Tessenow bis zu den Jüngsten, wie Ludewig und Zweigenthal, faum eine Name von Be­deutung; und neben den Photos und Plänen und einigen Modellen Bautechnik und die Materialien unterrichten; Lichtbild- und Filmvor= wird eine Sonderschau der Leipziger Baumesse über die moderne träge sollen das wirken unserer Bauindustrie schildern. Da durch die Berufung von Ernst May   und mehrerer anderer namhafter Architekten die deutsche   Baukunst bereits aufs vorteilhafteste in Ruß­ land   eingeführt ist, kann man von dieser vorbildlich organisierten Schau nur das Beste für die Wirkung unserer Architektur erhoffen. Es wäre zu wünschen, daß man unsere gesamte gegenwärtige Kunst derart überall im Ausland propagieren möchte.

p. f. sch.

Theater billiger als Kino. Am 29. August beginnt die Volksbühne mit ihrer zweiten Serie von Werbevorstellungen, die bis zum 4. September reicht. Zur Aufführung gelangt die Komödie von Colantuoni und Stemmle ,, Geld ohne Arbeit", Regie: Günther Stark  . Diese Werbeaufführungen sind jedermann auf allen Plätzen für 50 Pf. zugänglich, Bettel und Kleiderablage frei. Die Karten werden ausgelost. doch so, daß Verwandte und Bekannte bühne betragen 1,50 M. nebeneinander sizen können. Die normalen Aufführungsbeiträge der Volks.

Verfassungskonflikt 1862

Eine zeitgemäße Erinnerung von 9.P.Mayer

mir der Gedanke, in Gemeinschaft mit ihm zugrunde zu gehen, als ein nach Umständen natürlicher und sympathischer Abschluß des Lebens erschien."

Der neue Ministerpräsident stieß in der preußischen und deutschen   Deffentlichkeit auf ein Maß von Ablehnung und Feind­schaft, das beispiellos war. Am Tage der offiziellen Ernennung Bismarcks wurde die ganze Heeresvorlage mit überwältigen­der Mehrheit, gegen 11 Stimmen, gestrichen. Was tut nun

Ueber die Heeresvorlage war es zwischen der preußischen| lich so starke Gefühle der Hingabe und Anhänglichkeit hegte, daß Regierung und dem preußischen Abgeordnetenhaus zu einem schweren Konflikt gekommen. Der Landtag mit einer überwiegenden fortschrittlichen und liberalen Mehrheit stand der Neuordnung des preußischen Heeres oppositionell gegenüber: die oppositionelle Mehr­heit lehnte die dreijährige( statt der seitherigen zweijährigen) Dienst­zeit ab und ersuchte die Regierung, die versucht hatte, die Mehr­kosten der Heeresvorlage auf andere Etatsposten zu verteilen, den Etat in allen Einzelpofitionen zu spezifieren. Die Regierung sah König Wilhelm I.   nimmt aber den Rücktritt des Kabinetts feinen Ausmeg mehr und erklärte am 8. März 1862 ihren Rücktritt. nicht an und löst den Preußischen Landtag   auf. Erst Minister sitzen. Die Neue Aera ist zu Ende. dann wird ein neues Kabinett ernannt, in dem fünf Konservative als

Der Kampf um die Heeresvorlage geht weiter. Das bisher vom Landtag bewilligte Provisorium wird vom Budgetausschuß des Barlaments abgelehnt. Die Regierung beruft sich auf eine Lücke in der Verfassung, sofern teine Einigung zwischen Parlament und Regierung zustande kommen könne. Der König ist zum Widerstand entschlossen. Am 16. September 1862 lehnt der Landtag   mit 273 gegen 68 Stimmen den ersten Titel des Provisoriums ab. Der Kriegsminister von Roon schlägt dem König die Berufung Bismards als preußischen Ministerpräsidenten vor.

Der preußische Gesandte in Paris  , Herr von Bismarck  , wird am Nachmittag des 22. September vom König im Schloß Babels­ berg   empfangen. Bismarck   hat in seinen., Gedanken und Erinnerun= gen" jene denkwürdige Unterredung mit Wilhelm I.   aufgezeichnet. Der König war zur Abdankung entschlossen. Ich will nicht regieren, wenn ich es nicht so vermag, wie ich es vor Gott  , meinem Gewissen und meinen Untertanen verantworten kann. Das fann ich aber nicht, wenn ich nach dem Willen der heutigen Majorität des Landtags regieren soll, und ich finde keine Minister mehr, die bereit wären, meine Regierung zu führen, ohne sich und mich der parlamentarischen Mehrheit zu unterwerfen. Ich habe mich deshalb entschlossen, die Regierung niederzulegen und meine Abdikationsurkunde( Abdankungsurkunde), durch die angeführten Gründe motiviert, bereits entworfen."

Bismarck   erklärt dem König seine Bereitschaft, in das Mini­sterium einzutreten; er fei gewiß, daß Roon mit ihm bleiben werde und er zweifle nicht, daß die weitere Vervollständigung des Kabinetts gelingen werde, falls andere Mitglieder sich durch seinen Eintritt zum Rücktritt bewogen fühlen sollten. Nach dieser Er­klärung stellte der König Bismarck die Frage, ob er bereit sei, als Minister für die Militärreorganisation einzutreten und dann, nach Bismarcks zustimmender Antwort, die weitere Frage, ob er die Reorganisation des Heeres auch gegen die Majorität des Landtags und dessen Beschlüsse vertreten wolle. Bismarck   bejahte auch diese Frage und Wilhelm erklärte nunmehr, es sei seine Pflicht, mit Bismarck   die Weiterführung des Kampfes zu versuchen und nicht abzudanken.

Bismarck   nimmt diese Situation zum Anlaß, seine grundsätzliche Staatsauffassung in knappster Form zu umreißen: Es gelang mir, Staatsauffassung in knappster Form zu umreißen: Es gelang mir, ihn( den König) zu überzeugen, daß es sich für ihn nicht um Kon­servativ oder Liberal in dieser oder jener Schattierung, sondern um königliches Regiment oder Parlaments herr= schaft handle, und daß die lettere unbedingt und auch durch eine Periode der Diktatur abzuwenden sei. Ich sagte: In dieser Lage werde ich, selbst wenn Eure majestät mir Dinge befehlen sollten, die ich nicht für richtig hielte, Ihnen zwar diese meine Meinung offen entwickeln, aber wenn Sie auf der Ihrigen schließlich beharren, lieber mit dem Könige unter: gehen, als Eure Majestät im Kampfe mit der Parlamentsherrschaft im Stiche lassen." Diese Auffassung war damals durchaus lebendig und maßgebend in mir, weil ich die Negation und die Phrase der damaligen Opposition für politisch verderblich hielt im Angesicht der nationalen Aufgaben Preußens und weil ich für Wilhelm I.   persön

Bismarc?

Er zieht den ganzen Etat für das Jahr 1863 zurück und erklärt im Landtag, daß der Etat nur mit der gleichzeitigen Verabschiedung eines Gesezes über die militärische Dienstpflicht möglich sei. Bismarc weicht also der oppositionellen Mehrheit aus. In der Ausschußsizung der Etatskommission wird der Fuchs jedoch gestellt. Er dürfe sich nicht auf eine Lücke der Verfassung berufen, ein Etat müsse vorgelegt werden Es sei die Aufgabe der Regierung, die ver= fassungsmäßigen Instanzen: Landtag  , Herrenhaus und Regierung, in Einklang zu bringen. Bismard erwidert gereizt: es gebe Wichtigeres als solche doktrinären innerpolitischen Auseinander­fegungen. Die großen Fragen der Gegenwart", erklärt er,., werden nicht durch Reden und Parlamentsbeschlüsse gelöst werden, sondern durch Blut und Eisen!" Der autoritäre Machtpolitiker hat in jäher Aufwallung die Maske gelüftet durch ganz Deutschland  geht ein Aufschrei des Entsetzens.

-

Der König, auf Besuch in Baden- Baden  , kehrt sofort nach Berlin   zurück. Sein Ministerpräsident fängt ihn in fluger Voraus­ficht in Jüterbog   ab. Der König, ist verstimmt und unsicher, was er tun soll. Soll er Bismarck   entlassen, wie ihm in Baden ein­geflüstert wurde? Der König und Bismard sizen allein in einem Abteil erster Klasse. Düstere Worte sagt der König: Ich sehe ganz genau voraus, wie das alles endigen wird. Da vor dem Opernplatz, unter meinen Fenstern, wird man Ihnen den Ropf abschlagen und etwas später mir."

..Et après, Gire? Und dann, Majestät?" erwiderte Bismarc verhalten.

,, Ja, après, dann sind wir tot!" gab der König zur Antwort... ,, Eure Majestät sind in der Notwendigkeit, zu fechten, Sie können nicht fapitulieren, Sie müssen, und wenn es mit förperlicher

Gefahr wäre, der Vergewaltigung entgegentreten." Je länger ich in diesem Sinne sprach, desto mehr belebte sich der König und fühlte sich in die Rolle des für Königtum und Vaterland kämpfenden Offiziers hinein."

seinen Lebenserinnerungen weiter, geriet der König ,, in eine heitere,

Schon vor der Ankunft in Berlin  , so berichtet Bismarc in

man kann sagen fröhliche und kampfluſtige Stimmung..., die sich den empfangenden Ministern und Beamten gegenüber auf das unzweideutigste erkennbar machte." Bismarck   blieb.

Das Preußische Herrenhaus indes lehnt den ihm vom Landtag überwiesenen Etat ab und stellt unter Zustimmung des Minister­präsidenten den im Landtag zurückgezogenen Regierungsetat wieder her. Wie nicht anders zu erwarten, erklärt der Landtag das Ver= fahren des Herrenhauses für ungeseglich. Die Tatsache des offenen Verfassungsbruches war gegeben. Bismard vertagt den Landtag auf unbestimmte Zeit und erklärt, auch ohne ordnungsgemäßen Etat zu regieren!

Wenn sich Bismark   auch späterhin bemüht hat, den Bruch, den diese Handlung damals und später im preußischen und deutschen   Ver­fajfungsleben hinterlassen hat, zu verkitten, es gelang ihm nie. Die Erinnerung an die Konfliktzeit blieb lebendig und feine deutsche Regierung wird es je wieder wagen dürfen, ähnliche Wege zu gehen, wenn sie nicht eine Gefahr heraufbeschwören will, die Bismard damals, während der Konfliktzeit, Freunden gegenüber in die Worte fleidete:

,, Mir scheint, als ob es möglich sei, daß dieser Staat schon dem Untergang geweiht ist..."