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Nr. 417 49. Jahrgang

1. Beilage des Vorwärts

Sonntag, 4. September 1932

I'm Kampf

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Arbeit Splas

E

Je näher der 20. September rückt, desto zugespitzter wird die Lage auf den Berliner  Postämtern. Nicht vorn am Briefmarkenschalter, sondern hinter den Kulissen: im Briefträgersaal. Denn vom 20. September ab soll die Drosselung der Berliner   Brief- und Paketzustellung beginnen, die und darauf kommt es an Tausenden von Posthelfern die Brotstelle kosten

soll. Dieser Vorstoß der Reichspost ist eine lang vorbereitete Geschichte. Bereits Ende März beschäftigte sich eine Amtsvorsteherversammlung in Berlin   mit der Einschränkung der Briefzustellungen, Ende Juli maren aus diesen losen Besprechungen schon bindende Verfügungen gemoorden, die eindeutig formuliert das Reichspostministerium verlassen konnten und die konkrete Anweisung erließ dann am 5. August die Oberpostdirektion Berlin  . Jetzt ging der Krakeel los. Die Industrie- und Handelskammer   setzte sich beisammen und sagte, so ginge das nicht, einfach eine Zustellung ausfallen zu lassen. Die Gewerkschaften hinwieder wandten sich ebenfalls dagegen, Tausende von Helfern mir nichts dir nichts auf die Straße zu setzen. Doch die Herren im Ministerium verschränkten die Arme und antworteten: Ja, meine Herren, es mag alles gut und schön sein, was Sie uns sagen, aber mir haben in diesem Etatsjahr wahrscheinlich 100 Millionen Mark Defizit und die müssen wir unter allen Umständen einsparen." So hatte denn jeder wieder einmal von seinem Standpunkt aus recht, nur die beteiligten Posthelfer verstanden nicht, daß man derartige Massenentlassungen gerade in den Tagen vollführt, in denen alle Welt Don Arbeitsbeschaffung spricht.

Pofthelfer rücken an.

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genannten Tages oder gar Stundenhelfern. Während| In solche Häuser geht dann ein Stundenhelfer und ladet die Berge an nämlich die eigentlichen Posthelfer, die regelrecht im Zustell- oder Post ab. Anschließend trollt er sich wieder bar aller sozialpoliti Sortierdienst beschäftigt werden, wenigstens eine vierzehntägige schen Vorteile in seine heimatliche Hütte. Meist rekrutieren sich oder vierwöchige Kündigungsfrist haben, können die Tages- und die Stundenhelfer aus den Kreisen ehemaliger schon früher ab= Stundenhelfer jeden Tag entlassen werden. Mit diesen Helfern hat gebauter Helfer. sich die Reichspost einen außerordentlich beweglichen Apparat ge­schaffen, den sie, ohne daß ihr soziale Belastungen erwachsen, jeder­zeit einsehen kann. Man ruft den Arbeitsnachweis in der Rücker­straße an und bestellt sich soviel Posthelfer als man braucht. Das ist besonders im Sommer während der Urlaubszeit und ebenso im Winter beim Ansteigen der Krankheitsziffern im Postbetrieb der Fall. Wird also irgendwo ein Schaffner frant, ist in Kürze ein Tageshelfer zur Stelle, der wieder entlassen wird, wenn der Beamte zurückkehrt.

Vor dem Weltkriege spielte der Posthelfer im Betrieb der Deut­schen Reichspost nur eine untergeordnete Rolle; fast alle Arbeiten wurden von beamteten Kräften verrichtet. Erst der Krieg brachte die große Wandlung. Da die Männer in den Schützengräben lagen, wurden auf allen Aemtern Frauen eingestellt, die sich hoch auf den Kutschbock setzten und Pakete ausfuhren, die sich die schweren Taschen umhängten und treppauf, treppab die Briefe austrugen oder die im Sortiersaal standen und erst grob und dann fein sortierten wie die Männer. Neben den Frauen wurden auch viele junge Leute, die noch nicht militärdienstpflichtig waren, als Helfer eingestellt und während nun die Frauen nach Kriegsende wieder entlassen wurden, bot sich diesen jungen Leuten in den Jahren 1919 bis 1922 die große Mög­lichkeit, ihr lockeres Arbeitsverhältnis als Helfer in das beamtete Daneben gibt es aber auch noch Stundenhelfer Verhältnis als Postschaffner zu überführen. So waren wieder neue allem auf den großen Postämtern die nur abends zur Helfer nötig und vor allem schuf der Achtstundentag Arbeitspläge. Arbeit tommen. Die Dauer ihrer Tätigkeit schwankt zwischen Vor dem Kriege wurde bei der Poſt 55 bis 60 Stunden in der Woche drei und sechs Stunden. Im wesentlichen werden sie abends wäh­gearbeitet, erst am 9. November begann das große Aufatmen, und rend der Hauptgeschäftsstunden bei den Paketannahmen beschäftigt, so fonnten infolge der Arbeitszeitverkürzung Tausende von neuen wo sie schleppen und verladen, sortieren und transportieren. Oder Leuten eingestellt werden. Hier hatte die Arbeitszeitverkürzung fie arbeiten frühmorgens ein paar Stunden. Da machen sie den noch einen Sinn. Allerdings die Aussicht nach dem großen Schub, Beiwagenfahrer". Das ist aber keine Karre, sondern eine Riesen­noch Beamter zu werden, die bestand für Helfer kaum noch. Einer tasche, die der Briefträger auf dem großen ersten Bestellgang mit sollte mal Schaffner werden. Er wurde zum Vertrauensarzt geschleppt. Es gibt Geschäftshäuser mit Großfirmen, die morgens der= schickt, der schüttelte den Kopf und meinte: ,, Lieber Mann, die Krampfadern, o weh! Aber lassen Sie sich operieren, dann wird es gehen." Der Mann läßt sich auch operieren, bezahit dafür ein Heiden­

geld und als er wiederkommt, ist die Tür ins Schloß gefallen: fein Helfer wird mehr Beamter. Denn an und für sich wird ja bei der Post jede dritte freiwerdende Beamtenstelle nicht mehr besetzt, und was an Beamtenstellen zur Verfügung steht, ist den Versorgungs­anwärtern aus Reichswehr   und Schutzpolizei vorbehalten.

Eine Eulenspiegelei.

Es gibt allerdings Helfer, die waren schon einmal Beamter. Sie find nur seinerzeit bei dem großen Abbau entlassen worden. Das waren Tausende von Hilfsschaffnern, aber ohne Pensionsberechtigung, denn die beginnt erst beim Schaffner. Es ist überhaupt nicht so einfach, sich bei der Post zurechtzufinden. Ein Helfer bekommt nämlich von Amts wegen feine Uniform. Nur eine Armbinde mit Adler. Trotz dem haben fast alle Helfer Uniform, die sie sich selbst kaufen. Dennoch haben sie ihre Armbinde mit dem Adler, während uniformierte Beamte am Spiegel mit deffen Rangabzeichen erkenntlich find. Ein Helfer von C 2 hat das alles nicht begriffen, vor all den Sternen, die er sah, bekam er einen Knall. Eines schönen Tages sagte er, er wäre jetzt ,, Oberhelfer". Nun gibt es wohl Oberschaffner, Ober­sekretäre und Oberinspektoren, aber keine Oberhelfer. Doch der Mann blieb bei seinem Oberhelfer. Er ging zum Dienststellenleiter und sagte: Hören Sie mal, ich bin Oberhelfer, aber man hat mir eine Armbinde mit einem Stoffadler gegeben, ich will aber eine Binde mit einem Blechadler." Dem Dienststellenleiter kam das felt­sam vor, aber dem Oberhelfer ist es sehr ernst mit seinem Adler; er läuft also zum Vorsteher. Sagt hier wieder, er wäre Oberhelfer und brauche einen Blechadler. Nun hat der Vorsteher Humor, geht dar­auf ein und läßt tatsächlich einen alten Blechadler, wie er gar nicht mehr benutzt wird, heraussuchen, damit der Oberhelfer zu seinem Blechadler kam. Vielleicht war dieser ,, Oberhelfer" ein Eulenspiegel. Die Beiwagenfahrer".

Die Zahl der Posthelfer in Berlin   beträgt augenblicklich etwa 4000 Mann. Dazu kommen aber noch eine ganze Anzahl von fo­

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Die soziale Lage aller Helferkräfte bei der Post ist außerordent­lich gedrückt. Soweit die Posthelfer im Wochenlohn und mit Kün­digungsfrist in Frage kommen, kann man einen Wochenlohn von 39 Mart annehmen. Von diesem Bruttolohn gehen etwa 8 Mark Steuern und Soziallasten ab, so daß den Helfern etwa 30 Mark pro Woche verbleiben. Die Stundenhelfer erhalten pro Stunde 51 Pfennig, hierzu 46 Proz. Berliner   Ortszuschlag, so daß lich ein Lohn von etwa 74 Pfennig ergibt. Natürlich kann man mit 74 Pfennig Stundenlohn nicht zweimal in der Woche Kalbsbraten essen und das einzige, was die Helfer gegenwärtig auf ihren Vesper­broten haben, sind Tomatenscheiben. Sehr viele von den Helfern sind auch abgebaute Angestellte, verheiratete Leute, die bis heute versucht haben, mit Hängen und Würgen ihre frühere Wohnung durchzuhalten. Aber wenn jetzt der Abbau kommt.

Es sieht sehr böse aus. Die ganzen Feststellungen über die Ein­schränkung der Zustellung sind wohl sehr geheimnisvoll aufgezogen, aber hin und wieder sickert ja doch etwas durch, was am 20. Sep­tember sein wird. So sollen bei einem von den Postämtern, die ihre Ermittlungen bereits abgeschlossen haben, von 50 jetzt beschäf­

Felseneckprozeß aufgeflogen.

Vorsitzender und Berichterstatter ausgeschieden.

Der Felseneckprozeß hat überraschenderweise ein vorläufiges| deren Unparteilchkeit verständlich. Da durch das Ausscheiden zweier Ende gefunden. Der Vorsitzende, Landgerichtsdirektor Bode, und Richter das Schwurgericht nicht mehr ordnungsmäßig besetzt ist, so der Berichterstatter des Prozesses sind aus dem Richter- fann vor diesem Schwurgericht die Verhandlung nicht mehr fort­kollegium ausgeschieden, und zwar im Zusammenhang gesetzt werden." mit der Entscheidung des Kammergerichts, nach der der vom Bor­fihenden verfügte Ausschluß des Rechtsanwalts Litten rüd­gängig gemacht worden ist. Amtlich wird hierzu folgendes

mitgeteilt:

,, Der Vorsitzende und der Berichterstatter des Schwurgerichts III haben nach der Aufhebung des Beschlusses, durch den Rechtsanwalt Litten von der Verteidigung in der Sache Felseneck ausgeschlossen wurde, folgendes erklärt: Sie selbst zwar wiesen auf das ent­schiedenste jeden Verdacht einer Befangenheit zurück. Der Beschluß des Kammergerichts sei aber so begründet, daß die von Rechts­anwalt Litten   verteidigten Angeklagten von ihrem subjektiven Stand­punkt aus das Vertrauen zu ihrer unparteilichen Amtsführung verlieren müßten. Daraufhin hat das Richterkollegium des Schwur­gerichts in der nach der Strafprozeßordnung vorgesehenen Be­fegungsänderung das Ausscheiden des Vorsitzenden und des Bericht erstatters angeordnet. Das Gericht betont in diesem Beschluß, daß objettiv gegen die beiden Richter nicht die gering­sten Gründe vorliegen, die geeignet seien, das Mißtrauen gegen ihre Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Andererseits erschienen von dem subjektiven Standpunkt der Angeklagten aus Zweifel an

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Das Auffliegen des Felseneck- Prozesses bedeutet, daß der ganze foftspielige Monftreprozeß, der unter dem Rubrum Adam und Ge­noffen" am 20. April d. 3. begann und bisher 4 Monate gedauert hat, völlig umsonst geführt worden ist. Der ganze Fall, das gericht­liche Nachspiel der blutigen Vorgänge in der Kolonie Felsened" im Januar dieses Jahres muß neu aufgerollt werden, und zwar so, als ob in dieser Sache noch niemals verhandelt worden wäre. Die Anklage richtete sich bekanntlich gegen 24 Angeschuldigte, 6 National­sozialisten und 18 Kommunisten, von denen 14, und zwar 4 Rechts­und 10 Linksradikale, seit annähernd 8 Monaten sich in Unter­suchungshaft befinden.

Die Frage ist nun, was mit dem Felseneck- Prozeß geschehen wird. Es ist noch nicht ganz flar, ob die Verhandlung wieder vor das Schwurgericht beim Landgericht III oder ob sie auf Grund der Notverordnung vom 9. August vor ein Sondergericht kommen wird. Die Verteidigung, die durch das Auffliegen der Verhandlung auch völlig überrascht worden ist, wird wahrscheinlich in Kürze zu der neuen Situation Stellung nehmen und möglicherweise eine kollet= tive haftbeschwerde einreichen, um eine Freilassung der noch in Haft befindlichen Angeklagten zu erreichen.

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