Nr. 425 49. Jahrgang
-
Sollen Arbeitslose verhungern?
Städtetag gegen Finanzpolitik der Barone.
Die Spitenorganisation der deutschen | Es hat zum mindesten die Pflicht, die öffentliche Wirtschaft Städte, der Deutsche Städtetag, hat Gelegenheit nicht anders zu behandeln als die Privatwirtschaft. genommen, mit seinen Finanzsorgen vor die Oeffentlichkeit zu treten. Die Lage der deutschen Städte wird nach außen hin gekennzeichnet durch die Tatsache, daß Köln und Frankfurt am Main nicht in der Lage sind, den am 1. Oktober fälligen Zinsendienst und die Anleiheabzahlung zu leisten.
Wenn die deutschen Städte mit ihren Geldsorgen bis jetzt zurückgehalten haben, dann war diese Zurückhaltung wohl von der Sorge diktiert, den Wirtschaftsoptimismus der Reichsregierung nicht zu stören. Eine solche zurückhaltung ist aber nur bestimmte Zeit möglich. Der Zwang, aus der Zurückhaltung herauszutreten, ergab sich durch die Finanzlage in Frankfurt und in Köln . Die Reichspolitik ist nun einmal darauf abgestellt, die Laſt des ungeheuren Erwerbslosenheeres auf die Städte abzuwälzen. Daraus resultieren die Sorgen der Städte. Nun geht es nicht mehr weiter! Köln und Frankfurt diese beiden Städte werden darin leider nicht allein stehen haben am 1. Oktober die Wahl,
-
entweder die Erwerbslofenunterstützungen einzustellen oder den Zinsendienst auf ihre Anleihen nicht zu leiffen. Die Wahl wird selbstverständlich nicht schwer fallen.
Der Dienst für die Erwerbslosen muß und wird vorangehen.
Der Deutsche Städtetag wendet sich in seiner Zeitschrift in einer besonderen Darstellung gegen die Finanzpolitik der Reichsregierung, die den Fehler der Brüning- Regierung macht und der Entwicklung der Gemeindefinanzen nicht die nötige Sorgfalt zukommen läßt.
Viele Städte, so betont der Deutsche Städtetag, waren ange= fichts des Ausbleibens genügender Reichs- und Staatshilfe genötigt, ein tommende Staatssteuern für die Ernährung der Arbeitslosen in Anspruch zu nehmen. Die Städte könnten nicht mehr darauf warten, ob die von der Reichsregierung erhoffte Entlastung des gesamten Arbeitsmarktes auch bei ihnen zu einer beachtlichen Vermehrung ihrer Fürsorgelasten führen wird, zumal die praktischen Auswirkungen eines Aufschwungs der Konjunktur die öffentlichen Körperschaften erst verhältnismäßig spät entlasten werden. Die von der Reichsregierung angenommenen Jahres durchschnittszahlen in der Arbeitslosenversicherung und in der Krisenfürsorge würden nicht wesentlich unterschritten, in der gemeindlichen Wohlfahrtsfürsorge dagegen überschritten. Nach den Berechnungen des Städtetages würden in der Arbeitslofenversicherung 170 000 Personen weniger, in der Krisenfürsorge 195 000 Personen weniger, in der Wohlfahrtserwerbslofenfürsorge dagegen 350 000 Personen mehr vorhanden sein, als die Reichsregierung bei der letzten Notverordnung angenommen hat. Bei den Was aber die Tatsache, daß zwei der wichtigsten deutschen Städte ersten beiden Instituten würde das Reich also eine Entlastung von am 1. Oktober ihre Verpflichtungen nicht erfüllen, für unseren 163 Millionen Mark erfahren, während die BezirksfürsorgeverAnleihe markt, der eben erst zum Leben erwacht ist, bedeuten bände eine Mehrbelastung von 155,5 Millionen Mark zu tragen muß, brauchen wir wohl nicht weiter auszuführen. Die Folgen haben werden. Diese Entwicklung mache notwendig, daß die bei werden sich besonders deshalb mißlich gestalten müssen, weil es der Arbeitslosenversicherung und der Krisenfürsorge im Jahressich sowohl bei Köln als auch bei Frankfurt um Auslands- endergebnis voraussichtlich eintretenden wesentlichen Ersparnisse anleihen handelt. Die Maßnahmen, die die Reichsregierung in zunächst und ausschließlich zur weiteren Entlastung der Gemeinden ihrer letzten Notverordnung getroffen hat, genügen nicht, um Hilfe von ihren gestiegenen Wohlfahrtslasten verwandt werden. Die Erzu bringen. sparnisse des Reiches seien dabei höher als die Mehrbelastung der Das Reich muß also eingreifen und das Reich hat Gemeinden. Die Reichsregierung habe den gesamten Gemeindeja auch das Versprechen gegeben, einzugreifen, wenn die von ihm aufwand für die Arbeitslosenhilfe 1932 ausdrücklich auf 680 Mil angenommenen Durchschnittszahlen in der Wohlfahrtserwerbslosen- lionen Mart begrenzt. Nachdem sich diese Summe um mehr fürsorge überschritten sind. Dieser Fall ist nun, nach den amt- als 150 Millionen Mark erhöht, müsse die Reichshilfe lichen Zahlen, eingetreten. Daß die Städte unverschuldet wenigstens um diesen Betrag gesteigert werden. in den gegenwärtigen Zustand geraten sind, ist klar. Das Reich Diese Maßnahme bedeutet auch keine Belastung des Reichshat im vorigen Jahr den Banken in ausreichender Weise geholfen, haushalts, da die Notverordnung vom Juli 1932 bereits für die hat bei den großen Privatunternehmungen helfend eingegriffen. erforderliche Deckung Sorge getragen hat.
Explosion in der Sebastianstraße
Ein Greis schwer verletzt
-
-
Freitag, 9. September 1932
dann hätte man ihm die Augen mit einem Tuch verbunden und an der Mäckerizbrücke in den Hohenzollernkanal geworfen. Glücklicherweise sei das Opfer wieder zu sich gekommen und an Land ge= schwommen. Die Polizei, die erst viele Stunden nach dem angeblichen Ueberfall davon Kenntnis erhielt, hat bisher nicht die geringsten Anhaltspunkte für die Richtigkeit der Behauptung des Jugendlichen. Man muß uns daher vorerst gestatten, diese Angelegenheit unter die üblichen erlogenen und erstunkenen Ueberfälle zu registrieren, wobei wir nur an den Fall des Nazis Renders denken, der vor einiger Zeit von einem ähnlichen schaurigen Ueberfall ,, vertierter Marristen" erzählte und von der Potsdamer Brücke in den Landwehrkanal geworfen sein wollte. Sehr schnell kam der Schwindel heraus, als die Politische Polizei den Fall untersuchte und den nationalsozialistischen„ Märtyrer“ ins Gebet nahm.
Für Max Rothe!
Treuebetenntnis des Berliner Reichsbanners.
In allen Kreisen Berlins haben in den letzten Tagen Beranstaltungen des Reichsbanners Schwarz- Rot- Gold in Form von Mitgliederversammlungen oder Diskussionsabenden stattgefunden. Bei allen diesen Zusammenkünften stand am Beginn der Beranstaltung ein ernster Gruß und ein festes Treuebekenntnis zu dem 24jährigen Kameraden Mag Rothe, der durch ein Urteil des Sondergerichts I Berlin auf Grund von Zeugenausfagen aus der SA. zu der ungeheuerlichen Strafe von fünf Jahren Zuchthaus verurteilt worden ist.
Die Kameraden gedachten dabei vor allem auch des helden
mütigen Hungerstreits Mar Rothes, der ihnen als eine Befundung seiner Unschuld gilt, von der sie in Einmütigkeit fest überzeugt sind.
Die Kreisversammlung Berlin - Süden wurde zu einer befonders eindrucksvollen Kundgebung gegen dieses unfaßbare Urteil des Sondergerichts. Hier kennen alle Kameraden Mag Rothe. Den meiſten ist er seit Jahren ein guter Freund. Sie wissen ganz genau, daß ihr Mar Rothe der Tat, die man ihm vorwirft, überhaupt nicht fähig ist. Mit vollem Recht konnte der Kreisführer Jockel. Meier ausführen, daß die Kameraden mit tiefster Erschütterung und bitterster Enttäuschung von diesem furchtbaren Zuchthausurteil Kenntnis genommen haben. Jockel- Meier sagte: ,, Jahrelang gehört urser Mag als einer unserer besten Jugendführer dem Kreis Süden an. Unser Mar ist unschuldig verurteilt worden. Welche unge= heure Wirkung diese unfaßbare Verurteilung ausgeübt hat, das merte ich an den vielen Zuschriften, die mir zugehen." JockelMeier schloß:„ Es gilt für uns als höchste Pflicht, einen so ehrenhaften Kameraden wie Mag Rothe nach allen unseren Kräften zu helfen. Wir werden kein Rechtsmittel unversucht lassen, um dieses furchtbare Urteil aus der Welt zu schaffen."
Der Mann im Smofing.
Die Suche nach dem Frauenmörder.
Mit einem großen Stab von Beamten ist die Mordfommission bemüht, den Mord an der Sprachlehrerin Emma Carl- Bruscato zu flären. Gestern ist der Untermieter der Ermordeten von
In der Sebastianstraße 79 ereignete sich gestern in| Er stellte eine Leiter auf und es wird vermutet, daß er in Ver den späten Nachmittagsstunden eine folgenschwere Gas- kennung der furchtbaren Explosionsgefahr vielleicht ein Streichholz explosion. Der Portier Ohls des Hauses, ein angezündet hat, um die Hähne an der Decke abzuleuchten. Dabei 70 Jahre alter Mann, erlitt schwere Brandverlegungen. entzündeten sich die Gasmengen, die sich in der Wohnung anDer Verunglückte wurde durch die Feuerwehr ins gesammelt hatten. Ohls wurde von der Leiter geschleudert, und durch eine Stichflamme erlitt der Greis schwere Berlegungen. Mit Urbankrankenhaus gebracht. Da die Explosion unter lautem Krach wurden die Fensterkreuze aus den Verankerungen einer ungewöhnlich heftigen, weithin hörbaren Detona- gerissen und die Wohnungstür zertrümmert. Der Luftdruck war tion erfolgte, die so stark war, daß die benachbarten noch so start, daß mehrere Flurfenster zersplitterten. Es war ein Wohnhäuser in ihren Fundamenten erbebten, herrschte besonderer Glücksumstand, daß der Luftdruck sich nach allen Seiten wenige Augenblicke nach dem Unglück in der Sebastian- verteilen konnte, die Folgen wären sonst weit schlimmer gewesen. straße größte Erregung. Erst als die Feuerwehr Die starke Detonation hatte im Augenblick die ganze Sebastianstraße anrückte und es sich herausstellte, daß die Explosion trot alarmiert. Eine unübersehbare Menschenmenge sammelte sich und des ungeheuren Luftdrucks keine Todesopfer gefordert bald fursierten die unsinnigsten Gerüchte. Von der Polizei ist eine Untersuchung eingeleitet worden. hatte, trat wieder Beruhigung ein.
Im 3. Stockwerk des Vorderhauses stand seit einiger Zeit eine Wohnung leer. Die ausgezogenen Mieter hatten offenbar die Gasleitungen nicht sorgfältig genug abgedichtet, denn aus der leerstehenden Wohnung drangen Gase in darüberliegende Räume der 4. Etage. Als der Gasgeruch immer stärker wurde, benach richtigten die Mieter den Portier. Der alte Mann schloß die leere Wohnung auf, um nach der Ursache des Gasausströmung zu forschen.
只
Josetti
JUND
Wieder ein ,, Angriff" Schauermärchen. Gestern wußte das Berliner Naziblatt wieder von einer schaurigen Bluttat ,, einer Bande Kommunistenstrolche" zu berichten. so heißt es- Auf dem Tegeler Schießplaz sei ein 17jähriger Hitler - Junge von den Verbrechern bewußtlos geschlagen worden,
-
Mordkommiffion zur Verfügung gestellt.
Bei einer nochmaligen Durchsuchung der Wohnung fanden die Beamten im Schrank des Untermieters, eines Doktors M., ein blutbeflecktes ziemlich abgenutztes Smokingjakett. Wie Dr. M. feststellte, fehlte sein neuer Smoking und mehrere andere Anzüge sowie Wäsche, Der Mörder muß die Sachen nach der Tat zusammengepackt und in einem Koffer, der dem Untermieter gehört, mitgenommen haben. Es besteht danach kein Zweifel mehr, daß der Täter bei der Ausführung des Mordes einen Smokinganzug trug. Die weiteren polizeilichen Ermittelungen bewegen sich jetzt in einer ganz bestimmten Richtung. Der Hut, der bereits gestern in dem Zimmer des Untermieters gefunden wurde, kann ebenfalls nur dem Mörder gehören. Dr. M. hat den Hut jedenfalls nie vorher in der Wohnung gesehen. Unter den Habseligkeiten der Ermordeten wurden noch einige Devisen in holländischen Gulden und Schweizer Franken gefunden. Hiernach scheint sich immer mehr die Vermutung zu bestätigen, daß es sich um einen ausgesprochenen Lust mord handelt.
Fortgang der vorstädtischen Kleinsiedlung. Im zweiten Bauabschnitt sind bisher insgesamt 1367 neue Kleinsiedlerstellen bewilligt worden, so u. a. in Königsberg ( Preußen) 40, Gleiwitz ( Bez. Oppeln) 30, Stuttgart 44, Aachen 48, Wiesbaden 50, Heilbronn ( Württem berg ) 36, Lübeck 80 und Waldenburg ( Bez. Breslau) 30. An Klein= garten stellen sind bis jetzt 6568 neu bewilligt worden.
Juno ist nicht zu schlagen,
denn wir geben dieser beliebten Josetti- Cigarette das Beste mit. Jeder Kenner genießt
Juno's
Wohlgeschmack,
erfreut sich am köstlichen Aroma, lobt ihren Tabak und schätzt ihr volles Format.
Eigenschaften, die aufrecht zu erhalten den Ausschluß von Wertmarken, Gutscheinen und Stickereien verlangen.
Juno siegt Zug um Zug!
Joselli
JUNO
o/ M rund
6 STÜCK 208
KON
LINON