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Beilage

Sonnabend, 17. September 1932

Gerhart Hermann Mostar:

10 Der Abend

Spalausgabe des Vorwärts

Das Loch im erbsengrünen Frack

,, Nomen est nomen", sagte ein alter Lateiner. ,, Name ist Schall und Rauch", sagte ein Zeitnäherer und viel Gefeierter. Was stimmt nun? Haben bestimmte Namen eine bestimmte Bedeutung? Oder sind Namen nebensächlich? Wer hat recht?

Natürlich der alte Lateiner. Ich allein, dem doch nur ein win­ziger Ausschnitt der Welt zugänglich ist, kenne zwei Gastwirte, die Sauerbier heißen, einen Finanzier, der den schönen Namen Pro­fitlich" führt, und eine Hebamme zu Dömitz   in Mecklenburg  , die sich Frau Wehmeier nennt. Und außerdem halte ich jeden Menschen, der Andreas heißt, von vornherein für einen maßlosen Dickkopf. Es kann der weichmütigste Mensch von der Welt sein, nachweislich ich lasse mich doch nicht belehren. Das liegt daran, daß mein Großvater Andreas hieß. Der alte Andreas aber war so dickköpfig, daß es selbst in meiner rein niedersächsischen und somit auch nicht gerade nachgiebig beanlagten Familie auffiel. Und mit dem alten Andreas wären wir denn endlich beim erbsengrünen Frack.

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Mein Großvater starb im schönen Alter von zweiundneunzig Jahren. Darunter waren zwanzig Jahre, während deren er einen um zwei Jahre jüngeren Bruder hatte. Die restlichen Zweiund­siebzig hindurch war dieser Bruder für ihn tot, mausetot, obwohl der in Wahrheit noch lebte. Anno 1847 nämlich, als der alte Andreas zwanzig und sein Bruder achtzehn Jahre alt war, lieh sich der Achtzehnjährige vom größeren Bruder dessen erbsengrünen Frack. Wenn mein Großvater die Geschichte erzählte, was er täg­lich mindestens einmal tat, stellte er es stets so dar, als sei dieser Erbsengrüne von 1847 ein Prachtstück gewesen, soeben vom ersten Schneider gekommen. Meine Großmutter aber versicherte, er sei damals schon mindestens dreißig Jahre alt gewesen, denn mein Großpater habe ihn von meinem Urgroßvater geerbt, und gräßlich unmodern habe er ausgesehen. Man denke: Anno 1847, und damals schon unmodern...!

Wie dem nun auch sei: jedenfalls ging meines Großvaters Bruder mit dem Erbsengrünen auf eine Hochzeit. Dort rauchte der Brautvater eine lange Pfeife. Aus der langen Pfeife fiel ein Funke auf den Erbsengrünen, und es entstand ein Loch. Ein Loch im Erbsengrünen...! Zitternd und zagend brachte ihn der unschuldige Uebeltäter seinem Besizer zurück.

Nun: der Erbsengrüne ist längst vermodert. Aber mein Groß­vater und seine Wut waren nicht vermodert, zweiundsiebzig Jahre lang. Es war Haß gesezt zwischen den Brüdern, der von beiden Seiten tyrannisch auf die ganze Sippe ausgedehnt wurde. Ich war als Kind überzeugt, felsenfest überzeugt, daß die Nachkommenschaft von meines Großvaters Bruder, die aus vielen Exemplaren be­stand, und der ich täglich in den Kleinstadtstraßen begegnete, eine ausgemachte Verbrecherbande war, die samt und sonders nichts an­deres im finsteren Herzen brütete, als Löcher in erbsengrüne Fräcke zu brennen. Und ich grüßte keinen davon, obwohl eine bildhübsche Rusine darunter war.

Dann aber, nach zweiundsiebzig Jahren, gings für meinen Großvater ans Sterben. Und vor dem dunklen Schatten, der da nahe kam, verblaßte selbst der Erbsengrüne. Meine Großmutter. des alten Andreas zweite Frau, setzte sich über den geheiligten 3wiespalt hinweg und schrieb an den unbekannten Schwager, der, neunzig Jahre alt und bei bester Gesundheit, in einem nahen Dorfe wohnte. Sie wagte selbst kaum zu glauben, daß er kommen

würde.

waren

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Aber zwei Tage später, als der alte Andreas schon sehr schwach und nach dem Urteil des Arztes das Ende nahe war, so daß wir alle, wohl zu zwanzig Nachkommen hoch, im Heimatorte versammelt zwei Tage später hielt ein Korbwägelchen vor Groß­vaters Haus. Ihm entstieg, weißbärtig wie Andreas, breitschultrig und rüstig, wie auch Andreas noch vor wenigen Tagen gewesen war, der alte Christian in einem Frack aus der Zeit des Erbsen­grünen, einer wahrhaftigen kulturhistorischen Sehenswürdigkeit; aber der Frack war taubenblau. Großmutter bemerkte es mit Er­leichterung; mein Gott, wenn er auch noch erbsengrün gewesen wäre nicht auszudenken!

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Mein Großonkel erwies sich als wortfarger Mann. Er trat mit steifen Beinen an das Bett des Sterbenden und sagte:, Tag, Andreas. Wie gehts?"

,, Och, danke. Tag auch", replizierte Andreas. Damit war die Aussprache beendet. Und meine Großmutter vergoß diesmal sogar eine Träne der endgültigen Erleichterung, denn sie hatte doch mit dem Schlimmsten gerechnet; etwa, daß der alte Andreas sich ab­wenden würde oder so was. Aber nichts dergleichen geschah, und nun würde nicht mehr viel Zeit sein, um was geschehen zu lassen, jedenfalls für meinen Großvater nicht..

Indessen Niedersachsen   sind zäh und haben ihren eigenen Kopf, auch mit zweiundneunzig Jahren noch. Und der alte Andreas tat dem Arzt den Gefallen nicht. Er widerlegte die Diagnose und über­stand den Tag sehr gut. Sogar eine Besserung war zu verspüren am Abend, als ob der Anblick des Bruders die Lebensgeister wieder geweckt hätte.

Dieser brave Alte mußte nun im Hause seines zweiundsiebzig Jahre hindurch sein Feind gewesenen Bruders schlafen, im Fremden zimmer. ,, Es ist doch schön, daß ihr euch wieder versöhnt habt!" sagte meine Großmutter, als er sich hinlegte. Er erwiderte nichts darauf.

Dann ging auch meine Großmutter schlafen. Der Arzt hatte es ihr ausdrücklich gestattet, ja befohlen. Es sei nun vor der Hand feine Gefahr mehr. Und sie habe ja als alte Frau einen leisen Schlaf und werde schon erwachen, wenn sich etwas ereigne. Aber es werde sich nichts ereignen.

Und es ereignete sich doch etwas. Nämlich gegen fünf Uhr morgens wachte der alte Christian auf. Im Morgendämmern sah er seinen Bruder vor sich stehen. Der alte Andreas war im Nacht hemd und rauchte seine lange Pfeife, wie in gefunden Tagen. Christian war ein tapferer und noch gar nicht tapriger Ker!. trotz seiner neunzig Sommer und neunzig Winter. Jetzt aber zitterte er und erschrat tief. Anfangs glaubte er ein Gespenst zu sehen. Dann, als er sich von der rechtmäßigen fleischlichen Existenz seines Bruders überzeugt hatte, war er gewiß, daß er doch noch hinaus geworfen werden sollte, wegen des Lochs im Erbsengrünen. ,, Was ist denn, Andreas?" fragte er angstvoll.

Aber Andreas sagte nur: Ich wollte dich bloß noch mal be­suchen, Christian." Gab aber weiter feinen Grund an, blieb auch nicht des längeren, sondern stapfte, fräftig an seiner Pfeife saugend, gurüd in das Schlafzimmer.

Hier war inzwischen meine Großmutter erwacht. Sie war ent­segt ob Großvaters nächtlicher Exkursion. Er hatte es verstanden, sich mäuschenleise zu erheben und sich seiner Pfeife zu bemächtigen, sie anzustecken und unbemerkt ins Fremdenzimmer zu gelangen. Und er tam auch wieder in sein Bett, ohne daß ihm eine besondere Anstrengung anzumerken war. Er lächelte sogar höchst zufrieden und ein ganz klein bißchen pfiffig, wie es schien. Denn bei Gott  und bei richtigen Niedersachsen   ist kein Ding unmöglich.

Aber am nächsten Tage, um die elfte Stunde, kamen der liebe Gott und der richtige Niedersachse doch zusammen. Großvater ging hinüber, ohne Kampf, zufrieden mit Erlebtem, Durchlachtem, Durch­frachtem und Durchlittenem. Wir sahen alle sein wunderschönes, friedliches und immer noch ein ganz klein bißchen pfiffiges Greifen­gesicht, dem man nicht so recht glaubte, daß es tot sein wollte. Wir sprachen auch von seinem seltsamen nächtlichen Ausflug und kamen freudig überein, daß wohl noch eine letzte, endgültige, rührende Geste der Versöhnung vorgelegen habe das Rauchen der Friedenspfeife gewissermaßen.

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Erst zwei Tage später klärte sich für uns alle die Sachlage auf. Da wurde Großvater begraben. Neben Großmutter hinter dem Sarge her schritt sein Bruder Christian im taubengrünen Frack. Dieser Frack war soweit tadellos durch die Jahrzehnte gekommen. Nur auf dem Revers was war denn da auf dem Revers.? Rein Zweifel: im Revers war ein runder, dunkler Fleck. In

Die toten Uhren

den Revers war ein Loch gebrannt. Es war ein Funken aus einer langen Pfeife geflogen und gerade auf den Revers des Tauben­grauen gefallen. Gerade und genau auf dieselbe Stelle, auf die vor zweiundsiebzig Jahren schon mal ein Funke gefallen war. Bloß wars damals ein Erbsengrüner gewesen...

Es war ein Leichenbegängnis, und wir trauerten sehr um den alten Andreas, aber ein bißchen mußten wir doch lächeln, als wir das Loch sahen. Wir durften uns ja wohl auch darüber freuen, daß Tag zugegeben hatte zu seinem zweiundneunzigjährigen Leben, und wir endlich ganz genau wußten, warum der alte Andreas noch einen warum er in der Nacht vor seinem Tode noch einmal aufgestanden und ins Fremdenzimmer zu seinem Bruder gegangen war, und warum er sich dazu die lange Pfeife angesteckt hatte... Gewiß war es eine Aussöhnung gewesen, aber eine Aussöhnung, wie der alte Andreas sie verstand.

Christian allerdings hatte sie wohl auch verstanden. Denn als meine Großmutter ihm anbot, noch vor dem Begräbnis das Loch im Taubengrauen kunststopfen zu lassen, hatte er erwidert: ,, Nee, das laß man so. Nu hat ja gottlob alles seine Richtigkeit." Aber nun

wird man mich verstehen. Wie gesagt: jeden Menschen, der Andreas heißt, halte ich von vornherein für einen fürchterlichen Dickkopf. Andreas ist so ein störrischer Name. Ich fann mir nicht helfen.

nur ein Rädchen im Getriebe, er ist wieder Persönlichkeit. Auf ihn warten die Schaffner, warten alle Mitreisenden, für ihn sind die Wagen da, die bevende Lokomotive, der Rauch, der Abend, wie sonst die Würstchen, Schokolade, Erfrischungen, das

Eines Tages standen auf dem Potsdamer Bahnhof alle Uhren nur ſtill, als wäre die Zeit plöglich gestorben...

Dies ist nicht der Beginn eines Märchens, es ist ein Tatsachen­bericht. Es ging ganz natürlich zu. Alle Uhren müssen einmal repariert werden, und da die Uhren auf den großen Bahnhöfen wahrscheinlich alle eine gemeinsame Anlage haben, geschieht es eben, daß sie alle in derselben Sekunde stehen bleiben, auf dem Ringbahn­hof, dem Wannseebahnhof, die Treppen hinauf und hinunter bis zum Fernbahnhof. Seltsame Stunde, da das Auge die Uhren alle schwarz um= hüllt wiederfindet wie in Särgen, sorgsam unihüllt, daß die rastende Beit die Menschen nicht verwirre.

O sie verwirrt sie gewaltig! Die hastenden Füße stocken, die Blicke suchen und irren hilflos umher. Was tun? Dort fährt ein Zug ein, dort ein anderer ab, rote Lichter blinken, ist es der Zug, den man hätte haben müssen, ist es erst der vorhergehende oder schon der nächſte?

Einer beginnt zu laufen, da laufen viele, da rennen sie hin, schweißperlend, lassen sich auf die harten Bänke fallen im ersten besten Abteil und missen nicht, warum sie so hegen. Es ist ja keine Uhr da, ihre Eile zu rechtfertigen! Taschenuhren? Nach Taschen­uhren richtet sich kein Zug. Vielleicht hat man sie auch selbst eine Viertelstunde vorgestellt, oder waren es nur zehn Minuten? Ging sie in letzter Zeit nicht nach? Egal, nur nichts versäumen, man versäumt im Leben schon genug!

Nur einer zögert und verlangsamt plöklich seine Schritte. Ferien von der Uhr", sagt er nachdenklich. Vorübergehende lächeln. Jemand antwortet:

,, Eigentlich wahr! Oder sagen wir: Die Zeit streift!" ,, Und darum sezen wir sie eben mal ab!" Nun gehen schon viele langsamer, und Fremde sprechen miteinander und lachen. Und

Lied am Morgen

In kalte, nasse Laken hüllt der junge Tag

die grauen Häusermassen.

Und nur aus einer hohen Esse müllt. fraftloser Rauch

bleischmer in leere Straßen.

Die andern stoßen starr und tot ins Morgenrot.

Ringsum erwachen müde Menschenschritte. Es gehn die Sorge und das Leid in ihrer Mitte.

Wann endlich stirbt denn diese Zeit?

Karl August.

weil sie der Zeit einen Augenblick entronnen sind, sehen sie zum erstenmal, daß es über einem Berliner Bahnhof auch einen Himmel gibt, blauflatternd mit rötlichen Wolken. Die kleinen Vögel hüpfen piepsend zwischen den Schienen. Ein Mädchen lehnt aus dem Fenster eines Hinterhauses und lächelt. Glocken läuten irgendwo. Abendglocken in Berlin  ...

,, Bitte einsteigen!" Da reißt es sie doch zusammen, da ducen sie sich wieder unter der Peitsche der Zeit. Nur einer lacht: Fahren wir eben mit dem nächsten Zug. Darum geht die Welt doch weiter!" Die Welt geht wirklich weiter!

Auf dem Fernbahnsteig ist die Verwirrung noch größer. Da hängt doch manchmal ein kleines Schicksal davon ab, ob man den Zug noch rechtzeitig erreicht. Fieber packt die Menschen vor den toten Uhren, die feine Antwort geben. Wer traut bedingungslos seiner eigenen Zeitberechnung, wenn der Zug mit feuchender Ma­schine steht, wenn andere vorbeihasten?

,, Unerhört!" regt sich ein Herr auf über die verhüllten Uhren. Der Zug muß eben auf uns warten!" Ist es nicht töricht, so zu sprechen auf einem Berliner   Fernbahnhof?

Der Zug aber wartet wirklich. Und das ist in dieser einen Stunde das überwältigend Neue: Auf einmal sind alle Dinge wieder für die Menschen da, und nicht umgekehrt. Worte sind Brücken zueinander. Die unsichtbare Peitsche fehlt. Der Mensch ist die ungeheure Verantwortung für sich selber los. Andere haben sie ihm abgenommen, die ihn schieben, bitten, fragen. Er ist nicht mehr

helle Bier.

warmen

,, Bitte Plaz nehmen!" Die Räder knirschen, Türen schlagen,

langsam fährt der Zug aus der Halle, zögernd: sind auch alle mit­gekommen? Vielleicht würde er noch einmal halten, wegen einer alten Frau mit ihrem Strohköfferchen oder eines Mannes wegen, der hochrot im Gesicht dem Zug nachrennt. In dieser seltenen Stunde sind die Menschen alle füreinander da, alle füreinander verantwortlich, gütig und hilfreich.

Bis die Uhren wieder gehen. Bis jeder die Last der Verant­wortung wieder ganz allein schleppen muß. Jeder sich selbst der nächste ist: Haben Sie denn keine Augen im Kopf, Mann! Da ist doch die Uhr. Immer pünktlich, nicht so lange pennen, ein andermal früher weggehen, pünktlicher sein!"... O seltene, gnädige, unwiederbringliche Stunde, da auf dem Potsdamer Bahnhof alle Uhren stille stehen! Inge Stramm.

Die

geheimnisvolle Oase

Der jähe Tod des Forschungsreisenden Sir Robert Clayton  , der, wie man glaubt, an den Folgen einer in der Libyschen Wüste erlittenen Infektion gestorben ist, ruft seinen kühnen Versuch, die fagenhafte Dafe 3 arzura mit dem Flugzeug ausfindig zu machen, in die Erinnerung. Im Frühsommer dieses Jahres hatte er ge= meinsam mit dem Grafen Almasy von Dakla, der westlichsten ägyp­tischen Dase, aus seine Forschungsflüge über die etwa 500 Kilometer weit sich ausbreitende Sandwüste unternommen. Die beiden Flieger sahen und photographierten ein weites Tal, das eine große Anzahl von Akazienbäumen aufmies. Da die Libysche Wüste   in dieser Gegend sonst allen Pflanzenwuchses ermangelt, glaubten sie, das Vorhandensein der Bäume nur durch eine vielleicht nahe unter der Oberfläche verlaufende Quelle erklären zu können, und meinten, die fagenhafte verlorene Dase Zarzura entdeckt zu haben. Die große Hize machte leider eine Landung unmöglich, so daß genauere Nach­forschungen auf den kommenden Winter verschoben werden mußten. Ob es sich hier in Wahrheit um eine richtige Dase gehandelt hat, die sie gesichtet haben, ist noch zweifelhaft. Die arabischen örtlichen Sagen wissen von einer solchen zu berichten, und die Geschichts­schreiber dieses Volkes erzählen von einer wundervollen Stadt in­mitten einer herrlichen Umgebung, wo ein Menschenstamm, voll­tommen abgeschlossen von der Außenwelt, seit den Tagen der Perser gelebt hat. Doch auch die benachbarte Dase Kufra  , die erst kürzlich durch die Italiener von den Senussis erobert wurde, lebte lange Jahre in der Vorstellung der Araber als eine Traumstadt mit gol­denen Dächern, bis die ersten Forschungsreisenden, die sie kurz nach dem Kriege entdeckten, Ahmed Hassanein Bey   und Rosita Forbes  , in ihr nichts anderes als eines der gewöhnlichen Dasendörfer mit der gleichen Mischbevölkerung, wie sie die benachbarten Dasen auf­weisen, fanden.

Seit Kriegsende haben Automobilfahrten in die Wüste das Vordringen einigermaßen erleichtert, aber die gewaltigen Sand­dünen, die sich 500 Kilometer weit westlich von der Dakla- Dase er­strecken, bilden auch für sie ein beträchtliches Hindernis. Immerhin hat man festgestellt, daß sich diese Dünen in geraden Linien vom Norden her erstrecken und daß zwischen ihnen Kiestäler verlaufen. Im Jahre 1922 ist der Prinz Kamel el Din Hussein mit einer Er­pedition bis 30 Kilometer weit in diese Sandwüste vorgedrungen und ist bei weiteren Unternehmungen in den beiden Folgejahren auf den Lagerplatz des deutschen Forschers Regenfeldt gestoßen, der hier 1879 wissenschaftliche Untersuchungen vorgenommen hat. Der wichtigste Fund, den Prinz Kamel el Dins Expedition zu verzeichnen hatte, war eine Trümmerstätte von Wasserkrügen, 250 Kilometer westlich von Dalla, die man eine Zeitlang für Ueberreste von dem Perserzuge des Königs Kambyses   aus der Zeit um 500 v. Chr. hielt. Es stellte sich dann heraus, daß solche Krüge in Aequatorial­Afrika vor zwei bis dreihundert Jahren erzeugt wurden. Aus den gewaltigen Anhäufungen von Flugsand, die sich während eines Menschenalters in den Oasen von Karga und Dafla angesammelt haben, läßt sich folgern, daß eine schmale, tiefe Einsenkung in der normalen Höhe der Wüste in etwa einem Jahrhundert ausgefüllt wäre. Wenn also Zarzura jemals in Wirklichkeit vorhanden ge= wesen ist, müßte es heute etwa 300 Meter tief unter dem Sande liegen. Vielleicht wird die Wanderung der Dünen nach dem Süden es wieder einmal ans Tageslicht bringen. Ob dann aber auch gol­dene Minarette freigelegt werden, ist sehr zweifelhaft. R. M.