Oer Vermittler.
BITTE, HERR SCHLEICHER, REDEN StE f" ES IHM V
STß�SSER � WIßOES �Füß AtlCH �(V/SCHAFFEN!
HiTiEß
Nazi-Arzt als Mordführer. Ein Medikus verlangt den Jagdschein des G Sil!
Paderborn . 21. September.(Eigenbericht.) Das Paderborner Sondergericht verurteilte am Mittwoch den Neuhäuser N a z i a r j t Dr. Linden, der zwei Menschenleben.auf dem Gewissen hat. wegen Tot- schlags. Körperverletzung. Sachbeschädigung und Wasfen- mis.brauchs zu einer Gesamtstrafe von 7 Jahren Ge» fängnis. Der Antrag des Staatsanwalts lautete auf 1<1 Jahre Zuchthaus. Die Voraussetzungen für die Anwendung des S 51 hielt das Gericht bei Linden nicht gegeben. Es billigte ihm verminderte Zurech» nungsfähigkeit und mildernde Umstände bezüglich des Totschlags zu. Aus diesem Grunde hat das Gericht von einer Zuchthausstrafe Abstand genommen. Die übrigen 13 Angeklagten erhielten Gefängnis» strafen von 3 Monaten bis zu 2 Jahren. Das Urteil gegen den nationalsozialistischen Arzt Dr. Linden ist außerordentlich milde ausgefallen, wenn man die Brutalität in Erwägung zieht, mit der diese Zierde der medizinischen Wissenschaft vorgegangen ist. In der Nacht zum Wahlsonntag— 31. Juli— hatten sich, wie wir berichteten, die Nationalsozialisten in Neuhaus bei Paderborn „bedroht gefühlt�. Deshalb weckten ste ihren Pg. Linden, damit er Hilf« besorge. Auf dem Wege zu Linden trafen sie einen Mann mit den Freiheit s- pfeilen. So im Vorbeigehen überfielen die angeblich Bedrohten den einzelnen Sozialdemokraten, schlugen ihn nieder und richteten ihn übel zu. Linden holte tatsächlich„Hilfe" herbei. Zwischen Neuhaus und dem Sennelager überfiel dieser..Hilfszug" der SA. zunächst vier sozialdemokratische Plakatkleber. Einige hundert Meter weiter traf der SA.-Ueberfallwagen auf eine kommunistische Klebe- kolonne. Dr. Linden ließ den Wagen hallen, und schoß blindlings in die fliehende Kolonne. Dabei wurde der K o m m u n i st
Brisicke getötet. Vor Gericht bekundete der SA.-Mann Steffens. daß diese Ueberfälle planmäßig vorgenommen wurden; ein anderer SA.-Mann bestätigte dies. Der intellektuelle Führer der Mordexpedition, Dr. Linden, aber behauptete, er sei g e i st i g nicht zurechnungsfähig, weil er früher— Morphinist gewesen seil Das Gericht hat diesem Dr. med. zwar nicht den ganzen Jagdschein des Z 51 zugesprochen, ihm aber doch eine be- schränkte Unzurechnun gssähigkeit zugebilligt, so daß er mit Gefängnis für ein Menschenleben davon kommt. Der Staatsanwalt hatte ll) Jahre Zuchthaus beantragt.
Furchibare Zuchthausurteile. Wieder in Schlesien . Das Beuthiner Sondergericht verhandelte am Mittwoch gegen sieben Kommuni st en aus Miechowitz, bei denen in den Tagen vor der letzten Reichstagswahl eine größere Anzahl von Waffen sowie Dynamitpatronen, Sprengkörper und fertiggestellte Behältnisse zur Anfertigung von Bomben gefunden worden waren. Nach langer Verhandlung, in deren Verlauf nur ein Angeklagter geständig war, verurteille das Gericht den Hauptangeklagten, Grubenarbeller Jakob Meier, zu fünf Jahren einem Monat Zuchthaus und fünf Iahren Ehroerlust wegen Derbrechens gegen das Sprengstoffgesetz und Vergehens gegen das Kriegsgerätegesetz. Zwei Angeklagte wurden freigesprochen. Drei Angeklagte erhielten Gefängnisstrafen von zwei Monaten bis vier Monaten, das Verfahren gegen einen Angeklagten wurde abgetrennt. Der Staatsanwalt hatte insgesamt 2 g Jahre Zuchthaus und drei Jahre drei Monate Gefängnis beantragt!
Einsetzung eines Reichskommissars in Preußen gegeben gewesen wären, shöri, hört!) wundern sich die Herren Rationalsozialisien, daß ihre Klogen über die Willkür des Reichskommissars auf diesen keinen Eindruck machen? sSehr wahr! bei den Soz.) Von den Junkern um die Macht betrogen verkünden jetzt die Nationalsozialisten, sie wollten die Volksrechte schützen. Aber auf das Volk beruft sich sogar Herr von Papen. Auch er will den wirklichen nationalen Willen des Volkes verkörpern, der sich bloß noch nicht geoffenbart hätte.(Heiterkeit.) Auf den Volks» willen beruft sich auch der ärgste Reaktionär. Aber ein ehrlicher Freund des Volkswillens ist nur der, der das gleiche Wahlrecht und die p a r- lamentarische Regierungsweise als unbedingte Grundgesetze anerkennt. Die Nationalsozialisten fordern alle Macht für einen Mann, für Adolf Hitler , das heißt, sie wollen dem deutschen Volke alle politischen Rechte und Freiheiten rauben. Von der regierenden Iunkerclique unterscheiden sich die National- sozialisten nur dadurch, daß sie einen anderen M a n.n als Diktator über das Volk setzen wollen. Wir aber wollen dem Volt sein politisches Recht und seine politische Freiheit erhalten. Wenn jetzt der Reichstag ein über das andere Mal auseinandergejagt, wenn der Preußische Landtag völlig entmachtet wird, ist der Grund dafür, daß das deutsche Volk sich in diese Parlamente antiparla- mentarischer Mehrheiten hineingewählt hat. Parlamente mit anti- parlamentarischer Mehrheit oerdienen keine Macht, haben keine Macht und werden niemals Macht ausüben. Sein Recht erhält das deutsche Volk erst zurück, wenn es wieder ehrliche Anhänger seiner Selbslregierung und Selbslerhaltung wählt.(Lebhaste Zustimmung bei den Soz.) Nach dem 24. April und dem 31. Juli haben die National» sozialisten geprahlt, noch nie sei eine parlamentarische Partei in Deutschland so stark gewesen wie sie. Jetzt wird euch das deutsche Volt fragen: was habt ihr uns mit dieser Stärke ein- gebracht? Sie haben für das Volk nichts geleistet, sie kehre« zum Volk mit leeren Händen zurück. Sie haben dem Volke vorerzählt, an seinem Elend seien die Tribute schuld. Seit dem 1. Juli 1331 zahlt das deutsche Volt keinen Pfennig Tribute mehr; ober Elend und Not sind gewachsen. Sie haben dem deutschen Volke vorerzählt: stür-lt das System Brüning und es wird euch besser gehen. Aber trotz ihres Jubels über Brünings Sturz— das Elend des deutschen Volkes ist immer größer geworden. Auch ihre Wähler werden endlich merken, daß das Elend dieser Krisenzeit vom kapitalistischen Wirt- schaftssystem herrührt! Sie nennen sich„Sozialisten", aber Sie wissen überhaupt nicht, was Sozialismus ist. Sozialismus heißt Selbstregierung des Vol- kes auf wirtschaftlichem Gebiet, heißt planmäßige Ord- nung der Wirtschaft durch das Volk für das Volk. Was wir heute in Rußland vor uns sehen, ist kein Sozialismus; denn das arbeitende Volt ist dort von der Leitung der Produktion tatsächlich vollkommen ausgeschlossen. Es gibt keinen Sozialismus ohne demokratische Mit- Wirkung der Arbeitermassen. Voraussetzung des Sozialismus aber ist die Enteignung und Verstaat- lichung der Banken, der Bergwerke, der Nietall- industrie, der Elektroindustrie und der Baustoff- industrie. Wollen Sie diese Produktionsstätten und Produktionsmittel ent» eignen? Nein! Darum führen Sie den Namen So- zialisten zu Unrecht. (Sehr wahr! bei den Soz.) Freilich, wir sagen den Massen in aller Offenheit, das Ziel der Enteignung, das Ziel der sozialistischen Planwirtschaft läßt sich nur erreichen, wenn sich die arbeitende Klasse organisiert und die politische Macht erobert. Diese Lrganisierung der arbeitenden Menschen, diese Machteroberung für die arbeitenden Menschen ist die Aufgabe der Sozialdemokratie. Und der Erfüllung dieser Aufgabe werden wir im kommenden Reichstags- Wahlkampf wieder ein Stück näher kommen!(Lebhafter Beifall bei den Soz.) Abg. Sohle(Rsoz.) erklärt, die Reden der Kommunisten und Sozialdemokraien seien einzig und allein auf den Wahlkampf ab- gestimmt gewesen. Die kommissarische preußische Regierung, so fährt der Redner fort, haben den allen Etat unverändert übernommen und genau so weitergewurstelt wie die alte Regierung. Langsam ab«r sicher gingen wir auch unter Führung dieser Herren dem Ad- grund entgegen. Sie(zu den Deutschnationalen ) nennen sich Mon- archisten und hoben mit der Zustimmung zum Republikschutzgesetz die Ruckkehr des Kaisers verhindert. Hätten Sie vor dem Kriege das Werk Bismarcks besser verwallet, dann wäre 1918 die Revo- lution nicht gekommen. Wenn Si« den Kampf von uns wollen, Sie sollen ihn h a b e n!(Stürmischer Beifall bei den Nsoz.) Abg. Kube(Nsoz.) erwidert dem Abgeordneten Heilmann, er habe es mit mädchenhafter Scheu vermieden, �ur Tagesordnung zu sprechen. Auf die schönen cheoretischen Vorträge über Sozialismus komme es nicht an. Praktische Bedeutung habe der Nothaushalt, den Seoerina mit feinem Namen gezeichnet habe. Aus den schmerzens- reichen Rufen Heilmanns an das Zentrum höre man die tief- enttäuscht« Liebe eines Liebhabers heraus, der feststellen müsse, daß sich bei seinem ehemaligen Geliebten Möglichkeiten zur Anknüpfung eines neuen Verhältnisses ergäben.(Große Heilerkeit.) Der Redner wendet sich dann gegen den Reichskanzler von Papen und erklärt: Wir haben den Kampf g«gen den Marxismus nicht geführt, damit an die Stelle der sozialdemokratischen Landräte Ihre Landräte tretem Die Zellen sind vorüber, wo man das deutsche Volk mit einer an- geblichen Ueberlegenheit bevormunden konnte. Wenn Sie es wagen sollten, uns gegenüber die Verfassung außer Kraft zu setzen, dann müssen Sie sich selbst dafür verantwortlich machen, wenn Repressalien von irgendeiner Seite ins Auge gefaßt werden. Wie will Herr von Papen nach der Reichstagsneuwahl gesetzlich weiterregieren? Glaubt man, daß Deutschnationale und Deutsche Bolkspartei im neuen Reichstag die Mehrheit haben?(Lachen rechts.) Zn der harzburger Front wollte man uns mit dem Marxismus abrechnen lassen, aber die führenden köpfe wollten die Deutsch - nationalen wie aus einem Sohlkopswagen in Massen heran- bringen. (Heiterkeit rechts.) Don diesem Köpfe-Angebot haben wir allerdings keinen Gebrauch gemacht. Der ö. November wird kein wesentlich anderes Bild zeigen als der 31. Juli. Wir werden sehen, ob am 7. November Herr von Papen wieder mll einer Handbewcgung das Votum der deutschen Nation beiseiteschiebt.(Beifall bei den Nsoz.) Das Haus vertagt sich auf Donnerstag 12 Uhr: Anträge über den Konflikt mit der'kommissarischen Regierung, sozialdemokratischer Mißbilligungsamrag gegen den Landtagsprösidentcn Kerrl , Vor- Verlegung der Gemeindewahlen und zurückgestellte Abstimmungen.
Franz Schmitt gestorben. In München ist, 79 Jahre alt, Genosse Franz Schmitt gestorben, der Jahrzehnte hindurch in der Organi- sation der südbayerischen Parteiorganisation führend tätig war. Von Berus Optiker, hatte Schmitt im Metallarbeiterverband und in der Partei Gelegenheit, große organisatorische Fähigkeiten zu entwickeln. Von 1997 ab war er Parteisekretär sür München . Cr gehörte auch eine Reihe von Jahren dem Bayerischen Landtag und dem Reichstag von 1912 an. Im ersten Landtag des Freistaates Bayern war Schmitt Präsident bis 1929. Termin am Sankt-Rimmerleins-Tag? Der Staatsgerichtshof hat in der Klage Preußens gegen das Reich den k. Oktober noch nicht als Termin angesetzt. Ein solcher Termin kann„zur Zeit noch nicht erfolgen, da der Briefwechsel zwischen den Parteien noch nicht abgeschlossen ist". Da scheint man gar keine Ell« zu haben. die wichtige staatsrechtliche Entscheidung zu fällen.
Finanznot der Städte. Frankfurt am Main kann nicht einlösen. Die Stadt Frankfurt (Main ) kann am 1. Oktober 39 M i l- lionen Mark Frankfurter S ch atz a n w eisu ng e n nicht«inlösen. Reichshilfe wurde trotz energischer Verhand- lungen des Frankfurter Kämmerers in Berlin bisher versogt. Es ist nun beabsichtigt, das Gesetz betreffend die gemeinsamen Recht« der Besitzer von Schuldverschreibungen von 1899 auch auf kommu- nale Schatzanweisungen anwendbar zu machen. Die Beschränkung von Gläubigerrechten soll also künftig nicht nur nichtöffentlichen, sondern auch öffenllichen Körperschaften zugute kommen. Die an- gestrebte Aenderung kann jedoch nur vom Reich getroffen werden. Deshalb laufen gegenwärtig Verhandlungen zwischen dem Deutschen Städtetag und dem Reichsjustizministerium.
Vorsicht vor Parteispionen! Kommunisten mit 3 Pfeilen. Wie das Kölner Parteisekretariat bekannt macht, hat die dorttge KPD . die Anweisung gegeben, die Agitation in der Sozialdemo- kratie mittels Tarnung zu betreiben. Diese Tarnung soll dadurch geschehen, daß die Propagandatrupps entweder das Dreipseil- Abzeichen, das Reichsbanner-Abzeichen oder das Ab- zeichen vom Freien Wassersport anlegen, um so den Leuten vorzutäuschen, sie seien unzufriedene Mitglieder dieser Organisa- tionen. Die Briefe der Herrschaften gehen zum Teil mit der An- rede:„Lieber sozialdemokratischer Klassengenosse" hinaus. Man wird diesen lieben Freunden also nicht nur aufs Maul, sondern auch aufs Parteibuch sehen müssen!
Oas hat noch gefehlt. Für Wehrpflicht. Der Frontkriegerbund e. V-, Sitz München , hat beim Reichs- minister des Innern Zulassungsantrag zur Durchführung eines Volksbegehrens gestellt, das die Wiederherstellung der deutschen Wehrmacht auf der Grundlage der allgemeinen Wehrpflicht zum Ziele hat. Das Voltsbegehren soll zum Erlaß eines Gesetzes durchgeführt werden, wonach Teil V des Versailler Vertrages förmlich außer Kraft gesetzt und die deutsche Wehrmacht wiederhergestellt wird durch Ein- und Durchführung der allgemeinen Wehrpflicht in vollstem Umfange. Das ganze Volt soll der Landesverteidigung dienstbar gemacht werden.
Ein solches„Volksbegehren" ist das geeignetste Mittel, Deutsch - lands Position bei den jetzigen internationalen Verhandlungen noch glänzender zu gestalten.
Lilwmow als Vermittler? Vorschläge für Deutschlands Rückkehr noch Genf . Gens. 21. September.(Eigenbericht.) Das Büro derAbrüstungskonferenz setzte am Nach» mittag seine Aussprache fort. Lilwlaow beantragte, zuerst die wich» t i g st e n Probleme zu diskutieren und nicht die leichtesten vor- zunehmen. Man dürfe nicht die Atmosphäre des Pessimismus ver- gessen, unter der die erste Phase der Konserenz beendet worden sei. Man müsse gerade die schwersten Fragen vorausnehmen, die ge» eignet seien, eine wirkliche und greifbare Herabsetzung der Rüstungen herbeizuführen. Nur eine quantitative Herabsetzung der Rüstungen könnte eine Maßnahme dieser Art darstellen, wie groß auch immer das Jnteress an einer qualitativen Rüstungsbegrenzung sei. Die ganze Konferenz beklage lebhaft das Fehlen Deutschlands in der Bürositzung, aber Herr von Neurath habe in seinem Brief verlauten lassen, daß die Rückkehr Deutschlands zur Konserenz möglich sei unter der Bedingung, daß die Arbeiten dieser Konferenz zu einer gewissen Höhe gebracht würden. Wenn das Büro entscheiden würde, der Generolkommission eine Maßnahme zur Verminderung der Rüstungen um ein Drittel vorzuschlagen, dann hätte die Konferenz sicher von neuem das Vergnügen, unter ihren Teilnehmern ein deutsches Mitglied zu sehen. Die Diskussion galt dann der Methode, wie man zu den Be» ratungen überhaupt kommen solle. Paul Boncour (Frank- reich) verlangte, daß die Politiker über alle Fragen, in denen bereit» Uebereinstimmung herrsche oder Mehrheiten vorhanden seien, präzise Texte aufstellen müßten. Man dürfe diese Fragen nicht wiederum an das technische Komitee zurückverweisen, da dies unnütz und zweck- lose Arbeit sei. Ueber eine Menge von Fragen hätte die Kommission genügend Entscheidungsmerkmale, und es müßte nunmehr entschieden werden. Wilson-Amerika beantragte die Bildung eines Komitees zur Untersuchung der Waffenfabrikation und des Handels, dem sich das Büro anschloß, während Sir Zahn Simon-Cngland vom General- sekretär einen Bericht verlangte über die Sachberatungen für die Möglichkeit zum Verbot der Fabrikation von Gas, der Maschinen zur Verbreitung des Gases und der Ausrüstung und Ausbildung von Mannschaften zum Gebrauch des Gases, alles in Friedenszeiten. Dieser Vorschlag wurde ebenfalls angenommen. Das Büro behielt sich die Prüfung des Verbots des chemischen Krieges und de» Bombenabwurfe auf Zivilbevölkerung bis zur Vorlage dieses B» richte vor.