Die Lage der armen Landarbeiter, die ja in der That beiuns die unterdrückteste und geknechtelste Menschenklassedarstellen, ist aber in den weitaus meisten Fällen eine derartige,daß an den Ankauf eines Rentengutes auch nicht im entferntestengedacht werden kann. Doch selbst angenommen, der Arbeiter hatsich in rastlosem Ringen, durch glückliche Zufälle begünstigt,wirklich so viel erspart, um den Ankauf eines kleinen Renten-gutes zu ermöglichen, seine Verschuldung ist dann doch von vorn-herein eine so enorme, daß ein derartiger Besitzcrwerb den Keimeines baldigen Zusammenbruches meistens schon in sich trägt.Mit derartigen Mittelchen ist sicherlich dein Laudarbeiterebenso wenig geholfen, ivie es durchaus lächerlich ist, von ihneneine Steuerung der Latisundieubildung erwarten zu wolle». Solange der Landarbeiter und der kleine Bauer, der ja in denmeisten Fällen auch nichts weiter als Landarbeiter ist, sich voll-ständig von den Organe» der Regierung, von der feudalenJunkerschaft und von den Großbauern bevormunden und insSchlepptau nehmen lassen, so lange ist denselben auch nicht in derallergeringsten Weise zu helfen.Das Ende einer Kolonialmacht, und zwar der infrüheren Jahrhunderten ersten und größten, der spanischen,scheint bevorzustehen. Zu den unlösbaren Schwierigkeitender Lage aus Kuba gesellt sich nun ein Ausstand auf denPhilippinen, der großen und werthvollen Inselgruppe imStillen Ozean. Truppen sollen nun auch dahinentsandt werden; in Madrid sind Mitglieder desspanisch- philippinischen Klnbs verhaftet worden. Dabeiwerden die Schwierigkeiten in Spanien selbst immergrößere. Die Bevölkerung und vor allem die Frauen setzender Einschiffung der Truppen nach Kuba Widerstand ent-gegen. In Barcelona hat die Polizei Plakate revolutionärenInhaltes von den Anschlagsäulen entfernt. Gleichzeitig wachsendie finanziellen Schivierigkeiten. Der Augenblick, wo Spanienseine Zahlungen einstellen muß, steht bevor, jeden Momentkann die revolutionäre Bewegung offen auftreten. DerVerlust von Kuba scheint sicher, der Sturz der Monarchiebevorstehend.—Chronik der Majestätsbeleidiguugs- Prozesse.Ein Beamter der Dresdener königlichen Polizeidirektion, derStadtgendarm Emil Hugo Kerneck, wurde wegen Majestäts-beleidigung zu fünf Monaten Gefängniß verurtheilt.Ein Monat gilt als verbüßt. Die Beleidigung ist im betrunkene»Zustande begangen worden.»»»Deutsches Reich.— Das„Reichsgesetzblatt veröffentlicht das Bürger-liche Gesetzbuch und das dazu gehörige Einführungsgesetz.— Ueber den Rücktritt des Kriegsm in i st erssind die bürgerlichen Blätter noch immer mit Betrachtungen ge-füllt. Die Aeußerung der„Köln. Ztg." erscheint uns die in-teressanteste:„Als das Ergebnis der vom„R e i ch s- A n z e i g e r" a n s sneue erössneten Erörterung der Gründe für den Rücktritt desKriegsministers ist bereits festgestellt worden, daß die Darlegungihren Zweck, Mißverständnisse und Miß-deutungen zu erklären, vollständig verfehlthat. Ist es an sich schon eiu unerfreuliches Z eich ender Zeit, daß eine so ungewöhnliche, von a m t-licher Stelle ausgehende Kundgebung so wenigGlauben im Volke findet und— wie zugestanden werde»muß— so wenig Glaubwürdigkeit verdient, so istes noch weit bedauerlicher, daß jene Auslassungen Rückschlüsse aufGesinnungen und Anschauungen förmlich ausdrängen, die man beiLeuten, vor denen sich die Spalten des„Reichs- und Slaats-Anzeigers"öffnen, am Ende des IS. Jahrhunderts für unmöglich halten sollte undd»«, falls sie auch fernerhin Einfluß üben, auf unser Verfafsungslebe»geradezu verhängnißvoll wirke» könnten. Wir meinen dieAnschauung, der offenbar der Gedankengang der Verfasserjenes amtlichen Schriftstückes entspringt, daß das preußischeVolk so„unbefangen", harmlos und so politisch gleichgiltigsei, daß man ihm die äußere Form derartiger Bräuche, wiees die Begründung von ministeriellen Entlaffungsgesuchenmit Gesundheitsrücksichten ist. für die inneren Sachgründe,die Schale für den Kern bieten könnte. Wäre das der Erfolg,den die verfassungsmäßige Betheiligung des Volkes an seinerRegierung gezeitigt hat, so stände es traurig um Deutsch-land. Nicht minder verhängnißvoll ist der im„Reichs-Anzeiger" unternommene Versuch, den Chef des Militär-kabinets, dem, mag er auch nach der Verfassung nicht ver-antwortlich sein, doch als Staatsdiener sei» voll-gerütteltes Maß an Verantwortung zufällt, beiseite und stattseiner die Person des Königs in den Vordergrun dzu schieben in der unverkennbaren Absicht, so emer be-schränkten Unterthanenkritik den Mund zu verbieten. Solltedieser Versuch erneuert werde», so könnte auch er leicht das Er-gebniß haben, daß er das Gegen theil seinesZweckes erreicht und somit die Kundgebungdes„R e i ch s- A n z e i g« r S" der Ausgangspunkteiner Aera innerer Kämpfe würde, die hoffent-lich nie anbrechen wipd. Ueberhaupt sollte mau meine»,es könnte nicht gar so schwierig sein, zu vermeiden, daß denFeinden der bestehenden Staatsordnungimmer wieder neue Waffen an die Hand ge-geben würden. Die Leute, die soeben im„Reichs-Anzeiger"zn Wort gekommen, sind doch sicherlich mit uns und allen treumonarchisch gesinnten Männern im Reich darin einig, daß auch siedem Könige und dem Vaterlande dienen und für dieses Ziel ihrebesten Kräste einsetzen wollen. Dazu aber thut vor allem dieEinsicht»oth, daß das heute, wo die Zügellosigkeit in Wort undSchrift sich immer dreister gegen jede Autorität auflehnt, nichtmehr mit einer Krück st ockpolitik nach Art desgroßen Friedrich geschehen kann. Auf diesem Gebietscheinen uns die Mißverständnisse zu liegen, die zerstreut werdenmüssen, wenn Mißdeutungen vermieden werden sollen."—— Zur Erhöhung der Beamtengehälter er-fährt die„National- Zeitung", daß die Gehälter der Ober-Präsidenten von 21 000 auf 24 000, das Höchstgehalt der vor-tragenden Räthe von 9900 aus 11000, der Regierungsräthe von0000 auf 7200 und der Landräthe von 4S00 auf 6600 M. steigen.Außerdem soll durchweg das Aufrücken innerhalb der Gehalts-klaffen rascher als bisher erfolgen.Man sieht, daß für die Großen reichlich gesorgt wird: leidererfreuen sich diejenigen, die es am nöthigsteu haben, nicht dergleichen Fürsorge.—— Der deutfch-chilenische Handelsvertragvom 1. Februar 1362, dessen Ablauf auf grund der im vorigenJahre von chilenischer Seite erfolgten Kündigung am 27. Augustbevorstand, ist gestern im Wege des Notenaustausches bis zumLI. Mai 1897 verlängert worden.—— Die Generalversammlung der deutschenKatholiken ist mit einem Festzuge eröffnet worden.Folgende Themata sind auf die Tagesordnung der General-Versammlung, die bis einschließlich Donnerstag, den 27. d. Mts..dauern wird, gesetzt: 1. Die Römische Frage; 2. Missionen undCharitas; 3. Die soziale Frage; 4. Die Agrarfrage; b. Unter.richt. Schule und Wissenschast: 6. Presse: 7. vereinswesen;8. Christliche Kunst.Zu dein Thema„Soziale Frage" sind bereits zahl-reiche Anträge, betreffend Fortführung der Sozialreform, Arbeiter»wohl, Frauenarbeit, Bekämpfung der Trunksucht, Arbeits-Vermittlung, Sonntagsruhe u. s.«. eingegangen.Zu dein Thenia„Agrarfrage" hat der Landtags-abgeordnete Herold folgenden Antrag gestellt:„Die 43. Generalversammlung der Katholiken Deutschlandserklärt:1. Ein leistniigsfähiger und kräftiger Grundbesitzerstand istfür unsere gesammte wirthschaftliche und soziale Ent-Wicklung von der höchsten Bedeutung.2. Es ist daher Aufgabe des Staates und der kommunalenVerbände, i» anbetracht der äußerst bedrückten Lage, in dersich die gesammte Landwirthschast befindet, derselben ganzbesonders ihre Fürsorge zuzuwenden.Im eiiizeluen ist vorzugsweise anzustreben:Die- Gewährung vermehrter Mittel zur technischen Hebungder Laudivirthschaft, unter anderem für landwirthschast-liche Schulen, für Versuchsstatisneu, für Meliorationen, zurHebung der Viehzucht und zur Unterstützung der landwirth-fchafllichen Vereine und Genoffenschasten in ihren Aufgaben,ferner Anregung und ivirksame Unterstützung von Verbändenund Genossenschaften zur Erleichterung sowohl des Real- alsPersonalkredits, die entschiedene Bekäuipfnng der Ein-schleppung und Verbreitung der Viehseuchen, Ansdehnung undbessere Nutzbar», achung der Verkehrsstraßen für die Land-wirthschaft, möglichste Verwendung von einheimischen Pro-dickten der Laudivirthschaft, eine der Billigkeit entsprechendeSteuerpolitik und Ausgestaltung der Gesetzgebung für die Be-dürfnisse der Landwirthschast auf verschiedenen Gebieten, ins-� besondere die Einführung eines der Stammessitte ent-sprecheudeu Erbrechts.So sehr außerdem für das Gedeihen der Landwirth-schaft und damit auch im Interesse der Gesammtbevölkerungangemessene Preise für die landwirthschastlichen Erzeugnissezu erstreben sind, so ist doch zur Herbeiführung derselben«ine Monopolisirung des Handels oderstaatliche Festsetzung der Preise zu ver-meide n.3. Zur allgemeinen Verbreitung und Anwendung der erheb-lichcn Fortschritte im landwirthschastlichen Betriebe, zurbesseren Verwerthung der landwirthschastlichen Erzeugnisseund zur Förderung des ländlichen Kreditwesens, sowiezur aiigeinessenell Vertretung der landwirthschaftlicheilInteressen, zur Hebung des Staudesbewußtscins und Auf-rechterhaltung guter alter Sitten, namentlich auch inbezug auf gesundes Erbrecht, ist die Bildung von zweck-entsprechenden Genossenschaften und der Zu-sanniieiischliiß der Landwirthe in Vereinen, besonders denchristlichen Bauernvereinen, dringend zu empfehlen, umso mehr, als zur Zeit eine gesetzliche, organisch ge-gliederte Vertretung des landwirthschastlichen Berufsstandesnicht besteht."Betreffs der Römischen Frage haben die AbgeordnetenDr. Lieber, Gröber, Dr. Schädler, Dr. Bachem und Genoffenfolgenden Antrag eingebracht:„Die 43. Generalversammlung der Katholiken Deutsch-lands spricht von neuem die durch die Ereignisse der Zeitimmer mehr begründete und befestigte Ueberzeugung aus, daßdie Wiederherstellung der territorialen Souverainetät des heiligenStuhles für die Selbständigkeit desselben und für seine volleFreiheit und Unabhängigkeit in der Regierung der Kirche eineunabweisbare Nothwendigkeit ist, und daß jede von Gott ge-setzte weltliche Geivalt in» wohlverstandenen eigenen Interessehandelt und zur Wiederherstellung der erschütterten Gesellschafts-ordiiung mitwirkt, wenn sie die vom hl. Stuhle deshalb erhobenenRechtsansprüche erfolgreich unterstützt.Die 43. Geiieralversamiiilung der Katholiken Deutschlandsspricht die zuversichtliche Hoffnung aus, daß die dem heilige»Stuhle gebührende Weltstellung»och mehr zur Anerkennung ge-langt, und ist überzeugt, daß diese Weltstellung zur Aufrecht-erhaltung des Friedens, sowie zur Vermittelung der wider-streitenden Interessen der Völker und der Gesellschaftsklaffendasjenige leisten werde, was weltliche Macht nicht vermag."Die„Frankfurter Zeitung" meldet aus Dortmund: Die43. Geiieralversammlung der Katholiken Deutschlands wurdedurch eine Festversammlung eröffnet. Anwesend waren3S00 Personen. Es wurden die üblichen Ansprachen gehalten.Der protestantische zweite Bürgermeister Dortmunds gedachte inlängerer Siede der blühenden Entwickelung Dortmunds undsprach die Hoffnung aus, daß die Versammlung den sozialenund konfesfionellsn Frieden fördern werde.— Als Mitgliedersind bis jetzt 2200 eingeschrieben.— Nachmittags fand ein Ver-bandsfest der katholischen Arbeitervereine statt.—Dortmund, 24. August. Gleichzeitig mit der gestrigen Be-grüßuugsfeier des deutscheu Katholikentages tagte eine von etwa1000 Personen besuchte polnische Versammlung, inwelcher von einem Theil der Versammelten versucht wurde, diepolitisch-religiösen Streitigkeiten auszutauschen. Diese gingensogar soweit, einen Franziskanerpater, der zum Frieden mahnte,zu verhöhnen, worauf dieser, um weiteren unliebsamen Szenenvorzubeugen, die Rednertribüne verließ. Es entstand eingroßer Lärm, so daß der anwesende Polizeibeamte mitder Auflösung drohte. Der Polentag, der eigentlich fürRheinland und Westfalen einberufen war, schloß mit der An-nahine einer Ergebeiihsitsadreffe an den Bischof von Paderbornsowie mit Annahme einer Resolution, worin der deutsche Katholiken-tag um Wahrnehmung und Förderung der Interessen der Polenin Deutschland gebeten wird. Gleichzeitig wurde ganz entschiedender Unterricht in polnischer Sprache gefordert. Die Versammlungwar von langer Hand vorbereitet und eigens aus Posen Rednernach Dortmund gereist, während in der breiten Oeffeutlichkeit vonder beabsichtigten polnischen Tagung in Dortmund nichts be-kannt war.—„Noch ist Polen nicht verloren." Wie ver-schiedenen Blättern aus Posen gemeldet wird, hat nach Mit-t Heilung der Posener Polizeibehörde das Amtsgericht lzu Berlin auf Antrag der Staatsanwaltschaft die Beschlag-nähme des bekannten polnischen Liedes„Noch ist Polen nichtverloren" angeordnet, weil dasselbe die Aufforderung andie polnische Bevölkerung zur Anwendung der Waffen behufsWiederherstellung eines selbständigen polnischen Reiches enthältund somit, da die national-polnische Agitation hierfür auch einenTheil des preußischen Staates reklamirt, eine Klaffe der Be-völkerung des Deutschen Reiches zu Gewaltthätigkeiten gegen dieandere öffentlich anreizt.Die Bevölkerung in Posen ist politisch zu rückständig, um zubegreisen, daß ein Lied, das Jahrzehnte hindurch anstandslos gesungen und verbreitet werden konnte, plötzlich ein fürchterlichesVerbrechen enthalten soll. Brauchen die Staatsanwälte so langezur Ueberlegung oder ist eine neue Polenpolitit im Gange?—— Zur Landtags-Nachwahl im Oberamt Cann-st a t t(Württ.) schreibt der„Beobachter", das Zentralorgan derwürttembergischen Bolkspartei:„In der Stadt spricht man mitNachdruck davon, es dürfe diesmal unter keinen Um-ständen ein Sozialdemokrat gewählt werden.Die Bürger haben dies ganz in der Hand, doch darf schon heutebetont werden: falls nicht die Volkspartei, sondern wieder diedeutsche Partei mit der Sozialdemokratie in die Stichwahlkommt, hat die Demokratie weder einen allgemein« politischennoch lokalen Grund, ihr früheres Verhalten für die etwaigeStichwahl irgendwie zu verändern."— Wißmann's Absicht, von seinem Posten alsGouverneur der ostafrikanischen Kolonie zurückzutreten, wird an-scheinend offiziös dementirt.—— Der Gouverneur vonKamerun. Herr Zetko4 Puttkamer, ist bereit« nach Afrika abgereist-Ungar«.Budapest, 23. August. Gestern wurden bei der Waffen«Übung der Honveds(Landwehr) in der Nähe von Unghvardreißig Mann infolge der enormen Hitze bewußtlos. Ein Man»ist bereits am Hitzschlag gestorben.—Schweiz.Zürich, 22. August.(Eig. Bericht.) Die Kosten des infolgeder A u ß e r s i h l e r Unruhen nothivendigen Truppen-aufgebots werden auf 20 000 Fr. berechnet.Wegen der Außcrsihler Unruhen sind noch 60 Personen ingerichtlicher Untersuchung, aber nur 5 davon in Haft. Bis aus6 sind sämmtliche Schiveizerbürger. Dem Berufe nach sind dieAngeschuldigten Bauarbeiter, Landivirthe, Handlanger, Knechte,!Taglöhner, Bahuarbeiter, Schlosser, Schreiner, Wirthe, Holz-Händler, Arbeiter des Stadtbauamtes und eine Kellnerin. Wieviele von den vorgenannten berufsthätige Unternehmer und ivieviele Arbeiter sind, sagt der Bericht der Regierung nicht. Unter42 Einvernommenen waren 19 schweizerische Soldaten. Geständig derKörperverletzung oder Eigenthumsschädigung find 14, de« Dieb»stahls 1.Zürich, 22. August.(Eigener Bericht.) Das sozial«demokratisch« Parteikomitee sordert in einem Ausrufdie Genossen auf, für die Ende Oktober stattfindenden National-r a t h s w a h l e n die Vorbereitungen zu treffen. Wo eS den Genossen irgend möglich ist, sollen gemäß der 1392 vom SolothurnerParteitag beschlossenen Resolution eigene sozialdemokratischeKandidaten und zwar bewährte Parteigenossen aufgestellt werden.Wo die Aufstellung einer selbständigen sozialdemokratischen Kan-didatur nicht möglich, bleibt es den Genossen der betreffendenWahlkreise überlassen, wie sie sich zu den Kandidaten derbürgerlichen Parteien stellen wollen. Bis zum Ib. Septemberwünscht das Parteikomitee die Bezeichnung der sozialdemokrati-scheu Kandidaten. Einige Wochen vor der Wahl wird dasParteikoniitee in allen Wahlkreisen mit sozialdemokratischenKandidaturen ein einheitliches, populäres Flugblatt verbreitenlassen.Mit ihrem Aufruf an die Genossen ist die sozialdemokratischePartei wieder die erste, die öffentlich in die Wahlbewegung ein-tritt. Der eine Theil der leider gespaltene» sozialdemokratischenPartei in Bern, nämlich die neue Vereinigung„Vorwärts",hat bereits einen Kandidaten nominirt in der Person des Ge-iiossen Zg rag gen. Ob ihn auch die Genossen von derZlrbeiternnion akzeptiren werden, darüber ist wohl noch nichtsbeschloffen worden.—Frankreich.Paris, 22. August.(Eig. Ber) Die anfangs dieser Wocheeröffnete Generalraths- Session bietet»ficht dasselbepolitische Interesse»vie die Frühjahrs-Session. Damals hattensich die Departementsvertretuiigeu auf Einladung der radikalenRegierung hin über die allgemeine Einkommensteuer auszusprechen.Diesmal gab es keinen bestimmten Steuerentwurf, zu dem dieGeneralräthe hätten Stellung nehmen können, zumal nach derMeline'scheu Erklärung, die den einzigen festen Punkt der Re»gierungsvorlage.dieRentensteuer, überBord geworfen hatte. Dievonden Generalräthen gesaßten politischen Resolutionen beziehen sichdem» auch nur zum kleinsten Theile ans die Meline'sche Steuer-resorm. Von Bedeutung sind dagegen die„Wünsche" derGeiuralräthe in bezug auf die Einführnng des Alkohol-Monopols in Form der staatlichen Rektifizirung des Alkohols.Bisher haben sich neun Generalräthe dafür ansgesprvche». DieKammer hatte freilich die Einführung dieses Monopols bereitsin der ordentlichen Session von 1395 beschloffen. Der Senat be-handelt aber auch diese Reform nach seiner altbewährten Ber«schleppungs» und Verhunzungsmethode.Im allgemeinen spiegelt sich in der gegenwärtigen Sessiondie politische Schlafmattigkeit wieder, die sich der bürgerlichenParteien seit dem Regierungsantritt des Kabmets Meliire be»mä'chtigt hat. Bezeichnend sind nauiriitlich die friedfertigen Redeneiniger radikaler Polltiker.»vorunter S a r r i e u, der Vorsitzendeder bürgerlich-radikalen Kammerfraktion und ehemalige Ministerim Kabinet Bourgeois. Dieser»nittehnäßige, aber um so einfluß»reichere Radikale zog sich für seine„Friedens»vorte" das Lob desopportunistischen„Temps" zu. Als das dringendste Bedürsnißdes Landes bezeichnete er die Wiederversöhnung der republikanischenParteien, also die Wiederkehr zu den färb- und progranimlosenopportuiiistisch-radikalen Ministerien, in denen die beide» Parteiendie Ministersessel und die sonstigen Vortheile der Macht untersich vertheilten, um dann ruhig faule Stillstandspolitik treiben znkönnnen...Eine Reihe von Generalräthe»» hat sich eine Kniebeugevor dem Zaren geleistet: sie ersuchen die Regierung, dem„großen Freunde", dem„großmüthigen Freunde", den»„mächtigenFreunde"»». s. f. ihre„hochachtungsvollen»c. Huidigunge»" zuübermitteln. Der Generalrath von Gers stiftet außerdem demSelbstherrscher in sinniger Weise einige Flaschen— Schnaps vonArmagnae, derjenige von Pas-de-Calais z>vei Vollblut-Hengste.In Lille wurde aber die Kniebeuge von den bösen Sozialistengestört. Die Genossen G h e s q u i ö r e und Devernayprotestirten energisch gegen die Beweihräucheriwg des Zaren.Es liegt auf der Hand, daß die Regierung durch die zaren»freundlichen Kundgebungen der Generalräthe zur Ausführungder von ihr beabsichtigten gefetz widrigen„Sicherheits-maßnähme u" aufgemuntert wird. Das monarchistische Blatt„Soleil" berichtet aus bester Quelle, daß ein Abgesandterder Petersburger Polizei in Paris emtreffen»verde,um der hiesigen Polizei eine Liste von russischen Flüchtigenzu unterbreiten, die vor der Ankunft deS Zaren auszuweisenwären. Es ist bezeichnend, daß diese für jede Regierungenriedrigende Nachricht nicht dementirt wird. Mit Ailsnahmeder„Pelite Röpublique" und des„Jntransigeant" findet keinBlatt ein Wort des Protestes gegen die ebe,»so ungeheuerlicheivie überflüssige Liebedienerei. War also die Nachricht des„Soleil"bloS ein Fühlhorn, so weiß min die Regierung, daß sie demZaren zulieb der„republikanischen" öffentlichen Meinung allesbieten darf.—Leus, 24. August..-L iller Kollektiv» st en hatten eineZusammenkunft in dein Dorfe WahagnieS veranstaltet- undwurden beim Verlassen des Dorfes von den Einwohnren ange«griffen. Mehrere Kollektivisten wurden ernstlich verivnndet,darunter Ghesquiere, der Adjunkt des Maire von Lille.Man sieht, die Jslrauterei macht in Frankreich rasend«Fortschritte.—England.London, 22. August. Major Coventry, der mitI a m e s o n und Genossen kürzlich zu mehrmonatlichen» G e-f ä n g n i ß verurtheilt»vorden»var, ist heute aus Gesund-heitsrücksichten auf Befehl des Ministers des Innern inFreiheit gesetzt worden.—Spanien.— Eine große Anzahl militärpflichtigerSpanier hat die französische Grenze überschritten,»im sichder Entsendung nach Kuba zu entziehen. Dieselbe» erklären, daßsie zur Dienstleistung nach Kuba bereit seien, we»in auch dieReichen sich betheiligten.Türkei.Konstantinopel» 24. August. Di« Pforte hat dem hiesigengriechischen Gesandten Vorstellungen gemacht betreffs derLandung von 23 griechischen Offizieren mitWaffen auf Kreta. Von griechischer Seite wird erklärt,es seien nur 3 Offiziere und einige entlassene Unteroffiziere ohneKanonen und nur mit einem kleinen Waffenquantnm gelandet.--- Di« Nachricht von dem Auslaufen des griechischen Ge«\