UH&VOHUMS
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„Mein kleines Gilgichen, du siehst blaß aus— ich habe einen herrlichen alten Bur- gunder, den werden wir trinken heut' abend — rote Backen sollst du bekommen und lustig sein.— Und eines Tages pack ich dich ein- sach in den Koffer und fahr' mit dir ab." „Martin", sagt Gilgi, setzt sich auf seinen Schoß—„wenn du arbeiten würdest!" Sie wird dunkelrot, hat Angst, daß er böse wird. Der lacht:„Was soll ich denn arbeiten?" Ja, wenn einer schon so fragt, was soll man da antworten!„Uebrigens arbeite ich doch, Eil- ichen." Ja, das stimmt. Gott sei Dank timmt's. Ein-, zweimal die Woche kommt's vor, daß Martin von einem akuten Anfall von Arbeitswut heimgesucht wird und vom Abend bis in den frühen Morgen hinein schreibt. Glückliche Stunden, in denen Gilgi nachts wach liegt und Martins knirschende Feder übers Papier fahren hört. Glückliche Stunden, in denen der Platz im Bett neben ihr leer ist— weil Martin„arbeitet". Nichts Verächtlicheres gab's früher für sie als einen Mann, der nichts tut. Und Gilgi würde lieber alle erbärmlichen, elenden Eigenschaften der Welt an sich selber feststellen, als an Martin den geringsten Fehler entdecken. Es ist ihm gelungen, sie halbwegs zu überzeugen, daß Nichtstun nicht unbedingt minderwertig zu sein braucht, noch mehr: wenn Martin ein— ein— ein Nichtstuer ist, so ist das eben ein Beweis dafür, daß es— Nichtstuer gibt, die prachtvolle Menschen sind. Trotz dieses Be- weises: stolzer und glücklicher ist sie, wenn Martin arbeitet. Und wenn Gilgi in kurzem Beisammensein mit Olga beiläufig erwähnt: „er arbeitet immer die Nächte durch", so glaubt sie's, weil sie's glauben will. „Na, was denn, was denn— meine Kleine — unzufrieden mit mir?" Sie krallt die Hand in fein dichtes Haar:„Ich bedaure die Mäd» chen, Martin, die iich in einen Glatzkopf ver» lieben— muß wenig vergnüglich sein, so ver» geblich suchend auf'ner kahlen Platte rum- zukratzen— ja. Martin, ich meine— ich— ob du nicht arbeiten willst— für Geld arbeiten!" „Du mußt mir nicht mit solch demoralisie- renden Vorschlägen kommen, Gilgichen.— Reich gelebt— arm gestorben!— Geh', zieh' dein rotes Kleid an, schmink' dir die Lippen — junge, hübsche Frauen macht Schminke noch hübscher— alte und häßliche noch häß- licher. Eine der liebenswürdigen Ungerechtig- leiten des Lebens. Geh', Gilgichen, mach' dich schön heute abend.— Ich geh' nochmal fort — bin in einer halben Stunde zurück."— Wo er hingeht? Braucht Gilgi gar nicht zu
fragen. Martin hat neuerdin kirche-Komplex:„Hab' selten
den Apostel- einen reinen
zu! Ich
QHgl im korallenroten Wleld Fhot. Paramount , Stil gesehen!" Mindestens dreimal jeden Tag läuft er hin und sieht sich die Kirche an. Liebe, gute Apostelkirche, weiß ja nicht, was nun so besonders an dir ist, aber wenn du so ein bißchen mithilfst, Martin in Köln fest» uhalten, dann gehörst du für mich zu den 'iönsten Dingen, die es auf der Welt gibt. Gilgi zieht das korallenrote Kleid an. In weichen Falten gleilet es bis aust die Füße. Hat eine helle frohe Farbe, leuchtend und festlich. Einen Gürtel aus Goldfäden bindet sie um die Taille.— Das Kleid hat sie ge- näht, als sie Martin noch gar nicht kannte. Wie sinnlos, wie tot wäre es geblieben, wenn seine Augen es nicht lebendig gemacht hätten. Sie steht vorm Spiegel, pudert sich Nacken und Schultern, sieht schlank und zerbrechlich und fremd aus. Taglos. Unwirklich. Weißes Gesicht mit dunklen Augen, sehr rotem Mund— ich bin sehr hübsch heute— jetzt — ich darf das sagen, ich gehöre mir ja nicht mehr. Das, was ich im Spiegel seh', hat ein
andrer aus mir gemacht, ich kann nicht stolz darauf sein.— Ich sollte so nicht aussehen — so ohne Beziehung zu Straße, Staub, Alltag. Ich sehe anders aus, als ich denke. Vorsichtig streicht sie über die zaghafte Linie der Hüften. Mein Körper ist mir fremd, ist mir jetzt weit voraus an Wissen, Ersah- rung... Sie hebt ihre Hände— langsam— meine Hände sind mir untreu geworden, waren mir einmal vertraut— und jetzt? Weiche, müde Haut, spitzgefeilte Nägel, glänzend von rosi- em Lack. Vier zärtliche, verliebte Luxus- inger an jeder Hand— daneben die Zeigefinger mit den hartgetippten Kuppen— gewöhnliche, robuste Arbeitsinstrumente— man darf sie nicht auch glänzend machen, darf ihnen das nicht antun. Acht vornehme, elegante Finger, zwei ordinäre— ihr häßlichen, ftumpfnägligen, von allen meinen zehn Fingern seid ihr beiden mir immer noch die liebsten.— „Martin, meine zwei Zeigefinger sind alles, was du mir von mir gelassen hast.'
„Trink', mein Gilgicheix." Ja, ja, ich will trinken. Einmal nur diesen Widerstand kleinkriegen.— Einen verdammt trinkfesten Kopf hat man— noch ein Glas— und Martin erzählt seine bunten Geschichten, hat lachende Zähne und junge lebendige Augen, ist ja jünger, tausend Jahr jünger als ich— und man muß trinken, vielleicht wird man dann auch so jung— und wenn er das aufschriebe, was er erzählte— damit könnte er Geld verdienen— und man weiß, man sollt's ihm nicht sagen, aber man muß... und jetzt: so hat er noch nie gesprochen... „dieses verfluchte Land— verdirbt alle, die hier wohnen— Geld, Geld, Geld— immer von Geld und Geldverdienen reden..." Oh, und man kommt sich ganz minderwertig und krämerhaft vor, nie mehr wird man was von Geld sagen, wird alles durchein- andergehen lassen, ganz egal, wohin's führt — ganz egal. „Ich werde dich fortnehmen aus diesem häßlichen Land, Gilgichen— bald— was hält dich hier—? Nur 150 Mark auf dem Büro?"— Oh, er ist dieses graue Regenland, diese trostlosen Uhrwerksmenschen hier so übersatt— er will fort, und die kleine Bunte will er mitnehmen— ist sie hier schon so hübsch, wie hübsch wird sie erst woanders sein, losgelöst vom Achtstundentag, kein dummes, sinnloses Zahlenzeug mehr im Kopf. Er wird einfach alles, was er noch hat, aus der Fabrik seines Bruders nehmen — ein paar Jahre wird man lustig davon leben können— und dann? Na, was schon — war doch immer sein stärkstes Talent, sich
dumme, lästige Und-danns aus dem Leben zu streichen.—„Ein schönes Leben werden wir haben— wirst mir woanders mehr ge- hören, als du mir hier gehörst." „Ich gehöre dir ja, Martin— wünschte nur, ich gehörte— zu— dir. Ja, ich trink doch." Ja, so gefall ich ihm— wenn ich so dummes Zeug rede— Gott soll mich be- wahren, daß ich morgen früh weiß, was ich alles geredet Hab', müßte mich totschämen. „Was ich am wenigsten bin, gefällt dir am besten an mir", und— und alles, was mir am liebsten ist auf der Welt, ist ihm nichts wert. Der weiß gar nicht, worauf es mir ankommt. Das geht doch um mehr als um hundertfünfzig Mark, das geht um— ja, wenn man das erklären könnte, da kämpft man um irgendwas, etwas, das da ist, für das man aber keinen Namen weiß—. „Du darfst das nicht sagen, Martin— häßliche Zeit— es ist so gemein, über seine Zeit zu schimpfen!— Meine Zeit! Die ein- zige, in der ich lebe. Vorher die Zeit, nach- her die Zeit— furchtbar egal. Jetzt die Zeit ist mir wichtig, die gehört mir— man hat über seine Zeit nicht zu jammern, und es genügt nicht, sich mit ihr abzufinden— man hat zu ihr zu halten." „Ich will ja lachen, Martin, ich lache ja — ich bin sehr glücklich— sehr, sehr, glück- lich, du wirst bei mir bleiben— ich werde (Fortsetzung folgt.)
Ahfckied nach einem&ilm
Es war zwischen ihnen vereinbart, an diesem Wend ins Kino zu gehen. Sie trafen sich kurz vor neun. Lola, das Mädchen aus„höheren Kreisen", wollte sich unbedingt das Manöverlustspiel im G.-Palast ansehen. „Ueble Konfektionsware!" erwiderte Walter. „Der seichteste, lächerlichste Film, der zur Zeit in den Berliner Kinos läuft." In dem kleinen Kino gegenüber wurde der französische Kriegsfilm gegeben, von dem Walter in der Abendzeitung gelesen hatte. Walter wollte sich nun brennend gern diesen grandiosen, pazifi- stischen Kriegsfilm ansehen. „Ich danke!" sagte Lola empört.„Ich will lachen und nicht Tränen vergießen!" „Aber einmal solltest du dir auch einen solchen Film ansehen!" meinte Walter nachdenklich. „Es ist gleich viertel zehn!" seufzte Lola unge- duldig.„Wenn du dir durchaus den Kriegsfilm ansehen willst, geh doch allein. Ich gehe in den G.-Palast. Nach dem Film treffen wir uns im Cafe." „Gut!" entschied Walter. Er war enttäuscht. Er sah ihr nach, wie sie. mit ihren kleinen Schritten den Fahrdamm überquerte. Sein« Braut. In ei. :em halben Jahr« wollten sie heiraten. Sein Schwiegrrnater war ein reicher Unternehmer. Freunde beneideten ihn um diese glänzende Parti«. „Es ist eigentlich eine UnHöflichkeit von mir, sie allein gehen zu lassen!" dachte Walter,„sie hat er- wartet, daß ich nachgeben würde." Und er wollte fast umkehren. Aber drüben zuckte der Filmtitel in hundert leuchtenden Glühbirnen auf, und ein riesengroßes Plakat starrte ihn an: ein hölzernes Kreuz und im Hintergrund Flammen und ver- zerrte Menschengesichter unter Stahlhelmen. Da ging er weiter, als riefe ihn das Kreuz
Im dunklen Raum, als der Film vor einem ergriffenen Publikum abrollte, atmete Walter plötzlich auf: daß er allein gegangen war. Daß Lola nicht neben ihm sah und nach einem süßlichen Parfüm duftete. Er hörte sie lachen. Ja, jetzt lachte sie drüben im G.-Palast über einen seichten, kitschigen, verlogenen Manöverfilm. Er starrte aus die Leinwand und vergaß wieder alles. Er war mitten im Grauen des Krieges und dieselbe Frage brannte in ihm, die«in sterbender Franzose am Schluß des Films in den Wahnsinn des Massen» mordes stöhnte:„Pourquoi?" „Warum? Wofür?" ____ Lola saß im Cafe und wartete aus Walter. Sie zog den kleinen Taschenspiegel und schminkte sich noch schnell. Sie hatte im Kino viel lachen müssen. Jetzt hätte sie Lust, mit Walter eine Tanz- diele aufzusuchen. Wo Walter nur blieb? Unruhig sah sie zur Tür. Nach einer Stunde verließ Lola zornig da» Cafe. Walter war nicht gekommen. Immer noch böse, gekränkt, beleidigt, wollte sie ihn am nächsten Morgen anrufen und chm Borwürfe machen, aber da bekam sie schon seinen Brief. „Liebe Lola, verzeih, wenn ich gestern nicht mehr ins Cafe kam. Es war mir einfach unmäg- lich. Nach diesem Film. Ich bin lange durch die Straßen geirrt. Ich war so erschüttert, daß mich direkt Ekel vor dem Gedanken erfaßte, dort im Cafe zwischen blasierten, geilen, gänzlich oberfläch- lichen Leuten zu sitzen. Ich hatte Angst vor Deinem Lachen, Deinem geschminkten Gesicht. Angst, weil es mir ganz, ganz fremd erschienen wäre. Ich hätte Dich an diesem Abend zur Verzweiflung gebracht mit meinem eisigen Schweigen. Es hätte eine un- schöne Szene gegeben, und vielleicht hätte ich Dich nicht mehr als guterzogene Dame gesehen, sondern als— nun— das Gegenteil.
Das wollte ich uns ersparen, darum kam ich nicht in das Cafe. Und noch eine andere Erkenntnis hat mir der gestrige Abend gebracht: wir passen nicht zu- sammen. Mir waren schon manchmal nach dem ersten Rausch leise Zweifel gekommen. Aber nie hatten sie sich zu dieser Klarheit verdichtet wie gestern. Wir hatten ja nie politische Grspräche ge- führt, Du meintest, von Politik verstündest Du nichts, und ich fand diese Antwort ganz vernünftig Aber ich erschrecke, wenn ich bedenke, wohin diese Nachsichtigkeit mich geführt hätte. Weil Dir zu- fällig nichts daran lag, wie so vielen jungen Mädchen au«„höheren Kreisen", eine kleine Rolle im„Königin-Luise-Bund " zu spielen oder das Bild Hitlers oder des Kronprinzen über dem Bett hängen zu haben, weil Du, wie Du meintest, von Politik nichts verstündest, hätte ich es beinahe hin- genommen, daß Dein Vater reaktionärer Unter- nehmer ist und daß unsere Wohnung von dem Gelde eingerichtet worden wäre, das ein kapital!- stisches System dem Rücksichtlolesten in den Schoß wirft, während Arbeiterfamilien hungern... Es muhte erst ein Abend kommen, an dem Du Dich zwischen einem seichten Militärschwank und einem ernsten, anklagenden Kriegsfilm zu«nt- Icheiden hattest. Jetzt weiß ich auch, daß es«in unverzeihlicher Fehler wäre, es vernünftig zu finden, daß eine Frau von Politik nichts versteht, wenn sie sich dann zwischen solchen Filmen ent- scheidet wie Du. Verzeih, es wird sich alles regeln lassen, ohne großes Aufsehen zu verursachen. Der Abschied, liebe Lola, wird Dir leicht fallen, da Du mich nun als Feind der wirtschaftlichen Verhältnisse siehst, die Dir erst ein luxuriöses und dabei verant- wortungsloses Leben ermöglichen..."
S>er'Mcimalfhm des Wundes Heue UerSuehe
Man hört immer wieder von Hunden, die zu fremden Leuten in fernen Gegenden kommen und doch den Weg nach Haufe finden, selbst wenn sie mit der Eisenbahn nach dem neuen Bestimmungs- ort gebracht wurden, so daß sie die Strecke noch gar nicht kennen konnten. Solche Geschichten klingen häufig wenig glaubwürdig, aber sie treten doch zu zahlreich auf, als daß man sie in Bausch und Bogen für Fabeleien erklären könnte. Der bekannte Münchener Tierpsychologe Prof. B a- stian Schmid hat daher durch praktische Ver- suche die Frage zu lösen unternommen, die bisher merkwürdigerweis« noch nicht aufgeworfen wor- den war: Wie findet der Hund nach Hause? Es wurden dazu umfassende Vor- bereitungen getroffen und geeignete Tiere aus- gesucht, um jede Täuschung zu vermeiden. Ueber die Ergebnisse von fünf verschiedenen Versuchen berichtet der Gelehrte in der„Umschau". Der Held der ersten Versuche war ein nicht reinrassiger Bauernhund, der Schäferhund Maxl, der in Puchheim in Oberbayern beheimatet ist. Er wurde auf der Anhöhe Rinnerhof in einem Gelände, das von dem Puchheimer voll- kommen verschieden ist, ausgesetzt. Da der Ort von Hügeln und Wäldern umgeben ist, zudem die Sicht durch Nebel beschränkt war, war es ganz -unmöglich, sich hier über die Richtung nach Puch - heim mit den Augen zu orientieren. Als Maxl den Hundekorb verlassen hatte, schaut« er sich zu- nächst ein paar Minuten nach den verschiedenen Himmelsgegenden um, blieb aber zuletzt, zunächst vorübergehend, in Richtung nach der Heimat mit seinen Blicken haften. Nachdem er sich 30 Minu- ten mit der Umgebung auseinandergesetzt hatte, stellt« er sich mehrmal« in Richtung auf Puchheim
«in, ließ sich durch das Bellen anderer Hunde nicht ablenken, sondern trat den Weg nach Hause an. Er wich dabei den großen Wäldern aus, vermied auch Straßen und Weg« sofort, wenn ihm ein Mensch oder«in Fahrzeug begegnete, ebenso Dörfer und Gehöfte. Nur in dem Ort vor Puchheim , in Germering , machte er eine Ausnahme, als er auf die ihm von früher her bekannte Hauptstraße stieß. Hier hob er plötzlich den Schwanz hoch und schlug ein so lebhasbes Tempo ein, daß man ihm nur mit Mühe folgen konnte. Von seiner Nase hatte Maxl während dieser ganzen Heimreise kaum Gebrauch gemacht. Achtzehn Tage später wurde der Hund auf einem anderen Wege wieder zum Rinnerhof ge- bracht, um sein Erinnerungsvermögen zu prüfen. Diesmal blieb er kein« halbe Stunde, fondern nur fünf Minuten am Auegangspunkt und machte den größten Teil der Strecke in Anlehnung an den ersten Versuch: er erinnerte sich zweifellos und war um etwa SO Minuten schneller zu Hause. Als der Besitzer von Maxl noch einigen Mona- ten seinen Hof wechselte und noch Gröbenzell zog. wurde ein dritter Versuch mit dem Hunde gemacht, um festzustellen, ob er nach der alten Heimat Puchheim oder nach der neuen lausen würde, ob er eine Haus- oder Familien- Zugehörigkeit zeige. Maxl zeigte, nachdem er auf Umwegen zum Rinnedhof gebracht worden war, große„Unentfchlosfenheit" und orientierte sich noch gründlicher als die beiden ersten Male, indem er 3S Minuten dort blieb. Dann aber nahm er geraden Weg zu einem Lauf nach der ursprünglichen Heimat Puchheim . Als man ihn aber vorher einfing und zwischen Bahnhof Puch - heim und dem vier Kilometer entfernten Gröben zell
wieder aussetzte, fand er nach kurzer Orien- tterung das neue Heim, obwohl er nur einmal, rund 12 Wochen vorher, in einem großen Schnee- gestöber den Weg von Puchheim nach Gröbenzell hinter dem Wagen her zurückgelegt hatte. Di« Versuche mit dem Stadthund Nora erwiesen ebenfalls die vorzügliche Orientierungs- gäbe, zumal die Stadt mit ihrer Horizontenge, der Gleichförmigkeit der Häuserreihen und der Straßen- züge sehr große Schwierigkeiten bietet. Nora, die in der Näh« des Münchener Tierparks wohnt, 2i6 Jahre ist, und nur einmal von dort in die Stadt gekommen war, wurde in einer ihr ganz fremden Gegend rechts der Isar ausgesetzt. Ihr Verhalten zeigt« zunächst die größte Aehnlichkeit mit dem von Maxl. Nachdem sie 25 Minuten sich orientiert hotte, schlug sie die Richtung nach der Heimat ein, ließ sich allerdings zweimal von Rüden zu allerlei Tändeleien verlocken, folgte dann aber um so eisriger dem kurze Zeit zurück- gedrängten Heimottrieb Schließlich kam sie an die Stelle des Auermühl-Baches, der gegenüber ihr Haus steht, und macht« Miene, das reißende und kalte Wasser zu durchschwimmen. Bei einem zweiten Versuch, 40 Tage später, der frühmorgens erfolgte, orientierte sich Nora nur fünf Minuten und hielt dann so streng Richtung nach der Hei- mat, daß sie 37 Minuten früher ankam als beim ersten Male. Wenn auch hier zu Anfang dir Erinnerung mitwirkte, so zeigte sich doch bei der strengen Innehaltung der Richtung später eine erstaunlich« Sicherheit der Orientterung. Prof. Schmid stellt zum Schluß fest, daß keiner der beiden Hunde die zu durchlaufend« Gegend kannte, daß beiden die Heimat verdeckt war. daß die Nase bei den Versuchen keine Rolle spielte. Da der Gesichtssinn zur Erklärung des rätfel- hasten Nachhausefindens nicht ausreicht, so sieht er sich gezwungen, bei den Hunden einen absolu- ten Orientierungssinn, einen Heimat»- sinn, anzunehmen.