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Morgenausgabe Nr. 452 A 223

49. Jahrgang

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Veeliner Volksblatt

Mittwoch 28. September 1.9)2 Groß.Äerlin 10 ps. Auswärts lts pf.

Jentvaioega« der sozialdemokratischen Oartei Dentsi

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Das neue Berlin . Die neue Bezirkseinteilung. Neun Großstädte. Man will zwei Millionen sparen. Vor den Vertretern der Berliner Presse der- kündete gestern Lberbürgermeister Tr. Zahm das Programm des Magistrats zur U m g e st a l t u n g der Reichshaupt st ad t. Bürgermeister Lange und Ztadtrat Tr. Heuer erläuterten die für die zukünftige Entwicklung Berlins entscheiden- Beschlüsse des Magistrats. Nach dem Vorschlag des Magistrats soll die Viermillionen- stadt Berlin künftig aus neun Bezirken gebildet werden, die in ihrer Struktur und nach ihrer Einwohnerzahl Groß- städten gleichen würden. Um einen besonderen City- bezirk, der aus den bisherigen Bezirken Mitte, Tiergarten und Kreuzberg bestehen wird und dessen Einwohnerzahl die Millionengrenze erreicht, sollen sich in strahlenförmiger An- ordnung die übrigen acht Bezirke gruppieren. Bollkommen umgebildet werden soll die Verfassung d e r B e z i r k e. An die Stelle des bisherigen Zweikammer- systems wird das Einkammersystem treten, wie es vor allem die bayerische Städteordnung vorsieht. Die Bezirks- Versammlungen werden also in ihrer heutigen Gestalt ver- schwinden. Organe der Verwaltungsbezirke werden der Bürgermeister und das Bezirksamt sein, das neben dem Bürgermeister aus den von der Bevölkerung gewählten Bezirksräten besteht. Der Oberbürgermeister trat den Gerüchten entgegen, die von einem Einverständnis des Berliner Stadtoberhauptes mit den Erlassen des Herrn Bracht wissen wollten. Er ver- sicherte, daß er weder direkt noch indirekt Dr. Bracht zu diesen Erlassen veranlaßt oder von den Maßnahmen vorher Kennt- ms gehabt habe. Die jetzige Vorlage bilde vielmehr den Schlußstein des Programms für die Reorganisation der Berliner Stadtverwaltung, an dem der Magistrat seit langem intensiv arbeitet. Das Ultimatum, das den 15. Oktober als letzten Tag derGnadenfrist für Berlin " festgesetzt hatte. dürfte nach den Mitteilungen des Oberbürgermeisters korri» giert werden. Man will Berlin bis zum 1. November Zeit lassen, das Reformwerk selbst zu gestalten. Die neugeschaffene Ortssatzung für Berlin hat die Arbeitstelung und die Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen der Zentralverwaltung und den Bezirken geregelt. An diesen grundsätzlichen Entscheidungen will auch die neue Vorlage nichts ändern. Bei der Neuaufteilung hat man es nach Möglichkeit vermieden, die bestehenden Bezirke ausein- anderzureißen, man hat vielmehr die aneinander grenzenden Stadtteile zu größeren Gebilden vereinigt. Für die Bevöl- kerung soll aus der Zusammenlegung keine Erschwerung er- wachsen, weil überall Ortsamts st ellen erhalten bleiben und neu eingerichtet werden sollen. Die neugeschaffenen Bezirksverwaltungen werden sich nach ihrer Einwohnerzahl sowohl wie nach ihrem Flächen- maß stark gleichen. Eine Ausnahme macht derCity» Bezirk", der aus den bisherigen Bezirken M i t t e, T i e r- garten und Kreuzberg bestehen wird. Der z w ei t e Bezirk soll aus W e d d i n g und Reinickendorf ge­bildet werden. Der bisherige Bezirk Prenzlauer Berg mit dem anschließenden Bezirk Pankow und den Ortsteilen W e i ß e n s e e und Malchow wird zum B e- z i r k 3 zusammengeschlossen. Der bisherige Bezirk W e i ß e n s e e wird insofern auseinandergerissen, als Teile des Bezirkes nach Osten mit Lichtenberg und Friedrichshain zum neuen Bezirk 4 verbunden werden. Der Bezirk 5, der aus Köpenick und Treptow ohne den alten Ortsteil Treptow bestehen wird, erhält im neuen Verwaltungsplan den größten Flächeninhalt bei der niedrigen Einwohnerzahl von 165 666, während die übrigen Bezirke meist eine halbe Million Menschen umfassen. Dieser Bezirk 5 wird also der kleinste Bezirk Berlins werden. Im Süden Berlins war die Reu- einteilung schwieriger, weil hier nichk, wie im Norden und Osten, die Bezirke so eng aufeinander grenzen. Als frühere Großstadt wird der Bezirk Neukölln wie bisher bestehen bleiben, ihm wird nur noch der alte Ortsteil Treptow zu- geteilt. Im Südosten sollen zwei Bezirke aus bisher fünf Bezirken geschaffen werden. Der Plan sieht für den B e- z i r k 7 den Zusammenichli'ß der bisberiaen?e-'r?e Z e h l e n- darf, Steglitz und Tempelhof vor. Wilmers- darf und Schöneberg sollen gleichfalls einen Bezirk, den B e z i k 8. bilden. Schließlich sollen noch Charlotten-

bürg und Spandau als 9. Bezirk zusammengefaßt werden. Bisher bildeten in Berlin die Verwaltungen der Bezirke mit ihrem Zweikammersystem eine Kopie der Zentralverwal- tung. Für die Stadtverordnetenversammlung fungierte als Beschluß- und Aufsichtsorgan die Bezirksversammlung und an Stelle des Magistrats das kollegiale Bezirksamt. Zukünftig ist der Bürgermeister Vorstand des Verwaltungsbezirks und zugleich Vorsitzender des Bezirksamtes, das aus den Bezirksräten besteht. Die Bezirksräte werden nach den allgemein für die Stadtverordnetenwahlen geltenden Vor- schriften für die gleiche Wahlzeit wie die Stadtverordneten gewählt. Für die Verwaltungsbezirke mit weniger als 566 666 Einwohner sollen 24 Bezirksräte, für die Bezirke, deren Einwohnerzahl eine halbe Million übersteigt, sollen 36 Bezirksräte gewählt werden. Dieses aus den Bezirksräten und dem Bürgermeister bestehende Bezirksamt ist nunmehr ein Verwaltungsorgan, das nicht öffentlich tagt. An die Seite des Bürgermeisters treten noch Stadträte, deren Zahl sich je nach der Größe der Bezirke richten soll. Man rechnet mit einer Durchschnittszahl von steben Stadträten für den Bezirk. Die unbesoldeten Stadtrats st ellen fallen vollkommen fort. An dem Verhältnis der Stadt- gemeindeverwaltung und ihrer Organe zu den Berwaltungs-

Breslau . 27. September.(Eigenbericht.) Die Breslauer Deutschnationalen hatten für Dienstag- abend eine öffentliche Kundgebung mit Graes und F r e y t a g- Loringhoven als Redner nach dem Konzerthaussaal einbe- rufen. Schon zu Beginn wurde die Versammlung von den außer- ordentlich zahlreich anwesenden Nationalsoziali st en gestört. Die Hakenkreuzler verursachten einen ohrenbetäubenden Lärm und brüllten das horst-wessel-Lied in den Saal, so daß die Redner nicht zu Warle kamen. Nachdem der Krach ungefähr eine halbe Stunde gedauert hatte, ließ der Versammlungsleiter die Tribüne räumen. Dabei wurde ein nationalsozialistischer Schreier leicht verletzt. Die Störungen der Nazis gingen jedoch auch nach den Eingriffen der Polizei weiter. An mehreren Stellen des Saales wurden Tränengasbomben geworfen. Vor dem Saaleingang explodierte ein Feuerwerks- k ö r p e r. Die Hakenkreuzler summten, husteten, schrien im Chor, so daß die Ausführungen der Referenten größtenteils im Lärm untergingen. Unterdessen sammelte sich vor dem Konzerthaus auf der Garten- straße eine riesige Menge. Bei Beendigung der Versammlung fielen die Nationalsozialisten, unter denen sich auch zahlreiche SA.-Leute in Uniform befanden, über die Stahl»

bezirken und deren Organen werden kaum Veränderungen vorgenommen. Fürs erste rechnet der Magistrat für den Fall, daß seine Vorlagen Gesetzeskraft erhalten, mit einer Ersparnis von jährlich 2 Millionen Mark. Der Beschluß des Magistrats ist in allen seinen Einzel- heilen gestern auch den Führern der Stadtverordne- t e n f r a k t i o n mitgeteilt worden. Die Stadtverordneten- Versammlung wird sich am Dienstag zum ersten Male mit den wichtigen Vorlagen zu beschäftigen haben. Nach den be- stehenden Gesetzesbestimmungen bedürfen die Vorschläge des Magistrats, um Gesetzeskraft zu erhalten, nicht nur der Zu- stimmung der Stadtverordneten, sondern auch der Zustim- mung der von der Neueinteilung betroffenen Bezirksoersamm- lungsn. Es ist die Aufgabe der Stadtverordneten, das Reformprogramm nach allen Seiten hin zu überprüfen und dort zu verändern, wo sich Schäden für die Bevölkerung her- ausstellen könnten. Die erstrebte Vereinfachung und Berbilligung der Verwaltungsmaschinerie der Welt- stadt Berlin würde sich sehr bald als U t o p i e erweisen, wenn nicht nach allen Seiten hin Sicherungen gegen B ü r o k r a- tisierung und Schematisierung der Verwaltung geschaffen werden.

helmer her und bedachten sie mit Schimpfworten wieStahl- h e l m s ch w e i n e",P a p e n- H a l u n t e n". hausen von hakenkreuzlern stürzten hinter einzelne Stahlhelm- leute her und schlugen sie in der viehischsten weise zu Boden. Da immer neue Hakenkreuzrowdys hinzuströmten und ernsthafte Ausschreitungen drohten, mußten die Stahlhelmer unter polizeilichem Schutz nach Hause gebracht werden. Der Lärm auf der Straße steigerte sich dann erneut, als die Führer der Deutschnationalen und des Stahlhelms das Konzerthaus ver- ließen. Zu weiteren Zusammenstößen kam es jedoch nicht. Die Polizei räumle die Straßen und macht« mehrmals gegen die hakenkreuzlerischen Tumultuanten vom Gummiknüppel Gebrauch Zahlreiche Nationalsozialisten, darunter auch einige Frauen, wurden von der Polizei in Haft genommen. Erst gegen Mitternacht trat wieder Ruhe«uf den Straßen ein. 29 Nazis verhastet. Wie die Pressestelle des Breslaucr Polizeipräsidiums mitteilt, wurden im Verlaufe der Unruhen, die sich am Dienstagabend nach dem Versuch der Nationalsozialisten, die deutschnationale Versamm- lung im Konzerthaussaal zu sprengen, in der Gartenstraße ab- spielten, insgesamt 29 Personen festgeriommen. Die Verhafteten sind ausnahmslos Nationalsozialisten.

Popen als Zeuge. Die Vorgänge bei der Neichstagsauflösung vor dem Untersuchungsausschuß.

Die Dienstagsitzung des Ueberwachungsausschusses des Reichs­tages in seiner Gestalt als Untersuchungsausschuß fand unter star- kem Andrang der Oesfentlichkeit statt. Abg. Torgler(Komm.) erklärt, daß seiner Partei daran liege, eine politische Auseinandersetzung in Anwesenheit des Reichskanzlers zu führen. Der Redner beantragt Umstellung der Tagesordnung und zunächst in Anwesenheit des Reichskanzlers in die Beratung der Notverordnungsanträge einzutreten. Abg. Dr. Frank ll(Rats.): Die nationalsozialistische Fraktion legt größtes Gewicht darauf, daß wir möglichst rasch zur Verneh- mung der Zeugen kommen. Infolgedessen darf ich bitten, den An- trag abzulehnen. Wir haben kein Verständnis für die Aufregung der Kommunisten, die schon mehr ein Fieber- zustand ist.(Abg. Torgler lKomm.): Kümmern Sie sich nicht um unsere Aufregung, Sie haben ja schon das kalte F i e b e r!). Darauf wird der kommunistische Antrag auf Umstellung der Tagesordnung gegen die Stimmen der Anträgsteller abgelehnt. Der Ausschuß tritt in die Zeugenvernehmung ein, und zwar wird zunächst Reichskanzler v. Papen aufgerufen. Reichskanzler v. Papen : In dem ersten Teil der Sitzung, als der Reichstagspräsident den Antrag auf Aenderung der Tages- ordnung zur Abstimmung stellte, hat er nach meiner Auffassung nicht sestgettellt, daß durch das Unterbleiben des Einspruchs dieser Antrag aus Aenderung der Tagesordnung angenommen sei. Als daher nach Ablauf der halben Stunde die Sitzung wieder eröffnet wurde, nahm ich ohne weiteres an, daß der Reichstagspräsident zu- nächst sormell über den Antrag Torgler noch einmal abstimmen

lassen würde. Das ist nicht erfolgt. Nach meiner Erinnerung hat der Reichstagspräsideiit, nachdem die Sitzung wieder eröffnet war, und ich auf meinem Stuhl Platz genommen hatte, nur gesagteDa sich Widerspruch nicht erhoben hat, kommen wir jetzt zur Abstim- mung über den Antrag Torgler, " Ich war mir einen Augen- blick darüber im unklaren, ob es sich um den formellen Antrag Torgler handeln würde, den Antrag zur Tagesordnung, oder um den materiellen Antrag, Ich habe aber, da ich mit den parlamentarischen Gebräuchen nicht ganz unbekannt bin, aus der Redewendungda sich Widerspruch nicht erhoben hat" ersehen, daß es sich bereits um den materiellen Antrag handele. Daraufhin habe ich mich sofort erhoben und habe um das Wort ge- beten. Der Reichstagspräsident machte eine abwehrende Geste und sagte nach meiner Erinnerung!Zu spät! Wir sind in der Abstimmung." Daraufhin habe ich mich noch einmal ge- in e l d e t. Zunächst ist in der Zwischenzeit Staatssekretär Planck, der vorn neben deni Rednerpult saß, zum Reichstags- Präsidenten hingetreten, um ihn darauf aufmerksam zu machen, daß ich mich zum Wort gemeldet hatte. Als das keinen Erfolg hatte, habe ich mich ein zweites Mal zum Wort gemeldet, worauf der Herr Reichstagspräsident gesagt hat:Wir sind in der Abstimmung!" Darauf bin ich auf seinen Platz zugeschritten und habe das Auslösungsdekret auf seinen Tisch gelegt, weil ich keine Möglichkeit hatte, zu Worte zu kommen und selbst das Auf- löfungsdekret zur Kenntnis des Reichstages zu bringen. Reichstagspräsident Göring : Nach dem Stenogramni und nach der Schallplatte ergibt sich, daß ich ohne Unterbrechung de- Wortlautes gesagt habe:Nachdem sich vorhin kein Widerspruch

Gtahlhelmpogrom in Breslau . Oeutfchnaiionale Kundgebung gesprengt. Gtahlhelmer viehisch mißhandelt.