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BEILAGE

Vorwärts

Ein Student kommt nach Zürich  

Aus Wilhelm Liebknechts Jugendjahren

In der Genossenschaftsbuchhand fung 3ürich ist soeben ein Buch erschienen, das der sozialistischen   Leserschaft Deutschlands  höchst willkommen sein wird. Ernst Nobs  hat ,, Aus Wilhelm Liebknechts Jugendjahren" ein fesselndes, sehr gut geschriebenes Buch vom Werden der deutschen  Arbeiterbewegung und der deutschen Republik geschaffen( mit Holzschnitten von Aldo Patocchi  ). Wir bringen daraus gekürzt das erste Kapitel.

Eine einzige Nacht hatte den 21jährigen Stu denten dazu bewogen, die schon begonnene Amerikareise in Mainz   abzubrechen, drei Viertel der vorausbezahlten Ueberfahrtstoften fahren zu lassen und schnurstracks dem Süden sich zuzu= wenden: Zürich   entgegen.

Vermutlich ist diese Entscheidungsnacht dabei nicht einmal eine schlaflose gewesen, denn der Mann, den solch eigenwillig rasches Handeln, solch männlich reifer Verzicht auf das Verlockende eines abenteuerlichen Urwaldlebens auszeichnete, war fein anderer als Wilhelm Liebknecht  , der Mann, der ein ganzes Menschenleben lang immer wieder Proben jener jähen Entschlußkraft abgelegt hat, die das Unerwartete wählt und das Ungewöhn­liche vollbringt. In einer einzigen Nacht hat er fich losgesagt von den Lockungen einer Freiheit, die schon greifbar nahe schien, aufgegeben die Er­wartung, in der Neuen Welt eine neue Gesell­schaft im kleinen aufzubauen.

Vorbereitungen

Der junge Allerweltsstudent hatte kein seliges und müheloses Ikarien geträumt, sondern recht alltagsnüchtern die Wirklichkeit angepackt. Statt die Hände zu schonen, und den Leib zu pflegen, war er raschen Entschlusses zu einem Zimmermann in die Lehre getreten und hatte wochenlang die schwere Breitagt und die Klobjäge gehandhabt, Rundholz nach der Schnur behauen. Beim Büchsenmacher hatte er manchen lieben Nachmit­tag, alle Kollegien schwänzend, rußig an der Esse gestanden, und das nicht aufgegeben, bis er ein Gewehrschloß auszubessern, ein Hufeisen zu schmie= den, ein Beil zu stählen verstand. So vorbereitet, wollte er dem Urwald begegnen.

Ueber diese Betätigung eines Korpsstudenten mochten die guten Bürgersleute in den deutschen  Universitätskleinstädten wohl die Köpfe schütteln. Am meisten freilich die alten Bekannten der Fa­milie Liebknecht   im damals noch dörflichen Gießen selber, in jenem Gießen, das mit seinen achttausend Seelen die Ehre hatte, Universitätsstadt   zu sein. In diesem Landstädtchen hatte der Vater Lieb­ knecht   die staatliche Beamtung eines Registrators bekleidet. Ihm war eine lange Reihe von Vor­fahren in hochangesehener Stellung vorausge gangen: Gelehrte, Beamte, Offiziere und wieder Gelehrte, Theologen, Mathematiker, Physiker und Astronomen. Es war zu selbstverständlich, daß der hochbegabte Wilhelm Liebknecht  , der schon mit 16 Jahren die Reifeprüfung mit höchster Auszeich nung abgelegt hatte, Professor oder Kanzelredner, Beamter oder Privatgelehrter werden sollte.

So schien es. Allein jedes Zeitalter bildet sich seine Former und Gestalter nach seinen neuen Bedürfnissen und nicht nach den alten Vorlagen. Das blutjunge, aufgeschossene Studentlein, blau­äugig und mit dunkelbraunem Strubelkopf, ward bald einmal aus dem Banne der Kollegienhefte herausgerissen. Man stand in der Mitte der vier­ziger Jahre, und Deutschlands   Studentenschaft war aufs leidenschaftlichste aufgewühlt. Seit den Tagen des Wartburgfestes war die Jugend ihrer Zeit vorausgegangen. Sie hatte eine radikale Tradi­tion, und die Ahnung großer Ereignisse lag in der Luft. Gießen   selber war nach der Einstel­lung seiner Bürgerschaft gut bürgerlich und de­mokratisch und radikal dazu.

Erschütterungen

Der Student geht nach Marburg   und Ber­ lin  . Aber der neue Klang in der Welt draußen ist ihm nicht so ganz neu. Denn schon im elter­lichen Hause hat er von dem Märtyrer Weidig gar vieles erzählen gehört, jenem Weidig, dessen Mutter eine geborene Liebknecht gewesen und der vor wenigen Jahren erst unter den Händen eines. verrückten Untersuchungsrichters sein Leben im Gefängnis ausgehaucht hatte als eins der ersten Opfer der Reaktion.

Zu dem Geheimnisvollen und Erschütternden dieses Martyriums trat ein zweites, ebenso ein­Drucksstarkes Ereignis. Schon den Gymnasiasten Liebknecht   hatte jeder Besuch auf dem Schlosse Marburg im Innersten ergriffen. Dort schmach­tete seit vielen Jahren der gewesene Universitäts­professor der Rechte und der Staatswissenschaften Sylvester Jordan  , der Vorfämpfer der fur­hessischen Demokraten, denen es nach der Julirevo­lution gelungen war, inmitten eines reaktionären Deutschlands   sich eine mustergültige Verfassung zu erfämpfen. Bald darauf hatte die Reaktion

auch diese Errungenschaft wieder ausgetilgt und ihre Vorfämpfer eingeferfert.

Kein gestrenger Herr Vater peitschte den Stu­denten in die Grenzen eines vorgeschriebenen Brotstudiums zurück, denn Wilhelm Liebknecht  hatte beide Eltern früh verloren, und sein Vor­mund, ein Freund des Vaters, hatte jene Weis­heit und jenes Vertrauen, das sonst nur den Besten der Mütter eigen ist, besessen, nämlich: dem jun­gen Nachwuchs zuzutrauen, daß er, auf sich selber gestellt, seinen Weg am besten finden werde. So wird sich der väterliche Freund wenig darum ge= sorgt haben, daß in diesem Studium die Theo­logie und die Philologie, die Philosophie und später auch die Jurisprudenz an die Reihe kamen.

Ein Bekenntnis

Ich studierte für mich," bekennt Liebknecht   ein halbes Jahrhundert später. Darum verkapselte er sich nicht vor der Welt, sondern hielt seine Sinne offen. Wie er ein Student voller Ueberschwang und lebermut war, so hatte er doch mit Turnen, Laufen und Körperbewegung und Arbeit seinen Körper frisch und gesund und seinen Geist allen Ideen der neuen Zeit offenzuhalten gewußt. Das Bürgertum war noch nicht dem Kapitalismus ver­fallen. Er haßte und verachtete den Deutschen Bund  und die einzelstaatlichen Regierungen, namentlich die preußische und die österreichische. Und die Uni­versitätsjugend, die in ihrer Mehrheit aus diesen bürgerlichen Kreisen hervorging, war naturgemäß staats- und regierungsfeindlich.... In Marburg  hatte ich bald einen Kreis von Gesinnungsver­wandten.... Worüber wir stritten? Ueber alle Probleme des Himmels und der Erde, denn hatte ich damals auch schon meine Rechnung mit dem Himmel gemacht, so doch nicht meine Umgebung."

In Berlin   befaßt er sich einläßlich mit den Schriften der französischen   Sozialisten. Man war überzeugt, daß neuerdings Paris   die Mutter der Revolution sein und der Welt das Signal geben werde, daß eine neue Zeit angebrochen. Mazzini hatte es eben in einem neuen Buch angekündigt und bewiesen.

So, wie aus einem ehemaligen Theologiestuden ten ein Freidenfer geworden, so reist nun der scharf oppofitionell gesinnte bürgerliche Demokrat zum Sozialisten.

Was lag mehr in der Richtung der eben gierig gelesenen und viel diskutierten französischen So­

J. P. Mayer:

zialisten, als daß manche gleichgerichtete Studen­ten vom Auswandern sprachen. Nicht mehr im Scherze bloß. Es galt Ernst. Wiskonsin in den Vereinigten Staaten   sollte das Reiseziel heißen. Eine follektivwirtschaftliche Urzelle, eine Ackerbau­genossenschaft wollte man begründen und ent­wickeln. Ihretwegen lernte Liebknecht   jetzt zim= mern und schmieden. Lange zuvor schon hatte er sich im Scheibenschießen und im Weidwerk ge­übt. Von den Behörden zweier Universitäten hatte er seiner freigeistigen, republikanischen und sozialistischen Anschauungen wegen die Maßrege­lung zu erwarten. Der Entschluß zur Auswan= derung war rasch gefaßt, aber auffallend bedäch­tig und planmäßig ins Werk gesetzt. Er kam erst nach gründlicher, monatelanger Vorbereitung im Borsommer 1847 zur Ausführung.

Wie war die Umstimmung bloß möglich ge= wesen, alle diese so lange vorbereiteten Pläne fahren zu lassen? Wie hatte nur die radikale Preisgabe aller Absichten sich so plötzlich, so her­risch durchgesetzt?

Gespräche

Doch hören wir Wilhelm Liebknecht   selber, wie er den kurzen Vorgang in seiner ganzen dramati­schen Spannung dargestellt hat:

MONTAG, 10. OKT. 1932

gerade sehr freundlichem Blick und Ton antwor­tete ich kurz:

Ist das etwas so Merkwürdiges? Kann ein Mensch, der feine Hundeseele hat, noch in diesem Lande bleiben?

Die Zu

Ah! Also, Sie sind europamüde? stände in Deutschland   sind Ihnen zum Ekel? Aber warum dann auswandern? Da sollten Sie erſt recht im Lande bleiben, wenigstens in Europa  ! Und nun horchte ich auf. Eine Fülle von Ge= danken und Gefühlen stürmte auf mich ein.

Was soll ich denn hier tun? Was kann ich hier tun? platzte ich los. In einem deutschen Ge= fängnis die Jugend verlieren, ermordet werden mie Weidig, flügellahm werden im Käfig wie der arme Jordan, dazu habe ich keine Luft. Besser drüben im freien Lande, wo ich ein freier Mann bin und meine Kraft übe. Geht dann endlich der Tanz los in Frankreich  , so ist Amerika   nicht aus der Welt, und ich werde am Posten sein.

,, Dort ist Ihr Platz!"

In Frankreich  ! In Frankreich  ! Warum muß es denn immer Frankreich   sein? Warum nicht in Deutschland  ? Warum nicht irgendwo anders? Regt es sich nicht überall? In der Schweiz   be­reitet sich eine Revolution vor. Der Kampf gegen den Sonderbund beginnt, und das ist ein Kampf gegen das alte, verrostete Despoteneuropa, ein Kampf gegen Louis Philippe  , gegen Metternich und seine Handlanger in Berlin   und gegen das Gemürm der Bundesnacht in Frankfurt  . Dort ist Ihr Play, nicht in Amerika  !

Das fuhr mir ins Herz wie eine Offenbarung.

,, Wie freute ich mich auf das Schiff und auf Ich wurde immer leidenschaftlicher und beichtete den Rhein   und auf das Meer!

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Es war Sommer. Wir Freund Maus und ich fuhren auf der Taunusbahn, einer der wenigen Bahnen, die in Deutschland   schon gebaut waren und folglich noch eine Seltenheit. Unser Wagenraum war ziemlich leer. Außer uns nur noch zwei Personen, eine ältere Dame und ein Mann, anscheinend Ende der zwanziger Jahre, mit einem breitkrempigen Filzhut, der ein auf­fallend scharfgeschnittenes Gesicht überschattete. Wider meine Gewohnheit ich kann noch heute tagelang fahren, ohne daß ein Wort über den Zaun der Zähne springt sprach ich mit meinem Freund über unseren Reiseplan, und muß auch eine Bemerkung gemacht haben, die meine Absicht, nach Amerika   zu gehen, erraten ließ. Genug der Herr mit dem scharfgeschnittenen Gesicht wandte fich plötzlich an mich:

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Entschuldigen Sie, habe ich recht gehört- wollen auswandern?

Sie

Es lag etwas Eigentümliches im Ton der Stimme etwas wie Verachtung. Mit nicht

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mit dem Vertrauensbedürfnis der Jugend alle meine Seelenkämpfe dem Fremdling. Wir tauſch­ten unsere Karten. Er war ein Dr. Ludolf, Oberlehrer am Fröbelschen Institut in Zürich  , und bekannt mit Herwegh  , Treichler, Arnold Ruge  , Julius Fröbel   und so manchen anderen, deren Name allein schon mit Zauberkraft auf mich wirkte. Und er gab mir eine so verlockende Schil­derung von der Schweiz   im allgemeinen und von Zürich   im besonderen, daß ich, als er plötzlich mit der Frage hervorplatte: Ich bin nach Deutsch­ land   geschickt worden, um für unsere Musterlehr= anstalt einen Lehrer zu holen, ich glaube, Sie sind der geeignete Mann, wollen Sie annehmen oder wenigstens probieren? ohne mich zu besinnen Ja jagte.

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In Mainz   kehrten wir in demselben Wirtshaus ein. In der Nacht ließ ich die Ereignisse des Tages an meinem Geiste vorüberziehen. Nun war ich mir klar. Nun hatte ich ein Ziel. Nun hatte ich wieder Boden unter den Füßen. Ich entschloß mich, sofort nach Zürich   zu fahren. So reisten wir in die Schweiz  , statt nach Amerika  !"

Soziologie als Gegenwartskunde

Versuche über die soziale Schichtung

,, Die allgemeine Krise unserer Zeit muß sich auch in der Wissenschaft in steigendem Maße fühl­bar machen. Ein Ideal der relativ beruhigten Jahrhundertwende: die reine ,, Erkenntnis um der Erkenntnis willen", wobei die Frage nach dem Lebensrecht der Erkenntnis zurücktrat, kann heute nicht mehr gelten. Die Nachkriegszeit, die alle Verhältnisse mobilisiert und dynamisiert hat, ver­langt auch einen neuen Typus der Wissenschaft: einen, der in unbedingter Beziehung zum Leben- das heißt für uns: zum gegenwärtigen Leben steht, sich mit ihm schicksalsverbunden meiß." Diese Sätze geben Alfred von Martin  , Sig mund Neumann und Albert Salomon  einer neuen Sammlung Soziologische Gegenwartsfragen" auf den Weg, deren erstes Heft soeben erscheint unter dem Titel ,, Die soziale Schichtung des deutschen Volkes. Sozio= graphischer Versuch auf statistischer Grundlage"( Verlag Ferdinand Ente, Stutt­ gart   1932). Der Verfasser der Schrift, Theodor Geiger  , hat Teilergebnisse seiner Untersuchungen schon in dem wissenschaftlichen Zentralorgan der Gewerkschaften Die Arbeit" veröffentlicht; seine Auffäße haben schon dort größte Beachtung gefunden. In der vorliegenden umfangreicheren Arbeit konnte die Deutung der Sozialschichtung des deutschen   Volkes auf allseitig und sorgfältig durch­gearbeitete statistische Grundlagen gestellt werden. So ist das Musterbeispiel eines Lehrstückes einer fonkreten Soziologie entstanden, das der Klä­rung eines der brennendsten Probleme dient, die uns die gesellschaftliche Lage unserer Zeit stellt. Die kritische Darlegung des Mittelstandsproblems in seinem Verhältnis zur nationalsozialistischen Bewegung, wie sie Geiger gibt, gehört m. E. zu dem Eindringlichsten, was zur Kritik des National­sozialismus beigetragen worden ist. Einige Säge mögen hier zitiert sein, um von den grundsäglichen Einsichten Geigers eine Borstellung zu geben:, Es ist eine furchtbare Selbsttäuschung der Besten

innerhalb der NSDAP.  , zu glauben, ein neuer Idealismus überwinde die Materialismen einer verfaulenden Epoche; nein, ein furchtbarer und primitiver Naturalismus der Blutromantik hat uns überfallen und bedroht den Geist schlechthin. Ein Volk steht in Gefahr, die Ge= schichte seines Geistes zu verlieren und damit seine Nationalität, weil der Erbgang des Geistes stodt." Jede Boltsbewegung muß sich heute zu einer eindeu tigen wirtschaftlichen Zielsetzung bekennen. Auch der Nationalsozialismus kann sich dieser Forderung nicht entziehen. Theodor Geiger   faßt die inneren Schwierigkeiten der NSDAP  . ausgezeichnet zu= sammen: ,, Die NSDAP  . hat sich mit der Absage an gemeinwirtschaftliche Forderungen nicht nur von der Industriearbeiterschaft distanziert, sie hat sich unversehens auch in der Angestelltenschaft mindestens schwere Hindernisse für die Werbung bereitet. Der Bruch der Wirtschaftsmentalitäten innerhalb des Mittelstandes wird in der NSDAP  . deutlich. Und mehr als das: auch sonst werden die Schwierigkeiten recht groß, für jede der tausend Bedrängnisse Abhilfe in Aussicht zu stellen, ohne jeweils andere Kreise bedenklich zu machen; der Großlandwirt will Getreideschuzzoll, der Hand­werker billige Lebensmittel; der Beamte und An­gestellte erhofft Wiederherstellung seines Besol­dungsstatus dem Handwerker und Händler ist jeder Groschen für Beamtenbesoldung zuviel." Man sieht zugleich, welch bunte Gesellschaft sich vorläufig in dieser Bewegung gesammelt hat. Schon nach diesen Andeutungen ist das Ergebnis verständlich, daß ein nationales oder solidarisches Programm, das mit ernstgemeinten sozialistischen  Absichten belastet ist, für die Schicht der mittleren und fleineren Unternehmer unannehmbar ist, an­dererseits aber bleibt ein nationales Programm, das nicht zugleich Berwirklichung des Sozialismus bedeutet, für die höher und minder qualifizierten Lohnbezieher unannehmbar. Die innerpolitischen

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Konsequenzen, die sich aus der aufgezeigten sozialen Schichtung ergeben, läßt Geiger bewußt offen. Wer aber zu lesen versteht, der wird diese Konse= quenzen selbst ziehen können. Hier ist die Grenze der soziologischen Fragestellung erreicht.

So wirbt die Sammlung Soziologische Gegen­wartsfragen" nachhaltig für eine zeitgemäße, aber nicht zeitversflavte wissenschaftliche Berantwortung. Der gleichen geistigen Haltung entspringt eine andere soziologische Publikation. An Stelle des Grünberg- Archivs ist eine neue 3eitschrift für Sozialforschung" getreten, die vom Institut für Sozialforschung   in Frankfurt   a. M. herausgegeben wird. Die ersten beiden Hefte, die soeben erschienen sind, vereinigen eine Reihe von Abhandlungen über Wissenschaft und Krise, Geschichte und Psychologie, zur Soziologie der Literatur und Musif. Ein ausführlicher Besprechungsteil orien tiert über die letzten Neuerscheinungen aus den verschiedensten Fachgebieten, wie Philosophie, All­gemeine Soziologie, Psychologie, soziale Bewegung und Sozialpolitit, spezielle Soziologie, Dekonomie und Belletristik, soweit die Sozialforschung ein besonderes Interesse daran hat. Die einzelnen Ar­beiten der ersten beiden Hefte sind allerdings noch nicht scharf genug aufeinander abgestellt. Aber die grundsägliche Fragestellung der neuen Zeitschrift ist ficher wichtig und fruchtbar. Es ist ihr Ziel, die Vorgänge des Gesellschaftslebens nach dem Stand der jeweils möglichen Einsicht zu begreifen. Sie zieht die Faktoren, die für das Zusammenleben der Menschen in der Gegenwart bestimmend sind, feien sie ökonomischer, psychischer, sozialer Natur, in ihren Arbeitskreis.

Beide Veröffentlichungen, die wir hier angezeigt haben, wollen bewußt an den großen Aufgaben unserer Gegenwart mitarbeiten. Sie legen Zeugnis ab für eine im Gegenwärtigen verwurzelte Gesell­schaftswissenschaft, der die Not und Sorge unserer Zeit nicht gleichgültig ist.